Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
- Fitschen trifft Steinbrück – Der Banker und sein Bändiger
Ein Symposium in Essen hat Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen und Peer Steinbrück zusammengeführt. Eine Bankenschelte des SPD-Kanzlerkandidaten hätte sich angeboten. Doch es kam ganz anders. […]
Doppelpass statt Attacke
Jürgen Fitschen sitzt in der ersten Reihe, hört zu, kann beruhigt sein. Steinbrück ist zahm, angriffsunlustig. Er mimt dieses Mal nicht den Haudrauf. Seine Stimme galoppiert nicht, er bleibt sachlich. Keine Spur von Wahlkampfgetöse.
Dass die beiden auch anders können, haben sie erst vor zwei Monaten auf einer Tagung des Bankenverbandes bewiesen. Da echauffierte sich Fitschen über Steinbrücks Vorstoß, ein Trennbanken-System einführen zu wollen. Auch bei den Themen Eigenkapitalanforderungen, Hochfrequenzhandel und Boni schenkten sie sich nichts.
In Essen spielen sich die beiden stattdessen die Bälle zu. „Mich ärgert es, dass Markt und Staat immer als etwas Antagonistisches gesehen wird. Ich möchte Markt und Staat gerne als etwas Partnerschaftliches sehen“, sagt Steinbrück. „Richtig!“, sagt Fitschen.
So gerät der Deutsche-Bank-Chef an diesem Abend nicht weiter in Erklärungsnot. Bei seiner eigenen Ansprache gibt er sich demütig ohne Klartext zu reden. Er bittet um Vertrauen und will selbst den Regulierern vertrauen, die dem Bankensektor Schranken setzen. Die schwarze Woche für sein Institut handelt er in einem Satz ab: „Wir haben die Vergangenheit, die gerade die Schlagzeilen bestimmt, aufzuarbeiten.“ Allgemeiner lässt es sich nicht formulieren.
Die Podiumsdiskussion, die sich anschließt, bringt mehrere Bekenntnisse zu Europa. Man ist sich einig. Dissonanzen scheinen in der Philharmonie verpönt.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung JB: Es ist erstaunlich, dass das Handelsblatt darüber erstaunt ist, dass zwischen Steinbrück und Fitschen kein Blatt passt. Schon Fitschens Vorgänger Ackermann war stets voll des Lobes für seinen Freund Peer Steinbrück. Und dies nicht nur während Steinbrücks Zeit als bankenfreundlicher Finanzminister, sondern auch später, als Steinbrück bereits die Sprechproben für seine neue Rolle als Bankenschreck-Darsteller eingeübt hat. Der Ururgroßneffe des Deutsche-Bank-Mitgründers Adelbert Delbrück ist nicht der Kandidat der Bürger, sondern der Kandidat der Banken und dies geht weit über seine umstrittenen Vortragshonorare hinaus.
passend dazu: Wirtschaft wendet sich von Steinbrück ab
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will auch im Unternehmerlager Stimmen sammeln, doch die Wirtschaft geht auf Distanz. Führende Manager greifen den Sozialdemokraten an, Umfragen zufolge setzen die Firmenchefs klar auf Angela Merkel. […]
Bei den eigenen Leuten ist Peer Steinbrück neuerdings gut gelitten. Seine Vorschläge zur Bankenregulierung, zu höheren Steuersätzen für Spitzenverdiener sowie sein Bekenntnis zur Frauenquote haben viele in der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten versöhnt. Allerdings gibt es plötzlich ein anderes Problem: Die Wirtschaft geht zum einst als Pragmatiker gelobten Steinbrück mehr und mehr auf Distanz.
Von dessen Comeback als Sozialdemokrat ist unter Managern offenbar kaum einer begeistert. “Steinbrück bedient Neidreflexe, indem er die Besteuerung von Vermögen und Personenunternehmen ganz oben auf die Agenda setzt”, sagt Lencke Wischhusen, neue Chefin des Verbandes der Jungen Unternehmer. Wischhusens Vorwurf an Steinbrück: “Dabei vergisst er, dass diese wachstumsfeindliche Politik den Unternehmen die Möglichkeit nimmt zu reinvestieren, Eigenkapital aufzubauen und so langfristig Arbeitsplätze zu schaffen und auch in der nächsten Krise für Stabilität zu sorgen.”
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung JK: Was für eine Überraschung, den Kapitalisten ist eine “marktkonforme” Demokratie à la Merkel lieber als Steinbrücks geheuchelte soziale Ader. Warum sollte man auch die Kopie dem Original vorziehen? Wobei es an Steinbrücks stramm neoliberaler Gesinnung doch eigentlich keinen Zweifel geben dürfte.
Allerdings erscheint es etwas früh, dass die Mainstreampresse schon beginnt Steinbrück zu demontieren. Einmal sehen wie sich diese erbarmungswürdige Farce mit Steinbrück weiter entwickelt? Mit ihm hat die SPD einen Kandidaten, der zwischen allen Stühlen sitzt. Das eintreten für soziale Gerechtigkeit kauft ihm niemand ab, und die herrschenden Eliten brauchen die Sozialdemokratie höchstens als willige Handlanger wenn es darum geht den Sozialstaat radikal zu zerstören, da eine konservativ-neoliberale Regierung es nie hätte wagen können die Agenda 2010 durchzusetzen.
Eigentlich hat die SPD so oder so keine Chance. Selbst eine radikal auf den Aspekt sozialer Gerechtigkeit ausgerichtete Kampagne unter Einbeziehung der Linken würde dann wieder einen großen Teil der besserverdienenden Klientel der Grünen verschrecken.
Herzig ist allerdings der Kommentar von Lencke Wischhusen, der neue Chefin des Verbandes der Jungen Unternehmer, der zeigt, dass die Jungen Unternehmer von Volkswirtschaft keine Ahnung haben. Wischhusen müsste uns dann einmal erklären wann Unternehmen anfangen zu investieren? Dies hängt offenbar mehr davon ab ob es eine sozialdemokratische Regierung gibt oder nicht und ob diese gedenkt eine Vermögenssteuer zu erheben oder nicht, als davon ob ein Unternehmen gute Absatzmöglichkeiten für seine Produkte sieht. Was wiederum möglicherweise davon abhängt ob die Masse der Bevölkerung über genügend Ressourcen verfügt die angebotenen Güter auch zu kaufen – n’est-ce pas Frau Wischhusen?
- Lindner will Belastungsbremse gegen Steuererhöhungen
Christian Lindner hat im Gespräch mit der F.A.Z. eine Grundgesetzänderung gefordert. Der Vorsitzende der FDP in Nordrhein-Westfalen verlangt „neben der Schuldenbremse eigentlich noch eine Belastungsbremse als Leitplanke im Grundgesetz“.
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen FDP, Christian Lindner, bringt mit Blick auf die Pläne von SPD und Grünen, nach einem Sieg bei der Bundestagswahl Steuern zu erhöhen, eine Grundgesetzänderung ins Gespräch. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Montagsausgabe) sagte Lindner: „Die rot-grünen Pläne laufen darauf hinaus, dass der Fiskus in der Spitze mehr als die Hälfte des Einkommens beansprucht. Das widerspricht meiner Vorstellung von Leistungsgerechtigkeit. Deshalb brauchen wir neben der Schuldenbremse eigentlich noch eine Belastungsbremse als Leitplanke im Grundgesetz.“ Seiner eigenen Partei empfahl Lindner weniger steuerpolitische Orthodoxie.
Quelle: FAZ
Anmerkung: Die FDP wird immer mehr zur Parodie ihrer selbst. Wollen die ehemals stolzen Liberalen wirklich mit derlei Klamauk die 5%-Hürde angehen?
- Faul, Frech, Dreist – Die Rolle der Bild und die Diskriminierung von Erwerbslosen
Über keine deutsche Zeitung wird soviel diskutiert, keine Zeitung ist so sehr verschrieen, keine Zeitung wird aber auch soviel gelesen wie sie: die Bild. Die Zeitung, die die deutsche Linke wohl am meisten hasst. Vor wenigen Monaten ist ein Buch von Christian Baron und Britta Steinwachs über die Bildzeitung und ihre Arbeitsweise erschienen, es trägt den Titel “Faul, Frech, Dreist – Die Diskriminierung von Erwerbslosigkeit durch BILD-Leser*innen”.
“Ich habe meinen Frieden mit Bild gemacht”, erklärt Ex-Kanzler Gerhard Schröder vor wenigen Wochen in der Geburtstausgabe der Bild, eine wenig überraschende Aussage, prägte doch Schröder den Satz “Bild, BamS und Glotze”. Bild könne “nur Trends verstärken, aber keine eigenen setzen. Es muss immer eine Stimmung da sein, an die Bild anknüpfen kann”, so der ehemalige Bundeskanzler.
Britta Steinwachs und Christian Baron würden Schröder zumindest in diesem Punkt zustimmen. Die beiden haben im Rahmen der Reihe Kritische Wissenschaften in der Edition Assemblage ein Buch mit dem Titel “Faul, frech, dreist” veröffentlicht. Der Subtitel “Diskriminierung von Erwerbslosen durch Bild-Leserinnen und -leser” zeigt schon, in welche Richtung das Buch geht. Die Untersuchung wird am Beispiel von “Deutschlands frechsten Arbeitslosen”, Arno Dübel, aufgenommen und die systematische Stimmungsmache gegen ihn in Print- und Onlinemedium gezeigt.
Quelle: Freiheitsliebe
- EuroMemorandum 2013: The deepening crisis in the European Union: The need for a fundamental change
The European Union is facing an increasingly severe crisis. The EuroMemorandum 2013 critically analyses recent economic developments in Europe and emphasises the need for an alternative economic policy. Neo-liberal policies adopted by European and national authorities in response to the crisis have exacerbated unemployment and social hardship across much of Europe. The EuroMemorandum is intended as a contribution to developing initiatives by intellectual and social movements to promote greater coordination among movements at a European level and a different Europe that is based on the principles of democratic participation, social justice and environmental sustainability.
Quelle: The EuroMemorandum 2013
Anmerkung: Eine deutsche Übersetzung der Kurzfassung wird im Januar erscheinen.
- Kriminelle Schweiz
Die Banken und alle Schweizer Regierungen in den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg waren – und sind es teils immer noch – aktive Mittäter und Beihelfer zu Kapital-und Steuerflucht aus Deutschland und vielen anderen Ländern. Das ist nicht nur in Deutschland, sondern in den meisten der 193 UNO-Staaten ein strafbewehrtes Verbrechen. In der Debatte innerhalb der Schweiz wird dieses Verbrechen aber immer noch als Kavaliersdelikt verharmlost. Zur Rechtfertigung und Verharmlosung dieses Delikts wird gern auf die “zu hohe Steuerbelastung” in anderen Länder verwiesen oder darauf, dass schließlich auch schon einmal ein deutscher Bundeskanzler mithilfe des heutigen Finanzministers illegale Parteispenden bei Schweizer Banken versteckt habe. Gegen diese vor allem in der Deutschschweiz nach wie vor ausgeprägte Wagenburg- und Rosinenpickermentalität hilft nur verstärkter Druck, wie die letzten 20 Jahre zeigen. Nur auf erheblichen Druck aus Washington gaben die Schweizer Banken und die Regierung Anfang der 90er Jahre endlich die skandalöse Ausraubung angeblich “nachrichtenloser” Konten jüdischer BürgerInnen aus der NS-Zeit zu und erklärten sich zu einer “Wiedergutmachungszahlung” in Höhe von 1,2 Milliarden Franken bereit. Ebenfalls nur unter massivem Druck US-amerikanischer Steuerbehörden beendeten UBS, Credit Suisse und andere Schweizer Banken in den letzten zwei Jahren ihre aktive Mittäterschaft bei der Steuerflucht von US-BürgerInnen. Dabei räumte die Schweiz in immer schnelleren Wendungen eine Position nach der anderen, die kurz zuvor noch als “rote Linie” oder “unaufgebbar” galt.
Quelle: taz
Anmerkung Orlando Pascheit: Wenn da Andreas Zumach bezüglich des Drucks aus Deutschland nicht allzu optimistisch ist. Noch vertreten der Bund und nicht die Länder Deutschland gegenüber der Schweiz oder in Brüssel. Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, an dem Steuerabkommen nicht vorbei entschieden werden kann, hat mit zwei klassischen Rationalitäten zu kämpfen. Als Politiker, der Deutschland vor Schaden zu bewahren hat, müsste erkennen, dass er die Lage falsch eingeschätzt hat, und zu Plan B kommen, der in Brüssel bereits vorliegt. Als Politiker, der Wahlen gewinnen möchte, hat er wie die meisten Politiker die Unfehlbarkeitsdoktrin gefressen, die da heißt: Gegenüber dem Wahlvolk ist es des Teufels, Fehler einzugestehen.
- Anzeichen für geldpolitischen Regimewechsel
Die Finanzkrise hat die Bank von England wie andere Notenbanken zu einer Reorientierung gezwungen. Gouverneur Mervyn King wechselte in eine Politik der Expansion der Bilanz der Notenbank und liess einen Ausbruch der Inflation aus dem Zielbereich nach oben zu. Es wird deshalb von einem flexiblen «Inflationsziel» gesprochen. Nun deutet sich der nächste Umbau an. So zumindest wird in Finanzmarktkreisen eine Rede von Kings designiertem Nachfolger, dem Notenbankchef von Kanada, Mark Carney, interpretiert. In einem geldpolitischen Regimewechsel sollten Notenbanken ihre Orientierung an Preisen aufgeben und als neue Zielgrösse das nominale Bruttoinlandprodukt (BIP) verwenden. Eine solche Ausrichtung auf Wachstum und Inflation erlaube eine aggressivere Geldpolitik in einer wirtschaftlichen Schräglage. Zwar will Carney seine Äusserungen nicht als Hinweis auf die zukünftige Geldpolitik der Bank von England verstanden haben. Aber sie haben die durch Finanzkrise und Nullzinsen entstandene Debatte über Reformen der an Grenzen gestossenen Geldpolitik öffentlich gemacht. Manche Kommentatoren halten allerdings diese Reorientierung zumindest für die Bank von England nicht für fundamental. Für Brian Reading von Lombard Street Research (LSR) ist das flexibel interpretierte «Inflationsziel» bereits eine Politik des nominalen BIP. Gavyn Davies von Fulcrum Asset Management erkennt nur Interpretationsunterschiede. Aber Kommentatoren wie Jim Leaviss von M&G Investments erinnern an den eingeschränkten Spielraum beim Schuldenabbau: Kräftiges reales Wachstum zeichne sich nicht ab, Austerität sei kontraproduktiv. Ausser Default bleibe nur höhere Inflation. Auch die von der US-Notenbank nun in leicht revidierter Form übernommene «Evans-Regel» deutet auf eine grössere Duldung von Inflation, zumindest bis das Ziel einer auf 6,5% reduzierten Arbeitslosigkeit erreicht ist. Der Wechsel zu asymmetrischen Zielen – Wachstum bzw. Beschäftigung sind wichtiger als Inflation – stellt die Frage nach den Konsequenzen. Jene Kommentatoren, die vor extrem lockerer Notenbankpolitik warnen, fürchten ein Platzen der Blase am Kapitalmarkt, da die Realverzinsung immer schlechter wird. Andere hoffen dagegen, dass sich die Schuldenkrise durch nominales Wachstum überwinden lasse.
Quelle: NZZ
Anmerkung Orlando Pascheit: Kann sich jemand vorstellen, dass in Deutschland auch nur im Ansatz über die Evans-Regel diskutiert würde? Charles Evans, Präsident der Chicagoer Fed, hatte sich dafür ausgesprochen, die Leitzinsen mindestens so lange niedrig zu halten, wie die Arbeitslosenquote über 7 Prozent verharrt und die Inflationserwartung für die nächsten ein bis zwei Jahre bei höchstens 3 Prozent liegt.
- Neue Wirtschaftswissenschaften?
Seit vier Jahren beschäftigt sie uns schon: Die Finanzkrise, die zur Krise der Wirtschaft, dann zur Staatsschuldenkrise und inzwischen zur Krise der Demokratie aufgestiegen ist. Fast alle erdenklichen “Schuldigen” wurden von den Medien in die Mangel genommen: Gierige Manager, korrupte Bankberater, faule Beamte, populistische Politiker. Nur eine Gruppe Beteiligter ist bisher vergleichsweise gut davon gekommen: Die Wirtschaftswissenschaftler. Dabei sind sie es, die vermeintliche “Gesetzmäßigkeiten” der Märkte benennen, die eine bestimmte Sicht auf das Funktionieren des Wirtschaftssystems manifestieren.
Auch wenn viele Menschen fordern, auch in den Elfenbeintürmen der Wissenschaft müsse sich etwas ändern – viel passiert ist bislang nicht, wie Johannes Zuber herausgefunden hat.
Quelle: WDR5
- Bausparen bei Wüstenrot: „Das ist Kundenverrat“
Die Bausparkasse Wüstenrot lockte massenhaft Sparer gezielt in schlechter verzinste Verträge. Unter dem Codenamen „Kampf um Gold“ konnten Vertreter auf Kosten der Kunden Millionen verdienen. Wüstenrot verteidigt sich.
Der Bausparanbieter Wüstenrot hat nach einem Bericht des Handelsblattes in den vergangenen fünf Jahren massenhaft hochverzinste Bausparverträge vorzeitig aufgelöst. Wie der Konzern dem Handelsblatt auf Anfrage bestätigte, wurden insgesamt 728.000 Verträge aufgelöst, bei denen den Kunden Zinsen von 3,5 Prozent und mehr zustanden.
Quelle: Handelsblatt
- „Pflege-Bahr“: Werbung für Pflegereform kostet 120 Millionen Euro
Mit einem Werbeetat von 120 Millionen Euro will die Bundesregierung auf die Pflegereform aufmerksam machen. Die Opposition kritisiert die hohen Kosten: Es werde eine Reform betrommelt, die kaum Veränderungen bringe.
Quelle: Handelsblatt
- Gutachten – Jeder Dritte fürchtet Altersarmut – zu Unrecht
Armut im Alter ist in Deutschland derzeit nach Experteneinschätzung kein generelles gesellschaftliches Problem. Das steht im Gegensatz zur Einschätzung der Bevölkerung: 38 Prozent haben Angst davor. Von Dorothea Siems
Die Warnungen vor einer steigenden Altersarmut sind übertrieben. Dies ist das Ergebnis eines Gutachtens, das der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin vorgelegt hat.
“Selbst bei einer ungünstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt wird der Anteil der Empfänger von Grundsicherung im Alter bis 2030 höchstens von jetzt 2,6 auf fünf Prozent steigen”, sagte Studienleiter Axel Börsch-Supan. Eine Umfrage zeige aber, dass 38 Prozent der Haushalte fürchten, im Alter in die Armut abzurutschen. […]
“Unzureichende Erwerbsbiografien”
Der Vorsitzende des Beirats, Achim Wambach, sagte, die Absenkung des Rentenniveaus sei nicht der Hauptgrund für Altersarmut. Die Ursache geringer Rentenansprüche liege in “unzureichenden Erwerbsbiografien”. Konkret führen lange Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunterbrechungen zu Rentenlücken.
Quelle: WELT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Dorothea Siems übertrifft sich selbst. Realistischer ist wohl, daß jeder Dritte völlig zu Recht Angst hat, weil er im Alter arm sein wird. Natürlich sind die Senkung des Rentenniveaus (um ca. 1/3 gegenüber dem Stand von 1996) sowie die Senkung des Lohnniveaus die Hauptproblem. Jemand mit z. B. 8 Euro brutto pro Stunde kann in 50 Arbeitsjahren keinen Rentenanspruch erwerben, der über der Grundsicherung liegt.
Übrigens: wenn laut Börsch-Supan die Altersarmut nur minimal steigt, wozu dann die überteuerten privaten Rentenprodukte?
Ergänzende Anmkerung JB: Zu Frau Siems, die ich vor wenigen Wochen in Berlin auf einer Podiumsdiskussion traf, hat sich auch Thomas Hild von „Wirtschaft und Gesellschaft“ schon mehrfach (u.a. hier und hier) seine Gedanken gemacht.
- Überarbeitete Postboten: “Sie fallen um wie die Fliegen”
Lange Touren, massenhaft Überstunden, keine Pause – Zusteller der Deutschen Post beklagen harte Arbeitsbedingungen. Vor allem in der Weihnachtszeit steigt das Pensum der Postboten. Die Stimmung ist mies, viele halten den Job nicht mehr aus. Immer häufiger bekommen Kunden ihre Briefe zu spät. […]
Dass der Konzern seiner Mitarbeiterin viel abverlangt, wird dennoch schnell klar, wenn man Kiesel in die Gründerzeitbauten hinein begleitet. Im Laufen sortiert die 46-Jährige auf dem Weg vom Fahrrad zum Fahrstuhl drei verschiedene Werbesendungen zwischen die Briefe. Gut, dass sie inzwischen genau weiß, wer Reklame akzeptiert und wer nicht. Sonst könnte sie die Zeitvorgaben für ihre Tour kaum schaffen. Im Laufschritt eilt sie die Treppen hinab und sagt, dass sie ihre Arbeit mag, auch wenn sich ihr tägliches Pensum stetig erhöht habe: Ihr Bezirk umfasst mittlerweile viermal so viele Straßen wie früher, Pausen macht sie nicht mehr.
Was den Arbeitsdruck angeht, ist Kiesel kein Einzelfall bei der Post. Was die gute Stimmung angeht, offenbar schon: Wer mit Briefträgern spricht, die nicht von der Pressestelle vorgeschlagen wurden, bekommt tief sitzenden Frust zu hören, manche sind regelrecht verzweifelt. […]
Anonyme Klagen im Internet
Fakt ist: Viele Bezirke sind so groß, dass die Zusteller sie nicht mehr innerhalb der Höchstarbeitszeit von zehn Stunden und 45 Minuten schaffen. Dann müssen sie laut Betriebsvereinbarung mit Ver.di die Tour abbrechen – und den nicht bewältigten Abschnitt am nächsten Tag zusätzlich bedienen.
Quelle: SPIEGEL
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Soviel zu den Glücklichen (?), die einen Job haben und nicht arbeitslos sind. Das ist ja heute der einzige Maßstab und “gute Arbeit” eine verblassende Erinnerung (oder eine phantastische Vision, je nachdem).
- Nur mit guten Leuten macht man gute Geschäfte
Wenn Mitarbeiter gut bezahlt werden, profitieren die Unternehmen von einer besseren Leistung. Doch trotzdem sei ein flächendeckender Mindestlohn kein Allheilmittel für einen stabilen Arbeitsmarkt, sagt Frank-Jürgen Weise, der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA). Denn: “Lieber Arbeit und die aufgestockt, als keine Arbeit.”
Quelle: Deutsche Handwerkszeitung
Anmerkung unseres Lesers C.G.: Ein entlarvendes Interview mit dem Chef der Bundesagentur für Arbeit. dapd-Korrespondentin Brigitte Caspary gibt Weise in nahezu jeder Frage die Steilvorlage, die positive Wirkung steigender Löhne herauszuheben. Weise, ganz Unternehmer, umschifft diese Klippen geschickt und verweist lieber auf die Mitwirkungspflicht der Arbeitnehmer: “Es ist gut, etwas für sich zu tun, um in Arbeit zu bleiben. Also eine Fortbildung mit eigener Zeitinvestition.”
Kaum zu fassen: In Zeiten, in denen Monats-Bruttolöhne von 1800 Euro schon bald als feudal gelten, soll die Verantwortung der Weiterqualifizierung auch noch auf die Beschäftigten abgewälzt werden.
- Energie in Bürgerhand
Das EEG folgt einer bestimmten Philosophie, die über mehrere Jahrzehnte von Denkern und Praktikern in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt wurde. Es will die künstliche Trennung von Energieproduzenten und Energiekonsumenten überwinden. Stattdessen setzt es auf „Prosumenten-Netzwerke“: Mal ist man Energieverbraucher, mal Energieerzeuger, mal zieht man Strom aus dem Netz, mal speist man ihn ein. Nicht einige große Konzerne sollen in einigen großen Kraftwerken fernab der Siedlungszentren den Strom erzeugen, sondern er soll von Millionen Solardächern, Windrädern, Biogasanlagen, Wasser- und Erdwärmekraftwerken kommen und möglichst erzeugungsnah und effizient verbraucht werden.
Die erneuerbaren Energien sind also ihrem Wesen nach Mitmachenergien, Bürgerenergien, ja man könnte sogar sagen demokratische Energien. Man zielt auf „Energieautonomie“ (nicht -autarkie) und will die Eigentumsformen breit streuen, wobei Stadtwerke, Energiegenossenschaften, Haushalte oder Betreibergemeinschaften besonders willkommen sind. „Energie in Bürgerhand“ ist das Leitbild, das EEG das passende Instrument dazu. Profitieren sollen möglichst viele: vom Handwerker bis zur Solarfabrik, vom Bauherrn bis zum Bauern, vom Ingenieurbüro bis zur Hochschule.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
- Fairer Handel: Licht und Schatten
Schokolade ist in der Vorweihnachtszeit in Verruf geraten: Experten beklagen die Armut von Kakaobauern und ausbeuterische Kinderarbeit auf den Plantagen. Sind die Verbraucher mit Süßigkeiten aus fairem Handel auf der sicheren Seite? Eine Studie des Evaluierungsinstitutes CEval gibt nicht völlig Entwarnung. Aber die Wissenschaftlerinnen stellen fest: Insgesamt trägt Fairtrade dazu bei, die Armut in ländlichen Regionen zu verringern – und zwar nicht nur bei den Produzenten, sondern auch in ihrem weiteren Umfeld.
Quelle: welt-sichten
Anmerkung Orlando Pascheit: Das Magazin “welt-sichten”, das aus den Zeitschriften “eins Entwicklungspolitik” und “der überblick” hervorgegangen ist, bietet einen Schwerpunkt mit weiteren Artikeln zu “Fairtrade”. Auch wenn jetzt Aldi vor kurzem mit fairem Kaffee ein Fair gehandeltes Produkt in sein Sortiment aufgenommen hat, mit zwei Prozent ist der Anteil dieser Produkte am deutschen Lebensmittelmarkt mehr als bescheiden. Neben Geschmacksfragen spielt allerdings der höhere Preis für fair gehandelte Produkte eine Rolle. – Fairtrade ist letztlich der verzweifelte Versuch dem ‘Missing Link’ in den Handelsabkommen mit den Entwicklungsländer etwas entgegen zusetzen. Dabei sind es meist die Entwicklungsländer selbst, z. B. im EU-Handelsabkommen mit Indien, welche soziale oder Umweltstandards verhindern. Bleibt die Frage, ob nationale oder europäische gesetzliche Auflagen, die sich an die Handelsunternehmen direkt wenden, diese zwingen könnten, ihre Lieferketten hinsichtlich bestimmter Standards zu kontrollieren.
- Umkämpftes Copyright
Das geplante internationale Handelsabkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) hat im vergangenen Jahr weltweit heftigen Widerstand provoziert – sowohl im Netz als auch auf der Straße. Die teilnehmenden Staaten planten damit, global gültige Standards zum Schutz geistigen Eigentums und scharfe Sanktionen im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen zu etablieren. Die Kritiker befürchteten, dass das Abkommen massive Eingriffe in die Privatsphäre und Einschnitte in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nach sich ziehen würde. Auch wenn das Europäische Parlament das Abkommen schließlich dank der Proteste mit großer Mehrheit ablehnte – der Konflikt um das Urheberrecht in der digitalen Welt ist damit nicht vom Tisch. Im Gegenteil: Anfang Oktober wurde bekannt, dass daas geplante Europäisch-Kanadische Handelsabkommen CETA ähnliche Strafen für Copyright-Verletzungen vorsieht wie zuvor ACTA.[1] Der Streit um das Urheberrecht geht damit in eine neue Runde. Derzeit ist keine Lösung in Sicht, die den unterschiedlichen Interessensgruppen – Nutzern, Verwertern und Urhebern – gerecht werden könnte. Im Zentrum des Konflikts steht dabei der Begriff des geistigen Eigentums und das Recht des Urhebers.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
- OECD-Studie: Deutschland ganz unten
Beim Kinderkriegen, bei der Gleichberechtigung, bei der Rentengerechtigkeit: Im Vergleich mit anderen OECD-Ländern landet Deutschland regelmäßig am unteren Ende der Statistik. Wirtschaftlich scheint Deutschland ein Musterschüler zu sein, in Sachen Sozialkompetenz jedoch ein Komplettversager. (…) Unter 34 OECD-Ländern liegt Deutschland auf dem drittschlechtesten Rang, was das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen betrifft, so eine neue Studie der Organisation. Bei den Einkommen beträgt die Gehaltslücke durchschnittlich 22 Prozent – das ist eine bittere Erkenntnis. Richtig finster sieht es dann beim Rentengefälle zwischen Mann und Frau aus. Hier liegt Deutschland in der Statistik auf dem allerletzten Platz. Es ist kein Zufall, dass in diversen Studien zur ökonomischen und sozialen Lage der Geschlechter fast identische Gründe für Deutschlands Dasein am unteren Ende der Skala angegeben werden. Die OECD benennt ausdrücklich den Mangel an qualifizierter, liebevoller und bezahlbarer Kinderbetreuung (der die Frauen in schlechter bezahlte Teilzeitjobs treibt) sowie die fehlende Gleichstellung der Geschlechter – exakt so argumentiert auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in seiner soeben veröffentlichten Untersuchung zur konstant niedrigen Geburtenrate. Es sind simple Fakten und drastische Folgen aus ihnen, die zu diesen selben Schlüssen führen. So leben zehn Prozent der Frauen hierzulande mittlerweile in Altersarmut. Die niedrigen Renten und die niedrigen Gehälter sind laut der OECD-Studie ganz klar eine Folge der stetig hohen Teilzeitquote. Denn 62 Prozent der Frauen arbeiten der Kinder wegen nicht mit voller Kraft; angesichts fehlender Kita-Plätze können sie sich das nicht erlauben.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Hierzulande sollten jene Teile der Bevölkerung, denen an einer gedeihlichen Entwicklung unserer Gesellschaft gelegen ist, darüber nachdenken, ob die gerade in Deutschland um sich greifende Ökonomisierung nahezu aller Lebensbereiche nicht die eigentliche Ursache für die im internationalen Vergleich erschreckend schwache “Sozialkompetenz” ist. Ist nicht gerade die von den deutschen “Eliten” und den diesen nahestehenden Medien in die Hirne der Menschen hineingepflanzte Ideologie vom “wirtschaftlichen Wettkampf der Nationen”, dem auf nationaler Ebene eine durch diverse Gesetze (Hartz IV etc.) praktizierte ökonomische und soziale Ausgrenzung jener Menschen entspricht, die als angeblich “nicht ausreichend leistungsfähig” an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, die eigentliche Ursache dieser beschämenden Entwicklung? Sind nicht gerade die dem “erfolgreichen” deutschen Exportmodell zugrundeliegenden Faktoren – Lohndumping, Prekarisierung der Arbeit, Einschnitte in die soziale Sicherheit (Hartz IV, “Rente mit 67”, drohende Altersarmut etc.) – maßgeblich dafür verantwortlich, daß beispielsweise der Kinderwunsch für zu viele junge Menschen zu einem unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiko geworden ist? Sollte dieses “erfolgreiche” deutsche Wirtschaftsmodell nun den übrigen Staaten übergestülpt werden, dann droht auch in diesen Staaten ein Abbröckeln der “Sozialkompetenz”. Mit etwas Sarkasmus könnte man sagen, daß Deutschland hinsichtlich der “Sozialkompetenz” dann wieder näher an die übrigen Staaten heranrücken würde.
- Sendeschluss: Öffentlich-rechtliche Sender vs. öffentlich-rechtlicher Journalismus?
Die Financial Times Deutschland ist tot, die Frankfurter Rundschau ist pleite, der Berliner Verlag streicht Stellen, der Spiegel baut ab. Die Hierarchen rufen sich zu: Wir hätten unseren Journalismus nur zahlbar machen müssen, dann würde es wieder laufen. Als sei ihr Journalismus nicht stets zahlbar geblieben! FAZ, SZ und die meisten anderen Medien stellen nur geringe Auszüge ihrer Printprodukte kostenlos ins Netz. Falls die Hierarchen glauben sollten, was sie sagen, ist die Diagnose nur noch betrüblicher. Sie lügen sich was in die Tasche. Bisher haben sie noch kein Geschäftsmodell für die digitale Ära gefunden. – In dem Moment, in dem sämtliche private Medien egal welchen Genres – Internet, Print, Fernsehen – bange Fragen nach ihrem Geschäftsmodell stellen, erhält das öffentlich-rechtliche System in Deutschland eine automatische Absicherung. Ab nächstem Jahr muss jeder zahlen, der ein internetfähiges Gerät besitzt. Ist es nicht tatsächlich so, dass die ÖRA [öffentlich-rechtlichen Anstalten] ihre Existenzgarantie genau in dem Moment erhalten, wo sie vollends obsolet zu werden drohen? Dieser Apparat verbraucht jetzt schon acht Milliarden Euro im Jahr, eine davon aus Werbung, die die privaten Medien dringend gebrauchen könnten, der Rest aus Gebühren. Man muss sich einmal klar machen, was das heißt: Acht Milliarden Euro – das ist in etwa so viel wie sämtliche Kultursubventionen aller deutschen Länder und Gemeinden, sämtliche Museen, Theater und Bibliotheken. Es ist nur unwesentlich weniger als die Kirchensteuer, deren Aufkommen bei neun Milliarden Euro liegt. Die ÖRA sind uns fast so viel wert wie der liebe Gott.
Quelle: Perlentaucher
Anmerkung Orlando Pascheit: Thierry Chervel verweist u.a. auf den von C.W. Anderson, Emily Bell und Clay Shirky verfassten Report über den “postindustriellen Journalismus” [PDF – 765 KB], in dem dargelegt wird, dass Journalismus noch nie aus sich heraus profitabel war bzw. dass der Erfolg der Zeitungen des vor-digitalen Zeitalters darauf basierte, dass diese im wesentlichen durch Anzeigen subventioniert wurden. Ob das schon immer so war, müsste man empirisch untersuchen, aber zweifellos wird heute die Reichweite des klassischen Zeitungsgeschäfts und damit auch von Werbung durch das Netz übertroffen. Hinzukommt, dass Online-Werbung den werbetreibende Unternehmen billiger kommt und mehr Möglichkeiten bieten. Ähnliches gilt für das Anzeigengeschäft bis hin zu den Online-Kleinanzeigen. Sicherlich ist Shirky u.a. zuzustimmen, dass werbetreibende Unternehmen vor allem ihre Produkte verkaufen wollen und dass guter Journalismus für diese nachrangig ist. Manchmal drängt sich einem auch die Frage auf, ob nicht guter Journalismus bzw. ob nicht auch das Interesse an gutem Journalismus auf den Rückzug ist – und zwar sowohl in den Printmedien wie auch online. Die NDS belegen zwar mit ihren Hinweisen durchaus, dass es guten Journalismus gibt, sie zeigen aber auch wie fragmentiert die Medienlandschaft inzwischen ist. Da treten Makroökonomen neben talentierten Universalamateuren, Spezialisten mit vertieften Kenntnissen in wenigen Schwerpunkten und diverse Blogger auf. In diesem Umfeld kann sich letztlich nur Qualitätsjournalismus behaupten. Insofern ist der Medienwissenschaftler Jan Krone von der FH St. Pölten zuzustimmen, wenn er bezüglich der US-Analyse meint: “Die Tätigkeit der Journalisten ändert sich in Wahrheit nicht. Der Beruf wird in Zukunft sogar notwendiger sein denn je”. Nur bietet Krone auch keine Antwort auf die auf die Frage, wie diese Journalisten bezahlt werden können, bzw. seine Antwort fällt wenig überzeugend aus: “Mäzenentum, der zu Hobby-Journalismus führt, kann nicht die Lösung sein, genauso wenig wie eine Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Sektors, da beide Varianten anfällig für Einflussnahme von außen sind. Ich sehe ebenfalls eine Tendenz zur weiteren Konzentration im Mediensektor. Große Verlage können sich ein journalistisches Flaggschiff aus Überzeugung eher leisten, etwa durch Querfinanzierung”.
Wenn es Bertelsmann, dem größten Medienkonzern Europas, nicht gelang oder gelingen wollte, das Qualitätsblatt Financial Times Deutschland quer zu finanzieren, was verbleibt dann?
- SWR-Literatur-Geschwätz – oder Die angeblich unpolitische Literaturkritik
Die Literaturkritikerin und Moderatorin Thea Dorn lud zum 13. Dezember die Literaturkritiker Denis Scheck (ARD-Druckfrisch) und Ijoma Mangold (Die Zeit) sowie die Literaturkritikerin Felicitas von Lovenberg (FAZ) zum SWR-Talk Literatur im Foyer ein. Sechzig Minuten Eitelkeit, Geschwätz und Spiegelfechterei, hin und wieder durchaus kurzweilig, aber absolut nicht tendenzfrei.
Dieses Quartett hat wieder einmal den Eindruck bestätigt, dass Kritiker hierzulande zumeist egozentrische, selbstverliebte und ideologisch fixierte Zeitgenossen sind, die tote oder ausländische Autoren und Autorinnen lieben und lebende deutschsprachige, insbesondere solche mit unangepasstem politischen Bewusstsein, gern ignorieren. Der polnische Lyriker Julian Tuwim (1894-1953) hat resigniert geschrieben: „Am besten man ist ein ausländischer perverser Toter.“ Es hat den Anschein, als gelte das seit jeher und überall, seit einigen Jahren aber besonders in Deutschland.
Quelle: Hintergrund
Anmerkung WL: Wer sich wie der Autor Paul Spitzer empören will oder meint, sich an dem Gekasper ergötzen zu wollen, kann die Sendung in der Mediathek des SWR anschauen.
- Leserbrief zu Jens Berger: Angela Merkel ungeschminkt
Unsers Leser E.J. schreibt uns:
Nicht zum ersten Mal beruft sich Merkel zur Begründung ihrer Politik auf ihre Erfahrungen beim Ende der DDR. Ihr politisches Glaubensbekenntnis lautet, dass Deutschland und neuerdings Europa verhindern muss, wie die DDR im internationalen Wettbewerb „unterzugehen“. Um das zu erreichen, muss Europa lernen, zu Gunsten der Produktion Verzicht zu üben. Dass dieser Verzicht einhergeht mit unglaublicher Vergeudung an Potential und menschlicher Existenz kann und will sich Merkel als protestantische Pfarrerstochter nicht vorstellen: Nachfragepolitik ist unseriöser Schabernack und nur wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Mit dem düster geraunten Credo der Angela Merkel, dass wir nur dann, wenn wir jetzt (fast) alle verzichten, den Zukunftskampf bestehen, schließt sich der Kreis zu ihrer DDR-Vergangenheit. Dort war allerdings als Ausgleich für gegenwärtigen Verzicht der Sozialismus für spätere Generationen versprochen, Angela Merkel verspricht absehbar nichts als Blut, Schweiß und Tränen. Auch damit ist auf Dauer kein Staat und schon gar nicht Europa zu machen. Wiederholt Merkel auch hier ihre DDR-Vergangenheit?