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Titel: Steinbrücks Rede: Ein kräftiges Sowohl-als-auch

Datum: 10. Dezember 2012 um 10:10 Uhr
Rubrik: PR, SPD, Wahlen
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Einige Nachdenkseitenleser/innen haben uns schon kritische Kommentare zu Steinbrücks Rede geschickt und auf die Widersprüchlichkeit und auf viel Heuchelei hingewiesen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass er damit 93,45 % der Delegierten auf dem Parteikonvent der SPD beeindruckt hat. Die Regie und die Rede waren so angelegt, dass unentwegt und bei jeder kleinen witzigen Anmerkung applaudiert wurde. Hier ist seine Rede [PDF – 228 KB]. Ein durchgehender Grundzug der Rede war, dass Steinbrück fortschrittliche programmatische Vorstellungen und die Orientierung an sozialen und demokratischen Werten neben das Bekenntnis zur gegenläufigen Politik der Regierungen Schröder und seiner eigenen Beteiligung in der Regierung Merkel zu Zeiten der Großen Koalition gestellt hat. Albrecht Müller.

Hier ein paar Beispiele für das Sowohl-als-auch, für die Widersprüchlichkeit oder auch für Heuchelei, wie manche Beobachter meinen:

  • Steinbrück setzt auf eine Richtungswahl mit einer neuen Gesellschaftspolitik und der Orientierung an sozialen Werten und ist gleichzeitig stolz auf die Agenda 2010, die unsere Gesellschaft in die Richtung sozialer Unsicherheit getrieben hat. Sozialdemokraten haben damit die Fliehkräfte und Spaltung der Gesellschaft verstärkt, die Steinbrück jetzt beklagt.
  • Steinbrück hat die Existenz von Niedriglöhnen, von Leiharbeit und ungleicher Bezahlung beklagt und auf die grassierende Armut hingewiesen und gleichzeitig Gerhard Schröder gelobt. Er hat dabei unter den Teppich gekehrt, dass genau dieser sozialdemokratische Bundeskanzler sich der Einführung des besten Niedriglohnsektors in Europa gerühmt hat.
  • Steinbrück hat beklagt, dass es nach wie vor Ehegattensplitting, keinen Mindestlohn und viele anderen sozialen Missstände gibt, und er hat dabei unterschlagen, dass in der sozialdemokratischen Regierungszeit zwischen 1998 und 2005 genau diese Missstände hätten beseitigt werden können.
  • Steinbrück warnt davor, die wirtschaftliche Lage schlecht zu reden. Kassandra sei nicht sehr beliebt, meint er. Dann aber beklagt er, dass sich viele Menschen ausgeschlossen und abgehängt fühlen. Das seien inzwischen Millionen in Deutschland. Das ist richtig gesehen. (Siehe Seite 9 und Seite 10 der Rede). Hier zeigt sich auch eine der großen Schwächen der Position von Steinbrück und der SPD. Wenn man die wirtschaftliche Lage schönredet, dann wird man wenig Ansatzpunkte finden, um Angela Merkel zu packen. Die Unsicherheit Steinbrücks kommt schon in der Wortwahl zum Ausdruck. Er spricht von „stabilen Arbeitslosenzahlen“ und „steigendem Wachstum“ (Seite 9, letzter Absatz). Das mit dem steigenden Wachstum stimmt nicht und die Wortkombination „stabiler Arbeitslosenzahlen“ ist ein Ungetüm.
  • Steinbrück fordert den Ausbau öffentlicher Leistungen, etwa zur Versorgung mit Wasser und „schlabbert“ dabei, dass seine Partei an vielen Privatisierungsvorgängen und am Niedergang der öffentlichen Leistungen beteiligt war und er selbst dafür geworben hat. Die Klage über mangelnde öffentliche Leistungen passt auch nicht zur Zustimmung zur Schuldenbremse und Fiskalpakt.

Steinbrücks Bekenntnis zur Richtungswahl und zu einer anderen Gesellschaftspolitik

Das finden wir immerhin in der Rede von Steinbrück. Ich rate dazu, ihn daran immer wieder zu erinnern und den Wahlkampf Steinbrücks und der SPD zu nutzen, um die Diskussion über die Grundsatzauseinandersetzung mit der neoliberalen Ideologie voranzubringen. Gedanken dazu habe ich sowohl in einem Beitrag für die FAZ als auch für den Freitag formuliert.
Damit keine falschen Fronten entstehen: ich will damit keine Illusionen nähren. Mir geht es wirklich nur darum, dass wir endlich wieder über die grundsätzliche Weichenstellung unserer gesellschaftlichen Entwicklung ins Gespräch kommen. Wenn der Spitzenkandidat der größten Oppositionspartei diese Weichenstellung zum Thema macht, dann kann mir das nur recht sein.

Im übrigen, was wäre zu tun:
Es lohnt sich, diese Rede auszuwerten, und den Kandidaten wie auch andere Kandidaten der SPD im Wahlkampf mit den darin enthaltenen Versprechen zu konfrontieren. Auch mit den Widersprüchen. Dazu kommt heute oder morgen noch eine konkrete Hilfe von den NachDenkSeiten.


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