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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 30. November 2012 um 15:59 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Ironie und Selstironie von Thomas Fricke angesichts des bevorstehenden Aus für die die Financial Times Deutschland, gepaart mit einem gehörigen Schuß Wahrheit. Das Nein zumindest von Teilen der FTD-Redaktion zu der in den deutschen Medien sehr weit verbreiteten Merkel-Lobhudelei wird zukünftig fehlen.
Quelle: Querschuesse
dazu: Arbeitslosigkeit in Europa: Neets, eine Generation vor dem Nichts
Vierzehn Millionen Jugendliche in Europa sitzen ohne Job zu Hause. Ihre Zahl steigt und die Unterschiede zwischen den Ländern werden immer größer. Soziologen fürchten die Folgen für Gesellschaft und Gesundheit. „Die Zahlen über die steigende Jugendarbeitslosigkeit sind schockierend. Aber in den Berechnungen tauchen nur die jungen Menschen auf, die bereit sind zu arbeiten, die das auch wirklich wollen. Doch gibt es auch eine riesige Gruppe, die ist so demotiviert, dass sie sich völlig vom Arbeitsmarkt abgekehrt hat.“ Am Telefon spricht Massimiliano Mascherini von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, einer EU-Agentur. Er forscht dort über die Jugend, die weder Job noch Ausbildung oder Praktikum hat (die sogenannten „Neets“, Not in education, employment or training). Dabei untersucht er die Hintergründe und das Verhalten dieser „Schwänzer“, und was sie Europa kosten. „Sie haben wenig Vertrauen in die Institutionen und sind sozial wie politisch isoliert. Auch haben sie größere Chancen, am Ende in die Kriminalität abzurutschen“, sagt Mascherini. Ton Eimers vom KBA (Forschungszentrum zum Berufs- und Arbeitsmarkt) kennt die Problemgruppe gut: „Meistens junge Menschen mit Behinderungen, mit Lernschwierigkeiten und/oder einer schwierigen häuslichen Situation.“ Der Soziologe aus Nimwegen spricht über diese Studie: „Sie beschreibt frühzeitigen Schulabbruch und Arbeitslosigkeit. Es ist stets das gleiche Problem: Die jungen Leute verpassen den Anschluss und können sich nicht in die Gesellschaft eingliedern. In Krisenzeiten nehmen die Probleme dieser Gruppe zu. In normalen Zeiten kann der Arbeitsmarkt auch Menschen absorbieren, die keine Qualifikation haben, aber das ist nun anders. Wenn es denn Arbeitplätze gibt, werden die von jungen Leuten mit höherer Bildung belegt. Die jungen Leute, die nur von der Kraft ihrer Arme leben können, sind damit faktisch ausgeschlossen.“
Quelle: Trouw via Presseurop
Anmerkung Orlando Pascheit: Damit keine Verwirrung entsteht: eurostat meldete im Juli 5.468 Mio. Personen unter 25 als arbeitslos. In der Studie von Eurofound, auf die sich Massimiliano Mascherini bezieht, ist von 14 Mio. Jugendlichen die Rede, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie 2011 weder erwerbstätig waren, noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvierten, die sog. “Neets”. Sie setzten sich aus 7,5 Mio. junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren und 6,5 Mio. zwischen 25 und 29 Jahren zusammen, eine Altersgruppe die eurostat nicht als Jugendarbeitslosigkeit erfasst. Die Autoren schätzen”konservativ”, dass 2011 die europäische Wirtschaft durch die Nichtbeteiligung junger Menschen am Arbeitsmarkt 153 Milliarden Euro eingebüßt hat. Das entspricht 1,2 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts. Diese Zahl setzt sich aus den staatlichen Leistungen für Arbeitslose und der fehlenden Arbeitskraft (entgangene Einkommen, ungezahlte Steuern, ungezahlte Sozialversicherugsbeiträge) in der jeweiligen Wirtschaft zusammen. – Das entscheidende Merkmal dieser “verlorenen Generation” sind allerdings nicht seine Kosten im 2011, sondern die Gefahr, dass diese ein Leben lang benachteiligt bleibt, da in dieser Lebensphase der Grundstein für die Berufslaufbahn gelegt wird. Wer hier zurückfällt, läuft oft ein Leben lang hinterher. Die Studie verweist dezidiert auch auf politischen Gefahren. Die Abgehängten würden sich politisch wenig engagieren und hätten weniger Vertrauen in die Politik. – Diese jungen Menschen tragen, wenn die Krise anhält, den Keim einer Revolte in sich, gegen die “Occupy” nicht einmal ein laues Lüftchen war.
Anmerkung unseres Lesers A.H.: Ein Lehrstück wie organisierte PR funktioniert, nicht nur zum Thema Klima.
Anmerkung JB: Dieser Artikel ist eine hilfreiche Ergänzung zu unserem gestrigen Beitrag „Facebook und die Zensur“. Wer Morozovs sicher polarisierende und kontroverse Thesen schätze, sollte sich unbedingt auch sein letztes Buch „The Net Delusion“ durchlesen – meines Erachtens das beste Buch zum Thema.
Anmerkung Orlando Pascheit: Der Observer entwickelt ein regelrechtes Horrorszenario, das wie alle Prognosen nicht so krass eintreffen muss. Er wollte wohl seine Leser aufrütteln und eine Gegenstimme zu den Mainstream-Medien in England erheben. Während die Frage, ob ein Verbleib Großbritanniens in der EU für eine weitere politische Union Europas dienlich ist, offen ist, dürften allerdings die Nachteile eines Brexit eindeutiger sein. – Schon lange hält sich in Großbritannien die Kritik an der Entwicklung der Europäischen Union als einer Entwicklung zu einem europäischen Superstaat. Im Grunde wäre man mit einer nur wenig gestalteten Freihandelszone zufrieden und so hat man in der Vergangenheit zwar jede Erweiterung der Union begrüßt, ist aber jedem Ansatz einer Vertiefung mit großer Skepsis gegenüber gestanden. Wenn heute vor allem die Transfers in einen EU-Haushalt, der “gespickt ist mit Betrug und Fehlverhalten” (Boris Johnson, Bürgermeister von London), im Mittelpunkt der Kritik stehen, so tritt in den Hintergrund, dass Großbritannien seine Souveränität vor allem durch institutionelle Regelung bedroht sieht. Das letzte Beispiel dieser Haltung ist die Ankündigung, in der Justiz- und Innenpolitik nicht mehr mit der EU zusammenarbeiten zu wollen. Auch verweigert das Vereinigte Königreich jedes Gespräch mit der Hohen Repräsentantin für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Diese Tendenzen bergen, zu Ende gedacht, für Britannien aber keinen Gewinn an Souveränität. Ganz gut kann man am Beispiel der Schweiz sehen, dass England bei einem Brexit gezwungen wäre, schon um die eigene Wirtschaft nicht zu behindern, von der EU, dem weltweit größten Wirtschaftsraum, viele Regeln zu übernehmen, – ohne daran mitzugestalten. Großbritannien verlöre damit nicht nur Brüssel an Einfluss, sondern weltweit.
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