Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 27. November 2012 um 9:06 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
dazu: Zu schwache deutsche Arbeitskostenentwicklung belastet Europäische Währungsunion und soziale Sicherung
Arbeits- und Lohnstückkosten in 2011 und im 1. Halbjahr 2012
Arbeitskosten setzen sich zusammen aus Bruttolöhnen und -gehältern sowie den Lohnnebenkosten. Sie lassen sich aus zwei Perspektiven betrachten. Erstens als Kostenfaktor, der die Angebotsbedingungen für Unternehmen beeinflusst, und zweitens als Einkommensgröße, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage mitbestimmt. In der Regel werden die Arbeitskosten einseitig im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und ihre Exportperformance beurteilt. Dadurch gerät ihre Bedeutung für die Konsumnachfrage der privaten Haushalte und damit für die Importnachfrage aus dem Blickfeld. Erst die Einsicht, dass ein Abbau der Leistungsbilanzungleichgewichte im Euroraum nur gelingen kann, wenn Deutschland, das Land mit den größten Überschüssen, den Anpassungsprozess mit verstärkten Importen unterstützt, hat dazu geführt, dass dieser Aspekt in jüngster Zeit wieder stärker wahrgenommen wird.
Bisher stark vernachlässigt wurde die Bedeutung der Arbeitskosten für die Einnahmen der sozialen Sicherungssysteme. Entwickeln sie sich schwach – wie im vergangenen Jahrzehnt – hat das gravierende Folgen für das Leistungsniveau der sozialen Sicherung. In diesem Bericht wird vor dem Hintergrund der hohen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft die aktuelle Entwicklung der Lohnstückkosten und der Arbeitskosten in Deutschland in ihrer Bedeutung für den Abbau der Ungleichgewichte im Euroraum und für die soziale Sicherung in Deutschland analysiert
Quelle: IMK – Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung [PDF – 1.9 MB]
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Die Rentenentwicklung hängt – neben den in die Rentenformel eingebauten Kürzungsfaktoren zur Reduzierung des Rentenniveaus in Prozent vom durchschnittlichen Lebens-Nettoeinkommen eines Versicherten von heute 51 Prozent auf 43 Prozent im Jahre 2030 – maßgeblich von der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter ab. Woher will die Bundesregierung wissen, wie sich angesichts der sehr hohen Unsicherheiten, die aus der der Finanz- und Eurokrise erwachsen, die Löhne und Gehälter in den kommenden Jahren entwickeln werden? Sollte beispielsweise die Eurozone angesichts der gewaltigen ökonomischen Schieflagen auseinanderbrechen, dann würde eine wieder eingeführte DM massiv aufwerten, wodurch die hiesigen Exporte und die Beschäftigung drastisch einbrechen würden.
Nicht nur bezüglich der kritischen Prüfung des von der Bundesregierung behaupteten nominalen (d.h. nicht inflationsbereinigten) Rentenanstiegs sind kritische Fragen zu den Regierungszahlen angebracht. Auch hinsichtlich der in den kommenden Jahren zu erwartenden Inflationsrate und der sich in Verbindung mit dem nominalen Rentenanstieg ergebenden realen (d.h. inflationsbereinigten) Rentenanpassung sind erhebliche Zweifel angebracht, die sich auch nicht durch die m.E. recht oberflächliche Erklärung des DIW aus der Welt schaffen lassen:
Der erste Sachverhalt: Ein ökonomisches Überleben des Euro als Währung erfordert zwecks Angleichung der preislichen Wettbewerbsfähigkeiten innerhalb der Eurozone in den kommenden Jahren in den europäischen Krisenstaaten unterdurchschnittliche und in Deutschland überdurchschnittliche Anpassungen der Löhne und Gehälter. Steigen in Deutschland in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 beispielsweise die Löhne und Gehälter um durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr stärker als in den vergangenen 15 Lohndumping-Jahren, dann würde dies in Deutschland im Vergleich zu den vergangenen Jahren zu einer höheren Inflationsrate führen. Prämisse: Ein gegenüber den vergangenen Jahren um 1,5 Prozent stärkerer Lohnanstieg erhöht die Inflationsrate um 0,7 Prozent (d.h. der Reallohneffekt betrüge dann lediglich 0,8 Prozent). Basierend auf der vom Sachverständigenrat für 2013 prognostizierten Inflationsrate in Höhe von 1,8 Prozent ergäbe sich somit ein Anstieg der Inflationsrate auf 2,5 Prozent (= 1,8% + 0,7%). Bei Zugrundelegung dieser Prämisse egäbe sich im Westen lediglich im Jahre 2015 eine ganz minimale reale Rentenerhöhung um 0,05 Prozent. Im Osten würden die Renten lediglich in den Jahren 2013 und 2015 real ansteigen. In allen anderen Jahren würde das reale Rentenniveau in West- und Ostdeutschland weiter absinken.
Der zweite Sachverhalt, welcher die Bundesregierung dazu veranlaßt haben könnte, von einer höheren Inflationsrate in den kommenden Jahren auszugehen: Die von zahlreichen Ökonomen aufgestellte Behauptung, die Finanz- und Eurokrise würde wegen der Ausweitung der Geldmenge in den kommenden Jahren die Inflationsrate nach oben treiben. Auch dieser Aspekt könnte die Bundesregierung dazu veranaßt haben, von einem nominal stärkeren Anstieg der Löhne und Gehälter auszugehen, da die Gewerkschaften versuchen würden, zumindest einen Teil dieses Inflationsanstieges über ein stärkeres Nominallohnwachstum auszugleichen. Auch dieser Sachverhalt würde die auf dem Papier ausgewiesenen nominalen Rentenanstiege in realer (d.h. inflationsbereinigter) Betrachtung nach unten drücken.
FAZIT: Die der Bildzeitung zugespielten Daten der schwarz-gelben Bundesregierung sind mit großer Skepsis zu bewerten und dienen angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Alterarmut sowohl dem Verteilen von Placebos an die Bevölkerung als auch dem Vorwahlkampf der schwarz-gelben Bundesregierung. Es ist wieder einmal zu beobachten, daß sich nahezu alle deutschen Medien vergnüglich vor den schwarz-gelben Wahlkampfkarren spannen lassen.
passend dazu: Renten-Alarm: Wer hat das beste Konzept?
Auch Durchschnittsverdiener sind im Alter von Armut bedroht, wenn sie sich ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung verlassen. Mit dieser Botschaft brachte Ursula von der Leyen neuen Zündstoff in die Rentendebatte. Nur wer zusätzlich privat vorsorgt, kann auf ein gutes Auskommen im Alter setzen. Doch die zum Ausgleich für das sinkende Rentenniveau von der rot-grünen Regierung geschaffene Riester-Rente ist wegen der oft hohen Kosten und undurchsichtigen Verträge in Verruf geraten. Außerdem können sich viele entsprechende Beiträge auch gar nicht leisten. Wie kann verhindert werden, dass Menschen nach einem langen Arbeitsleben im finanziellen Abseits landen? Wie kann angesichts der demografischen Entwicklung ein fairer Ausgleich zwischen Jung und Alt geschaffen werden? Die Politik ringt um Konzepte, die Auseinandersetzung geht quer durch die Parteien. Wie kann ein tragfähiges Rentensystem gestaltet werden?
Quelle 1: WDR5 (Einleitungstext)
Quelle 2: WDR5 (Podcast) [Audio – mp3]
dazu auch: Altersarmut verhindern!
Anfang September hat Sigmar Gabriel auf einer ver.di- Funktionärskonferenz noch mit großer Entschiedenheit die Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent bis zum Jahr 2030 verteidigt. Er kam damit jedoch schlecht bei den Kolleginnen und Kollegen an, auch wurden ihm Lösungen der Partei DIE LINKE vorgehalten, die auf eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent zielen.
Es droht ein massiver Anstieg der Altersarmut. Seit Schröder und Riester geht es nur um die Sicherung der Profite. Unternehmer sollen nie mehr als elf Prozent Beitrag bezahlen müssen, deshalb der Höchstbeitragssatz von 22 Prozent.
Will man die gekürzten und gefesselten Renten durch Privatvorsorge ausgleichen, müssen sechs Prozent aufgebracht werden. Die Gesamtbelastung für Beschäftigte wächst damit auf bis zu 17 Prozent. Diese muss man alleine tragen. Viele haben dafür kein Geld.
17 Prozent plus 11 Prozent Arbeitgeberbeitrag macht 28 Prozent. Dieser Beitrag wird bis 2030 notwendig. Jedoch sehr ungleich verteilt. Die Parität wurde aufgebrochen. Dies will DIE LINKE ändern!
Bei paritätischer Finanzierung sparen die Beschäftigten! Sie zahlen dann 14 Prozent und weitere 14 Prozent müssen die Unternehmer zahlen. Die Beschäftigten zahlen also drei Prozent-Punkte weniger, die Unternehmer drei Prozent-Punkte mehr.
Selbst bei sehr niedrigen Steigerungsraten der Produktivität können die Unternehmer die höhere Beitragsbelastung zahlen. Manche sogar aus der Portokasse.
Und DIE LINKE will die Rentenformel reparieren! Wir wollen alle Kürzungsfaktoren wieder rückgängig machen. Damit die Renten wie die Löhne steigen.
Quelle: Michael Schlecht
Anmerkung AM: Dieser Beitrag ist interessant, auch wenn die Stoßrichtung gegen den Euro etwas leichtfertig und locker daherkommt.
Interessant ist der Hinweis, dass die Ansammlung von Exportüberschüssen real nicht den Deutschen, vor allem nicht den Arbeitnehmern und der Binnenwirtschaft, und stattdessen vor allem dem deutschen Außenhandel und der Exportwirtschaft nutzt.
Interessant ist der Hinweis, dass die durch Exportüberschüsse erworbenen Forderungen ausgesprochen unsicher sind, im konkreten Fall Forderungen der Deutschen Bundesbank an ausländische Institutionen, die unsicher werden und von uns Steuerzahlern bezahlt werden müssen, wenn sie nicht einlösbar sind.
Der Autor kennt nur die Lösung, „den Euro sterben zu lassen“. Er diagnostiziert nicht die eigentliche Ursache der Leistungsbilanzüberschüsse und damit auch nicht die Möglichkeit und Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Euro Länder wieder aufeinander zu bewegen zu lassen. Auch wenn das lange dauert.
Und der Autor tut so, als würde mit dem Sterben des Euro das von ihm diagnostizierte Problem gelöst. Sollen dann die Forderungen der deutschen Volkswirtschaft, die aus der Ansammlung von Exportüberschüssen folgen, besser eingelöst werden können als bei einem Fortbestand des Euro?
Die weiteren, auch die nicht ökonomischen Folgen des Auseinanderbrechens der Währungsunion will der Autor nicht sehen bzw. er bewertet diese Folgen weniger gravierend.
Der Autor sieht auch nicht, dass die Gefahr von andauernden Exportüberschüssen und die damit verbundenen realen Verluste nicht nur im Verhältnis zu den Euro Staaten sondern zum Beispiel auch im Verhältnis zu den USA gilt.
Ergänzende Anmerkung JB: Leider wärmt der Autor in seinem Gastartikel wieder einmal die sehr deutsche Sichtweise zu den Target-2-Salden auf. Dazu hatten die NachDenkSeiten bereits mehrfach Stellung genommen und sind zu dem Schluss gekommen, dass diese Thesen schlicht nicht haltbar sind. Die These, dass der Steuerzahler für mögliche Verluste der EZB (sei es aus den Target-Salden oder den geldpolitischen Instrumenten) haften muss, ist ebenfalls nicht haltbar.
Anmerkung unseres Lesers E.J.: Krugman zerstört hier kurzerhand den Mythos, wonach die Märkte hohe Defizite mit hohen Zinsen für Staatsanleihen „bestrafen“: Tatsächlich steht die Höhe der Zinssätze mit der Höhe der Defizite in keinem kausalen Zusammenhang, sondern richtet sich im Wesentlichen nach dem von der Zentralbank festgelegten Refinanzierungssatz für Zentralbanktagesgeld und den längerfristigen Erwartungen zur Entwicklung dieses Zinssatzes. Der Tagesgeldrefinanzierungssatz stellt dabei sowohl bei kurzfristigen Ausleihungen zwischen den Banken – da die ausleihenden Banken sich sonst bei der Zentralbank refinanzieren würden – als auch bei den kurzfristigen Staatsanleihen – jeder Zinssatz oberhalb des Refinanzierungssatzes ließe die Nachfrage nach Staatsanleihen wegen der automatisch entstehenden Marge explodieren – eine „natürliche“ Grenze dar. „Aufwärtsdruck“ entsteht mit Erwartungen, dass der Refinanzierungssatz infolge einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung angehoben werden könnte oder tatsächlich wird. Diesem Mechanismus liegt die Gewissheit der Banken zu Grunde, dass ihre Forderungen immer bedient werden, ein Staat mit eigener Währung also nie zahlungsunfähig werden kann. Auf Euroland übertragen bedeuten diese Überlegungen, dass die unterschiedlich hohen Zinsen für Staatsanleihen nur deshalb etwas mit Staatsdefiziten zu tun haben, weil diese bei fehlender Zahlungsgarantie durch die EZB als Anzeichen möglicher Zahlungsunfähigkeit gewertet werden. Dass „die Märkte“ hohe Defizite in Euroland mit hohen Zinsen „bestrafen“, beruht also einzig und allein auf der politischen Entscheidung, dass dies so möglich sein soll und nicht auf irgendeinem naturgegebenen Problem „der Märkte“ mit hohen Defiziten. Die so konditionierten Märkte sind in Wahrheit die bewusst installierten Stellvertreter eines bestimmten politischen Interesses. Schließlich: Entsprechend dem geschilderten Mechanismus würde sich der Zinssatz einheitlicher Staatsanleihen im Euroraum mit einer funktionierenden Bankenlandschaft und einer Garantie der Zentralbank für alle Verbindlichkeiten im Wesentlichen am Refinanzierungssatz der EZB orientieren.
dazu auch: Paul Krugman – Fighting Fiscal Phantoms
These are difficult times for the deficit scolds who have dominated policy discussion for almost three years. One could almost feel sorry for them, if it weren’t for their role in diverting attention from the ongoing problem of inadequate recovery, and thereby helping to perpetuate catastrophically high unemployment.
What has changed? For one thing, the crisis they predicted keeps not happening. Far from fleeing U.S. debt, investors have continued to pile in, driving interest rates to historical lows. Beyond that, suddenly the clear and present danger to the American economy isn’t that we’ll fail to reduce the deficit enough; it is, instead, that we’ll reduce the deficit too much. For that’s what the “fiscal cliff” — better described as the austerity bomb — is all about: the tax hikes and spending cuts scheduled to kick in at the end of this year are precisely not what we want to see happen in a still-depressed economy. […]
But if the U.S. government prints money to pay its bills, won’t that lead to inflation? No, not if the economy is still depressed. […]
So let’s step back for a minute, and consider what’s going on here. For years, deficit scolds have held Washington in thrall with warnings of an imminent debt crisis, even though investors, who continue to buy U.S. bonds, clearly believe that such a crisis won’t happen; economic analysis says that such a crisis can’t happen; and the historical record shows no examples bearing any resemblance to our current situation in which such a crisis actually did happen.
If you ask me, it’s time for Washington to stop worrying about this phantom menace — and to stop listening to the people who have been peddling this scare story in an attempt to get their way.
Quelle: New York Times
passend dazu: Amerikas Steuerkampf – eine Innenansicht
Amerikas jüngste Präsidentschaftswahl hat die Frage beantwortet, ob eine Erhöhung der Einnahmen Teil des langfristigen Plans des Landes zum Defizitabbau sein wird. Die Antwort ist „Ja“: Es herrscht nun auf beiden Seiten Einigkeit, dass ein „ausgewogener“ Ansatz, der Einnahmeerhöhungen und Ausgabesenkungen umfasst, erforderlich ist.
Doch herrscht nach wie vor tiefe politische und ideologische Uneinigkeit darüber, wie die zusätzlichen Einnahmen aufgebracht werden sollten und wer mehr Steuern zahlen soll. Falls bis Ende des Jahres keine vorläufige Einigung in diesen Fragen erzielt wird, steht die Wirtschaft vor einer „Fiskalklippe“ von 600 Milliarden Dollar an automatischen Steuererhöhungen und Ausgabesenkungen, die das BIP um etwa 4% verringern und eine Rezession auslösen werden.
Quelle: Project Syndicate
Anmerkung JK: Eine Meldung, die wieder die Dämlichkeit der neoliberalen Ideologen veranschaulicht. Muss man sich wundern, dass Deutschland in die Eurozone immer weniger exportiert? Die Erkenntnis, dass man mit der Durchsetzung der aberwitzigen Austeritätspolitik den Ast absägt auf dem man sitzt, überfordert die marktgläubigen Dogmatiker offenbar bereits. Aber macht ja nichts, China und andere Schwellenländer werden es schon richten und weiter wie verrückt deutsche Güter importieren. Die unterschwellige Botschaft ist natürlich auch, dass Deutschland die Eurozone eigentlich nicht mehr braucht. Stellt sich nur die Frage was passiert wenn China und die sogenannten Schwellenländer das nicht mehr tun oder es auch dort zu einer Rezession kommt?
Anmerkung Orlando Pascheit: Nur, der Appell an die Einkaufsmacht der Verbraucher ist auch irgendwie wohlfeil. Letztendlich stehen sich bei Takko die Armen der Dritten Welt den Armen der Ersten Welt gegenüber, für die häufig ein Einkauf bei C & A bereits Luxus bedeutet. Ein Käuferstreik ist nur dann möglich, wenn eine gleichwertige Alternative besteht. Und was die anderen Produkte aus Ostasien betrifft, so hat sich nun einmal die weltweite Arbeitsteilung so entwickelt, dass bestimmte Güter überhaupt nur über Länder zu erhalten sind, die einen geringeren Arbeitnehmerschutz, wenig gewerkschaftlicher Rechte oder kaum Umweltauflagen kennen. Viele Dinge des täglichen Bedarfs, werden gar nicht mehr bei uns produziert. Da müssen wir schon unsere Kapitalisten fragen, warum das so ist. Die Antwort ist einfach: Wer wird sich z.B. bei einem iPhone freiwillig mit einer Gewinnspanne von 50 Prozent zufrieden geben, wenn über 60 Prozent möglich sind.
Anmerkung JB: Es mag ein Zufall sein, dass Spahn ausgerechnet jetzt, wo diese Vorwürfe auftauchen, in einem SPIEGEL-Interview (zwei Jahre nach Anfrage des SPIEGEL) in die Charme-Offensive geht. Im Interview geht es jedoch nicht um Politik, sondern um sein Privatleben.
Anmerkung Orlando Pascheit: Leider wird in diesem Bericht nicht weiter gefragt, warum das familiäre Umfeld, das gesellschaftliche Umfeld den Kontakt zu den Kindern so reduziert, so dass die Sprachentwicklung gestört wird. Dabei geht es nicht nur um Sprachentwicklung, es geht um die psychische Geburt des Menschen, um Prozesse der Individuation und Sozialisation. Sprachdefizite mögen am leichtesten zu identifizieren sein, aber wie groß mögen die zunächst nicht sichtbaren Schäden sein, wenn eine Gesellschaft bzw. signifikante Teile bereits so früh den Kontakt zu ihren Kindern verlieren/vernachlässigen. – Ein wenig erweckt der Bericht den Eindruck, dass das Phänomen mit “schlechten Eltern” zu erklären wäre. Die Systemfrage wird leider nicht gestellt.
Anmerkung Orlando Pascheit: Um es ganz schlicht auszudrücken: Was sollte ein hochverschuldeter Pleitekonzern denn sonst mit der damals prosperierenden Hochtief anfangen? Die Bundesregierung hätte sich schon ein wenig an Spanien ein Beispiel nehmen können, als dieses seinerzeit die Übernahme von Endesa durch den deutschen Energiekonzern E.on verhinderte. Auch wenn, wie im Fall Endesa, der Europäische Gerichtshof später entschieden hätte, dass eine nationale Einflussnahme gegen die EU-Regeln des freien Kapitalverkehrs und die Niederlassungsfreiheit verstoßen hätte, hätte Hochtief mehr Zeit gewonnen, um sich gegen die feindliche Übernahme zu wehren. Vielleicht hätte es die Bundesregierung es zwischenzeitlich sogar geschafft, das deutsche Übernahmegesetz intelligent so zu ändern, dass dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) keine Einwände eingefallen wären. Es kann doch in niemandes Interesse liegen – weder auf nationaler noch europäischer Ebene -, dass sich kranke Unternehmen wie Vampire eines gesunden Unternehmens bemächtigen können. Interessieren würde, wie die IG-Bau heute ihre damalige Position gegen den Betriebsrat von Hochtief bewertet, der dezidiert auf die Gefahr einer Zerschlagung Hochtiefs hinwies.
Nicht nur in der Finanzkrise zeigt sich, dass Aussagen wie sie die wirtschaftsliberale SZ (Marc Beise) seinerzeit formulierte, auch in der Realwirtschaft widerlegt werden: “Der Markt, sofern er Regeln hat, die für alle gelten, ist noch immer erfolgreicher als jede Politik” und titelte “Hochtief: Übernahmekampf Na und?“
Das EU-Recht gehört gründlich überarbeitet, nicht nur um solche schleichende, feindliche Übernahmen zu verhindern, aber auch. Es versteht sich, dass auch das EU- Kartellrecht überarbeitet gehört. Auch die beabsichtigte Übernahme von Endesa durch E.on hätte bereits seitens der EU-Kommission nicht genehmigt werden dürfen. Eine Marktmacht bei den Versorgern behindert nicht nur einfach die Preisbildung, sie befördert geradezu Absprachen, wie die EU-Kommission im Fall E.on/GDF Suez feststellen konnte.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=15249