Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)
Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.
- Präsidentenwahl in den USA
- Leitartikel zu USA: Jetzt muss Obama liefern
Danke Amerika, das war eine gute Wahl. Die Welt wartet nun darauf, dass sich der Friedensnobelpreisträger Barack Obama seine Auszeichnung noch verdient.
Quelle: FR
- Kommentar zur US-Wahl: Historischer Sieg
Präsident Obama erringt einen historischen Sieg. Seine größte Herausforderung wird nun sein, die Republikaner davon zu überzeugen, dass sie ihre Blockadepolitik aufgeben.
Quelle: FR
Anmerkung RS: Wie in allen deutschen Medien zu hören und zu lesen ist, wird auch hier so getan, als wäre die Haushaltssanierung die größte Herausforderung, die bevorsteht. Wie wäre es vielleicht damit, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, und damit die wichtigste Voraussetzung für eine Haushaltssanierung überhaupt zu schaffen?
- Amerikaner wählen Blockade im Kongress – Senat und Repräsentantenhaus
Obama bleibt Präsident – doch er muss weiterhin mit einem gespaltenen Kongress leben: Während die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen können, dominieren die Demokraten weiterhin den Senat. Bei einer Volksabstimmung in Maine sprach sich erstmals eine Mehrheit der Bürger für die Legalisierung der Homo-Ehe aus.
Quelle: SZ
- Neue Regierung: Holland empört sich über Milliarden-Sparpaket
Die Niederländer sollen europafreundlicher werden. Sie haben andere Sorgen: Ihre Regierung will das Sozialsystem umbauen und so 16 Milliarden Euro sparen.
Quelle: ZEIT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Warum empört? Richtig überrascht können die Niederländer nicht sein: sie haben einer strikt neoliberalen VVD, die einen radikalen “Sparkurs” angekündigt hat, und einer durch und durch neoliberalisierten pseudo-sozialdemokratischen PvdA eine überzeugende Mehrheit verschafft. Ein ähnliches Sparprogramm war schon im Frühjahr (natürlich auch von und mit diesen Parteien) beschlossen worden.
Spannend wiederum, daß die in den Niederlanden vor ein paar Jahren eingeführte Kopfpauschale jetzt wieder durch einkommensabhängige Beiträge ersetzt wird.
- Herbstprognose: EU befürchtet 19 Millionen Arbeitslose in Euro-Zone
Die Arbeitslosigkeit in den EU-Staaten könnte 2013 auf zwölf Prozent steigen – ein historischer Höchstwert. Noch mehr Sorgen bereitet EU-Kommissar Rehn die immense Verschuldung mancher Staaten.
Quelle: WELT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: “Noch mehr Sorgen [als die Rekordarbeitslosigkeit] bereitet … die enorme Verschuldung…” Da sieht man mal, wie verrückt und ungebildet diese neoliberalen EU-Kommissare sind. Auch immer wieder erstaunlich:
die Konjunkturprognosen haben sich angesichts der brutalen Austeritätspolitik sämtlich als viel zu optimistisch erwiesen, aber die Hoffnung auf das nächste Wirtschaftswachstum wird einfach zwei Jahre in die Zukunft verschoben. Im Jahr 2014 dann auf das Jahr 2016 usw.
- 20-Milliarden-Entlastung: Frankreich hilft Unternehmen auf die Sprünge
Frankreich braucht einen Ruck, stellt Ministerpräsident Ayrault fest. Mit weniger Steuern will er der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen. Im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer steigen. Die Bürger werden sich bedanken.
Mit milliardenschweren Steuererleichterungen will Frankreich seine Unternehmen wieder fit für den internationalen Wettbewerb machen. Die Regierung von Präsident Francois Hollande versprach Arbeitgebern am Dienstag eine Entlastung von 20 Milliarden Euro über drei Jahre.
Zur Gegenfinanzierung bürdet der Sozialist den Bürgern allerdings höhere Abgaben auf. Von 2014 an werde der Staat weitere Einsparungen in Höhe von zehn Milliarden Euro vornehmen. Zudem solle es Erhöhungen der Mehrwertsteuer und neue Ökosteuern geben. Beim Höchstsatz der Mehrwertsteuer von derzeit 19,6 Prozent ist eine Anhebung um 0,4 Punkte geplant. Zudem wird in den öffentlichen Haushalten noch mehr gekürzt.
[…]
Die Regierung folgt mit diesen Plänen teilweise den Empfehlungen ihres Sondergutachters Louis Gallois, der Frankreich eine „Schocktherapie“ ans Herz legte. Der frühere Chef des Flugzeugbau- und Rüstungskonzerns EADS hatte in einem am Montag vorgelegten Bericht zur mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft Erleichterungen bei den Lohnnebenkosten in Höhe von 30 Milliarden Euro gefordert. 20 Milliarden davon sollten die Unternehmer direkt entlasten, weitere 10 Milliarden bei den Arbeitnehmern reduziert werden.
Quelle: Handelsblatt
Kommentar unseres Lesers J.A.: Am Montag bestellt und am Dienstag schon geliefert. Nicht nur in der Art der Maßnahmen, sondern auch in der Höhe der Summen (Kürzung der Sozialabgaben um 20 Milliarden) entspricht die Regierungsankündigung sehr eng den “Empfehlungen” von Gallois. Eine Senkung der Arbeitskosten (Löhne) um ganze 6% auf einmal wäre wirklich radikal. Frankreich unter dem “Sozialisten” Hollande ähnelt doch, 10 Jahre später, sehr stark Deutschland unter dem “Sozialdemokraten” Gerhard Schröder. Genau wie bei Schröder werden jetzt in Frankreich Sozialabgaben (damals Renten- und KV-Beiträge) durch Mehrwert- und Ökosteuer ersetzt usw., und natürlich ist die (wissenschaftlich unhaltbare) Begründung dieselbe: “Lohnsenkungen schaffen Arbeitsplätze”. Nebenbei bricht Hollande sein Wahlversprechen bzw. imitiert mit der “sozialen Mehrwertsteuer” Sarkozy. Widerwärtig und ökonomisch falsch, weil sich offenbar nicht einmal Hollande traut, dem Deutschen Lohndumping den Kampf anzusagen.
- François Hollande trifft die Wirklichkeit
Französische Regierung will Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken
Frankreich präsentiert sich im Herbst 2012 schwach wie Flasche leer: Der Staat ist bis über beide Ohren verschuldet, der Haushalt tief rot. Die Industrieproduktion sinkt, die Arbeitslosigkeit steigt, der Außenhandel verzeichnet ein Minus. Früher als sein sozialistischer Vorgänger und Vornamensvetter Mitterrand trifft François Hollande die Wirklichkeit. Beide begannen spendierfreudig: Mitterrand musste dann allerdings seinem Steuermann Jacques Delors das Kommando zur Wende geben. Und Delors trimmte die Finanz- und Wirtschaftspolitik auf Realo-Kurs.
Quelle: dradio
Anmerkung unseres Lesers A.W.: es fällt mir wiederholt auf, dass Wirtschaftsnachrichten im Deutschlandfunk einseitig neoliberal angehaucht sind. Der folgende Kommentar fiel mir in dieser Hinsicht besonders Negativ auf. Es zeigt sich erneut, dass auch die öffentlich rechtlichen Sender fest in neoliberaler Hand sind. Dieser Kommentar ist wirklich von vorn bis hinten von Arroganz gepaart mit volkswirtschaftlicher Ahnungslosigkeit strotzt.
Ergänzende Anmerkung RS: Auch hier die deutsche Vorstellung, nur durch Export sei man wirtschaftlich erfolgreich. Zum Teufel mit dem Konsum, der Export – und daher die Wettbewerbsfähigkeit ist alles, koste es, was es wolle. Das “Modell Deutschland” zeigt den richtigen Weg.
- Generalstreik in Griechenland: Zehntausende protestieren gegen die Sparbeschlüsse
48 Stunden lang geht nichts mehr in Griechenland: Zehntausende Demonstranten streiken gegen das jüngste, milliardenschwere Sparpaket der Regierung, das vor allem Rentner und Arbeitnehmer treffen soll. Sollte die Regierungskoalition das Paket aber nicht beschließen, könnte Griechenland schon Mitte November zahlungsunfähig sein.
Quelle: SZ
- Wirtschaftsweise fordern “Maastricht 2.0”: Umbau der Währungsunion
Heftiger Widerspruch gegen Finanzminister Schäuble : Die fünf Wirtschaftsweisen glauben nicht daran , dass es einen europäischen Währungskommissar geben kann. Stattdessen schlagen sie eine Reform des Maastrichter Vertragswerkes vor. Auch der Insolvenzfall einzelner Staaten soll dort vorgesehen sein.
Die 390 Seiten starke Expertise mit dem Titel “Stabile Architektur für Europa – Handlungsbedarf im Inland” liegt der Süddeutschen Zeitung vor..
Und für bessere Kontrolle sorgen auch weiterhin die nationale Haftung und die disziplinierende Rolle der Finanzmärkte.
Quelle: SZ
Anmerkung Volker Bahl: …. und erhalten jetzt die Finanzmärkte – jene “Kettenhunde” von Merkel – die “allgemeine” Anerkennung?
- Die Reform der Minijobs: Denn sie wissen, was die wollen
Mit der Reform der Minijobs stützt die Bundesregierung den Niedriglohnsektor. So heißt es in einer Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegeben wurde: »Es zeigt sich, dass vor allem in der Zeit direkt nach der Minijob-Reform die Zunahme von 400-Euro-Arbeitsverhältnissen mit einem Rückgang von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung einhergegangen ist.« Dass es sich dabei nicht um ein Randphänomen handelt, verdeutlicht die Bundesagentur für Arbeit (BA): Die gut 7,3 Millionen Minijobs stellen inzwischen mehr als 20 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse. Gewerkschaftsangaben zufolge sind 672 000 Arbeitnehmer zusätzlich auf Hartz IV angewiesen. Die »Leute wollen nebenher arbeiten, diese Freiheit müssen und wollen wir ihnen lassen«, sagte Johannes Vogel (FDP) vorige Woche im Bundestag. Die Rede ist von jenen 2,5 Millionen Arbeitnehmern, die neben ihrer regulären Tätigkeit noch einen Minijob ausüben. Ihre Anzahl hat sich seit 2003 verdoppelt, mittlerweile haben 8,8 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen Zweitjob. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren: Während einerseits von Arbeitsfreude und Konsumbedürfnissen die Rede ist, vermuten Gewerkschaften und Linke unzureichende Löhne hinter dem Trend zum Zweitjob. Bekannt ist etwa das Phänomen der working poor in den USA, die sich nur mit mehreren Jobs über Wasser halten können.
Hilmar Schneider, Bereichsdirektor im IZA, sagte im Deutschlandfunk: »Man weiß nicht wirklich etwas darüber, wer diese Zweitjobber sind«. Er glaube nicht, dass Armut »die treibende Kraft« für einen Mininebenjob sei, sondern schlicht, »dass die Bedingungen für Zweitjobs so günstig sind.« Der Forscher beschreibt Minijobs auch als Sparmodell, wenn Überstunden anstehen – unechte Nebenjobs also. So berichtet Schneider von Fällen, in denen Firmen eigens eine Tochtergesellschaft gründeten, »damit ihre eigenen Mitarbeiter die Möglichkeit haben, Überstunden in Form von Minijobs abzuwickeln«. Das Unternehmen spare dabei die Zuschläge, und die Beschäftigten erhielten durch entfallende Sozialabgaben mehr als ihren regulären Nettolohn. Das klingt nach einer verdeckten Subventionierung durch Sozialversicherung und Fiskus. Während die Koalitionsparteien unbeirrt darauf verweisen, Minijobs seien »notwendig zur Flexibilisierung« und »zum Abarbeiten von Arbeitsspitzen«, forderte der DGB, die Ausnahmeregelungen für »Kleinstarbeitsverhältnisse« abzuschaffen. Denn in einigen Branchen sei der Anteil von Minijobs extrem hoch, in der Gastronomie liege er bei 50 Prozent und im Einzelhandel bei rund 33 Prozent. Es bestehe also eine Konkurrenz zu normalen Arbeitsverhältnissen, selbst wenn dies nicht der Intention der gesetzlichen Regelung entspreche. Für Unternehmen liege die Abgabenlast bei Minijobs mit 30 Prozent relativ höher als normal, betont Max Straubinger (CSU). Demgegenüber stünden, so Diana Golze von der Linkspartei, jedoch die »geringen Standards, die sich eingeschliffen haben«. Es werden oft nicht nur geringere Löhne gezahlt, auch gesetzliche Rechte, wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, werden nicht gewährt.
Quelle: Jungle World
- Quote der Empfänger sozialer Mindestsicherung sinkt auf 8,9 %
Im Jahr 2011 ging in Deutschland der Anteil der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen an der Gesamtbevölkerung erneut zurück. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, erhielten zum Jahresende 2011 rund 7,3 Millionen Menschen und damit 8,9 % der Bevölkerung Transferleistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts. Das ist der niedrigste Wert seit der erstmaligen Berechnung im Jahr 2006.
Die Inanspruchnahme von Leistungen der sozialen Mindestsicherung sank gegenüber 2006 in allen Bundesländern: Am stärksten war der Rückgang in Mecklenburg-Vorpommern. 2006 waren dort 17,8 % der Bevölkerung auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen, 2011 waren es 13,7 %.
Wie in den Vorjahren war die Quote zum Jahresende 2011 in Berlin am höchsten (18,9 %) und in Bayern am niedrigsten (4,3 %).
Die Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme sind finanzielle Hilfen des Staates, die zur Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts dienen. Dazu zählen folgende Leistungen:
- Arbeitslosengeld II/Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II „Grundsicherung für Arbeitsuchende“; so genanntes Hartz IV),
- Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach dem SGB XII „Sozialhilfe“,
- Laufende Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII „Sozialhilfe“,
- Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und
- Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die Empfängerzahlen der einzelnen Leistungen der sozialen Mindestsicherung entwickelten sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich. So ging die Anzahl der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung nach dem SGB II („Hartz IV“) – die größte Empfängergruppe sozialer Mindestsicherungsleistungen – zum Jahresende 2011 gegenüber 2006 um 16,0 % auf rund 6,1 Millionen Personen zurück.
Die Inanspruchnahme von Mindestsicherungsleistungen im Rahmen der Sozialhilfe nach dem SGB XII („Hilfe zum Lebensunterhalt“ und „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“) stieg im gleichen Zeitraum um 24,7 % auf über 952 000 Personen an.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung WL: Zu gerne hätte man allerdings erfahren, warum die Zahl der Hartz-IV-Empfänger statistisch zurückgegangen ist. Lag es daran, dass viele davon in Rente gegangen sind oder dass sie in vorruhestandsähnliche Regelungen gefallen sind, dass sie als arbeitsunfähig eingeordnet worden sind und eine Erwerbsminderungsrente erhielten?
All dies würde bedeuten, dass diese Betroffenen zwar nicht mehr vom Fiskus versorgt werden müssen, sondern von den beitragsfinanzierten gesetzlichen Sicherungssystemen.
Interessant wäre, zu wissen wie viele eine ungeförderte Erwerbstätigkeit angenommen haben.
- Über den Unsinn der Senkung der Rentenversicherungsbeiträge
Die Rentenversicherung mit ihrem hohen Ausgabenvolumen ist prinzipiell als Konjunkturstabilisator gut geeignet. Damit sie diese Funktion aber voll wahrnehmen kann, bedarf es einer ausreichend hohen Schwankungsreserve. Differenzen zwischen den Einnahmen und Ausgaben laufen in die Nachhaltigkeitsrücklage bzw. werden ihr entnommen. Wird diese zu hoch, sollen nach Gesetz die Beitragssätze gesenkt werden. Wird sie zu niedrig, sind Beitragssatzanhebungen vorgesehen. An dieser Stelle wird letztlich über die Länge der tatsächlichen Konjunkturstabilisierung durch die Rentenversicherung entschieden. Gegenwärtig darf diese Rücklage aber nicht mehr als eineinhalb Monatsausgaben der Rentenversicherung betragen. Letztlich sollte die Schwankungsreserve vor Beginn einer Rezession aber eine solche Höhe haben, dass auch eine starke und lang andauernde Krise ohne eine Beitragssatzanhebung gemeistert werden kann. Denn eine Beitragssatzanhebung innerhalb einer Rezessionsphase wirkt ihrerseits noch Krisen verstärkend. Insofern sollte stärker als bisher auf eine hohe Nachhaltigkeitsrücklage in normalen Konjunkturlagen Wert gelegt werden. Dafür sollten mindestens 3 Monatsausgaben vorgesehen werden…
Quelle: IMK, Rudolf Zwiener, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales [PDF – 267 KB]
- Krisen und Wohlfahrtsstaat – einige deutsche Erfahrungen im 20. Jahrhundert
Die Betrachtung zeigt, in welch hohem Maße wirtschaftliche und politische Pendelschläge das Gesicht des Sozialstaats geprägt haben. Das sozialstaatliche System ist keine Raumkapsel, die unabhängig von Veränderungen der Realität funktioniert. Es zeigt sich immer wieder ein grundlegendes Dilemma jeder Sozialstaatsstrategie. In ironischer Überspitzung kann man es so beschreiben: Der Sozialstaat ist dann von eindrucksvoller Leistungsstärke, wenn wir ihn weniger benötigen, wenn also die wirtschaftliche, soziale und demographische Realität ihn weniger fordert. Er verliert jedoch deutlich an Leistungskraft für den Einzelnen, wenn die Angewiesenheit der Gesellschaft steigt. Diesem Dilemma entkommt keine Sozialstaatsstrategie völlig. Wir sollten jedoch die bestehenden Chancen zur Verringerung dieses Dilemmas ausschöpfen. Wir sollten einerseits Möglichkeiten prüfen, die Resistenz der sozialen Sicherungssysteme bei krisenhaften Pendelschlägen zu erhöhen: So ließe sich durch vermehrte Rücklagenbildung die bisherige Kurzatmigkeit der sozialpolitischen Maßnahmen verringern. Auch würde eine Verbreiterung der Beitragspflicht auf verschiedene Einkunftsarten eine bessere Abfederung gegen wirtschaftliche Pendelschläge ermöglichen. Andererseits sollten wir die Chance ergreifen, die Stabilität der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung durch sozialstaatliche Zukunftsinvestitionen zu erhöhen. Hier zählen insbesondere die Bereiche Bildung, Weiterbildung und Betreuung sowie die Stärkung der präventiven Ausrichtung des Gesundheitsbereichs.
Quelle: Gegenblende
Anmerkung WL: Auch in diesem Beitrag wird deutlich, wie wenig Beachtung selbst in gewerkschaftsnahen Kreisen der Lohn- und Beschäftigungspolitik für die sozialen Sicherungssystemen geschenkt wird.
- Sachverständigenrat empfiehlt „Grünstromquote“
…der Übergang von einer technologiespezifischen zu einer einheitlichen
technologieneutralen Einspeisevergütung, bietet erhebliche Vorteile, die durch eine Umstellung auf eine mengenbasierte Förderung mit einem expliziten Ausbaupfad noch
verstärkt werden. Insbesondere schützt die mengenbasierte Förderung vor einem unerwartet
schnellen Ausbau erneuerbarer Technologien, zumindest solange deren Ausbau noch subventioniert werden muss. Dadurch wird einerseits die bei preisbasierten Verfahren immer wieder auftretende Überförderung des Ausbaus verhindert, etwa wenn die Investitionskosten für einzelne Technologien stärker als durch den Gesetzgeber erwartet sinken. Dies führte in der Vergangenheit zu massiven Kapazitätsausweitungen und dadurch zu Kostenschüben, etwa bei der Photovoltaik (Ziffern 478, 481, 484). Andererseits ließe sich der Netzausbau besser mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien koordinieren.
Quelle: Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung S. 286 [PDF – 4.3 MB]
Anmerkung WL: Siehe dazu allerdings eine Studie des DIW „Quotenmodell keine Alternative zum EEG:
Der Umstieg auf ein solches Fördermodell stellt jedoch keine Lösung für die derzeit diskutierten Probleme dar, die zu einem großen Teil außerhalb des EEG anzusiedeln
sind, beispielsweise im Bereich der Netzregulierung, des Strommarktdesigns und der Innovationsförderung. Vielmehr würden mit der Einführung eines Quotenmodells das Investitionsrisiko und somit die letztlich vom Endkunden zu tragenden Förderkosten steigen. Aufgrund mangelnder Differenzierung nach Technologiebereichen wäre die Einführung eines Quotensystems zudem mit der Gefahr verbunden, dass die langfristigen Ziele zur Nutzung erneuerbarer Energien nicht erreicht werden und die Belastungen für die Stromverbraucher nicht sinken, sondern sich zusätzlich erhöhen. Ein grundlegender Wechsel des Fördersystems ist daher nicht zu empfehlen. Vielmehr sollten die Anstrengungen zur Weiterentwicklung des bisherigen Fördermodells in Richtung auf Kostensenkung und Systemintegration intensiviert werden [PDF – 782 KB].
Das Quotenmodell stammt – nebenbei bemerkt – aus dem Rheinisch Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und dessen Chef Christoph Schmidt sitzt nun eben auch in diesem sog. Sachverständigenrat. Nachdem er sein Quotenmodell schon bei der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ als Gutachten verkauft hat, hat er es nun halt auch noch dem Sachverständigenrat angedient. Das ist ein typisches Beispiel, wie diese Sachverständigen in ihrem Jahresgutachten immer nur das anbieten, was sie schon immer vertreten haben. Und warum sollte jemand der eine bestimmte wissenschaftliche „Lehrmeinung“ vertritt diese auch aufgeben.
Das zeigt, dass dieser Rat eben gerade kein wirklicher Rat ist, sondern dort wird der alte Kaffee, den einzelne Mitglieder (bzw. ihre Mitarbeiter) vertreten, halt nochmals aufgewärmt und zwischen zwei Buchdeckel gepackt. Peter Bofinger, der einzige unter den „Fünf Weisen“, der eine abweichende Meinung zu den vier anderen vertritt, wird dann halt in Fußnoten oder in Minderheitenvoten abgedrängt, die in der veröffentlichten Meinung niemand interessieren.
So kommt es, dass der Sachverständigenrat seit Jahren in jedem Gutachten mit neu aufbereiteten Zahlen immer das gleiche Lied singt. Und diese Litanei lautet: Sparen, Deregulieren, Löhne senken, der Markt wird es richten. Es lohnt sich bis auf das neue statistische Material überhaupt nicht, diesen dickleibigen Band durchzulesen.
Das Quotenmodell z.B. wurde von marktgläubigen Ökonomen schon immer bevorzugt, da es auf dem Papier und theoretisch effizienter scheint. Es hat sich aber in der Praxis herausgestellt, dass es in der Wirklichkeit (speziell Großbritannien) nicht nur ineffektiv ist, sondern sogar ineffizient ist, jedenfalls bezogen auf die gleiche Technologie. Es gibt eine Serie von Studien, die zeigen, dass beispielsweise die Windenergieförderung auf die erzeugte kWh gerechnet, im Quotensystem wesentlich teurer ist als im Einspeisesystem. Und die Praktiker bestätigen das seit Jahren. Das hängt vor allem damit zusammen, dass der künftig erzielbare Preis im Quotensystem sehr unsicher ist, und dass die Investoren daher eine wesentlich höhere Mindestrendite ansetzen. Das wirkt sich besonders kostentreibend bei einer kapitalintensiven Technologie aus. Hinzukommen die Transaktionskosten für die Zertifikate, d.h. die Courtagen und Spekulationsgewinne der Zertifikatshändler.
Das EEG hingegen hat die Zielsetzung, eine Reihe von Technologien gleichzeitig zu fördern, und bietet daher differenzierte Einspeisevergütungen. Das wäre beim Quotenmodell nicht so angelegt, was in der Praxis dazu geführt hat, dass z.B. in GB in Bezug auf Technologien gar nichts passiert ist. Die Quote wurde möglichst mit der Wiederbelebung alter Kleinwasserkraftwerke erfüllt. GB hat daher seit einigen Jahren die Förderpolitik (unter Einführung von differenzierten Quoten) geändert, da a) die allgemeine Quote nie zielgerecht erfüllt wurde, b) keine Erneuerbare-Energie-Technologieentwicklung stattfand, und c) das dann auch noch relativ teuer war.
Es ist höchst fragwürdig, dass das RWI und damit auch der Sachverständigenrat überhaupt nicht auf die problematischen Aspekte der Quotenregelung eingeht, angesichts dessen, dass diese gut dokumentiert sind und auch in den Fachkreisen gut verbreitet, sodass beispielsweise auch die Internationale Energieagentur sich in ihren Analysen und Empfehlungen auf diese Erfahrungen stützt.
Anscheinend sind diese Diskussion und diese Erkenntnisse auch vom Sachverständigenrat unbemerkt geblieben. Der Sachverständigenrat hat sich wohl auf sein Mitglied Chr. Schmidt (Präsident des RWI) verlassen.
Nun haben wir jetzt in Deutschland ja eine neue Situation, da die EE-Technologien dank EEG schon einen hohen Marktanteil haben und sehr viel billiger geworden sind.
Damit sind die Technologieförderziele z.T. erreicht, und man kann verstärkt auf die Effizienz achten. Man kann aber nicht einfach die ollen Kamellen rausholen und sie mit den gleichen Werbesprüchen (effizient, kostensparend!) wieder verkaufen.
- Wirtschaftsweise unzufrieden mit Merkel
Die Wirtschaftsweisen zeigen sich unzufrieden mit der schwarz-gelben Bundesregierung: In ihrem Jahresgutachten fordern sie die Koalition laut “Handelsblatt” auf, stärker zu sparen: “Da der Bund nicht dauerhaft auf Sonderfaktoren und eine günstige konjunkturelle Entwicklung bauen kann, ist deutlich mehr Ehrgeiz bei der Konsolidierung des Bundeshaushalts notwendig”, zitiert die Zeitung aus dem Bericht, der im Laufe des Tages vorgestellt werden soll.
Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, wie die fünf Wirtschaftsweisen korrekt heißen, übergibt das Jahresgutachten mit dem Titel “Stabile Architektur für Europa – Handlungsbedarf im Inland” im Laufe des Tages an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Darin kritisiert der Rat dem Bericht zufolge vor allem “strukturelle Mehrausgaben wie etwa das Betreuungsgeld, die Zuschussrente oder die Abschaffung der Praxisgebühr”. So seien die staatlichen Konsumausgaben überproportional gestiegen.
Quelle: Spiegel-Online
Anmerkung Jürgen Karl: Wenn man diese Meldung liest fragt man sich weshalb diese Runde verbohrter neoliberaler Dogmatiker eigentlich immer als Sachverständigenrat und als Wirtschaftsweise bezeichnet wird? In welcher von der Realität völlig entrückten Welt leben diese Herrschaften eigentlich? Die katastrophalen Folgen der Austeritätspolitik in Griechenland, Spanien und Portugal scheinen in der Wahrnehmung dieses Rates nicht zu existieren. Die Realität sollte also endlich aufhören sich den verqueren Vorstellungen dieser Weisen zu widersetzen. Offenbar ist es die Intension dieser Statements den erbarmungswürdigen Zustand der deutschen Wirtschaftswissenschaften immer wieder zu bestätigen.
Dazu passt:
Hundt rechnet mit Schwarz-Gelb ab
Bürgerlich-liberale Koalitionen und Arbeitgeberpräsidenten verstehen sich traditionell eigentlich sehr gut – aber das Verhältnis zwischen Dieter Hundt und der schwarz-gelben Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist inzwischen nachhaltig gestört. Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl hat der Arbeitgeberpräsident seiner Enttäuschung über die Bundesregierung Luft gemacht: “Meine Hoffnung war, dass die Koalition die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Arbeit weiter verbessert”, sagte Hundt der “Welt”. Doch Union und FDP hätten manche vernünftige Reformen der Vorgängerregierungen “sogar verwässert und zurückgedreht”. Viele Erwartungen der Wirtschaft seien nicht erfüllt worden.
Als Beispiele für verfehlte Politik nannte Hundt die Felder Energie und Soziales. “Die Energiewende ist überstürzt erfolgt und wird uns noch schwer zu schaffen machen”, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). “In der Sozialpolitik enttäuschen mich auch die jüngsten Koalitionsbeschlüsse, allen voran die Abschaffung der Praxisgebühr, die ich in mehrfacher Hinsicht für falsch halte. Auch das Betreuungsgeld geht in die falsche Richtung. Wer den Staatshaushalt sanieren will, darf nicht neue Sozialleistungen beschließen.” Besonders enttäuscht sei er darüber, dass es immer noch keine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit gebe.
[…]
Lobend äußerte sich Hundt zum SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. “Herr Steinbrück hat als Finanzminister der Großen Koalition zusammen mit der Bundeskanzlerin in der Finanzkrise 2008 die richtige Politik gemacht”, sagte der Arbeitgeberpräsident, forderte aber zugleich: “Jetzt muss er aber die Pläne der SPD für massive Steuererhöhungen und massive Leistungsausweitungen in der Rentenversicherung korrigieren.” Von einer möglichen rot-grünen Regierung seien aufgrund der Renten- und Steuerpläne von SPD und Grünen “massive Steuererhöhungen zulasten von Wirtschaft und Arbeit zu befürchten”.
Daran sieht man, dass Hundt mit zweierlei Mass mißt. Steuergelder für die Bankenrettung sind gute Ausgaben, mehr Geld für Sozialleistungen sind schlechte Ausgaben. Und allein das Lob für Steinbrück desavouiert für mich diesen Mann als Kanzlerkandidaten der SPD bereits vollständig.
Quelle: Spiegel-Online
Anmerkung Jürgen Karl: Daran sieht man, dass Hundt mit zweierlei Mass mißt. Steuergelder für die Bankenrettung sind gute Ausgaben, mehr Geld für Sozialleistungen sind schlechte Ausgaben. Und allein das Lob für Steinbrück desavouiert für mich diesen Mann als Kanzlerkandidaten der SPD bereits vollständig.
- Wachsende Großstädte – steigende Wohnungspreise
Die Preise von Eigentumswohnungen und die Wohnungsmieten sind in den vergangenen Jahren in den meisten deutschen Großstädten deutlich gestiegen. Diese Entwicklung wird sich 2013 fortsetzen.
Berlin, Hamburg, München und Frankfurt am Main liegen bei den Preis- und Mietsteigerungen weiterhin an der Spitze. In diesen Städten ziehen die Preise deutlich stärker an als die Mieten. Für die Großstädte des Ruhrgebiets sind hingegen stagnierende oder sogar rückläufige Preise und Mieten zu erwarten.
Seit Januar 2007, dem Beginn unseres Betrachtungszeitraums, sind die Wohnungspreise in Berlin um insgesamt 73 Prozent gestiegen, das entspricht knapp zehn Prozent jährlich. In Hamburg und München betrug der jährliche Preisanstieg 7,3 beziehungsweise 5,6 Prozent…
In den Städten, in denen die Wohnungspreise über dem Durchschnitt liegen, sind auch die Mieten überdurchschnittlich hoch. Die Mieten in Berlin erreichten Ende 2011 den Durchschnitt, der bei 7,00 Euro lag. Am höchsten sind die Mieten in München (12,30 Euro) und Hamburg (10,90 Euro)…
In einigen Städten steigen die Preise stärker als die Mieten, dahinter könnten spekulative Tendenzen stehen.
Die Geldpolitik ist aber nur der Auslöser des Immobilienpreisanstiegs. Ein wichtiger Faktor ist die zunehmende Wohnungsknappheit in vielen Großstädten.
Quelle: DIW Wochenbericht 45/2012 [PDF – 782 KB]
Anmerkung WL: Siehe dort auch das Interview mit Konstantin A. Kholodilin, einem der Verfasser der Studie „Noch gibt es keine Immobilienblase in Deutschland“
- Club der jungen Schreiber – Ein Buch hilft Kindern
Der gemeinnützige Verein “we4kids e.V.” im thüringischen Gera hat zu Gunsten der Aktion “Thüringen sagt ja zu Kindern” einen Schreibwettbewerb für Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen und die besten Geschichten in einem Buch zusammengefasst.
Quelle: we4kids
- Zu guter Letzt: Die Piraten nerven
Quelle: WDR-2-Kabarett [Audio – mp3]