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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 11. Oktober 2012 um 8:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung Volker Bahl: „Strompreise steigen – eine unseriöse Rechnung“
Nachdem gestern berichtet wurde, dass durch die Energiewende die Strompreise aufgrund der Energiewende kräftig steigen werden, macht Markus Balser in der Süddeutschen vom 10. Oktober 2012 eine genauere Rechnung auf, die den Stromkonzernen, aber auch der Politik nicht gefallen dürfte, denn beide sind eifrig beteiligt am Treiben der Strompreise – ohne dass daran der “grüne Strom” schuld ist.
Unter der Überschrift “Steigende Preise für Elektrizität – Nicht der grüne Strom ist schuld” (nicht im Netz verfügbar) schreibt er, indem er die Stromkosten im Einzelnen aufdröselt und damit aufzeigt, wie verlogen diese Geschichte ist, die Energiewende als Misserfolg zu deuten:
Zwar werden am kommenden Montag die deutschen Stromnetzbetreiber verkünden, wie viele Milliarden Euro die Stromkunden im kommenden Jahr an Subventionen für die grüne Energie zahlen müssen. Für die Gegner der Energie wird dies (und soll es wohl auch) eine Steilvorlage werden: Gut zwanzig Milliarden Euro werden die Deutschen dann 2013 für die Förderung umweltfreundlicher Energien bezahlen…
Der Ausbau erneuerbarer Energien steht dabei gerade einmal für die Hälfte des Strompreisanstiegs…
Und zur Wahrheit gehört auch: Der wachsende Grünstromanteil lässt den deutschen Strompreis nicht nur steigen, sondern auch sinken – aber die Stromkonzerne geben dies nicht an den Verbraucher weiter… (vgl. www.tagesschau.de nebst dem dortigen Link zum Gutachten selbst.)
Während die Energieversorger im Land die steigenden Kosten für Ökostrom fleißig an ihre Kunden weitergaben, galt das für sinkende Börsenpreise nicht.
Soweit der unseriöse Anteil der Stromkonzerne am Steigen der Strompreise, um so “nebenbei” ihre “Profite” noch zu erhöhen – und dazu kommt noch die Politik, die den privaten Haushalten in Deutschland einfach allein die Kosten aufbürdet, indem sie viele der größten Verbraucher einfach von der Ökostromfinanzierung befreit. Große Industrieunternehmen brauchen sich kaum an der Finanzierung der Energiewende beteiligen. Ihren Anteil müssen die kleinen Unternehmer und vor allem die privaten Haushalte schultern. Auch deshalb steigt die Ökostromumlage nun so sprunghaft an.
Als Konsequenz daraus müsste nun eine intensive Debatte über die wahren Kosten der Wende angestoßen werden und ihre faire Verteilung.
Einen guten Hinweis für eine solche Debatte gibt eine Studie, die herausgearbeitet hatte, dass der Atomausstieg (Energiewende) weder dem Klima noch den Preisen schaden muss. Siehe SZ sowie diese Studie selbst [PDF – 310 KB].
P.S.: Nicht umsonst hat man früher in Deutschland deshalb auch den Weg gewählt, diesen so enorm politischen Preis des Stromes durch eine “Vergesellschaftung” (meist Kommunalisierung) politisch einfacher kontrollieren zu können – bis man in den letzten Jahrzehnten unter der Ägide des Neoliberalismus mit seiner marktradikalen Ideologie darauf kam auch die Elektrizitätswirtschaft weitgehend zu privatisieren.
Ergänzende Anmerkung WL: Selbst das gewiss wirtschaftsfreundliche Handelsblatt schreibt:
„Ursprünglich sollten die Kosten der Energiewende – weg von der Kernkraft und hin zum Ökostrom – auf die Schultern aller verteilt werden. Doch dieses Solidaritätsprinzip ist längst Makulatur. Ob Ökostrom-Umlage oder Netzentgelte: Immer mehr Unternehmen nutzen die zahlreichen Ausnahmen, um ihrem Beitrag zu entgehen – auf Kosten der Verbraucher. Die Politik sieht der Kostenverlagerung weitgehend tatenlos zu. Dabei zeigt ein bislang nicht bekannt gewordenes Gutachten aus dem Ministerium von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), dass verschiedene Konstruktionen zur Befreiung von der EEG-Umlage schlichtweg illegal sind…Getrickst wird vor allem beim Stromverbrauch. Manche Unternehmen verbrauchen bewusst mehr als nötig, um zu den energieintensiven Firmen zu gehören. Energiewende absurd. Der Gesetzgeber hat die sogenannte EEG-Härtefallregelung zuletzt sogar aufgeweicht, so dass nun auch Unternehmen mit geringem davon Stromverbrauch profitieren.
Die Folge: Nahmen 2010 nur 560 Unternehmen die Regelung in Anspruch, waren es in diesem Jahr bereits 2.023. Nach Erhebung des Forums ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS) und dem Institut für Zukunfts-Energie-Systeme machte das allein im vergangenen Jahr 8,6 Milliarden Euro aus.“
Zu bezweifeln ist allerdings, dass die Politik der „Kostenverlagerung tatenlos“ zusieht.
Dazu auch ausführlich: Finanzhof hält Erbschaftsteuergesetz für verfassungswidrig
Quelle: SZ
Und hier die Entscheidung des BFH:
BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 27.9.2012, II R 9/11
…Der Senat ist von einem Verstoß der Tarifvorschrift des § 19 ErbStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG überzeugt, weil – die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung darstellt, und zwar jedenfalls, soweit die Gewährung der Steuervergünstigungen nicht von der Lohnsummenregelung und somit von der Erhaltung von Arbeitsplätzen abhängt (s. B.II.5.) und – §§ 13a und 13b ErbStG einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang aufweisen, da sie es Steuerpflichtigen ermöglichen, durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfüllt, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben, und die Vorschriften ferner auch hinsichtlich der Lohnsummenregelung dem Folgerichtigkeitsgebot widersprechen.
§§ 13a und 13b ErbStG lassen es zu, Vermögen jeder Art und in jeder Höhe von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden ohne Anfall von Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer zu erwerben, ohne dass es auf eine Gemeinwohlverpflichtung und Gemeinwohlbindung des erworbenen Vermögens ankommt. Dies widerspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Danach ist es dem Gesetzgeber zwar unbenommen, bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe mittels Verschonungsregelungen den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände –gegebenenfalls auch sehr weitgehend– zu begünstigen. Solche Normen müssen allerdings den allgemein für Regelungen zur außerfiskalischen Lenkung oder Förderung geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Insbesondere müssen die Lenkungszwecke von erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidungen getragen, der Kreis der Begünstigten sachgerecht abgegrenzt und die Lenkungszwecke gleichheitsgerecht ausgestaltet sein. Erforderlich ist deshalb, dass die Begünstigungswirkungen ausreichend zielgenau und innerhalb des Begünstigtenkreises möglichst gleichmäßig eintreten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter D.I.). Die Begünstigungsregelungen dürfen nicht insgesamt zu einer verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Überprivilegierung führen.
Diesen Anforderungen werden §§ 13a und 13b ErbStG nicht gerecht. Sie führen vielmehr zu einer weitgehenden, den Kern des Gesetzes treffenden gleichheitswidrigen Fehlbesteuerung und erfassen im Zusammenspiel mit der Tarifnorm des § 19 ErbStG alle wesentlichen Teilbereiche des ErbStG.
Überprivilegierung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften
Der Senat ist der Auffassung, dass die weitgehende oder vollständige Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran jedenfalls insoweit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vereinbar ist, als –wie es im Regelfall zutrifft– der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat und daher die Gewährung der Steuervergünstigungen nicht von der Erhaltung von Arbeitsplätzen abhängt (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
…Der Senat hat im Beschluss in BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598 (unter B.II.3.a bb und b bb) zu dem seinerzeit geltenden Recht ausgeführt, eine pauschale Begünstigung des Erwerbs von Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften im damals vorgesehenen Umfang wäre nur dann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn unterstellt werden könnte, typischerweise gefährde die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Belastung die Betriebsfortführung. Für eine solche Annahme fehle jedoch jeder konkrete Anhaltspunkt. Die Prämisse, die Erbschaftsteuer gefährde generell die Existenz mittelständischer Unternehmen, sei nicht zu verifizieren. Die im Gesetz getroffene Regelung trage auch den Fällen keine Rechnung, in denen neben dem Betriebsvermögen noch weiteres Vermögen übergehe oder sich beim Erwerber befinde, aus dem dieser die Steuer ohne Gefährdung der Betriebsfortführung bezahlen könnte; denn das ErbStG nehme nicht das Unternehmen, sondern den Erwerber des Unternehmens in Anspruch. Auch werde nicht berücksichtigt, dass nach der Stundungsregelung des § 28 ErbStG bereits ein Instrument zur Verfügung stehe, insbesondere in Erbfällen die Erhaltung des Betriebs zu sichern. Insgesamt seien die Begünstigungen für das Betriebsvermögen in ihrer Gesamtwirkung zu weitgehend, um noch von dem verfassungsrechtlich zulässigen Differenzierungsgrund “Schutz der Betriebe” gedeckt zu sein. Die Regelung treffe zudem nicht “zielgenau” und stelle nicht sicher, dass nur solche Erwerbsvorgänge erfasst würden, bei denen der Begünstigungsgrund vorliege. Auch beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehle es für die pauschale Entlastung der Erwerber von der Steuer an einem ausreichenden sachlichen Grund. Der Gesichtspunkt der Gleichstellung der Anteile an Kapitalgesellschaften mit dem Betriebsvermögen bzw. den Anteilen an Personengesellschaften rechtfertige keine derart weitgehende pauschale Privilegierung, die im Ergebnis die Anteilserwerber in großem Umfang von der Umverteilungswirkung des ErbStG ausnehme. Die Belastung mit Erbschaftsteuer treffe beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften in der Regel lediglich die private Vermögenssphäre des Erwerbers…
Die Frage einer Überprivilegierung stellt sich nunmehr sogar in verstärktem Maße, da die Steuervergünstigungen vielfach noch weit über das frühere Recht hinausgehen und zu einer völligen Freistellung von der Steuer führen können…
Nach Ansicht des Senats geht es weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers gewährt werden, und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden sind oder –ggf. im Rahmen einer Stundung der Steuer– ohne weiteres beschafft werden könnten (vgl. Wachter, a.a.O., § 13a Rz 8). Da auch Erwerber großer und größter Unternehmen von den Steuervergünstigungen profitieren, begünstigen die Steuervorteile die Konzentration von Unternehmensvermögen bei vergleichsweise wenigen Personen. Um das vom Gesetzgeber angestrebte Steueraufkommen zu erreichen, werden zugleich die Erwerber von Privatvermögen und sonstigem nicht begünstigten Vermögen mit höheren Steuern belastet. Nach Auffassung des Senats ist diese Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt…
Quelle: Bundesfinanzhof
Anmerkung WL: Der Bundesfinanzhof hält also gerade das im Jahre 2008 unter der Großen Koalition verabschiedete Erbschaftssteuerrecht für verfassungswidrig und legt es dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Dabei geht es vor allem um die weitgehende und teilweise sogar vollständig steuerliche Befreiung von Betriebsvermögen.
Die Richter haben die schon damals erhobene Kritik an der Unterstellung, dass die Erbschaftssteuer die Betriebsfortführung gefährde, bestätigt.
Leider wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf sich warten lassen.
Anmerkung WL: Selbst der Hardliner für die Austeritätspolitik, Gabor Steingart, kommentiert: „Die Kanzlerin fand die richtigen Worte (“Ich komme nicht als Lehrerin”), aber zu einer erfolgversprechenden Griechenland-Politik fand sie auch gestern nicht. Das Land spart sich unter deutscher Anleitung immer tiefer in die Rezession. Merkel ist kein zweiter General Marshall.“
Anmerkung WL: Wenn es tatsächlich zuträfe, dass Merkel den „Beutezug Ost“ durch die Treuhand und die Abwicklung der DDR als Modell für eine Privatisierungspolitik in Griechenland vorgeschlagen hat, dann ist der Ausverkauf dieses Landes programmiert und das noch ohne die Milliarden aus einem Solidaritätszuschlag nach innerdeutschem Vorbild.
Anmerkung WL: Interessant ist eigentlich nur die Wortwahl bei der Unterscheidung der Pressestimmen durch Reinhard Baumgarten vom ARD-Hörfunkstudio Istanbul ( also nicht von Athen): Diejenigen Medien, die Merkels Besuch als einen Erfolg betrachten gelten ihm als „seriös“, die kritischen Stimmen werden als „linke Oppositionspresse“ oder als „Boulevardblätter“ abgestempelt.
Anmerkung WL: Siehe dazu die Kommentierung „Doppeltes Opfer – Arbeiter Märtyrer: gleiche Rentenbeiträge, kürzeres Leben“.
Anmerkung WL: Nicht nur der stern und RTL auch die FAZ jubeln den SPD-Kandidaten hoch, weil die Umfragewerte gerade um einen Prozentpunkt – also innerhalb der Fehlermarge – hochgegangen sein sollen. Nun weiß man ja, dass der Chef des Umfrageinstituts Forsa, Manfred Güllner, ein eingefleischter Schröderianer ist und schon immer dafür bekannt war, dass er Umfragen zugunsten des rechten SPD-Flügels „gewichtet“ hat. Aber selbst die Aussage, dass „erstmals seit fast sechs Jahren“ die Sozialdemokraten wieder die 30-Prozent-Marke erreichten ist eine glatte Falschmeldung. Vielleicht nicht bei Forsa aber etwa bei INSA YouGov oder Emnid oder bei der Forschungsgruppe Wahlen (ZDF Politbarometer) oder bei Infratest dimap (ARD-DeutschlandTREND) [PDF – 1.1 MB] erreichte die SPD mehrfach über 30 Prozent.
Im Übrigen, was hat die SPD oder was hat Steinbrück davon, wenn Merkels CDU gleichfalls um einen Prozentpunkt zulegt. Liegt das auch an dem „fabelhaften Peer Steinbrück“.
Zusammen mit den Grünen läge die SPD nach wie vor bei nur 42 Prozent und könnte keine Regierung stellen. Mit der Linken würde es vielleicht zu einer knappen Mehrheit für das „linke“ Lager reichen. Aber eine Zusammenarbeit mit der Linken lehnt ja Steinbrück apodiktisch ab, eine echte Machtoption besteht also nicht, schon gar nicht für Steinbrück als Kanzler.
Die Schlagzeilen belegen nur eines, nämlich dass einige Medien mit Steinbrück und der SPD ihre Spielchen treiben und im Übrigen ihre Leserinnen und Leser für blöd verkaufen.
Anmerkung WL: Vielleicht nicht eine organisierte Mafia, aber Netzwerke der politischen Korruption gibt es auf kommunaler Ebene auch in Deutschland. In Köln nennt man das z.B. „Klüngel“.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=14707