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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 9. Oktober 2012 um 8:51 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MB/WL/JB)

  1. Im Zentrum des Betrugs
  2. Robert Misik – Sado-Maso-Ökonomie
  3. Sinns Target-Thesen lösen Streit aus
  4. Steinbrück
  5. „… und unseren täglichen Talk gib uns heute!“
  6. Vor einem neuen Einbruch?
  7. Zukunft der EU: Mehr Demokratie wagen
  8. Hilfsfonds für Billigarbeiter
  9. Hubertus Heil: Eine neue Arbeitsmarktpolitik
  10. Hartz IV-Ausgaben des Bundes 2012: Minderausgaben von mehr als einer Milliarde Euro erwartet
  11. Leiharbeit: Prekariat auf Abruf
  12. Demografie: Mehr Menschen als in viel zitierter „Gipfel-Variante“ der Vorausberechnungen
  13. 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsausbildung
  14. Gegen den vorgegebenen Weg
  15. Veranstaltungshinweis Heidelberg
  16. Neues aus der Anstalt
  17. Zu guter Letzt: Immer mehr Deutsche brauchen einen Nebenjob
  18. Zu guter Letzt zum Zweiten: Welche Chancen hat Steinbrück?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Im Zentrum des Betrugs
    London entwickelte sich in den vergangenen Monaten von der einstigen Vorzeige-Metropole zum Hauptschauplatz für Zinsmanipulationen und Anlagebetrug. Um diese Wandlung zu verstehen, muss man ein paar Jahre zurückblicken.
    Quelle: Handelsblatt

    Kommentar AM: Pflichtlektüre für alle jene, die immer wieder verbreiten, die Finanzkrise sei maßgeblich auf die Vermehrung der Geldvermögen und insbesondere der Spitzenvermögen und auf die davor liegende ungerechte Einkommensverteilung zurückzuführen.

  2. Robert Misik – Sado-Maso-Ökonomie
    Soziale Katastrophen in Griechenland, Spanien & Co.: Erlösung durch Schmerzen funktioniert nur in der Phantasiewelt religiöser Frömmler. Aber nicht in der Ökonomie.
    Quelle: Robert Misik
  3. Sinns Target-Thesen lösen Streit aus
    Hans-Werner Sinn warnt vor einer Falle durch das Euro-Target-System. Mit den Thesen in seinem neuen Buch hat der Ifo-Präsident zum Teil wütende Reaktionen hervorgerufen. Ein SPD-Politiker spricht von einer „Angstkampagne“.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung JB: Es ist natürlich legitim, dass Hans-Werner Sinn seine Einkünfte durch lukrative Buchprojekte aufbessern will. Und populärwissenschaftliche Untergangsszenarien verkaufen sich nun einmal besser als anspruchsvolle Analysen. Inhaltlich ist von Sinns Buchs nicht das geringste zu erwarten, mit seiner Fixierung auf die Target-Salden macht sich Sinn schon seit längerem in der Branche lächerlich. Der Fall Hans-Werner Sinn ist jedoch auf andere Art und Weise tragisch. Sinn ist ein Musterbeispiel eines gefallenen Wissenschaftlers, der sich gar nicht mehr um seinen wissenschaftlichen Ruf schert und vollends auf Boulevard-Niveau abgesunken ist. In einer besseren Welt hätte dies auch folgen auf seine wissenschaftliche Arbeit, immerhin ist sein ifo-Institut immer noch recht hoch angesehen. Leider leben wir jedoch nicht in dieser besseren Welt.

  4. Steinbrück
    1. Auf seinen Stil kommt es an
      Wenn Steinbrück die Kritik an seinen Einkünften „dämlich“ und „absurd“ nennt, begeht er einen Fehler. Es ist nicht der einzige. Zusammen ergeben sie das Bild eines Mannes, der sich politisch unsensibel verhält. Denn entscheidend ist weniger, was der neue Kanzlerkandidat getan hat, sondern ob er anständig mit denen umgeht, die danach fragen.
      Quelle: Süddeutsche

      Anmerkung MB: Der Kommentator ist hier der Meinung mit der Kanzlerkandidatur wandele sich die Beurteilung seiner Honorare. Der Meinung sind wir und viele Andere nicht. Wir fanden es schon immer höchst problematisch, dass Vorträge in dem Umfeld hält, für das er als ehemaliger Finanzminister verantwortlich war. Da geht es um weit mehr als Stilfragen.

    2. Naiv? Nein! Die SPD-Basis hat noch die Möglichkeit, Steinbrück zu verhindern
      Auch die Linken in der SPD-Spitze, die im Vorstand stimmberechtigt sind (der Juso-Vorsitzende ist nicht stimmberechtigt), haben diesen Kandidaten einstimmig mit nominiert, ihn aufs Schild des Kanzlerkandidaten gehoben. Wir haben dieses Abstimmungsverhalten als opportunistisch bewertet. Es hat darüber hinaus überaus deutlich gemacht, dass die Agenda Politik nicht trotz, sondern wegen dieser hasenfüßigen Linken möglich war…
      Noch ist Steinbrück ja gar nicht gewählt! Die Delegierten müssen ja noch zustimmen. Diese sind jedoch selbst allzu häufig und allzu deutlich von Karrierezielen getrieben und deswegen kein zuverlässiges Stimmungsbarometer für die Parteibasis. Deswegen kann nur eines zuverlässig diesen Kanzlerkandidaten noch verhindern: Die SPD-Basis muss selbst aktiv werden und eine Urwahl nach dem Muster der Grünen fordern. Zeit genug ist dafür noch…
      Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
    3. Unterschriftenaktion: Gegen Abgeordnetenbestechung und für Transparenz bei Nebeneinkünften!
      Peer Steinbrück will jetzt freiwillig seine Einkünfte offen legen. Aber wieso hängt es vom guten Willen eines Politikers ab, ob wir erfahren, von wem er wie viel Geld erhalten hat? Wir wollen die Steinbrück-Debatte nutzen, um endlich strikte Transparenzregeln für alle Abgeordnete durchzusetzen. Unterstützen Sie unsere Unterschriftenaktion für transparente Nebeneinkünfte und wirkungsvolle Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung ! Am 18.10. verhandelt die Rechtstellungskommission des Bundestages über das Thema Nebentätigkeiten. Mehr Transparenz ist noch nicht sicher: FDP und Union geben sich zwar als große Steinbrück-Kritiker, haben aber in den letzten Jahren selbst bessere Transparenzregeln und Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung blockiert. Unglaublich, aber wahr: Deutschland hat die UN-Konvention gegen Korruption immer noch nicht umgesetzt. Am 17.10. wird es zu diesem Thema eine Anhörung im Bundestag geben.
      Quelle: LobbyControl

      dazu: Top-Nebenverdiener im Deutschen Bundestag
      Steinbrück, der am meisten nebenher eingenommen hat, steht an der Spitze, danach kommen an den ersten Stellen nur Unions- und FDP-Abgeordnete.
      Quelle: Telepolis

  5. „… und unseren täglichen Talk gib uns heute!“
    Inszenierungsstrategien, redaktionelle Dramaturgien und Rolle der TV-Polit-Talkshows
    Die Studie zeigt: Oft erschlägt die Form den Inhalt. Von den kleinen „Einspielfilmen“ bis zu den „Anklatschern“, die im Studio für Stimmung sorgen, ist alles darauf angelegt, die Zuschauer zu unterhalten und vom Wegzappen abzubringen. Die Zuschauer werden systematisch unterschätzt. An der Quote misst sich der Erfolg, nicht daran, ob ein Problem sachgerecht erörtert wurde. Die tatsächliche Politik, das Verhandeln und Entscheiden in Parlamenten und Regierungen, scheint sich immer weiter von der Darstellung der Politik zu entfernen. Die Talkshows tragen zu diesem Phänomen bei, das sie zugleich wortreich beklagen.
    Sie wollen die Wirklichkeit in die TV-Studios holen – stets aber muss sie so sein, dass sie auch in die geplante Dramaturgie passt. Die meisten Talkshows sind inzwischen eingefahren in weitgehend ritualisierte Abläufe.
    Quelle 1: Otto-Brenner-Stiftung – Die Studie
    Quelle 2: Otto Brenner Stiftung – weitere Infos zur Studie

    Anmerkung: Hinweis im Nachgang zu „Der organisierte Applaus“.

  6. Vor einem neuen Einbruch?
    Gelernt haben diese Eliten aus dem Scheitern der damaligen Lissabon-Strategie so viel wie nichts. Mangel an Wettbewerbsfähigkeit gilt auch heute als zentrale Krisenursache. Lohnkürzungen, Suspendierung von Kündigungsschutz, Arbeits- und Tarifrechten sowie Privatisierung per se »verschwenderischer« öffentlicher Unternehmen werden als »Strukturreformen« gepriesen, die auf einen neuen Wachstumspfad führen sollen. Zu Recht fragen nicht nur Große Teile der subalternen Massen und deren gewerkschaftliche und soziale Interessenvertreter: Woher soll heute Wachstum kommen? …
    Die jüngsten Prognosen sagen für den gesamten Euroraum eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung von einem halben Prozentpunkt voraus. Das sieht auf den ersten Blick nicht dramatisch aus, ist es aber. Aus einer Reihe von Gründen.
    Erstens, weil die Troika-Strategie dort, wo sie die ökonomische Steuerung und politische Oberhoheit die übernommen hat, in jeder Hinsicht gescheitert ist…
    Beim »Musterschüler« Portugal summiert sich der Rückgang der jährlichen Reichtumsproduktion 2013 auf über 10%…
    Hinzu kommt zweitens, dass sich die Talfahrt nun auch in Spanien beschleunigt…
    Drittens: Die Krise greift auf die exportstarken Länder Europas über. In Deutschland hat sich die Erholung deutlich abgeschwächt….
    Wie weit die Talfahrt hinunter führt, hängt viertens von der Entwicklung auf den Weltmärkten ab…
    Die EZB und die US-Notenbank haben offensichtlich die Suche nach echten Lösungen aufgegeben, denn das, was sie anbieten, ist nichts anderes als eine Ausweitung der Politik, die in die Krisen geführt habe: Verzicht auf nachhaltig wachstumsfördernde Maßnahmen.
    Quelle: Sozialismus Aktuell
  7. Zukunft der EU: Mehr Demokratie wagen
    Die Menschen müssen wieder Vertrauen in Europa gewinnen. Dazu brauchen die Parlamente mehr Mitsprache- und Kontrollrechte. Das fordern Franziska Brantner und Sven Giegold in einem Meinungsbeitrag in der Süddeutschen Zeitung vom 8. Oktober. Gleichzeitig haben die beiden Europaabgeordneten eine Blaupause für eine Änderung der EU-Verträge vorgelegt, mit der die Wirtschafts- und Währungsunion vertieft und auf eine demokratischere Grundlage gestellt werden kann. Die Vorschläge basieren auf einer Studie des Europarechtlers René Repasi, die Franziska Brantner und Sven Giegold in Auftrag gegeben haben. Wir dokumentieren hier den SZ-Artikel, die Vorschläge für die Vertragsänderungen sowie die Studie von René Repasi.
    Im Juni gab der Rat der Mitgliedsländer seinem Präsidenten Herman Van Rompuy den Auftrag, Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion zu erarbeiten. Die Vorschläge liegen nun vor und sollen in der kommenden Woche von den Regierungschefs diskutiert werden. Leider scheint Van Rompuy der Mut aber schon während der Pendeldiplomatie der vergangenen Monate verlassen zu haben. Die durchgesickerten Details seines Berichts sind schlichtweg desillusionierend…
    Vor allem aber: Zur Stärkung der Demokratie findet sich in Van Rompuys Bericht nichts außer der Wiederholung des Ziels.
    Zeit also, die Debatte voranzutreiben. Wir glauben, dass eine Reform nur erfolgreich sein kann, wenn die Europäischen Verträge modernisiert werden. In Deutschland und in den Krisenstaaten zersetzen die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Handelns der Kommission, des Rates, der Europäischen Zentralbank (EZB) und vieler Mitgliedstaaten die europäische Idee.
    Über die bisherigen Beschlüsse hinaus müssen Zielvorgaben der Reformen für alle verbindlich werden und die Maastricht-Kriterien in Zukunft so unumstößlich sein, dass eine Überschreitung der Schuldengrenzen nur mit Genehmigung der EU möglich ist. Weil hiermit das Königsrecht der nationalen Parlamente berührt wird, muss das EU-Parlament die Möglichkeit haben, auf Antrag eines nationalen Parlaments eine solche Entscheidung zu revidieren. Ein EU-Finanzkommissar muss eine herausgehobene Position als Stellvertreter des Kommissionschefs erhalten und dem EU-Parlament direkt verantwortlich sein. Während das EU-Parlament bisher nur einer Kommission als Ganzes das Misstrauen aussprechen kann, muss ein mächtiger ‘EU-Finanzminister’ vom Parlament einzeln absetzbar sein.
    Quelle: Franziska Brantner

    Anmerkung WL: Unumstößliche Maastricht-Kriterien und „Schuldengrenze“ als Voraussetzung für „mehr Demokratie“? In meinen Augen ein Widerspruch in sich: Die Maastricht-Kriterien und die „Schuldenbremse“ sind doch gerade die Hebel, mit denen eine aktive Wirtschaftspolitik und ausgehebelt und eine Konsolidierungspolitik festgeschrieben werden.

  8. Hilfsfonds für Billigarbeiter
    Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind oftmals verheerend. Adidas lädt nun zu einem branchenweiten Treffen ein, um die Situation in den Zulieferfabriken zu verbessern.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  9. Hubertus Heil: Eine neue Arbeitsmarktpolitik
    Wir brauchen ein Recht auf Weiterbildung und damit verbunden das Recht auf Freistellung sowie Entgeltfortzahlung in der Qualifizierungsphase.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung Volker Bahl: Ob das reicht, um aus der von den SPD „gestifteten“ Hartz-IV-Problemen rauszukommen?

    Ergänzende Anmerkung MB: Wie meistens lässt ein ranghoher Vertreter der SPD die Hälfte weg. Die traditionelle Arbeitslosenversicherung, die viele dieser neuen Risiken nicht mehr ausreichend absichern könne, wurde von seiner Partei in Regierungsverantwortung ruiniert. Die verantwortlichen Bundesarbeitsminister hießen Wolfgang Clement, Franz Müntefering (zwischenzeitlich auch zwei mal Parteivorsitzender) und Olaf Scholz. Hubertus Heil war von 2005 bis 2009 Generalsekretär.

  10. Hartz IV-Ausgaben des Bundes 2012: Minderausgaben von mehr als einer Milliarde Euro erwartet
    Unter Bezugnahme auf einen Bericht der BILD über ein erwartetes Plus des Bundesagentur für Arbeit (BA) in Höhe von 1,7 Milliarden Euro im laufenden Haushaltsjahr 20121 berichteten diverse Medien am vergangenen Wochenende (6./7. Oktober 2012) auch über Minderausgaben des Bundes im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV). In Spiegel-Online heißt es z.B.: „Dem Bericht der ‚Bild’- Zeitung zufolge kann sich in diesem Jahr auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) über sinkende Ausgaben freuen. Die Aufwendungen für Hartz-IV-Empfänger aus dem Bundeshaushalt dürften demnach 2012 rund 500 Millionen niedriger ausfallen als erwartet.“
    500 Millionen Euro weniger? Dies verwundert. Nach aktuellen Schätzungen des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) wird der Bund für die Grundsicherung für Arbeitsuchende in diesem Haushaltsjahr nicht 500 Millionen sondern über eine Milliarde Euro weniger ausgeben als die im Bundeshaushalt 2012 veranschlagten 32,7 Milliarden Euro. Anmerkung: Diese Minderausgaben des Bundes (Jobcenter) sind es übrigens, die Langzeitarbeitslose und andere auf SGB II-Leistungen angewiesene Menschen wesentlich stärker betreffen als die Minderausgaben der BA (Arbeitsagenturen:
    hier haben die meisten Langzeitarbeitslosen keine Leistungsansprüche).
    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V. (BIAJ) [PDF – 110 KB]
  11. Leiharbeit: Prekariat auf Abruf
    Während Vollzeitbeschäftigte im Jahr 2010 im Mittel einen monatlichen Bruttolohn von 2702 Euro erhielten, mussten Leiharbeiter durchschnittlich mit 1419 Euro, also mit gut der Hälfte, auskommen. Denn auch die Entlohnung nach den Leiharbeitstarifen der DGB-Gewerkschaften liegt oft weit unter den Löhnen der Stammbeschäftigten.
    Leiharbeit boomt
    Zusätzlich zu den geringen Lohnkosten profitieren Entleihfirmen bei Personalabbau davon, keine Kündigungsfristen einhalten zu müssen und kein Kündigungsschutzverfahren oder die Zahlung einer Abfindung befürchten zu müssen.
    Nicht zuletzt deshalb haben die Beschäftigungszahlen in der Leiharbeit ein neues Rekordniveau erreicht. Fast eine Million Menschen arbeiten in Deutschland inzwischen in solch prekären Arbeitsverhältnissen. Die Zahl der Leiharbeitsverhältnisse hat sich damit in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Mittlerweile stammt ungefähr jeder dritte bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete freie Arbeitsplatz von einer Verleihfirma. Ihre heute große Bedeutung zeigt sich auch darin, dass neben den Marktführern Randstad, Adecco und Manpower in der Bundesrepublik momentan über 17 000 Verleihfirmen um ihren Anteil am Arbeitsmarkt kämpfen. Eingesetzt hat der rasante Boom, als der Gesetzgeber im Jahr 2003 im Zuge der Hartz-Reformen die gesetzlichen Vorgaben zur Leiharbeit deregulierte.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  12. Demografie: Mehr Menschen als in viel zitierter „Gipfel-Variante“ der Vorausberechnungen
    Mal mit, mal ohne einschränkendem „etwa“ oder „bis zu“ 1: In der Bundesrepublik Deutschland werden 2060 „17 Millionen weniger“ Menschen leben als heute. Und das Hamburger Abendblatt schrieb am Tag des ersten sogenannten Demografie-Gipfels der Bundesregierung (4. Oktober 2012): „Im Jahr 2060 werden 18 Millionen weniger Menschen in Deutschland leben.“
    Allen Meldungen zum „Demografie-Gipfel“ liegt die Variante 1-W1, die „mittlere ‚Untergrenze’“ der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes3 (Basisjahr 2008) zugrunde: In dieser Variante sinkt die Bevölkerung von 82,0 Millionen Ende 2008 auf 64,7 Millionen Ende 2060. Es wurde aber nicht nur diese Variante 1-W1 berechnet. Und: Zwischenzeitlich wurde der Bevölkerungsbestand bis Ende 2011 fortgeschrieben.
    Ende 2011 lebten danach in der Bundesrepublik Deutschland 81,844 Millionen Menschen, 470.000 mehr als in der Bevölkerungsvorausberechnung der viel zitierten Variante 1-W1, insbesondere jüngere Menschen. Dies blieb unerwähnt.
    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V. (BIAJ) [PDF – 115 KB]

    Anmerkung WL: So sicher sind also die Annahmen dieser Modellrechnungen (wohlgemerkt nicht Prognosen). In drei Jahren hat das Modell die Bevölkerungszahl um fast eine halbe Million zu gering berechnet. In 48 Jahren will man aber genau berechnen können, dass die Bevölkerung 17,3 Millionen geschrumpft ist.

  13. 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsausbildung
    Rund 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Diese hohe Zahl ist seit Jahren unverändert. „Die Ausbildungslosigkeit dieser Menschen ist die Folge einer nunmehr fast zwei Jahrzehnte andauernden Ausbildungskrise“, schreibt die Linke in der Kleinen Anfrage „Perspektiven für 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss schaffen – Ausbildung für alle garantieren“ (17/10856).
    Die Linke fordert die Bundesregierung auf, die „freie Wahl der Ausbildungsstätte“ nach Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz zu garantieren. Die Betriebe müssten verbindlich in die Pflicht genommen werden, ein auswahlfähiges Angebot an Ausbildungsplätzen bereitzustellen, das die Zahl an Bewerbern um mindestens 12,5 Prozent übersteigt. Hierzu müsse eine solidarische Finanzierung der Berufsausbildung durch ein Umlagesystem auf den Weg gebracht werden, an der sich alle Betriebe einzelner Branchen beteiligen. Ferner fordert die Linke, ein Sofortprogramm mit einem Umfang von 1,5 Milliarden Euro und einer Laufzeit von drei Jahren aufzulegen. Insbesondere sollte das Programm die 1,5 Millionen jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung erreichen.
    Bemerkenswert ist, dass laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) mehr als 80 Prozent der 1,5 Millionen jungen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung einen Schulabschluss besitzen. Rund 550.000 haben laut BiBB sogar einen Realschulabschluss oder Abitur. Offenkundig blieb diesen jungen Menschen nicht etwa aufgrund mangelnder Kenntnisse und Fähigkeiten der Zugang zu einer Ausbildung verwehrt, sondern durch einen eklatanten Mangel an betrieblichen Ausbildungsplätzen in den zurückliegenden Jahren, schreibt die Linke. Jugendliche mit Migrationshintergrund seien hiervon besonders betroffen: Sie stellen 46 Prozent der genannten Gruppe.
    Besondere Barrieren bestünden außerdem für Jugendliche mit Behinderungen. Sie hätten nur geringe Chancen auf eine Ausbildung im dualen System. Ihr Anteil liege dort bei lediglich 0,9 Prozent. Zudem nehme die Teilnahme von jungen Frauen an einer dualen Ausbildung stetig ab und konzentriere sich im Allgemeinen auf wenige Berufe.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  14. Gegen den vorgegebenen Weg
    Arbeiterkinder haben in Deutschland eine viel geringe Chance zu studieren als Kinder deren Eltern Akademiker sind. Stella Tauber ging es ebenfalls so. Sie machte zunächst eine Ausbildung; etwas anderes war nicht vorgesehen. Dann hatte sie den Traum an eine Universität zu gehen, kämpfte sich durch das Abendabitur, um am Ende doch zu scheitern. Ein Selbstporträt.
    Quelle: Was bildet ihr uns ein?
  15. Veranstaltungshinweis Heidelberg
    Donnerstag, 11. Oktober 2012 | 20:00
    Joseph E. Stiglitz – Der Preis der Ungleichheit
    Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht
    Quelle: dai
  16. Neues aus der Anstalt
    Ob Euro-Wahn oder Krisen-Delirium: Zurück aus der Sommerpause behandeln Urban Priol und Erwin Pelzig im Oktober wieder den ganz normalen Polit-Irrsinn. Unterstützt vom kabarettistischen Pflegepersonal Ingo Appelt, Max Uthoff und Philip Simon verabreichen sie den Zuschauern satirische Heilmittel in höchster Dosis.
    Dienstag, 9. Oktober um 22:15 Uhr, ZDF
    Quelle: ZDF
  17. Zu guter Letzt: Immer mehr Deutsche brauchen einen Nebenjob
    Klaus Stuttmann: Immer mehr Deutsche brauchen einen Nebenjob
    Quelle: Klaus Stuttmann
  18. Zu guter Letzt zum Zweiten: Welche Chancen hat Steinbrück?
    Sein Kampf ist scheinbar aussichtslos: Seine Konkurrentin genießt soviel Beliebtheit wie sonst nur Freibier und Marzipankartoffeln, sein Kompetenzteam besteht nur aus Dicken und Spastis. Doch eröffnen sich Steinbrück, je nach Wahlergebnis, immer noch viele überraschende Möglichkeiten.
    29% Bei diesem eher mageren Ergebnis könnte Steinbrück sich in einer Großen Koalition mit Merkel arrangieren. Die SPD wird zwar nur mit den Spaßressorts Wirtschaft, Entwicklung und Familie abgefunden, kann aber auf Staatssekretärsebene viele interessante Pöstchen klarmachen und alte Seilschaften von 2005 reaktivieren. Die CDU trifft alle unangenehmen Entscheidungen, die SPD darf sie ausbaden. Andrea Nahles wird irgendwie ruhiggestellt.
    34% Bei diesem erfreulichen Ergebnis werden die Karten neu gemischt! So könnte Steinbrück in einer Großen Koalition Angela Merkel Kompromisse abverlangen, z.B. in Sachen Flözschutz und Gebärdenförderung. Umgekehrt werden der SPD die undankbaren Finanz- und Gesundheitsministerien aufgebrummt. Dafür können viele alte Genossen mit Pöstchen versorgt, alte Ministerialbeamte von 2005 mit Handschlag begrüßt werden. Nahles kann irgendwas in Europa machen und ist erst mal weg vom Fenster.
    36% Bei diesem überwältigenden Ergebnis ist alles möglich! Steinbrück wird in der Großen Koalition Angela Merkel reizen, wo immer es nur geht – bevor sich die beiden dann im Hinterzimmer versöhnen. Die SPD kann ihre Kernthemen, Limonadensteuer und Finanzmarktbelustigung, voll ausspielen und erhält die richtig fetten Ressorts Außen, Verteidigung und Bildung. Fast alle Schröderianer kriegen herrliche Pöstchen, die Ministerialbeamten freuen sich auf die alten Kumpel von 2005. Nach dem plötzlichen Tode Joachim Gaucks 2013 stellt die SPD Nahles als mögliche Bundespräsidentin auf, danach wird sie endgültig abgesägt.
    Quelle: Titanic


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