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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 28. September 2012 um 16:36 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung JB: Wie kaum anders zu erwarten, knallten heute bei SPIEGEL Online die Champagnerkorken – schließlich zeichnen sich SPIEGEL und ZEIT durch ihre nimmer enden wollende Pro-Steinbrück-Kampagne dafür mitverantwortlich, dass Peer Steinbrück nun die K-Frage für sich entschieden hat. Doch Obacht ist geboten! Es hat schon Tradition, dass der SPIEGEL den vielversprechendsten neoliberalen Politiker erst zum Kandidaten und dann zum Kanzler kürt und ihn dann wieder fallen lässt, wenn am Horizont ein neuer neoliberaler Stern aufgeht. Das war bei Schröder so, das war bei Merkel so und das wird bei Steinbrück nicht anders sein.
Anmerkung RS: Peter Bofinger klärt in diesem Interview über die Ursachen der derzeitigen Krise auf, spricht über die Notwendigkeit von höheren Löhnen in Deutschland und erklärt warum die deutsche Angst vor Inflation durch die Eurokrise und die Anleihenkäufe durch den EZB fehl am Platz sind. Er erklärt weiter, wie weitere Sparmaßnahmen kontraproduktiv sind und die Lage nur verschärfen. Gerade deshalb wundern wir uns, wie Prof. Bofinger zu diese Aussage kommt, die ganz am Anfang des Interviews erscheint:
„Die Entscheidung der EZB ist sicherlich wichtig, aber sie darf nur eine Übergangsmaßnahme bleiben. Wenn die Notenbank langfristig die öffentlichen Haushalte finanzieren muss, ist das gefährlich. Das läuft auf eine unbegrenzte Gemeinschaftshaftung ohne ausreichende Absicherungsmechanismen hinaus. Schließlich hat die EZB wenig Möglichkeiten, auf die Einhaltung der Sparprogramme bei den Staaten zu drängen, die sie unterstützt.“
Herr Bofinger erklärt uns im Laufe des Interviews, dass die EZB mit ihrer Anleihekäufen der Spekulation ein Ende setzen will, damit die betroffenen Staaten Geld zu einem tragbaren Zinssatz bekommen können. Das kann nur gelingen, wenn potentielle Spekulanten überzeugt sind, dass die Zentralbank wenn nötig auf jeden Fall und ohne Wenn und Aber eingreifen und solange Anleihen kaufen wird, bis der Zinssatz da ist, wo die Bank ihn haben will. Das setzt voraus, dass die Bank wirklich keine Bedingungen stellt, nicht einmal die Zustimmung des betroffenen Staats, über deren Nichterfüllung spekuliert werden könnte. Das hat die EZB leider nicht gemacht, daher kann weiter gegen Spanien usw. spekuliert werden, weil es unklar ist, ob Spanien dazu fähig oder bereit ist, die Bedingungen zu erfüllen.
Zweitens, Bofinger spricht von “unbegrenzte Gemeinschaftshaftung”, was völliger Quatsch ist, denn die Staaten haften nicht für evtl. EZB-Verluste. Liebe Leute, die EZB ist eine Zentralbank, sie sitzt also an der Quelle und braucht von niemandem Geld zu holen!
Drittens, indem Bofinger bemängelt, dass die EZB nicht auf die Einhaltung der Sparprogramme drängen könnte, unterstützt er den Austeritätskurs der Bundesregierung – ausgerechnet jenen Kurs, der die Lage erst richtig verschärft hat, wie er selber betont! Das verwirrt.
Es bleibt auch noch die Frage offen, warum das, was in den USA, Großbritannien, Japan und anderen Staaten gut funktioniert, nämlich die direkte Finanzierung des Staates durch unabhängige Zentralbanken, Teufelszeug sein soll. Ja, es gibt die Gefahr, dass eine undisziplinierte, politisch motivierte Zentralbank die Notenpresse auch dann anwerfen könnte, wenn die Wirtschaft überhitzt ist. Ist diese Gefahr aber schlimmer, als die Gewissheit, dass ganze Volkswirtschaften vor die Hunde gehen, wenn die Zentralbank sie nicht unterstützt?
Anmerkung unseres Lesers E.J.: Einer der wenigen, wenn nicht der einzige, deutsche Zeitungsartikel, der der allzu banalen Vereinnahmung von Goethe durch Jens Weidmann und der dortigen einseitigen Fokussierung auf Inflationsgefahren infolge staatlicher Geldschöpfung entgegentritt. Goethes Darstellung der Einführung einer Papierwährung in Faust II ist zweifellos ambivalent (und Faust II kein deutsches Inflationsdrama). Goethes realistische Ambivalenz aber : »Wie wohltäthig auch der Papier-Credit ist, so verderblich kann er doch bey Mißgriffen für alles öffentliche und Privat-Eigenthum werden « (zitiert von hier [PDF – 307 KB]), bleibt Jens Weidmann meilenweit schuldig. Dem Bundesbankpräsidenten kommt es auf die Auslotung der Möglichkeiten wohltätiger Geldpolitik in Abgrenzung zur Inflationsgefahr nicht an. Die Möglichkeit zur Wohltätigkeit qua Geldpolitik an sich gilt ihm als Missgriff und „Versuchung des Teufels“. „Gelddrucken“ als Teufelswerk und Goethe liefert die passende Moritat: Das ist das Niveau der Wirtschafts- und Kulturnation Deutschland im Jahre 2012.
Anmerkung Orlando Pascheit: Viele können, wie auch ich, die unendliche Geschichte der Katastrophenmeldungen aus Griechenland kaum mehr verarbeiten und mögen nichts mehr lesen oder davon hören. Und dennoch, allein schon aus Eigennutz dürfen wir nicht ablassen, uns die Krisen und die Krisenpolitik bei unseren Nachbarn zu vergegenwärtigen, denn in diesen Ländern wird politisch durchgespielt, was Bevölkerungen zuzumuten ist. – Demnächst auch bei uns.
Siehe auch: Do it Yourself or Die
Anmerkung MB: Es gibt einen staatlichen Vorsorgefonds, der excellente Leistungen bei fairen, stabilen Versicherungsbeiträgen und sehr niedrigen Verwaltungskosten bietet. Es ist die gesetzliche Rentenversicherung, die zu Gunsten kommerzieller Altersvorsorge mutwillig und vorsätzlich demontiert wurde / wird.
Anmerkung JB: Es wäre schön, wenn diese simplen Weisheiten nicht nur für Spitzenkräfte, sondern auch für „normale“ Arbeitnehmer gelten würden.
Anmerkung unseres Lesers J.Z.: Wirklich unfassbar wie Paul Lehrieder argumentiert. Und er wird wirklich in allen Punkten von den Gesprächsteilnehmern spektakulär widerlegt und auseinander genommen. Peinlich für den “Christsozialen”.
Anmerkung unseres Lesers M.M.: Während hierzulande die verheerenden Wirkungen der Abwrackarbeiten am umlagefinanzierten Rentensystem langsam deutlich werden, entsteht in Österreich eine ziemlich merkwürdige Koalition, die genau dieses Abwracken und den Umstieg in ein reines kapitalgedecktes System für die Alpenrepublik fordert.
dazu auch: Gauselmanns brisante Verkaufsoption an die FDP
Am Montag hat die Gauselmann AG eingeräumt, hinter den Investitionen in die FDP-Tochter altmann-druck zu stehen. Für einen Anteilskauf von 700.000 Euro hat Gauselmann eine einseitige Rückverkaufsoption, die vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2012 läuft. Die FDP muss damit leben, dass die Glückspielfirma jederzeit 600.000 Euro von ihr fordern kann. Eine brisante Konstellation, die bisher öffentlich nicht aufgegriffen wurde.
Quelle: LobbyControll
Anmerkung JB: Und Steinbrück hat sicher auch nur deshalb die Finanzmärkte dereguliert, dass er Jahre später ein schönes Positionspapier schreiben kann, dass ihm zum Kandidaten macht.
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