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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. September 2012 um 8:51 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Jürgen Todenhöfer – “Volk gegen Volk”
  2. Rentenpläne
  3. Kein Freund ist Ausländer
  4. Deutschland schuldet Griechenland Milliarden
  5. Eurokrise
  6. Wetten, dass die Bank gewinnt?
  7. It is the German banks, stupid!
  8. Einkommens- und Vermögenskonzentration – Teil 3: Einkommenskonzentration in den USA, Großbritannien und Deutschland im Vergleich
  9. Rückzug in die Resignation
  10. LobbyPlanet Brüssel – Einblick in den Brüsseler Lobbydschungel
  11. Gescheiterte Rhön-Übernahme lässt viele Verlierer zurück
  12. Afghanistan: Zwischen zwei Monstern
  13. Südafrika – Soziale Zeitbombe
  14. Jenseits von Markt und Staat
  15. TV-Tipps: Beraten und verkauft? Das Milliardengeschäft der Versicherungs-Drücker
  16. Ergänzung zum Beitrag von “Lebensmittelspekulation: Wenn Wirtschaftsethiker der Unmoral das Wort reden”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Jürgen Todenhöfer – “Volk gegen Volk”
    Der syrische Krieg ist von außen nur noch schwer zu durchschauen, weil er ständig sein Gesicht verändert. Vier Phasen gab es bisher.Die erste von März bis Ende April 2011 ist die Zeit friedlicher Demonstrationen. Ermutigt durch den arabischen Frühling fordern nicht nur Angehörige der vernachlässigten sunnitischen Unterschicht Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Jede ihrer Forderungen ist legitim. Selbst der Ruf nach einem Rücktritt des Präsidenten. Westliche Oppositionelle fordern so etwas auch. Problematisch sind ihre Steinwürfe und Angriffe auf Polizeistationen. Doch auch das kennt man aus westlichen Demokratien. Gut ausgebildete Polizisten können damit umgehen. Die syrischen Sicherheitskräfte nicht. Als Anfang März zornige Väter gegen die Festnahme ihrer Kinder protestieren, schießt der Geheimdienst. Es gibt viele Tote. Der syrische Präsident trägt hierfür die politische Verantwortung. Er ernennt die Toten zu Märtyrern – das ist mit umfangreichen staatlichen Leistungen verbunden. Er trifft die Eltern und versucht, den Konflikt zu beruhigen. Doch es gibt Kräfte, die keine Beruhigung wollen. Ende April sind auf einmal Waffen und Geld da. Hauptsponsor ist wie in Libyen das kleine Katar, dessen Emir die arabische Revolution als Profilierungschance sieht. Er würde gerne den Platz Saudi-Arabiens einnehmen und wichtigster Verbündeter der USA in der Region werden.
    Quelle: Jürgen Todenhöfer [PDF – 41 KB]

    Anmerkung: Der Artikel erschien auch am Montag in der Printausgabe der SZ

  2. Rentenpläne
    1. Dietmar Bartsch – Bis zum letzten Hemd
      Angela Merkel muss die Rente zur Chefsache machen. Ansonsten ist massenhafte Altersarmut unausweichlich. Schon jetzt müssen Hunderttausende Rentner im Alter arbeiten. […]
      Das alles ist skandalös und jeder weiß zudem, dass die Statistiken geschönt und die Dunkelziffern erheblich sind. Deutschlands vermeintliches „Jobwunder“ basiert leider maßgeblich auf Zeitarbeit, Minijobs und anderen Formen prekärer Beschäftigung. Bei sinkenden Einkommen werden von den Menschen mehr Flexibilität und mehr Mobilität sowie persönliche Vorsorge verlangt. Das ist blanker Hohn! Viele, die heute den Gürtel enger schnallen sollen, werden später um ihr letztes Hemd fürchten müssen. Nicht zuletzt müssen Menschen in der Finanzkrise schmerzlich erfahren, wie unsicher private Vorsorge sein kann. […]
      Nach wie vor gibt es Rentenungerechtigkeiten zwischen Ost und West. Diese zu beseitigen, hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung gelobt, blieb aber untätig. Kanzlerin Merkel hatte die „Renteneinheit“ bis 2013 versprochen. Sie wird wortbrüchig werden, es sei denn, sie machte die Rente endlich zur Chefinnensache und ruft z.B. einen Rentengipfel ein. Millionen Rentnerinnen und Rentner werden weiter mit einem geringeren Rentenwert Ost abgespeist – weit über zwanzig Jahre nach der deutschen Einheit!
      Quelle: The European
    2. Kapitaldeckung in der Krise – Die Risiken privater Renten- und Pflegeversicherungen
      […] Die Erfahrungen nach zehn Jahren Riester-Rente zeigen, dass sich die Arbeitnehmer durch die Aufgabe der paritätischen Finanzierung deutlich schlechter stellen. Auch sind die Renditen in der gesetzlichen Rentenversicherung – trotz der massiven Absenkung des zukünftigen Rentenniveaus – den Renditen der Riester-Verträge – vor allem in den Verträgen ab 2011 – in der Regel deutlich überlegen, zumal die Berufsunfähigkeit in den Riester-Verträgen nicht abgesichert ist. Angesichts der gesunkenen Kapitalmarktzinsen wurde der Garantiezins seit Einführung der Riester-Rente mehrmals gesenkt. In Zukunft ist damit zu rechnen, dass die Lebensversicherungen zuerst die hohen Garantiezinsen in den Altverträgen bedienen müssen und die Überschussbeteiligungen in den jüngsten Riester-Verträgen daher gering ausfallen dürften. Zur schlechten Bilanz der Riester-Renten tragen auch die hohen Verwaltungskosten und Gewinne der Versicherungswirtschaft, die Unsicherheiten des Kapitalmarktes, und die notwendige Dynamisierung der Renten bei.
      […] Auch jüngere Erwerbstätige profitieren nur vordergründig von niedrigeren Beitragssätzen. Ihre Rentenbezugsdauer erhöht sich bei steigender Lebenserwartung. Sie müssen dann auch länger von den abgesenkten gesetzlichen Renten leben. Aufgrund der Reformen müssen sie mindestens doppelt so viel selbst ansparen, wie sie durch die Rentenreformen auf der Beitragsseite entlastet werden.“
      Quelle: Friedrich Ebert Stiftung [PDF – 426 KB]
    3. Rente – was ist das?
      Die Vorschläge zur Zuschussrente gehen für viele Menschen an der Realität vorbei. Viele haben nach den Ausgaben für Miete, Haftpflicht und Krankenversicherung nicht mehr genug Geld übrig für die Altersvorsorge – ob gesetzlich oder privat. […]
      Der Hauptgrund für meine Rentenferne aber ist ein anderer. Immer, wenn die Rentendiskussion geführt wird, habe ich das Gefühl, da geht es nicht um mich. Da geht es um Angestellte, Menschen die ihr Leben lang – wenn auch wenig – einzahlen. Ich bin nicht angestellt, sondern gehöre zu den 1,2 Millionen Freiberuflern in Deutschland. Und man muss sagen, ich gehöre zu dem Teil, der noch Glück hat. Weil ich über die Künstlersozialkasse eine Altersvorsorge bekomme – und Eltern habe, die bei der privaten Vorsorge halfen, wenn die Auftragslage mal nicht so rosig war. Wenn es in Talkshows um die Rentenfrage geht, höre ich den Begriff Freiberufler oder Freelancer fast nie. Jedenfalls viel zu selten für 1,2 Millionen Menschen.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    4. Rentenexperten werfen von der Leyen Trickserei vor
      Die Sozialministerin gerät immer stärker in der Defensive: Nun nehmen Rentenexperten Ursula von der Leyens Pläne für eine Zuschussrente auseinander. Sie halten die Berechnungen des Ministeriums zur Altersarmut für unseriös.
      Quelle: SZ
  3. Kein Freund ist Ausländer
    Am kommenden dritten Spieltag der Fußball-Bundesliga sind die Trikotsponsoren der Vereine von der Brust gestrichen. Stattdessen wird darauf ein Leitmotiv zu lesen sein – “Geh’ Deinen Weg” heißt das und ist der Wahlspruch und der Name eines Stipendien- und Mentorenprogrammes der Deutschlandstiftung Integration. […]
    Der Vorstand der Deutschlandstiftung Integration rekrutiert sich aus Unternehmern, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und aus Kai Diekmann; Vorsitzender des Beirates ist Hubert Burda – die Stiftung ist also fest in Hand von Meinungsmachern; noch dazu von solchen, die zu Hochzeiten der Leitkulturdebatte am lautesten wieherten und die Phantasien christdemokratischer Leitkulturhammel zu publizistischer Massenware verarbeiteten. Passend hierzu ist die Bundeskanzlerin Schirmherrin der Aktion.
    Der Hintergrund und die Stoßrichtung der Stiftung ist so konservativ wie elitär. Mit dem Programm “Geh’ Deinen Weg” sollen “Migranten angesprochen werden, die in Deutschland “angekommen” und” erfolgreich” sind und damit belegen, dass und wie Integration gelingen kann”. Ökonomisch wie politisch und weltanschaulich angepasste Migranten, denn um die geht es dieser Stiftung, sollen mit einem Stipendium für zwei Jahre ausgestattet werden. Gesucht werden daher “die besten und talentiertesten jungen Menschen, die leidenschaftlich und leistungsbereit ihre Ziele im Leben verfolgen” – wie ein Bekenntnis zur Integration aller Menschen in die deutsche Gesellschaft liest sich das nicht gerade.
    Quelle: ad sinistram
  4. Deutschland schuldet Griechenland Milliarden
    In den 1950er Jahren half ein Kunstgriff Deutschland aus der wirtschaftlichen Katastrophe. Auf die Griechen wurde offenbar vergessen
    […] Der Bankmanager Hermann Josef Abs leitete Anfang der 1950er Jahren die Delegation der Bundesrepublik bei den Verhandlungen zur Regelung der deutschen Auslandsschulden. Er erreichte von den Alliierten einen Schuldenerlass von 51 Prozent und ein Abkommen, die restlichen Ausständen in einem Zeitraum von dreißig Jahren in Raten zurückzuzahlen. Abs legte damit den Grundstein für den Wiederaufbau der Wirtschaft Westdeutschland. Die letzte Tranche seiner Auslandsschulden zahlte Deutschland im Jahr 1980 – mit einer Ausnahme: Die Reparationsschuld an Griechenland ist immer noch offen. Diese beläuft sich nach Berechnungen des Grünen Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit auf 80 Milliarden Euro, Zinsen inklusive.
    Quelle 1: derStandard.at
    Quelle 2: Mme Merkel et M Schäuble ont la mémoire courte – LeMonde
  5. Eurokrise
    1. Zahl der Pleiten steigt in Portugal um 50 Prozent
      Das gebremste Wirtschaftswachstum infolge der Schulden- und Eurokrise in Europa treibt die Insolvenzen heuer weiter in die Höhe. In Portugal wird sich deren Zahl um fast 50 Prozent auf 7.100 erhöhen, geht aus einer Studie von Euler Hermes und der Prisma Kreditversicherung hervor.
      Quelle: derStandard.at
    2. Sofia legt geplanten Euro-Beitritt auf Eis
      Das Wall Street Journal berichtet, dass Bulgarien „in Reaktion auf die immer schlechter werdenden Wirtschaftsbedingungen und die steigende Ungewissheit bezüglich der Aussichten“ der Eurozone „die lange gehegten Pläne zur Übernahme der gemeinsamen Währung auf unbestimmte Zeit eingefroren hat“. In einem Interview mit dem WSJ erklärten Ministerpräsident Bojko Borissow und Finanzminister Simeon Djankow, Bulgarien fahre nun schon das dritte Jahr in Folge eine Sparpolitik und die Risiken einer Euro-Mitgliedschaft seien für ihr Land zu groß.
      Quelle: WSJ Europe via Presseurop
    3. Rentner stürmen Gesundheitsministerium
      Frust über die Sparaktionen im griechischen Gesundheitswesen: In Athen haben Rentner das Gesundheitsministerium gestürmt.
      Quelle: Ärztezeitung
    4. German capital in Spain (total and change)

      Quelle: Real World Economics Review

  6. Wetten, dass die Bank gewinnt?
    Wetten gegen die Bank ist wie russisches Roulette: Riskante Geschäfte waren nicht nur bei Ländern und Gemeinden in, auch KMU haben viel verloren
    Ob auf der Trabrennbahn der Favorit oder ein Außenseiter gewinnt, darauf kann man wetten. Das nennt sich Glückspiel. Wenn zwei Vertragsparteien eine Wette auf einen Basiswert abschließen, nennt man das Swap-Geschäft. Vom Prinzip her funktioniert die Sache nicht unähnlich. Kurz gesagt, wettet der Kunde bei Swap-Geschäften gegen die Bank auf die Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten. Mathematiker haben sich diese Produkte zunächst zur Zinsoptimierung ausgedacht, zur begleitenden Absicherung großer Finanztransaktionen.
    Quelle: derStandard.at
  7. It is the German banks, stupid!
    […] The common currency area is broken. In fact, it is no longer a common currency area but, rather, an area in which the same currency is used. To begin fixing this broken system, without adopting radical measures like those we suggest in the Modest Proposal, the ECB must become the equivalent of the FDIC and the Fed, plus it must work towards turning the EFSF-ESM into Europe’s TARP. At the same time, it must unleash an asymmetrical quantitative easing (QE) program that targets the Periphery, thus restoring the circuits of a proper monetary union.
    Unfortunately, the ECB will not be allowed to do any of this, I very much fear. Unless I am very badly mistaken, Mr Draghi’s announcement on 6th September will show that the ECB’s banking supervision role, crucial as it may be, will be undermined by a Germany determined to keep afloat the cosy and unwholesome relationship between Germany’s private banks and German politicians. As for the QE part, the ECB will only be allowed to embark upon such a purchases program in a limited manner; one that buys Europe a little more time during which to continue to stagnate.
    Quelle: Yanis Varoufakis
  8. Einkommens- und Vermögenskonzentration – Teil 3: Einkommenskonzentration in den USA, Großbritannien und Deutschland im Vergleich
    Die nachfolgende Analyse der Entwicklung des Anteils der Top-Einkommen am gesamten Einkommen im Ländervergleich basiert vor allem auf Daten und Charts von „The World Top Income Database“. (1) Die Verfasser der zugehörigen Studien und zugleich Betreiber der Datenbank, Facundo Alvaredo, Anthony B. Atkinson, Thomas Piketty und Emmanuel Saez (The Paris School of Economics), weisen explizit darauf hin, dass es sich bei den Daten im Wesentlichen um Steuerdaten bzw. Einkommensteuerdaten handelt und zwar solche vor Besteuerung. Insofern gilt für diese Daten auch dasselbe wie schon für die Vermögensdaten, die in Teil 1 und Teil 2 behandelt wurden: Durch das tatsächliche Ausmaß der Ausnutzung von Steuerschlupflöchern und Steuerflucht in „Offshore“-Strukturen verändert sich das im Folgenden gezeichnete Bild nochmals. Weil dies vor allem die Top-Einkommen betrifft, wird das Ausmaß der Einkommenskonzentration bzw. Einkommensungleichheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterschätzt.
    Quelle: Querschuesse
  9. Rückzug in die Resignation
    Immer mehr junge Arbeitslose in Europa und Nordamerika ziehen sich vom Arbeitsmarkt zurück und fallen aus der Statistik. Vorbildliche Modelle gibt es in Skandinavien.
    Schlechte Gründe für eine verbesserte Statistik: Die Jugendarbeitslosigkeit in den Industriestaaten Europas und Nordamerikas mit einer Rekordhöhe von derzeit durchschnittlich 17,5 Prozent wird bis 2017 voraussichtlich auf 15,6 Prozent sinken.
    Dies allerdings nicht, weil die zumeist hervorragend ausgebildeten 15- bis 24-Jährigen einen festen, anständig bezahlten Arbeitsplatz fänden. Sondern deshalb, weil sie sich chancenlos und resigniert vom offiziellen Arbeitsmarkt zurückziehen und damit aus den Arbeitslosenstatistiken herausfallen.
    Quelle: taz
  10. LobbyPlanet Brüssel – Einblick in den Brüsseler Lobbydschungel
    In Brüssel sind nach Angaben von LobbyControl mindestens 15.000 professionelle Interessenvertreter vor allem für die Wirtschaft tätig. Die Lobbyisten machten sich gezielt zunutze, dass EU-Parlamentarier über wenige Mitarbeiter verfügten und bei komplizierten Gesetzen Expertise brauchten, sagte Vereinsvertreterin Katzemich der Nachrichtenagentur dapd. Externes Fachwissen sei aber selten neutral. Besonders die Chemie- und Autoindustrie habe immer wieder ambitionierte Gesetzespläne der EU erfolgreich torpediert. Problematisch sei auch ein direkter Wechsel ausscheidender EU-Kommissare oder anderer Spitzenbeamter in die Wirtschaft. – LobbyControl veröffentlicht heute eine Broschüre über Brüssel als – wie es heißt – “Hauptstadt des Lobbyismus”.
    Quelle: dradio

    Dazu: Erkunden Sie den Brüsseler Lobbydschungel
    Wollen Sie wissen, was Facebook in Brüssel treibt? Und wie es kommt, dass eine ehemalige EU-Abgeordnete der SPD in deren Brüsseler Lobbybüro sitzt? Oder was die Lebensmittellobby unternahm, damit die Lebensmittelampel nicht europaweit eingeführt wurde? Ab heute können Sie es nachlesen: der neue LobbyPlanet Brüssel führt sie durch die verborgene Welt des Lobbyismus in Brüssel.
    Der Lobbystadtführer ist komplett überarbeitet: Auf etwa 50 Stationen stellen wir Ihnen die wichtigsten Lobbyakteure und -netzwerke der “Hauptstadt der Europäischen Union” vor. Wir zeigen die Tricks und Strategien, mit denen sie die Politik beeinflussen. Und wir zeigen, wie eng Unternehmen und EU an vielen Stellen verflochten sind, zum Beispiel in den zahlreichen Experten-Gruppen oder den interfraktionellen Gruppen im Europäischen Parlament. Der LobbyPlanet Brüssel gibt eine leicht verständliche Einführung in den Brüsseler Lobbyismus und wie er uns alle betrifft. Allzu oft können sich die Lobby-Akteure mit dem größten Lobbybudget durchsetzen. Aber der LobbyPlanet zeigt auch die ersten Erfolge, die das Engagement in unserem europäischen Netzwerk ALTER-EU in den vergangenen Jahren gebracht hat.
    Quelle: LobbyControl

  11. Gescheiterte Rhön-Übernahme lässt viele Verlierer zurück
    Am Ende war es ein Spiel mit zu vielen Beteiligten: Fresenius will keinen zweiten Versuch bei der Übernahme von Rhön-Klinikum starten. Bis sich der Krankenhausbetreiber von diesem Poker erholen wird, könnten Jahre vergehen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung JB: Es ist schon fast symptomatisch, dass die FTD die Verlierer nur auf der Kapitalseite sieht. Die verpulverten Millionen werden in Zukunft vor allem von den Beschäftigten von Rhön, Helios und Asklepios wieder eingespielt werden müssen – sie sind die eigentlichen Leidtragenden der großspurigen Übernahmeschlacht zweier privater Krankenhausbetreiber. Weitere Verlierer sind die Patienten, auf deren Rücken die nun leeren Kriegskassen wieder aufgefüllt werden und natürlich auch die Beitragszahler der Krankenkassen, die die Millionensummen, die an der Börse verbrannt wurden, schlussendlich gezahlt haben.

  12. Afghanistan: Zwischen zwei Monstern
    Die Menschen auf dem Land leiden nicht mehr nur unter den Taliban und dem verbreiteten Terror. Auch abtrünnige Taliban-Milizen drangsalieren die Landbevölkerung. Die Aussicht auf Befreiung von den Taliban hat sich zerschlagen. Die instrumentalisierten oder per Fernsteuerung aus Kabul organisierten “Spontanaufstände” stellen alles andere als eine gesamtnationale Bewegung dar. Sie könnten sogar ein Vorbote der neuen, bewaffneten Unübersichtlichkeit mit einer Vielzahl autonomer bewaffneter Gruppen sein, die sich nach dem Abzug der westlichen Kampftruppen gegen Ende 2014 in Afghanistan einstellen könnte.
    Quelle. taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Und so wird sich der “Bürgerkrieg” nach dem Abzug der sowjetischen Truppen wiederholen. Und genauso wenig wie die Sowjetunion die Regierung Nadschibullah halten konnte, werden die USA die Regierung Karsai halten können. Eine Persönlichkeit wie Ahmad Shah Massoud ist nirgendwo in Sicht. Unter Umständen werden die USA und der Westen am Ende wieder an dem Punkt stehen, den sie wegen eines sogenannten “Krieges gegen den Terror” aufgegeben hatten: Verhandlungen mit den Taliban oder einer anderen Pakistan genehmen Gruppierung.

  13. Südafrika – Soziale Zeitbombe
    Südafrika: Nach dem Massaker von Marikana offenbart sich die Spaltung zwischen Elite und Arbeiterklasse immer stärker
    Es klingt wie eine Groteske, doch für Hunderte Bergarbeiter ist sie bitterer Ernst: Weil die Polizei vor zwei Wochen im Rahmen des Streiks an der Platinmine Marikana 34 Demonstranten erschossen hatte, erhob die südafrikanische Staatsanwaltschaft am Donnerstag Mordanklage gegen 270 Überlebende des Massakers, von denen etliche sogar direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus verhaftet wurden. Der Vorwurf: Die Kumpel hätten mit ihrem militanten Streik – die Polizei fühlte sich nach eigenen Angaben von traditionellen Waffen wie Speeren und Macheten sowie einer Handfeuerwaffe bedroht – die massenhafte Erschießung ihrer Kollegen ausgelöst und seien somit verantwortlich für deren Tod. Juristische Basis dafür ist ausgerechnet ein Gesetz aus der Apartheid-Zeit, das der heute regierende African National Congress (ANC) einst massiv kritisierte. Nach reichlich politischem Druck zog die Staatsanwaltschaft die Mordanklagen am Sonntag zwar vorläufig zurück und kündigte an, die Gefangenen vorerst freizulassen, endgültig zurückziehen wollte sie die Vorwürfe allerdings nicht. Und auch die politischen Folgen des blutigsten Polizeieinsatzes seit den ersten freien Wahlen des Landes 1994 entfalten sich immer weiter.
    Quelle: Junge Welt
  14. Jenseits von Markt und Staat
    Allmenden sind unwirtschaftlich und überholt, sagen die einen: Das Vieh wird nicht satt, die Bäume nicht groß, die Betreiber nicht reich. Allmenden sind modern, sagen die anderen: Wissen, Autos, Ressourcen – wir können doch Teilhaber sein, statt zu besitzen!
    Das Konzept ist alt, sagen nun viele, die Spielarten neu: Wikipedia, Gemeinschaftsgärten oder Carsharing – auch in modernen Formen gemeinschaftlichen Nutzens steckt das mittelalterliche Modell der Allmende.
    Die Erschütterungen der Finanzkrise brachten es wieder ins Bewusstsein, ebenso die Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises 2009 an die Gemeingüterforscherin Elinor Ostrom. Sind Allmenden ein Gegenpol zur zunehmenden Privatisierung unserer Welt?
    Viele Aspekte der Suche nach einem neuen Umgang mit Ressourcen erspürt, wer traditionelle Weideallmenden besucht – und sie mit der modernen Kulturlandschaft vergleicht.
    Quelle 1: Deutschlandfunk
    Quelle 2: Die Sendung

    passend dazu: “Die letzten Gemeingüter dieses Planeten verschwinden”
    Fred Pearce über “land grabbing”, die Vorurteile von Naturschützern und die Rettung unseres Planeten durch Kleinbauern
    Als die Getreidepreise und damit die Kosten für Grundnahrungsmittel 2007 auf ein historisches Rekordniveau kletterten, kam es weltweit zu Protesten – überall dort, wo die Bevölkerung einen Großteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel aufwenden muss. Zwei Jahre später führte die Welle von Aufständen dann vielen Machthabern deutlich vor Augen, dass ihre Macht mit dem Schwanken der Lebensmittelpreise steht oder fällt. Unter dem Eindruck des Arabischen Frühlings beschlossen viele Regierungen, ihre Ernährungssicherheit zu verbessern, indem sie billigen, aber fruchtbaren Boden in anderen Ländern aufkaufen oder (häufiger) mit langfristigen Verträgen pachten.
    Quelle: Telepolis

  15. TV-Tipps: Beraten und verkauft? Das Milliardengeschäft der Versicherungs-Drücker
    Der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) geht es gut. Fast sechs Millionen Kunden hat das Unternehmen, das in der Finanz- und Versicherungsbranche tätig ist. Gerade erst wurden Rekordüberschüsse vermeldet. Gründer und Vorstandsvorsitzender ist Reinfried Pohl, ein vielfach geehrter Mann mit besten politischen Kontakten.
    Rund 37 000 Haupt- und nebenberufliche Berater arbeiten für die DVAG. Es klingt wie eine Erfolgsgeschichte, dabei gibt es auch Schattenseiten. Kunden und ehemalige Mitarbeiter gewähren “ZDFzoom” exklusiv Einblicke hinter die Kulissen des Unternehmens und berichten über fragwürdige Beratungen und den Umgang mit den eigenen Leuten.
    Quelle: Phoenix

    Sendetermine: Di, 04.09.12, 18.00 Uhr und Mi, 05.09.12, 17.15 Uhr auf Phoenix

    Ich pack’ aus – Wenn Insider an die Öffentlichkeit gehen
    Weltweit häufen sich Wirtschafts- und Unternehmensskandale. In Deutschland stehen selbst Global Player wie Siemens, Metro oder Volkswagen in der Kritik. Whistleblower werden die Hinweisgeber genannt, die die Öffentlichkeit unterrichten: über Misstände in der eigenen Firma, über gesundheitliche Gefahren, Korruption oder gar Staatsgeheimnisse. Ein Film über Menschen, die “geplaudert” haben: Sind sie Helden oder Verräter?
    Quelle: Phoenix

    Sendetermine: Mi, 05.09.12, 21.00 Uhr, Do, 06.09.12, 08.15 Uhr und Do, 06.09.12, 19.15 Uhr auf Phoenix

    71. Exclusiv im Ersten: Die Nein-Sager
    Sie stürzen Tausende in finanzielle und seelische Nöte. Deutsche Versicherungen kassieren Jahr für Jahr, Monat für Monat ihre Prämien. Wenn sie aber gebraucht werden, können sie sich fast ohne Risiko verweigern. Sie aktivieren juristische Apparate, arbeiten mit perfiden Tricks, verzögern und verschleiern, um berechtigte Ansprüche von Geschädigten abzulehnen. Reporter Christoph Lütgert geht zu verzweifelten Opfern, blickt ins Innere der Versicherungen und fragt die Politik, warum sie die übermächtigen Konzerne gewähren lässt. Zitatende.
    Quelle: ARD

    Anmerkung unseres Lesers J.B.: Mit Dank an Christoph Lütgert, einen der besten Journalisten die wir wohl zur Zeit haben. Die Wiederholung ist leider etwas zur Unzeit, aber man kann sich das ja eventuell via Mediathek ansehen, wenngleich der Allianzanwalt die Sendung des Interviews eines Allianzsprechers verboten hat. Gesendet wurde trotzdem!!!

  16. Ergänzung zum Beitrag von “Lebensmittelspekulation: Wenn Wirtschaftsethiker der Unmoral das Wort reden
    unser Leser S.T. schrieb uns:

    Jens Berger schrieb: “Pies ist jedoch ein Wirtschaftsethiker. Da stellt sich unweigerlich die Frage, welche Ethik ein Ökonom vertritt, der nicht nur wider besseres Wissen an das Dogma der Effizienzmarkthypothese zu glauben scheint, sondern auch sämtliche Argumente der Kritiker von Lebensmittelspekulation auf rabulistische Art und Weise verzerrt”.

    Zunächst: Im Grunde gibt es keine Ausbildung zum “Wirtschaftsethiker”, d. h. es ist ein Etikett, das sich jede oder jeder anheften kann, der oder die meint, sich dazu berufen zu fühlen.

    Zum besseren Verständnis halte ich es für erforderlich, darauf hinzuweisen, dass Ingo Pies als Schüler von Karl Homann für eine ganz bestimmte Ausrichtung einer Wirtschafts-“Ethik” steht, nämlich für die “Ethik nach ökonomischer Methode”. (Siehe auch den Lebenslauf von Pies)

    Dahinter versteckt sich der Anspruch, die ökonomischen Methoden auf alle Lebensbereiche anzuwenden (ökonomischer Imperialismus). Es ist nichts anderes als das, was in der Soziologie als Ökonomisierung der Gesellschaft” und Ökonomismus beschrieben wird.

    Ein besonderes Spezifikum ist dabei, dass “der Markt” bzw. die Sphere der Wirtschaft als amoralisch angesehen wird – alles, was dort geschieht, hat nichts mit Moral zu tun, sondern die Moral steckt in den Regeln (so diese Sichtweise; siehe auch das Zitat unten).

    Deshalb verwundert es nicht, wenn Pies auf die Marktmechanismen setzt (Pies: “Viele Bauern leiden immer noch darunter, dass ihnen der Marktzugang erschwert ist.”) und der Spekulation etwas Gutes abgewinnen kann. Mit Blick auf die Finanzkrise meinte sein Doktorvater, Karl Homann, einmal:
    “Das Problem in der aktuellen Finanzkrise ist, dass wir innovative Finanzprodukte haben, aber keine Rahmenordnung dafür [PDF – 271 KB]”.

    Und natürlich ist “Wettbewerb solidarischer als Teilen” (ebd.). Der Apfel fällt also nicht weit vom Stamm. Ökonomen sind damit natürlich auch fein aus dem Schneider, denn egal, was sie vorschlagen: Es kann ja gar nicht moralisch verwerflich sein, denn sie agieren in einem moralfreien Raum.

    Leider (!) dominiert diese Homann-Schule den deutschsprachigen Raum: Im Grunde sind die Lehrstühle für Wirtschaftsethik vorwiegend “ordnungsethisch” besetzt.
    Als wirtschaftsethisch forschender Volkswirt möchte ich deshalb darauf hinweisen, dass auch Wirtschaftsethiker existieren, die daran zweifeln, ob es sich bei dieser “Ethik nach ökonomischer Methode” überhaupt um “Ethik” handelt. Darüber hinaus unterscheidet sich diese Form einer “Ethik” erheblich von anderen Ethik-Konzepten, z. B. der Integrative Wirtschaftsethik von Peter Ulrich oder der Sozialen Marktwirtschaft (konkreter: der Sozialen Irenik) von Alfred Müller-Armack.

    Insofern finde ich den Titel “Wenn Wirtschaftsethiker der Unmoral das Wort reden” etwas unglücklich, weil er suggeriert, dass alle Wirtschaftsethiker so denken. Das mag mit Blick auf die Dominanz der Homann-Schule richtig sein und deshalb ist es auch berechtigt, den Äußerungen von Wirtschaftsethikern zunächst einmal mit Skepsis zu begegnen.
    Allerdings existieren aber auch andere Wirtschaftsethiker – wie Ulrich Thielemann, die weniger marktfolgsam sind und sich z. B. in den letzten Wochen sehr kritisch auch zum Thema “Schweiz, Steuern und Schwarzgeld” geäußert haben. Diese haben dann wiederum sehr darunter zu leiden, dass unter dem Label “Wirtschaftsethik” der Ökonomismus verkauft wird.

    Noch ein inhaltlicher Hinweis zum Beitrag von Pies: Offenbar geht Pies davon aus, dass Bauern zwangsläufig in Märkte eingebunden sein und handeln müssen. Das muss aber keineswegs so sein. Insbesondere, wenn er den “Welthunger” bekämpfen will, wäre auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es in bestimmten Teilen der Welt noch üblich ist, gemäß dem safety-first-principle zu wirtschaften: Das heißt sichere – wenngleich weniger produktive – Anbaumethoden, direkt konsumierbare Güter statt einer Produktion für den Markt usw. (Siehe auch James C. Scott: The Moral Economy of the Peasant). Ich denke, dass der Weg, zunächst die Wirtschaftsform einer Selbsterhaltung zu gewährleisten und dann (!) über etwaige ländliche Produktionen für den Markt nachzudenken eher geneigt ist, den Welthunger zu bekämpfen. Allerdings steht dem oft genug eine andere Spekulationsform im Weg: Die Spekulation um Boden (land grabbing).

    Ergänzende Anmerkung JB: Herr T. hat recht – die Überschrift „Wenn ein Wirtschaftsethiker der Unmoral das Wort redet“ wäre treffender gewesen. Leider kannte ich den wissenschaftlichen Hintergrund von Ingo Pies noch nicht, als ich den Artikel geschrieben habe.

    Ein weiterer Leser schrieb mir:

    „Laut Wikipedia war er z.B. zu “Forschungsaufenthalten bei Gary S. Becker an der University of Chicago und bei James M. Buchanan an der George Mason University”. Genug gehört, Euer Ehren. Wer bei solchen Leuten (beides Mont Pelerin-Mitglieder) bzw. Unis (insbesondere die GMU gilt als Hochburg der Libertären, die “Chicagoer Schule” dürfte ebenfalls ein Begriff sein) unterwegs ist, kann kaum anders als an effiziente Märkte zu glauben. Zumal sein Doktorvater in die gleiche Ecke zu gehören scheint. Dass er dann den Kritikern der Nahrungsmittelspekulation Unwissenschaftlichkeit und Unkenntnis der einschlägigen Forschungsergebnisse vorwirft, ohne selbst eine einzige Studie zu zitieren, ist wenig verwunderlich.“


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