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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 31. August 2012 um 15:49 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Jens Berger
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
dazu auch der Folgeartikel: On Mitt Romney, Bain Capital and Private Equity
Quelle: Rolling Stone
Anmerkung JB: Die wohlwollenden Paul-Ryan-Portraits der Tagesspiegel-Autoren Klingst und von Marschall ist beängstigend. Wesentlich kritischer fällt da schon der Artikel des SPON-Autoren Gregor Peter Schmitz aus, der auch auf Ryans ideologischen Hintergrund eingeht. Ryan ist ein Anhänger Friedrich August von Hayeks und Ludwig von Mises. Er bezeichnet sich selbst als Vertreter der „Österreichischen Schule“, die man wohl am ehesten als radikal-kapitalistisch bezeichnen könnte und die den Gesellschaftsvertrag durch einen reinen Sozialdarwinismus ersetzen will. Leider hat sich die Radikalität dieser Ideologie immer noch nicht bis in die Redaktionsstuben der Republik durchgesprochen. Selbst was wir hierzulande beispielsweise von der FDP kennen, ist im Vergleich zu den „Österreichern“ geradezu sozialistisch! Wehret den Anfängen, man muss sich einer derartig menschenverachtenden Ideologie in den Weg stellen, bevor sie weiter um sich greift. Mit netten Verharmlosungen á la Tagesspiegel erreicht man jedoch das genaue Gegenteil.
dazu: Ulrike Herrmann – Warum nicht Roosevelt?
Wie die Marxistin Sahra Wagenknecht auf den Ordoliberalen Ludwig Erhard hereinfällt
Sahra Wagenknecht hat Ludwig Erhard gelesen. Und sie macht kein Geheimnis daraus. Seit geraumer Zeit lässt sie kaum einen Anlass aus, den christdemokratischen Wirtschaftsminister und Bundeskanzler zu zitieren. Diese Strategie hat sich für sie gelohnt. »Der Spiegel« nennt sie »erzliberal«, in Talkshows ist sie Dauergast, und Gregor Gysi kann sich vorstellen, dass sie seine Nachfolgerin wird. Ironisch kommentierte er, Wagenknecht habe ja »nicht nur Karl Marx, sondern auch Ludwig Erhard gelesen – und verstanden.«
Bleibt die Frage: Was hat Wagenknecht da eigentlich gelesen – und verstanden? Sie bezieht sich auf Erhard wie auf eine Autorität, was bei den meisten Zeitgenossen den durchaus gewollten Eindruck hinterlassen dürfte, dass dieser Ordoliberale ein hochkomplexes theoretisches Werk hinterlassen habe. Das ist falsch. Erhards Buch »Wohlstand für alle« ist vielmehr eine ausufernde Wahlkampfschrift, die pünktlich zur Wahl 1957 erschien. Das Werk stammt auch gar nicht von ihm allein, sondern ist »unter der Mitarbeit« des Handelsblattjournalisten Wolfram Langer entstanden. Der theoretische Gehalt ist gering, denn wie für eine Wahlkampfschrift zu erwarten, besteht sie in großen Teilen aus Selbstlob – und aus Kritik am politischen Gegner SPD.
Quelle: Neues Deutschland
dazu auch: Unemployment: the real Eurozone problem
Quelle: Real World Economics Review
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein Blick in die (Finanz)Welt der Derivate bzw. der Strukturierten Produkte, der sich weniger der Problematik dieser “Produkte” widmet, aber zumindest den Zockerwilligen darauf hinweist, “dass die Bank fast immer gewinnt, der Anleger hingegen nur unter bestimmten Umständen.” In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Vorschlag von Dirk Solte hinweisen, bereits die Erzeugung von Finanzprodukten zu besteuern. Sein Ausgangspunkt das nach seiner Meinung nicht steuerbare Konzept der Geldschöpfung über die Erzeugung ungedeckten Schwellgeldes. Schwellgeld ist das über festgelegte Zentralbankgeldmenge von Geschäftsbanken jenseits einer Mindestreserveanforderung vermehrte Geld. Das Schwellgeld ist kein Zentralbankgeld, sondern nur ein Geldversprechen, das besagt, dass das über einen Kredit vermittelte Geld zu einem bestimmten Zeitpunkt als Zentralbankgeld zurückbezahlt wird. “Die gesamte Staatsverschuldung ist Schwellgeld, alles Geld, das nicht Zentralbankengeld ist, z.B. alle “verbrieften Kredite”, Bundesobligationen, Schuldverschreibungen von Staaten, etc. und auch das Geld “auf dem Konto” ist Schwellgeld, es ist Geschäftsbankengeld. Alle Kredite sind letztlich Versprechen, später einmal Zentralbankengeld zu “liefern”, das man nicht hat, wenn man den Kredit aufnimmt. Es ist der Leerverkauf von Zentralbankengeld, das ist Schwellgeld, also gewissermaßen “Zentralbankengeld-Gutscheine”. Schwellgeld ist solange “so gut wie Zentralbankengeld”, wie jemand darauf vertraut, dass bei Bedarf sein “Geldgutschein” eingelöst wird. Wenn “Schwellgeld” fällig wird, also am Ende einer vereinbarten Kreditlaufzeit, muss das Zentralbankengeld geliefert werden, dazu müsste man es aber haben.”
Er fordert eine Lenkungsabgabe auf alle Finanzprodukte, auf alle verbrieften Kredite. “Eine auf die Erreichung umweltverträglicher und sozial nachhaltiger Wertschöpfung zielende Kreditaufnahme soll dabei natürlich nicht verhindert, sondern im Gegenteil unterstützt werden, aber spekulative Aktivitäten, gerade des Finanzsektors, sollen gedämpft werden.“ Neben der Dämpfung verspricht sich Solte Einnahmen für die öffentliche Hand und vor allem Transparenz durch die steuerliche Erfassung jeder Transaktion (Kauf), die die Aufdeckung von Missbrauch ermögliche. “Die vorgeschlagene Finanzproduktsteuer ist keine Transaktionssteuer, kann diese aber sinnvoll ergänzen! Eine Transaktionssteuer, wie sie mittlerweile diskutiert wird, ist eher vergleichbar mit der Grunderwerbsteuer. Ein Haus, das einmal gebaut wurde, unterliegt dann der Grunderwerbsteuer, wenn es weiter veräußert wird. Bei der erstmaligen Erstellung des Hauses ist keine Grunderwerbsteuer fällig. Hier greift stattdessen die Mehrwertsteuer. Sie wird nur bei der Erstellung fällig. So wäre es auch bei der Finanzproduktsteuer. Diese Abgabe wird bei der Erstemission von Schwellgeld fällig. Sie müsste von dem gezahlt werden, der das Schwellgeld – das neue Finanzprodukt – erzeugt, also dem, der den Kredit aufnimmt, der das System, weil er das Kartenhaus Weltfinanzsystem vergrößert, mit einem Risiko belastet.” [PDF – 815 KB]
Das Schwellgeldkonzept ist natürlich umstritten, wer dazu näheres lesen möchte sei auf das Buch “Das Kartenhaus Weltfinanzsystem” oder auf eine auch ansonsten ergiebige Fragestunde des SR2 an den Autor hingewiesen.
Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon erstaunlich wie wenig seinerzeit Konsequenzen seitens der EU-Kommission aus ihren eigenen Berichten zum Fortschritt der Beitrittskandidaten gezogen wurden, in denen bis zuletzt auf die tief sitzenden Korruption in den Ländern Osteuropas hingewiesen wurde. Das soll kein Vorwurf an diese Länder sein, die sich in einer beispiellosen Umbruchsituation befanden, aber Alt-Europa hätte sich mehr um die Umsetzung und nicht nur um die schriftliche Fixierung von EU-Recht kümmern müssen. Vor allem sollten wir uns hüten, in punkto Korruption immer nur auf Griechenland zu zeigen.
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