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Titel: Dubiose Einmischung der Deutschen Telekom in den US-Wahlkampf
Datum: 25. Juli 2012 um 9:07 Uhr
Rubrik: Privatisierung, USA, Wahlen
Verantwortlich: Jens Berger
Es gilt als ungeschriebenes Gesetz, dass es sich nicht schickt, wenn deutsche Regierungsvertreter sich in den Wahlkampf in befreundeten Staaten einmischen. Wer erinnert sich nicht mehr an den Trubel, den Angela Merkels missglückte Schützenhilfe für ihren politischen Freund Nicolas Sarkozy auslöste? Erstaunlicherweise scheint es jedoch niemanden zu stören, wenn ein deutscher Konzern, bei dem der deutsche Staat der mit Abstand größte Einzelaktionär ist, sich massiv in den US-Wahlkampf einmischt. Profiteure sind die Republikaner und ihr Frontmann Mitt Romney, der pikanterweise ein alter Freund von Stephen Schwarzman ist – dem CEO des Private-Equity-Unternehmens Blackstone, an das der Bund 2006 4,5% der Telekom-Anteile verkauft hat. Von Jens Berger.
Die Ergebnisse einer von der Wirtschaftswoche in Auftrag gegebenen Studie des Center for Responsive Politcs, mit der das finanzielle Engagement deutscher Unternehmen im US-Wahlkampf untersucht wurde, wurden in den meisten deutschen Zeitungen zumindest am Rande erwähnt. Jedoch konzentrierten sich die Beobachter bei ihrer Analyse zumeist auf Aspekte, die zwar durchaus interessant, aber bei näherer Betrachtung auch nicht sonderlich überraschend sind. So gehört die Deutsche Bank beispielsweise zu den größten indirekten Unterstützern des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney. Romney, der selbst als Mitgründer eines namhaften Private-Equity-Fonds (vulgo „Heuschrecke“) zu sagenhaftem Reichtum gekommen ist, gilt – keinesfalls zu unrecht – als der Kandidat des großen Geldes und der Wall Street, seine Top-Unterstützerliste liest sich wie das Who´s who des globalen Finanzsektors. Da passt es freilich ins Bild, dass er auch zum Günstling der Deutschbanker avanciert ist. Es ist auch nicht sonderlich überraschend, dass vor allem deutsche Chemie-Giganten mit US-Engagement zu den größten Unterstützern der Republikaner gehören, für die Umweltschutz oft ein Schimpfwort ist und die am liebsten den Chemiekonzernen freie Hand bei der Neugestaltung der Umweltschutzrichtlinien ließen. Sowohl der deutsche Finanzsektor als auch die deutsche Chemieindustrie geben Millionen und Abermillionen für das Lobbying und die Unterstützung ihnen gewogener politischer Parteien in Deutschland und Europa aus – da wäre es zumindest erstaunlich, wenn sie sich in den USA zurückhielten, zumal dort im Jahre 2010 ein Entscheid des Obersten Gerichtshofes die ehedem vergleichsweise rigiden Bestimmungen zur Parteien- und Kandidatenfinanzierung de facto außer Kraft setzte.
Ein beachtenswerter Fund der CRP-Studie fand in den deutschen Medien erstaunlicherweise jedoch gar keinen Nachhall – die Deutsche Telekom ist, hinter der Bayer AG, der größte deutsche finanzielle Unterstützer der Republikaner. Dies ist besonders pikant, sind die Republikaner doch aus europäischer Sichtweise vor allem wegen ihrer teils reaktionären, an die Tea-Party angelehnten Ideologie verrufen, während die Deutsche Telekom AG trotz Börsengang und Privatisierung immer noch zu 32%[*] dem Bund gehört.
Vor allem beim Thema „Gewerkschaften“ hat die Deutsche Telekom durchaus Schnittmengen mit den Republikanern, die den US-Gewerkschaften mit einem Gesetzespaket mit dem euphemistischen Namen „Right for Work“ den Todesstoß verpassen wollen. Während die Telekom hierzulande die Gewerkschaften als Sozialpartner anerkennt, zählt das Unternehmen mit seinem Ableger T-Mobile USA jenseits des Atlantiks zu den schärfsten Gegnern der Gewerkschaften. Die gewerkschaftsfeindliche Linie des Mobilfunkunternehmens führte dazu, dass erst vor wenigen Monaten mehrere aktive und ehemalige deutsche Politgrößen die Telekom in einem offenen Brief in der New York Times dazu aufforderten, auch in den USA die gewerkschaftlichen Rechte zu achten. Es ist schon erstaunlich, welchen Freiraum die Politik teilprivatisierten Unternehmen einräumt. Dabei würde ein einziger Wink des Großaktionärs Bundesrepublik Deutschland bereits genügen, um die Sozialpolitik der US-Tochter von heute auf morgen diametral zu ändern.
Mit der indirekten[**] Einmischung in den US-Wahlkampf, die den Unterstützern der Republikaner 193.500 US$ in die Taschen spülte, hat die Deutsche Telekom, als zumindest teilstaatliches Unternehmen, jedoch eine rote Linie überschritten. Man stelle sich vor, wie groß die Aufregung wäre, wenn beispielsweise der teilstaatliche russische Gazprom-Konzern in Deutschland mit großzügigen Parteienspenden politische Landschaftspflege betreiben würde. Es wäre interessant, wie die Herren Hans Bernhard Beus und Ulrich Schröder, die den deutschen Staat im Aufsichtsrat der Telekom vertreten, diese finanzielle Einmischung in den US-Wahlkampf rechtfertigen.
Es ist jedoch zu vermuten, dass die Spenden an die Republikaner eher auf das Kerbholz eines anderen Aufsichtsrats der Deutschen Telekom gehen – Lawrence H. Guffey vertritt in diesem Gremium die Interessen des Private-Equity-Unternehmens Blackstone. Blackstone übernahm im Jahre 2006, unter Vermittlung des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück, eine 4,5%-Beteiligung an der Telekom von der bundeseigenen KfW-Bankengruppe. Seitdem mehren sich die Indizien, dass der vergleichsweise kleine Anteilseigner Blackstone die Politik des Konzerns weitaus maßgeblicher bestimmt, als es die 4,5%-Beteiligung vermuten lässt. Auch das Engagement der Telekom-Tochter T-Mobile USA im US-Wahlkampf trägt eher die Handschrift Blackstones als die des Bundes oder der KfW-Bankengruppe.
Blackstone steht auf der Liste der größten Spender im US-Wahlkampf auf Position Nummer 18 und auch in der Liste der größten Unterstützer Mitt Romneys taucht der Name Blackstone auf Position Nummer 14 auf. Blackstone-CEO Stephen Schwarzman ist nicht nur einer der schärfsten Gegner von Obamas (viel zu zurückhaltenden) Regulierungen des Finanzsektors, die er mit Hitlers Invasion Polens verglich, sondern auch ein guter alter „Buddy“ von Mitt Romney. Romney und Schwarzman waren zu Beginn ihrer beruflichen Karriere mit ihren PE-Unternehmen Bain Capital und Blackstone im Jahre 1985 auch gute Geschäftspartner – man kennt sich, man schätzt sich, man unterstützt sich gegenseitig.
Wenn Schwarzman seinen alten Freund Romney aus seiner Privatschatulle finanziert, so ist dies – so er dabei die Gesetze einhält – sein gutes Recht. Wenn das teilstaatliche Unternehmen Deutsche Telekom AG jedoch – vermutlich auf Anregung von Blackstone – im US-Wahlkampf großzügig als Spender auftritt, so muss sich der Hauptaktionär, also der Bund, fragen, ob da nicht hinter seinem Rücken Unternehmensgelder veruntreut werden. Es scheint, als wedele bei der Telekom der Schwanz mit dem Hund.
[«*] 15% gehören dem Bund direkt, weitere 17% gehören der bundeseigenen KfW-Gruppe
[«**] Da das US-Gesetz direkte Wahlkampfspenden von Unternehmen sehr streng reguliert, erfolgt die Unterstützung i.d.R. über sogenannten PACs (Political Action Commitees)
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