Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- ESM-Verhandlung endet ohne Eilentscheid
- Studie: Große Mehrheit der Deutschen hält Politiker und Wirtschaftsvertreter für unglaubwürdig
- Die falsche Freundin aus Deutschland
- Euroland neu: Weder Schuldenklub noch Sparverein
- Investoren beschenken Deutschland und meiden Spanien
- Griechenland: Privatisierungen als Ausweg aus der Krise?
- Premier Monti erwägt EU-Hilfen für Italien
- Kretschmann will 11.600 Lehrer-Stellen streichen
- Kapitaldeckung in der Krise – Die Risiken privater Renten- und Pflegeversicherungen
- Armut in Europa
- Die Piraten und Hartz IV – Ihr seid wahrlich systemrelevant!
- Prof. Richard Wilkinson über Ungleichheit
- Erklärung der Internetfreiheit
- Nach Acta ist vor Ceta
- Profithunger
- Mappus hat Kaufpreis für ENBW ohne Wertgutachten zugesagt
- Leopard-Panzer für Jakarta
- Die Wutökonomen winden sich
- Jetzt hat Oswald Ruh
- TV-Tipp: Monitor
- Zu guter Letzt: Eilentscheid
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- ESM-Verhandlung endet ohne Eilentscheid
Nach fast elf Stunden endet die Verhandlung über die Eilanträge gegen den Euro-Krisenfonds ESM und den Fiskalpakt. Auch wenn Finanzminister Schäuble sich eine schnelle Einigung gewünscht hatte, lässt das Urteil auf sich warten.
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Ein offenes Wort des Bevollmächtigten des Bundestags Professor Möllers über die Wirkung des Fiskalpakts: „Deutschland werde von Ländern wie Griechenland das Sparen lernen, um den Fiskalpakt einzuhalten“.
- Studie: Große Mehrheit der Deutschen hält Politiker und Wirtschaftsvertreter für unglaubwürdig
Die Mehrheit der Menschen vertraut weder den Aussagen der Politiker noch der Kommunikation von Unternehmen. Den Aussagen der Journalisten zur Krise glaubt jedoch immerhin die Hälfte der Bürger.
Die meisten Menschen halten Vertreter der Politik und der Wirtschaft generell für unglaubwürdig. Den Aussagen der Bundesregierung misstrauen 60 Prozent der repräsentativ befragten Bürger. Den Oppositionsparteien vertrauen sogar 70 Prozent nicht mehr. Und die Glaubwürdigkeit der Wirtschaftsvertreter sinkt weiter. Den Aussagen von Unternehmen glauben 60 Prozent der Menschen nicht mehr – im Vergleich zu 2011 eine Zunahme von sieben Prozent. Der Finanzbranche misstrauen 78 Prozent – das ist eine Zunahme von vier Prozent innerhalb eines Jahres.
m Gegensatz zu Politik und Wirtschaft haben Journalisten nach wie vor einen Glaubwürdigkeitsbonus. 60 Prozent der Menschen glauben den Vertretern der Printmedien grundsätzlich – eine Zunahme von acht Prozent gegenüber 2011. 66 Prozent der Bürger vertrauen den Journalisten im Rundfunk. Im Vergleich zum Vorjahr stieg diese Zahl um vier Prozent.
Der Trend zum Misstrauen verstärkt sich, wenn es speziell um die Euro- und Verschuldungskrise geht: Fast 90 Prozent der Menschen sind der Ansicht, dass Politiker die Wahrheit zur Krise verschleiern. Nahezu 80 Prozent der Bürger meinen, die Unternehmen lügen, wenn es um die Krise geht. Hinzu kommt: Über drei Viertel der Menschen fühlen sich in der Euro- und Verschuldungskrise durch die Politik mit ihren Interessen und Anliegen nicht vertreten. Bezogen auf die Unternehmen sind dies 84 Prozent.
Nicht zuletzt ist wie 2011 immer noch die große Mehrheit der Bürger (76 Prozent) der Ansicht, dass die Verantwortlichen die Krise nicht im Griff haben. Ihre Einschätzung der Euro- und Verschuldungskrise ist durch und durch nüchtern: Sie glauben nicht, dass sie ihren Höhepunkt bereits überschritten hat (67 Prozent), ein gutes Ende nehmen wird (50 Prozent) oder gar das Ansehen Deutschlands in Europa stärken wird (50 Prozent). Sie wissen, dass die Krise der internationalen Finanzmärkte auch sie betrifft (60 Prozent) – allerdings glauben sie derzeit mehrheitlich (noch) nicht, dass ihr persönlicher Lebensstandard und der ihrer Familie (50 Prozent) oder die Demokratie in Deutschland (56 Prozent) bedroht sind.
Knapp zwei Drittel der Menschen sind zwar der Meinung, dass Politiker und Unternehmen der Krise die notwendige Aufmerksamkeit schenken. Nicht nur in Sachen Ehrlichkeit, sondern auch im Hinblick auf Verständlichkeit und Relevanz stellen die Bürger sowohl Politik als auch Wirtschaft jedoch ein schlechtes Zeugnis aus: Nur für knapp 30 Prozent der Bürger sind die Aussagen der Politiker zur Krise verständlich. Etwas mehr Befragte (34 Prozent) finden die Kommunikation der Unternehmen verständlich. Nur jeweils 35 Prozent der Befragten sagen, dass Unternehmen und Politiker die Diskussion zur Krise aktiv voranbringen.
Auch in der Euro- und Verschuldungskrise haben die Journalisten – verglichen mit anderen Akteuren – einen deutlichen Vertrauensvorschuss, der allerdings schrumpft. Nur die Hälfte der Menschen meinen, dass Journalisten bei diesem Thema die Wahrheit sagen. Noch deutlicher wird die Kritik an der journalistischen Leistung, wenn es um Erklärung und Bewertung der Krise geht. 54 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die journalistischen Einordnungen ihnen nicht weiterhelfen. Mehr als zwei Drittel der Menschen sagen, dass Journalisten in der Krise ihre Interessen nicht aufgreifen und vertreten.
Quelle: Gemeinschaftsstudie des Fachgebiets für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) und der ING-DiBa AG (Frankfurt)
Anmerkung WL: Der Irrtum dürfte darin liegen, dass man Vertrauen nicht durch eine verbesserte Kommunikation schaffen kann. Da kann man noch so gut kommunizieren, die Menschen sehen doch die verheerenden Wirkungen der gegenwärtigen Politik für Europa und die Weltwirtschaft, sie wissen doch, dass sie für die Rettung der Spekulanten zur Kasse gebeten werden, sie haben doch bemerkt, dass das Versprechen, die Finanzmärkte zu regulieren und zu kontrollieren nicht eingehalten wurde und sie spüren, dass die Politik und mit ihnen die Journalisten in den Fängen der Finanzmärkte sind.
Zur falschen Kommunikation passt:
- Die falsche Freundin aus Deutschland
Die Schulden des Südens sind zum Teil unser Reichtum. Bundeskanzlerin Merkel verschweigt, dass Spardiktate allein die Probleme nicht lösen, sondern verschärfen. Eine andere Europa-Politik ist längst überfällig…
Es ist Angela Merkel gelungen, den Eindruck zu erwecken, es ginge ihr um die Interessen der Deutschen. Um die Verteidigung unseres wohlverdienten Reichtums gegen die Griechen und Spanier und Italiener, die auf unsere Kosten ihrer Verschwendungssucht frönen. Denen müsse gezeigt werden, wo der Sparhammer hängt, dann könnten wir notfalls auch helfen. Mit Merkel’schen Worten: „Keine Hilfe ohne Haftung“.
Das klingt zwar logisch, entspringt aber genau dem Lügengebäude, das die Kanzlerin seit Jahren für uns baut. In diesem Gebäude sind die Etagen klar verteilt: Oben „wir“, durch ordentliches Wirtschaften reich. Unten die Faulen aus dem Süden, die ständig nach Hilfe schreien, um dann alles zu verprassen, was sie kriegen können.
Wenn die Welt so einfach wäre, hätte die Bundeskanzlerin recht. Doch sie hat unrecht, und sie lügt, weil sie Entscheidendes verschweigt. Sie hat verschwiegen, dass Spardiktate allein die Probleme nicht lösen, sondern verschärfen…
Quelle: FR
- Euroland neu: Weder Schuldenklub noch Sparverein
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann will eine “Fiskalunion” ohne EU-Steuern und vor allem ohne “Schuldenunion”. Er will die Bevölkerung abstimmen lassen, aber nur über seine Präferenzen.
Der Bundesbank-Präsident Jens Weidmann stellt in einem Kommentar, der zeitgleich in der “Süddeutschen” und im “Standard” erschienen ist, Betrachtungen zu einer “Fiskalunion als Ergänzung der Währungsunion” an. Fiskalunion bedeutet führ ihn jedoch nicht die Vergemeinschaftung (von Teilen) der Steuerpolitik, was das Wort “Fiskus” vermuten ließe, auch nicht der Schulden (Eurobonds), sondern die zentral überwachte und exekutierte Begrenzung der staatlichen Kreditaufnahme: eine Europäisierung der Schuldenbremse. Das ist ein ganz bestimmtes Verständnis von “Fiskalunion”, das ganz bestimmten Interessen dient…
Zwar lässt Weidmann offen, ob die EU-Regierung dies durch Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen erzwingt, doch genau da liegt der Hund: Die Entscheidung, ob die Staatsquote eines Landes steigt oder sinkt – eine der politischsten überhaupt – ginge an die EU über. Und wie die EU-Institutionen entscheiden werden, ist absehbar: Tausendmal lieber werden sie “sparen” als “steuern”. Eine Schuldenbremse ist in Brüssel erfahrungsgemäß immer eine “ausgabenseitige” (Kürzen und Sparen) und nicht einnahmenseitige (höhere Steuern). Doch eine ausgabenseitige Schuldenbremse ist nicht nur sozial brutal, wie an den explodierenden Selbstmord- und Obdachlosenzahlen in Athen und Griechenland beobachtete werden kann, sondern auch ökonomischer Suizid.
Quelle: der Standard
- Investoren beschenken Deutschland und meiden Spanien
Deutschland verdient Geld beim Schuldenmachen: Investoren nehmen bei einer Auktion erneut negative Renditen in Kauf. Der Zinssatz für spanische Anleihen erreicht derweil ein kritisches Niveau…
Die Auktion von deutschen Schatzanweisungen mit sechsmonatiger Laufzeit spülte dem Bund am Montag 3,29 Milliarden Euro in die Kasse. Die Investoren nahmen dafür sogar eine negative Rendite von durchschnittlich 0,0344 Prozent in Kauf, um in den Besitz der als ausfallsicher geltenden Papiere zu kommen.
Kurz vor den Beratungen der Euro-Gruppe über ein Hilfsprogramm für Spanien sind die Renditen für zehnjährige spanische Staatsanleihen wieder über die kritische Marke von sieben Prozent gestiegen. Am Montagmorgen betrug die Rendite 7,026 Prozent und lag damit erstmals seit dem 19. Juni über der Sieben-Prozent-Schwelle.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung WL: Deutschland liegt mit seiner Bruttoschuldenquote von 81,2 % (2012) in der im Handelsblatt aufgestellten Rangliste auf Platz 7 unter den 17 Euro-Ländern. Spanien stand mit 80,9 % sogar noch besser da.
- Griechenland: Privatisierungen als Ausweg aus der Krise?
Die Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament hat Ministerpräsident Samaras gewonnen. Jetzt kann er sich an die Umsetzung seiner Pläne machen. Um Geld einzunehmen, will er die staatliche Eisenbahngesellschaft privatisieren. Die Opposition warnt vor einem Ausverkauf.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung WL: Nun wird also Griechenland verkauft – zum Ramschpreisen.
- Premier Monti erwägt EU-Hilfen für Italien
Italiens Ministerpräsident Monti hat signalisiert, sein Land müsse wegen der Krise eventuell unter den EU-Rettungsschirm…
Italien bezahlt derzeit hohe Zinsen für die Ausgabe neuer Staatsanleihen. Wenn das Land einen Rückgriff auf EU-Hilfen ins Spiel bringt, so sein mögliches Kalkül, könnte das die Märkte beruhigen und die Zinsen sinken lassen. Bislang beanspruchen fünf Länder aus der Euro-Zone die Hilfen aus dem Rettungsschirm: Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern.
Quelle: Zeit Online
- Kretschmann will 11.600 Lehrer-Stellen streichen
Einen “echten Bildungsaufbruch” hatte er versprochen, jetzt verkündet er erst mal einen Stellenabbau: Rund 11.600 Lehrer weniger will der baden-württembergische Regierungschef Kretschmann künftig beschäftigen.
Anders könne sein Land die Vorgaben der Schuldenbremse nicht einhalten…
Kretschmann sagte, die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz solle so rasch wie möglich in der Landesverfassung verankert werden. Die Gespräche mit der Opposition sollten “möglichst parallel zu den Haushaltsberatungen abgeschlossen werden”. Der Rechnungshof hatte am Montag angemahnt, dass die Schuldengrenze noch in diesem Jahr auch in Landesrecht umgesetzt werden müsse.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Kretschmann ist halt auch nur ein stinknormaler Konservativer.
Anmerkung unseres Lesers P.K.: Das ist schon dreist wie der erste GRÜNE MP so vor sich hin argumentiert. Wegen der „vom Himmel gefallenen“ Schuldenbremse sind die Wahlversprechen, die Bildungspolitik zum Kernthema der GRÜNE/SPD Koalition zu machen, leider in den Papierkorb zu werfen. Und weil die im Bund von CDU/CSU/SPD/GRÜNE verabschiedete Schuldenbremse jetzt an die soziale Ausgestaltung unseres „demokratischen und sozialen Bundesstaates“ (GG) geht, soll zur Absicherung dieser unsozialen Politik die Schuldenbremse gleich noch in die BaWü Verfassung geschrieben werden. Ob dieser Logik scheint ein Arztbesuch angeraten zu sein.
Warum arbeitet der MP Kretschmann nicht daran, die großen Vermögen über eine Vermögenssteuer, höhere Erbschaftssteuer und höhere Spitzensteuersätze zur Finanzierung einer Bildungspolitik heranzuziehen, um zumindest mit den Nordeuropäischen Ländern und deren Ausgaben für die Bildung gleich zu ziehen?
Ergänzende Anmerkung WL: Das ist eben die Logik der „Schuldenbremse“: Man spart an Sozialleistungen, an der Daseinsvorsorge und nun eben auch an der Bildung. Wenn Bildung ein zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes ist, dann zeigt sich in diesen Kürzungen, dass die „Schuldenbremse“ die Zukunft unseres Landes bremst und damit eher zu noch mehr Schulden führen wird. Bildungsabbau als „Generationengerechtigkeit“!
- Kapitaldeckung in der Krise – Die Risiken privater Renten- und Pflegeversicherungen
Die Erfahrungen nach zehn Jahren Riester- Rente zeigen, dass sich die Arbeitnehmer durch die Aufgabe der paritätischen Finanzierung deutlich schlechter stellen. Auch sind die Renditen in der gesetzlichen Rentenversicherung – trotz der massiven Absenkung des zukünftigen Rentenniveaus – den Renditen der Riester-Verträge – vor allem in den Verträgen ab 2011 – in der Regel deutlich überlegen, zumal die Berufsunfähigkeit in den Riester-Verträgen nicht abgesichert ist. Angesichts der gesunkenen Kapitalmarktzinsen wurde der Garantiezins seit Einführung der Riester-Rente mehrmals gesenkt. In Zukunft ist damit zu rechnen, dass die Lebensversicherungen zuerst die hohen Garantiezinsen in den Altverträgen bedienen müssen und die Überschussbeteiligungen in den jüngsten Riester-Verträgen daher gering ausfallen dürften. Zur schlechten Bilanz der Riester-Renten tragen auch die hohen Verwaltungskosten und Gewinne der Versicherungswirtschaft, die Unsicherheiten des Kapitalmarktes, und die notwendige Dynamisierung der Renten bei.
Unausweichlich erzwingt die zunehmende Überalterung (? (WL) unserer Gesellschaft in Zukunft höhere absolute und relative Ausgaben für Renten, aber auch für Pflege und Gesundheit. Auch jüngere Erwerbstätige profitieren nur vordergründig von niedrigeren Beitragssätzen. Ihre Rentenbezugsdauer erhöht sich bei steigender Lebenserwartung.
Sie müssen dann auch länger von den abgesenkten gesetzlichen Renten leben. Aufgrund der Reformen müssen sie mindestens doppelt so viel selbst ansparen, wie sie durch die Rentenreformen auf der Beitragsseite entlastet werden.
Die nun geplante freiwillige, private Pflegeversicherung nach dem Vorbild der Riester-Rente würde die Fehler der Riester-Reform in einem anderen Sozialversicherungszweig wiederholen. Für eine langfristig sichere Pflegeabsicherung sollte auf eine breite und alle Personenkreise umfassende Versicherung auf der Basis des Umlageverfahrens gebaut werden. Damit könnte eine Unterversicherung im Pflegefall vermieden werden.
Quelle: WISO Diskurs in Welt der Areit
- Armut in Europa
- EU-Vergleich des WSI: Armut unter Beschäftigten und Arbeitslosen in Deutschland besonders stark gestiegen
Seit 2004 sind die Beschäftigtenzahlen in Deutschland kräftig gewachsen, die Arbeitslosigkeit hat deutlich abgenommen. Doch die positive Entwicklung hat eine Schattenseite, sagt WSIForscher Dr. Eric Seils: “Analysiert man die soziale Lage der Erwerbsbevölkerung, dann zeigt sich, dass die deutschen Beschäftigungserfolge mit einem hohen sozialen Preis verbunden waren.”
Der Sozialwissenschaftler hat die EU-weite Erhebung von Armutsdaten ausgewertet, die aktuell bis zum Einkommensjahr 2009 vorliegen. 2009 waren laut Eurostat in Deutschland 7,1 Prozent der Erwerbstätigen von Arbeitsarmut betroffen.
Im Vergleich zu 2004 ist der Anteil der “Working Poor” um 2,2 Prozentpunkte gestiegen. Damit nahm die Arbeitsarmut in Deutschland, ebenso wie in Spanien, deutlich stärker zu als in allen anderen EU-Staaten…
Noch weitaus drastischer stieg seit 2004 die Armutsquote unter Arbeitslosen – um 29 Prozentpunkte. Im EU-Durchschnitt waren es nur 5 Prozentpunkte. 2009 hatten 70 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland nur ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze – 25 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt der 27 EU-Staaten.
Quelle: Welt der Arbeit
- Zahl der armutsgefährdeten Personen in der EU leicht gestiegen
Die Zahl der armutsgefährdeten Personen in der EU hat sich leicht erhöht. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (17/10055) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9674) hervor, in der sich die Abgeordneten nach den Auswirkungen der EU-Krisenbewältigung auf soziale Standards und Armut in Europa erkundigen. Laut Regierung gab es 2005 rund 79,1 Millionen Personen, die nach Sozialleistungen armutsgefährdet sind. 2010 seien es rund 80,9 Millionen gewesen. Im gleichen Zeitraum sank der Vorlage zufolge die Zahl der Personen in der EU, die in „Erwerbslosenhaushalten“ leben, von 39,1 Millionen auf 37,9 Millionen. Wie die Regierung weiter darlegt, stiegen die Ausgaben des Sozialschutzes in den 27 Ländern der EU: 2005 waren es 2.879,2 Milliarden Euro, 2009 dagegen 3.336,1 Milliarden.
Quelle: Deutscher Bundestag
Anmerkung WL: Deutschland hat etwa 80 Millionen Einwohner, so viele Menschen sind in der EU armutsgefährdet.
- OECD-Beschäftigungsausblick: Arbeitslosigkeit in Deutschland rückläufig, Langzeitarbeitslosigkeit weiter kritisch
In kaum einem Industrieland ist die Arbeitslosigkeit in den vergangenen fünf Jahren so sehr gesunken wie in Deutschland, gleichzeitig ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen erheblich höher als im OECD-Durchschnitt. Fast die Hälfte der Arbeitslosen in Deutschland ist länger als ein Jahr ohne Job – der Großteil dieser Gruppe sogar länger als zwei Jahre. Zum Vergleich: Im OECD-Raum liegt der Anteil der Langzeitarbeitslosigkeit bei 35 Prozent. Je länger ein Mensch ohne Arbeit ist, umso geringer sind die Chancen, dass er wieder in ein Beschäftigungs-verhältnis gelangt: Wer weniger als zwölf Monate arbeitslos ist, findet in Deutschland mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen neuen Job. Bei einem Langzeit-arbeitslosen ver-ringert sich die Wahrscheinlichkeit auf 40 Prozent.
Gesunken ist der Anteil von Löhnen, Gehältern und Sozialleistungen am Nationaleinkommen. Lag er in den frühen 1990er Jahren noch bei 67 Prozent, so steht er aktuell bei 62 Prozent. Damit einher geht eine größere Einkommensungleichheit, die sich, wie in anderen OECD-Ländern, vor allem bei Geringqualifizierten manifestiert. Für die wachsende Ungleichheit sind unter anderem die erheblich zurückgegangenen Tarifbindungen verantwortlich (von 72 auf 62 Prozent der Beschäftigten mit Tariflohnanspruch). Mini-Job-Verträge, die nachlassende Organisation von Arbeitgebern in Verbänden und der Umstand, dass Tarifverträge immer seltener automatisch auf alle Unternehmen einer Branche ausgedehnt werden, begünstigen die Erosion. Selbst Beschäftigte, die tariflich abgesichert sind, werden immer häufiger mit Ausnahmeklauseln konfrontiert, mit denen Firmen in Krisenzeiten hinter branchenüblichen Lohnerhöhungen zurückbleiben können.
Quelle 1: OECD
Quelle 2: OECD: Wie schneidet Deutschland im Vergleich ab [PDF – 158 KB]
Anmerkung WL: Die wirtschaftsnahe OECD spricht von einem „Arbeitsmarktwunder“ und behauptet natürlich, dass dies durch „strukturpolitische Maßnahmen“ ermöglicht worden sei. Was eine reine Behauptung ist, siehe dazu Viel Lärm um nichts [PDF – 272 KB]! Was allerdings kein Wunder war, das ist, dass der Lohnanteil am Nationaleinkommen gesunken ist, dass die Gewerkschaften und die Tarifverträge geschwächt worden sind und dass sich der Niedriglohnsektor und prekäre Arbeit (die in die geschönte Arbeitslosenstatistik dann nicht mehr eingeht) dramatisch zugenommen hat. Aber das ist ja für die OECD ein Erfolg.
- Die Piraten und Hartz IV – Ihr seid wahrlich systemrelevant!
Die Piraten wollen das bedingungslose Grundeinkommen. Sie sollten lieber damit aufhören, die durch Hartz IV geschaffenen Verhältnisse zu verstärken. Eine Antwort auf Johannes Ponader.
Hartz IV: Das ist in erster Linie Generalverdacht. Menschen, die in dieser Ecke des Sozialstaates enden, bekommen nicht nur das Mindestmaß an Lebenserhaltung, sondern laufen auch ständig Gefahr, es gekürzt zu bekommen, sei es wegen nicht eingehaltener Termine, zu wenig Bewerbungen oder weil sie die Stadt zu einem unpassenden Zeitpunkt verlassen haben. Die Zahl der Leistungskürzungen steigt stetig. Im Beamtendeutsch nennt sich dieser Vorgang „zielgenauere Anwendung der Regeln“…
Das ist, im Groben, „Hartz IV“, ein Begriff, den Ponader ablehnt. Er bevorzugt „Arbeitslosengeld II“ – was verwundert, denn der in 44 Fällen verurteilte Peter Hartz war als Namensgeber genau das, was die Bundesagentur für Arbeit ihren Kunden als Standard vorwirft: untreu. Es passt also bestens zusammen.
Die Regierung Schröder hat in Kooperation mit der gesetzesverschärfend agierenden CDU seinerzeit einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Das grundsätzlich negative Menschenbild des Neoliberalismus wurde als Grundannahme in die Sozialpolitik eingeführt…
Ponader möchte diesen offensichtlichen Opferstatus nicht für sich reklamieren. Er gebraucht lieber schönere Ausdrücke und besteht auf seiner persönlichen Integrität; er nennt das Kind nicht beim Namen. Damit nicht genug, steigt er auch noch mit Hilfe anderer komplett aus. Menschlich ist das durchaus nachvollziehbar. Doch für den politischen Geschäftsführer einer Partei ist das erstaunlich unpolitisch. Ein Privileg wird qua Posten genutzt, um genau dem auszuweichen, was andere über sich ergehen lassen müssen…
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: Wieder einmal ein erstaunlich kritischer Artikel in der FAZ – allerdings im Feuilleton.
- Prof. Richard Wilkinson über Ungleichheit
Richard Wilkinson ist Wirtschaftshistoriker und untersucht die Wechselwirkungen von Gesundheit und Gesellschaft. Er ist Gründer und Co-Director des Equality Trust.
Quelle: Video des Vortrags auf dem Transformationskongress auf der Website des DGB
- Erklärung der Internetfreiheit
- Wir stehen für ein freies und offenes Internet.
- Wir unterstützen transparente und partizipative Prozesse in der Gestaltung von Netzpolitik und die Etablierung von fünf grundlegenden Prinzipien:
- Meinungsfreiheit: Zensiert das Internet nicht.
- Zugang: Fördert den universellen Zugang zu schnellen und bezahlbaren Netzwerken.
- Offenheit: Erhaltet das Internet als offenes Netzwerk, wo alle Menschen frei sind sich zu vernetzen, zu kommunizieren, zu schreiben, zu lesen, zu betrachten, zu sprechen, zuzuhören, zu lernen sowie schöpferisch und innovativ tätig zu sein.
- Innovation: Beschützt die Freiheit ohne Erlaubnis innovativ und schöpferisch tätig zu sein. Neue Technologien dürfen nicht blockiert und Innovatoren nicht für die Handlungen ihrer Nutzer bestraft werden.
- Privatsphäre: Beschützt die Privatsphäre und verteidigt das Recht jedes Einzelnen, über die Nutzung seiner Daten und Geräte zu bestimmen.”
Quelle: Declaration of Internet Freedom. Internationale Organisationen der Zivilgesellschaft haben sich zusammengeschlossen, um für die Freiheit des Internets einzustehen
- Nach Acta ist vor Ceta
Acta ist erledigt. Doch das Ceta-Abkommen gleicht Acta in Teilen aufs Wort. Aktivisten lenken nun die Aufmerksamkeit darauf und auf andere heikle Pläne.
So tot, wie viele denken, ist Acta keineswegs. Der kanadische Rechtswissenschaftler und Acta-Experte Michael Geist macht darauf aufmerksam, dass Kanada seit 2009 mit der EU-Kommission über das sogenannte Comprehensive Economic and Trade Agreement (Ceta) verhandelt. Anhand kürzlich geleakter Unterlagen weist er nach, dass nach dem damaligen Stand der Verhandlungen (Februar 2012) Teile von Acta praktisch wortwörtlich in Ceta übernommen werden sollen.
Quelle: Die Zeit Online
- Profithunger
Bundesdeutsche Unternehmen sind maßgeblich an der Spekulation mit Nahrungsmittel-Rohstoffen beteiligt. Nach Angaben der Organisation Oxfam hielten sie 2011 mit 11,4 Milliarden Euro rund ein Sechstel des weltweit in diese Anlage-Klasse investierten Kapitals. Die größten Fonds bieten die Allianz und die Deutsche Bank an; zu den weiteren Akteuren am Markt zählen die Commerzbank und die Bank Sal. Oppenheim. Die Weltbank misst Finanzprodukten wie den “PowerShares” der Deutschen Bank eine Schlüsselrolle beim Lebensmittel-Preisanstieg 2007/2008 zu, der zu einer Hungersnot führte. Die Konzerne hingegen streiten einen Zusammenhang zwischen ihren Börsen-Aktivitäten und Versorgungskrisen ab und machen stattdessen “Fundamentalfaktoren” wie das Bevölkerungswachstum, den Biosprit-Boom, den Klimawandel und politische Krisen für die Teuerung verantwortlich.
Quelle: German-Foreign-Policy
- Mappus hat Kaufpreis für ENBW ohne Wertgutachten zugesagt
In der Affäre um den Kauf von EnBW durch das Land Baden-Württemberg erhebt der Rechnungshof Vorwürfe: Offenbar hat der Käufer, Ministerpräsident Stefan Mappus, sich kein Gutachten für den Kaufpreis machen lassen. Einziger Anhaltspunkt war offenbar der Buchwert.
Herr Mappus erklärt, der Buchwert der Aktie liege bei 39,90 Euro. Dies sei der Kaufpreis. Henri Proglio erklärt, er wünsche 40 Euro pro Aktie. Unterhalb des Buchwerts könne er nicht verkaufen. Herr Mappus erklärt, 40 Euro seien o.k.“ […] doch allein diese „ökonomische Rundung“ von 39,90 auf 40 Euro beträgt, auf das ganze Aktienpaket bezogen, 11,2 Millionen Euro, schreibt der Rechnungshof.
Quelle: FAZ
- Leopard-Panzer für Jakarta
Angela Merkel vereinbart bei ihrem Besuch in Jakarta überraschend eine engere Rüstungskooperation. Das stößt auf Kritik. Von Waffenlieferungen war zuvor nicht die Rede…
Zuvor hatten indonesische Medien den stellvertretenden Verteidigungsminister des Landes zitiert, wonach Indonesien bis zu 100 gebrauchte Leopard 2 Panzer aus Deutschland kaufen wolle.
Quelle: taz
- Die Wutökonomen winden sich
Offenbar haben die Ökonomen um Hans-Werner Sinn und Walter Krämer eingesehen, dass sie mit ihrem populistischen Aufruf überzogen haben, jedenfalls erscheint jetzt in der FAZ eine ausführliche Erläuterung ihrer Position.
Wer Banken schonend sanieren und abwickeln will, der braucht dazu die geeigneten Instrumente – und er braucht einen Fonds, um die marode Bank während der Sanierung oder Abwicklung zu stabilisieren. Genau so hat man es im deutschen Restrukturierungsgesetz gemacht, das inzwischen international als vorbildlich gilt. Was anderes ist eine Bankenunion – unter anderem –, als ein geordnetes Verfahren zur Sanierung maroder Banken?
Warum das alles auf europäischer Ebene? Weil die Banken längst europäisch agieren und weil die enge Verflechtung von Banken und Staaten in einer Währungsunion tödlich ist…
Wenn man wirklich glaubt, dass es in Europa nur noch darum geht, wie der eine den anderen Abzocken kann und inhaltliche Erwägungen überhaupt keine Rolle mehr spielen, dann muss man das mit dem Euro wohl wirklich bleiben lassen. Das muss man dann aber auch sagen.
Quelle: Zeit Herdentrieb
- Jetzt hat Oswald Ruh
Wieder einmal ist Oswald Metzger (57) mit einer Kandidatur gescheitert. Diesmal mit Karacho bei der CDU in Ravensburg, für die er in den Bundestag einziehen wollte. Und diesmal begreift der Wendehals sogar selbst, dass das sein politisches Ende ist.
Quelle: Kontext Wochenzeitung
- TV-Tipp: Monitor
Donnerstag, 12. Juli 2012 um 21:45 Uhr im Ersten
Die Themen der kommenden Sendung:
- Marionette: Wie die Investmentbank Morgan Stanley einen Ministerpräsidenten steuerte
- Angriff: Wie Hacker die bargeldlosen Kassensysteme im Einzelhandel knacken
- Versagen: Wie der Verfassungsschutz gegen die Polizei arbeitete
- Verelendung: Wie ganze Stadtviertel zu Ghettos verkommen
Quelle: Das Erste Monitor
Austerity: punishing the poor for the mistakes oft the rich.
- Zu guter Letzt: Eilentscheid
Quelle: Stuttman Karikaturen