Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MB/WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Ökonomen-Brief
- Heiner Flassbeck: Berlin – eingemauert
- J. Bradford DeLong – Die Irrtümer der Ökonomiepropheten
- Austerität
- EZB
- Eurokrise
- Politisierung des Libor-Skandals
- Leiharbeit in Pflegeberufen vervielfacht – Schuften unter der Niedriglohnschwelle
- Ein Drittel der Erwerbstätigen unter 35 Jahren ist prekär beschäftigt
- Wolfgang Clement übernimmt Ruder bei INSM
- Romania Unravels the Rule of Law
- CHE-Ranking unter Beschuss
- Der Mindestlohn in der Weiterbildung kommt!
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Ökonomen-Brief
- Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut
172 Wirtschaftsprofessoren wenden sich mit einem Protestaufruf an Bürger und Politik. Die Beschlüsse des jüngsten Eurogipfels erfüllten sie mit großer Sorge, schreiben die Wissenschaftler. Die Erklärung im Wortlaut.
Quelle: FAZ
Anmerkung JB: Es gibt in Deutschland (Stand 2010) 5.255 Professoren [PDF – 2.8 MB], die aktiv „Wirtschaftswissenschaften“ an deutschen Hochschulen unterrichten. Zählt man nun noch „Wirtschaftsprofessoren“ aus anderen Fachbereichen, emeritierte, im Ausland unterrichtende und in der freien Wirtschaft oder der Verwaltung tätige „Wirtschaftsprofessoren“ hinzu, sollte man locker auf eine fünfstellige Zahl kommen. Die von den Medien kolportierte Bezeichnung „deutsche Ökonomen“ ist für eine politisch motivierte Gruppe, die gerade einmal etwas mehr als 1% der „deutschen Ökonomen“ ausmacht, ziemlich verzerrend.
- “Schlimmste Stammtischökonomie”
Die Reaktionen auf den Aufruf der über 170 deutschen Ökonomen, die sich gegen eine Bankenunion wenden, fielen am Donnerstag heftig aus. Dabei mussten die von uns befragten Nichtunterzeichner keineswegs groß „angebohrt“ werden – zu entsetzt waren viele. Dabei sind fehlender Realitätsbezug und latenter Nationalismus nur zwei Vorwürfe. Inhaltlich gibt der Text sogar so wenig her, dass eine fundamentale Analyse sogar kaum möglich ist – „schlimmste Stammtischökonomie“, wie Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat, findet. Hier lesen Sie die ausführlichen Stimmen der renommiertesten Volkswirte, die sich nicht der Herde angeschlossen und der FTD Rede und Antwort gestanden haben. […]
Paul De Grauwe, Belgischer Währungsökonom, lehrt zur Zeit an der renommierten LSE in London:
Ich bin entsetzt. Dieser Aufruf ist eine Schande. Wie viele von den Unterzeichnern protestierten, als die deutsche Regierung deutsche Banken in der Finanzkrise rausgehauen hat – beziehungsweise die Geldhäuser „rekapitalisiert“ wurden? Die Gruppe dieser Ökonomen spricht nicht als Ökonomen – sie sprechen als Deutsche.
Quelle: FTD Wirtschaftswunder
- Deutsche Ökonomen im Panikmodus
[…] So steht es in einem Brief, den Hans-Werner Sinn und andere formuliert haben. Und das ist grober Unfug. Niemand fordert die Kollektivhaftung für die Bankverbindlichkeiten und diese ist auch nicht auf dem Gipfel beschlossen worden. Es geht um die Rekapitalisierung von Banken und da sprechen wir von ganz anderen Größenordnungen. […]
Was die deutschen Ökonomen hier betreiben ist Panikmache und Irreführung. Für diesen Aufruf gibt es nur einen sinnvollen Ort: Ablage P wie Papierkorb.
Quelle: ZEIT Herdentrieb
- Hans-Werner Sinn, die Euro-Krise und der Stammtisch
Einmal mehr formieren sich in Deutschland Wirtschaftswissenschaftler, um gegen die Euro-Krisenpolitik aufzubegehren. Der Aufruf von über 150 Ökonomen um den Münchner Hans-Werner Sinn ist nicht die erste Kritik an Europas Kurs. Ein Kritiker der Kritiker spricht von “Stammtisch-Ökonomie” […]
Interessant ist, dass die veröffentlichte endgültige Version des Aufrufs einige Kürzungen und Änderungen enthält, die in der am Mittwochabend durchgesickerten ersten Fassung im Internet inhaltlich bereits heftig kritisiert wurde. Ursprünglich hieß es, dass es “unmöglich” sei, Steuerzahler in die Haftung zu nehmen. Nach nochmaliger Überlegung der 160 Ökonomen scheint das nun doch möglich, jedoch nicht opportun: “Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen weden.”
Ansonsten liefert das Dokument Allgemeinplätze, die kaum Bezug nehmen auf die akuten Probleme der Euro-Zone. Etwa: “Die Sozialisierung der Schulden löst nicht dauerhaft die aktuellen Probleme.” Sie führe dazu, dass unter dem Deckmantel der Solidarität einzelne Gläubigergruppen bezuschusst und volkswirtschaftlich zentrale Investitionsentscheidungen verzerrt würden. Was in der aktuellen Lage hingegen zu tun sei, darüber schweigen die Professoren. “Das ist schlimmste Stammtisch-Ökonomie”, kritisiert Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat, den Aufruf. “Deutsche Ökonomen sind gut im Jammern – das ist in der aktuellen Lage aber absolut kontraproduktiv”, so Bofinger.
Quelle: FTD
- Heiner Flassbeck: Berlin – eingemauert
… Bezeichnenderweise ist Herrn Brüderle und allen anderen in Berlin der Zinssozialismus, den die Märkte, die Kapitalmärkte nämlich, in den ersten acht Jahren der Währungsunion praktizierten, gar nicht aufgefallen und sie haben ihn auch nicht beklagt…
Mit Beginn der Währungsunion sind die nominalen langfristigen Zinsen überall gleich geworden, weil man unterstellte, die Währungsunion werde ein Erfolg und die Inflationsraten blieben von nun an gleich. Gesunken sind die Zinsen seit Beginn der Währungsunion überall, weil die wichtigsten Zentralbanken der ganzen Welt ihre Ausleihezinsen senkten und das auf die Märkte für langfristiges Kapital durchschlug. Folglich kommt im heutigen Auseinanderlaufen der Zinsen etwas ganz anderes zum Ausdruck als eine Disziplinierung durch die Märkte. Es kommt darin zum Ausdruck, dass viele Marktteilnehmer nicht mehr glauben, dass alle Euro-Staaten ihre Anleihen in Euro zu-rückzahlen werden. Das wichtigste in einer Währungsunion, die Angleichung der Inflationsraten hat nämlich überhaupt nicht geklappt…
Deswegen haben auch die ganzen Gipfel und deren Beschlüsse zur Haushaltsdisziplinierung an den Zinsdifferenzen kaum etwas geändert. Niemand glaubt nämlich, dass die beschlossenen Maßnahmen wirken können und dass sie wirklich zielführend sind, weil das Problem der auseinander laufenden Inflationsraten ja noch gar nicht wirklich angegangen ist…
Daraus ergibt sich, dass die Verhinderung von Zinssozialismus im Brüderleschen Sinne nichts anderes bedeutet als das Ende der Währungsunion. Wer nicht für möglich hält, dass die Länder des Euroraumes wieder vollständig gleiche Zinsen haben, sagt implizit, dass er das Ende der Währungsunion kommen sieht. Damit bestätigt er die Märkte, die ja das Gleiche glauben…
Währungsunion ist Zinssozialismus! Wer den Zinssozialismus nicht mit relativ unab-hängigen Staaten und relativ unabhängiger Wirtschaftspolitik hinbekommt, weil der Ausgleich der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Regionen nicht gelingt, muss den Zinssozialismus über dauerhafte Transferzahlungen erzwingen, wie es in der deutsch-deutschen Währungsunion noch immer der Fall ist.
Quelle: WuM [PDF – 37 KB]
- J. Bradford DeLong – Die Irrtümer der Ökonomiepropheten
Manche Wirtschaftstheoretiker predigen weiter Sparen als Rettung gegen den Abschwung. Dabei müssten sie es längst besser wissen. Die Krise fördert unerwartete Zusammenhänge zutage.
Diejenigen unter uns Ökonomen, die wir tief in die Wirtschafts- und Finanzgeschichte eingetaucht sind, haben Grund, auf unsere Analysen während der vergangenen fünf Jahre stolz zu sein. Uns war klar, dass der rasche Anstieg der Häuserpreise, im Verbund mit der zunehmenden Fremdkapitalisierung, gesamtwirtschaftlich gefährlich war. Wir erkannten, dass hohe, durch Blasen bedingte Verluste bei von fremdkapitalisierten Finanzinstituten gehaltenen Vermögenswerten eine panikartige Flucht in sichere Anlagen herbeiführen würde und dass zur Verhinderung einer tiefen Depression der Staat zum Kreditgeber letzter Instanz werden müsste.
Quelle: FTD
- Austerität
- Heiner Flassbeck: Wir müssen den Kürzungs-Irrsinn beenden
Wenn die deutsche Regierung ihren Kurs nicht ändert, wird der Euro auseinanderfliegen, sagt Heiner Flassbeck, Chef-Volkswirt bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf. Sparen treibe Europa immer nur weiter in die Krise. Stattdessen müssten vor allem in Deutschland die Löhne steigen…
Der Staat, der weniger kürzt, ermöglicht Wachstum und muss sich am Ende weniger verschulden; wer nur kürzt, muss sich mehr verschulden. Das ist offenbar nicht ganz leicht zu verstehen, aber trotzdem wahr…
Niemand kann mehr mit den deutschen Unternehmen mithalten, die sich durch systematische Lohnzurückhaltung große Wettbewerbsvorteile verschafft haben. Ausgelöst wurde die dahinter stehende Schwäche der Gewerkschaften natürlich durch Hartz IV, Leiharbeit und die anderen Folterinstrumente einschließlich der Verweigerung eines vernünftigen Mindestlohns…
Auch Deutschland ist eindeutig in einer Rezession. Der hiesige Binnenmarkt ist so flach wie immer, und die Exporte sinken, vor allem weil die anderen Euroländer von Deutschland nichts mehr kaufen…
Wirklichkeitsverweigerung ist in der Politik weit verbreitet. Die saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen steigen, alle Konjunkturindikatoren weisen nach unten, und man vermittelt dem Volk den Eindruck von der brummenden Wirtschaft…
Der Fiskalpakt sieht noch rigidere Sparprogramme vor, wird also Europa in eine tiefe Rezession oder gar Depression führen – und den Euro zerstören. Das ist so, als würden sie einem Patienten den linken Daumen bandagieren und dafür das rechte Bein absägen. Am Ende ist der Patient tot.
Quelle: ver.di PUBLIK
- Amartya Sen – Austerity is undermining Europe’s grand vision
Economic policy is triggering disaffection among nations – the very thing the pioneers of unity hoped to erase […]
The so-called “rescue” packages for the troubled economies of Europe have involved insistence on draconian cuts in public services and living standards. The hardship and inequality of the process have frayed tempers in austerity-hit countries and generated resistance – and partial non-compliance – which in turn have irritated the leaders of countries offering the “rescue”. The very thing that the pioneers of European unity wanted to eliminate, namely disaffection among European nations, has been fomented by these deeply divisive policies (now reflected in such rhetoric as “lazy Greeks” or “domineering Germans,” depending on where you live).
As a result, the costs of failed economic policies extend well beyond economic lives (important as they are). There is no danger of a return to 1939, but it does not help Europe to have dogs barking, sequestered in resentment and contempt – if not hate. On the economic side, too, the policies have been seriously counterproductive, with falling incomes, high unemployment and disappearing services, without the expected curative effect of deficit reduction.
So what has gone wrong? Two issues need to be separated out: one, the counterproductive nature of the policy of austerity imposed on (or, as in Britain, chosen voluntarily by) governments; and two, a reasoned suspicion about the lack of viability of the shared euro.
Quelle: The Guardian
- EZB
- “Die EZB macht ihre Arbeit nicht”
Eine mögliche Zinssenkung der Europäischen Zentralbank ist dem belgischen Ökonom Paul de Grauwe zu wenig
An den Kapitalmärkten geht die Hoffnung um, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wieder stimulierend eingreift. Die Schwäche der Konjunktur mache eine Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte wahrscheinlich, sagt etwa Janet Henry, Europa-Ökonomin von HSBC. Jürgen Michels, Analyst bei Citigroup, geht davon aus, dass die EZB bei ihrer Zinssitzung heute, Donnerstag, wieder an der Liquiditätsschraube drehen wird. Bereits im Dezember 2011 und Februar 2012 hat sie mehr als eine Billion Euro in die Hand genommen, um europäische Banken aufzupäppeln. Der Ökonom Paul de Grauwe kritisiert im Standard-Interview, dass die EZB sich um die notwendigen Entscheidungen drückt.
Quelle: derStandard.at
- Europas Zombiebanken
Die Leitzinssenkung der EZB ist besser als nichts und bringt kaum etwas
Die Europäische Zentralbank, Hüterin der Preisstabilität in der Eurozone, hat die Leitzinsen gesenkt: von bereits niedrigen 1,0 Prozent auf rekordtiefe 0,75 Prozent – doch dieser Schritt geht ins Leere. Ökonomen erhoffen sich von einer Zinssenkung der Notenbank im Normalfall eine Stärkung der Realwirtschaft. Niedrigere Zinsen sollen die Investitionen der Unternehmen ankurbeln und Sparern nahelegen, ihr Erspartes doch lieber zu konsumieren.
Doch mit den Zinssenkungen verhält es sich wie mit dem Biergenuss. Das erste Krügerl mag den Gaumen erfreuen, das zweite die Laune heben. Aber spätestens das fünfte oder sechste ist zu viel des Guten. Eine Zinssenkung auf 0,75 Prozent wird wenige Unternehmen von Investitionsprojekten überzeugen – und wenn, dann dürfte die Qualität der Investition äußerst zweifelhaft sein, wenn sie sich nur bei einem Zins unter einem Prozent überhaupt rechnet.
Quelle: derStandard.at
Anmerkung JB: Der Fachbegriff für diese verfahrene Situation ist „Liquiditätsfalle“ – mit klassischer Geldpolitik wird die EZB in der Krise die Konjunktur nicht mehr stimulieren können.
- DGB: EZB-Zinssenkung muss durch andere Maßnahmen ergänzt werden
Die Absenkung des Zinssatzes ist ein richtiges Signal, kann aber alleine die Krise nicht lösen. Die Erfahrung zeigt, dass Banken niedrige Zinsen und bessere Konditionen nicht freiwillig an Krisenstaaten weitergeben.
IWF-Chefin Christine Lagarde hat recht: Zusätzlich zur Zinssenkung bedarf es maßgeschneiderter geldpolitischer Maßnahmen für die Krisenstaaten. Aber auch ein beschränktes neues Aufkaufprogramm für Staatsanleihen wird mittelfristig nicht ausreichen. Vielmehr muss die Staatsfinanzierung grundsätzlich aus der Abhängigkeit der Finanzmärkte befreit werden. Die Rettungsfonds EFSF und ESM müssen mit einer Banklizenz ausgestattet werden, damit sie im Notfall quasi unbegrenzt Kredite an die Staaten geben können. Dadurch sind Staatsschulden praktisch garantiert, die Lage an den Staatsanleihe-Märkten beruhigt sich.
Auch gegen die Rezession wird die Zinssenkung alleine nicht ausreichen. Als Anreiz für Investitionen genügt das nicht. Die Kürzungspolitik der letzten Jahre hat die Nachfrage in Europa einbrechen lassen. An dieser Stelle muss dringend gegengesteuert werden. Wir brauchen ein umfassendes, europäisch ausgerichtetes Investitionsprogramm. Statt einseitiger staatlicher Ausgabenkürzungen brauchen wir eine Stärkung der Einnahmeseite. Nur mit einer Stärkung der Nachfrage kann die Wirtschaft wieder auf Trab gebracht und die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft werden.
Quelle: DGB
- Bank of England wirft Druckerpresse wieder an
Die britische Zentralbank setzt im Kampf gegen die Rezession und aus Angst vor einer Ansteckung durch die Schuldenkrise in Kontinentaleuropa abermals auf die Notenpresse. Wie die Bank of England am Donnerstag nach einer Sitzung ihres geldpolitischen Rats in London mitteilte, stockt sie ihr Anleihenkaufprogramm um 50 Mrd. auf 375 Mrd. Pfund auf.
Quelle: NZZ
Anmerkung Orlando Pascheit: Nur zum Vergleich der Größenordnung: 375 Mrd. Pfund sind etwa 470 Mrd. Euro. Die EZB hat bisher Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Mitglieder im Wert von 210,5 Mrd. Euro gekauft.
- Eurokrise
- Wie viel bringen die EU-Gipfel-Beschlüsse wirklich?
Spanien, Italien, Griechenland – überall treibt die Wirtschaftskrise die Menschen auf die Straße. Auf Druck der EU werden Löhne gekürzt und Staatsausgaben reduziert. Die Sparprogramme ziehen die europäische Wirtschaft nach unten. Doch jetzt will die EU mächtig Gas geben. Ein Wachstumsprogramm von 120 Milliarden soll den Abschwung stoppen. Durchbruch oder Luftnummer? Drei Experten nehmen für PLUSMINUS das Wachstumspaket unter die Lupe: Der Wirtschaftsexperte Frederico Steinberg aus Madrid. Der Konjunkturforscher Gustav Horn aus Düsseldorf. Und EU-Experte Daniel Gros aus Brüssel.
Quelle 1: PlusMinus (Text)
Quelle 2: ARD-Mediathek
- Wolfgang Münchau: EU-Gipfel – Der Teufel steckt im Kleingedruckten
Montis Triumph, Merkels Demütigung? Von wegen! Auf dem EU-Gipfel am Freitag hat die Kanzlerin in Wahrheit keine entscheidenden Positionen preisgegeben. Was auch bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Währungsunion zerbricht, ist weiter gestiegen.
Quelle: Spiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Vielleicht lässt sich, was die EZB betrifft wie vielleicht auch die EU-Kommission, etwas Hoffnung aus der positiven Theorie der Regulierung schöpfen. Sie besagt, dass die Regulierungsbehörden letztlich keine Entscheidungen treffen, die ihren Erhalt und damit Einkommen, Macht, Reputation bedrohen. Angesichts eines drohenden Auseinderbrechens der Eurozone sollte man nicht vergessen, dass die Eigeninteressen der EZB oder der Kommission diese vielleicht über ihren eigenen Schatten springen lässt. Die EZB sich vielleicht doch noch entschließt, Staatsanleihen im Umfang von UK oder der USA zu kaufen. – Bei Gleichverhalten der Staaten stünden die Märkte dann vor einem echten (Zocker)Problem.
- Frankreich muss Kurs halten
Frankreich ist Deutschlands wichtigster Handelspartner, noch vor den USA oder China. Deshalb ist für die deutsche Wirtschaft wichtig, welchen Kurs die neue Führung in Paris in ihrer Haushaltspolitik einschlägt. Im politischen Berlin fürchten indes viele, Präsident Hollande könnte seine Wahlversprechen einlösen und den Fokus auf die Wachstumsförderung legen, anstatt Sozialabbau und Ausgabenkürzung das Wort zu reden. Hollandes Regierungschef Ayrault hat in der Steuerpolitik jetzt klare Alternativen zum Schäuble-Kurs vorgestellt: Höhere Steuern auf Vermögen, Erbschaften und Kapitalgewinne, Sondersteuern für Ölkonzerne und Banken, drei Prozent auf Dividenden – und ein Spitzensteuersatz von 75 Prozent ab einer Million Euro Jahreseinkommen. Öffentliche Aufgaben sollen in Frankreich wieder stärker von Beziehern hoher Einkommen und aus den Extraprofiten marktbeherrschender Unternehmen finanziert werden.
Quelle: DGB [PDF – 94 KB]
- Politisierung des Libor-Skandals
Der Chef von Barclays verurteilte die Zinsmanipulationen, stellte sie aber als Einzelfälle dar. Damit schien Diamond die Abgeordneten nicht recht zu überzeugen. Sie hielten ihm die lange Reihe von Skandalen und Bussen vor, die Barclays in den letzten Jahren hinnehmen musste. Der Labour-Abgeordnete John Mann fasste den Unmut der Politiker in der Feststellung zusammen, entweder sei Diamond als Verantwortlicher Komplize gewesen oder er sei nachlässig oder vollkommen inkompetent gewesen. Gleichzeitig versuchte die Bank, durch die Publikation von Dokumenten, welche die Bank of England sowie die Staatsverwaltung in die Mitverantwortung zu ziehen schienen, abzulenken. So habe der stellvertretende Gouverneur Paul Tucker im Oktober 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, Diamond angerufen. Er habe ihm erklärt, es sei in den Ministerien von Whitehall aufgefallen, dass Barclays von den 15 die Zinssätze zur Libor-Ermittlung meldenden Banken fast immer die höchsten Werte genannt habe. Diamond schickte ein Protokoll des Gesprächs an seinen engsten Mitarbeiter, den am Dienstag ebenfalls zurückgetretenen Investmentbanker Jerry del Missier. Dieser hat nach Darstellung der Bank Tuckers Bemerkung als Anordnung verstanden, tiefere Zinsen zu melden. Dass die Notenbank und die Regierung in der Finanzkrise ein Interesse an tiefen Libor haben konnten, ist nicht unplausibel, da diese ein beruhigendes Signal aussandten.
Quelle: NZZ
Anmerkung Orlans Pascheit: Für den Skandal hinter dem Skandal ist es doch nicht relevant, dass die Bank bereits vorher den Libor manipulierte. Tatsache bleibt, dass das Gespräch zwischen dem Deputy Governor der Bank of England und Diamond offensichtlich stattgefunden hat und Barclays am Tag danach einen deutlich niedrigeren Zins meldete.
dazu: Zinsmanipulation – Anwälte nehmen Deutsche Bank ins Visier
Die Deutsche Bank soll zusammen mit anderen Geldhäusern Marktzinsen manipuliert haben. Kunden fordern einen gigantischen Schadenersatz. Aber noch sei offen, wer dafür aufkommen müsste.
Quelle: Frankfurter Rundschau
- Leiharbeit in Pflegeberufen vervielfacht – Schuften unter der Niedriglohnschwelle
In Altenheimen und Krankenhäusern werden nach Zahlen der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) deutlich mehr Leiharbeiter eingesetzt als früher. Alleine von 2005 bis 2011 erhöhte sich die Zahl der verliehenen Pflegekräfte um mehr als 400 Prozent auf etwa 16.350, wie eine am Donnerstag von der Süddeutschen Zeitung (SZ) veröffentlichte Antwort der BA auf eine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann ergab.
Der Durchschnittslohn der verliehenen Pflegekräfte betrug demnach nur etwa 1600 Euro brutto im Monat. Bei zwei Dritteln der Leiharbeiter lag das Gehalt unter der bundeseinheitlichen Niedriglohnschwelle von 1802 Euro für einen Alleinstehenden pro Monat. Im Gesundheits- und Sozialwesen betrug der Durchschnittslohn Ende 2010 dagegen 2456 Euro. Zimmermann nannte die Gehaltsunterschiede bedenklich.
Quelle: taz
- Ein Drittel der Erwerbstätigen unter 35 Jahren ist prekär beschäftigt
Die Krise, so steht es zu vermuten, wird Deutschland noch einholen, wenn der Export aufgrund der Rezession und der Sparmaßnahmen in den verschuldeten Ländern weiter einbricht, wie viele befürchten. Noch aber boomt die Wirtschaft. Dennoch stellt eine Studie der IG Metall fest, dass viele jungen Menschen keinen festen Arbeitsplatz finden. Zwar ist die Arbeitslosigkeit der jungen Menschen im Vergleich zu Griechenland, Portugal oder Spanien gering, aber fast jeder Dritte der Menschen unter 35 Jahren arbeitet befristet, ist in Leiharbeit oder in einer ABM-Maßnahme, so die IG Metall.
Die IG Metall hat zum dritten Mal im Juni des Jahres eine repräsentative Umfrage unter 1000 jungen Erwerbstätigen unter 35 Jahren und 800 Personen über 35 Jahren von Infratest durchgeführt. Danach gaben noch mehr der jungen Menschen als im Jahr zuvor an, dass sie 2011 “ungewollte Einschnitte und Brüche” wie Arbeitslosigkeit, Leiharbeit oder Arbeitsplatzwechsel erlebt hatten. Prekäre Beschäftigung haben nun 32 Prozent der jungen Menschen in ihrem bisherigen Leben erfahren, 2009 waren es noch 28 Prozent. “Etwa jeder Dritte hat keinen Ausbildungsplatz in seinem Wunschberuf und jeder vierte Befragte hatte Probleme, überhaupt einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu finden. Das führt beispielsweise dazu, dass junge Menschen sich eine Tätigkeit suchen, die unter dem eigenen Qualifikationsniveau liegt”, so die IG Metall.
Quelle: Telepolis
- Wolfgang Clement übernimmt Ruder bei INSM
Die Lobby-Organisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ hat einen neuen Kuratoriumsvorsitzende. Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement übernimmt den Posten von Ex-Bundesbankchef Hans Tietmeyer.
Quelle 1: Handelsblatt
Quelle 2: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
Anmerkung MB: Bundessuperminister Clement war seit der Gründung der Lobbyorganisation schon öfter für sie aktiv. Auch für befreundete Organisationen wie Konvent für Deutschland und den Frankfurter Zukunftsrat ist bzw. war Clement tätig.
- Romania Unravels the Rule of Law
Now it’s Romania’s turn to worry those of us who care about constitutionalism, democracy and the rule of law.
A political crisis has gripped Romania as its left-leaning prime minister, Victor Ponta, slashes and burns his way through constitutional institutions in an effort to eliminate his political competition. In the last few days, Ponta and his center-left Social Liberal Union (USL) party have sacked the speakers of both chambers of parliament, fired the ombudsman, threatened the constitutional court judges with impeachment and prohibited constitutional court from reviewing acts of parliament – all with the aim of making it easier for Ponta to remove President Traian Basescu from office. They hope to accomplish that by week’s end.
Quelle: New York Times
- CHE-Ranking unter Beschuss
Die Absetzbewegung vom umstrittenen CHE-Ranking ist um einen prominenten Vertreter reicher. Aufgrund von „gravierenden methodischen Schwächen und empirischen Lücken“ will der Fachverband der Soziologen beim alljährlich inszenierten Wettstreit um Studierende und Reputation nicht länger mitmachen und rät seinen Mitgliedern zum Boykott. Der Vorstoß könnte weitere Nachahmer finden, auch bei Medizinern und Historikern ist die Skepsis groß. Beim CHE ist man alarmiert.
Quelle: Studis online
- Der Mindestlohn in der Weiterbildung kommt!
In seiner heutigen (4.7.2012) Sitzung erklärte das Bundeskabinett den Mindestlohn in der Weiterbildung für allgemeinverbindlich. Damit wurde nach langem Hin und Her endlich dem Antrag der Gewerkschaften ver.di und GEW sowie der Zweckgemeinschaft von Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung stattgegeben. Der Mindestlohntarifvertrag für das pädagogische Personal tritt zum 1. August in Kraft.
Durch die massiven Kürzungen in der nach Sozialgesetzbuch II und III geförderten Aus- und Weiterbildung wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichtet und die Gehälter derer, die ihren Job behalten konnten, drastisch abgesenkt. Nicht wenige Weiterbildungsunternehmen mussten ganz aufgeben. Um diesem Dumping-Wettlauf ein Ende zu setzen, hatten ver.di und GEW mit dem Zweckverband bereits vor fünf Jahren einen ersten Mindestlohntarifvertrag ausgehandelt und die Allgemeinverbindlicherklärung beantragt. Dies war jedoch zunächst insbesondere an ideologischen Vorbehalten seitens der Arbeitgeberverbände und der FDP-Ministerien gescheitert. Nun sollen künftig Lohnuntergrenzen von 12,60 Euro in Westdeutschland und 11,25 Euro in Ostdeutschland allgemeinverbindlich gelten.
Quelle: GEW