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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. Juli 2012 um 8:44 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Finanzsteuer trifft Riester kaum
  2. Robert Misik – Kollegen, ihr habt versagt!
  3. Eurokrise
  4. IWF-Prognose – Deutschland soll Konsum ankurbeln
  5. Griechenland
  6. Was ist für Jakob Augstein links?
  7. Riesiger Verlust für Bad Bank der HRE – Steuerzahlern drohen zehn Milliarden Euro Kosten
  8. Aus für Bundesschatzbriefe
  9. Libor-Skandal: Sturm über Londons City
  10. Sorglose Deutsche verwundern Merkel
  11. BMW kehrt Zeitarbeit den Rücken
  12. EU: Arbeitsrecht in der Krise
  13. Zwei Euro die Stunde
  14. Fahnder decken Rekordbetrug mit EU-Geldern auf
  15. Die staatliche Selbstauflösung
  16. Götz Aly: Das Gespenst der Krise
  17. “Löschmaschinen ” – Ein Vortrag zum Gedächtnis des Internets
  18. Reiche Franzosen flüchten aus Angst vor Hollande
  19. Das Allerletzte: Verraten und verkauft

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Finanzsteuer trifft Riester kaum
    Riester-Sparer müssen eine Finanztransaktionssteuer nicht fürchten. Die Steuerbelastung mache einen Bruchteil der Gebühren aus, die Anleger an Banken, Versicherungen oder Investmentfonds zahlten, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für die SPD-Bundestagsfraktion. Die Studie liegt der FR vor.
    Die FDP hat ihre Zustimmung zu der Abgabe an die Bedingung geknüpft, dass die private Altersvorsorge verschont wird. Banksparverträge sowie Wohn-Riesterverträge seien von der Finanztransaktionssteuer gar nicht betroffen, stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fest. Auch bei den Versicherungsverträgen, die auf einen Marktanteil von zwei Drittel kommen, seien die Folgen gering. Sie investieren eher langfristig. Am ehesten verteuern könnten sich Investmentfondsverträge. „Deren Anzahl ist jedoch vergleichsweise bescheiden“, betont das DIW. „Spekulanten werden getroffen, Kleinsparer nicht – das ist das eindeutige Ergebnis der Studie“, sagte SPD-Finanzexperte Carsten Sieling der Frankfurter Rundschau.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  2. Robert Misik – Kollegen, ihr habt versagt!
    […] In einem Land aber denkt man fundamental anders: in Deutschland. Normalerweise ist das in der EU-Politik ja so: Wenn von der „deutschen Position“ oder der „französischen Position“ die Rede ist, dann ist damit praktisch immer die Haltung der jeweiligen Regierung gemeint. Aber in der gegenwärtigen Eurokrise gibt es einen Schulterschluss zwischen Regierung, deutscher Öffentlichkeit, praktisch allen Medien, der so weit geht, dass sich die Opposition gar nicht mehr zu opponieren traut.
    Und wenn, wie beim jüngsten EU-Gipfel, die deutsche Kanzlerin dazu gezwungen ist, ein paar Millimeter von ihrer fundamentalistischen Position abzurücken, dann kriegt sie daheim auch noch Prügel dafür. Dann ist sie „umgefallen“, dann fragt die Mainstream-Presse panisch: „Wer soll das alles bezahlen?“
    Und, ja, das betrifft längst nicht nur bezahlte Propagandisten wie Hans-Werner Sinn oder die Schreihälse von der Bild, die mit grellen Schlagzeilen Stimmungen machen und die in Zehn-Zentimeter-Lettern brüllen: „Noch mehr Geld für Pleite-Griechen? BILD sagt nein.“ Auch der normale, der angeblich objektive und seriöse Journalismus wirkt seit Monaten wie gleichgeschaltet. Oft sind es die scheinbar unverfänglichen Nebensätze, in denen sich dieser nationale Meinungsschulterschluss am ostentativsten äußert, dieser Chauvinismus, der Europa einer Zerreißprobe aussetzt. […]
    Angesichts dieses nationalbesoffenen Wir-gegen-die-die-unser-Geld-wollen-Meinungsklimas überrascht es nicht, wenn Politiker, die gewählt – oder wiedergewählt – werden wollen, nicht vom Common Sense abweichen. Natürlich, diese Politiker haben die Entstehung dieses nationalen Konsenses erst ermöglicht, und Feigheit vor dem Wähler ist keine Tugend – aber wirklich wundern muss man sich auch nicht.
    Simple Vorurteile nachbeten. Ohne jeden ökonomischen Sachverstand die aufreizendsten Propagandafloskeln über Solididät unter die Leute bringen. Sich in berufsmäßiger Aufgeblasenheit als Durchschauer gerieren. Oder einfach auch nur: auf Nummer sicher gehen, indem man mit der Meute schreit. Das ist es, was der deutsche Journalismus in seiner großen Mehrzahl in dieser Eurokrise macht. Und wo, verdammt, ist der Tucholsky, der diesem Journalismus sein kümmerliches Geschreibsel um die Ohren haut?
    Quelle: taz

    Anmerkung JB: Chapeau, Robert! Deine Analyse trifft voll ins Schwarze.

  3. Eurokrise
    1. Kandidat für Rettungsschirm – Euro-Krise erreicht Slowenien
      Das nächste Land rückt in den Fokus der Euro-Krise: Slowenien könnte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg unter den Rettungsschirm schlüpfen. Das Land gilt wegen seiner Bankenprobleme als “Spanien Zentraleuropas”.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: Genau so wie Zypern ist auch Slowenien ein Musterbeispiel dafür, dass die Euro-Krise (mit Ausnahme Griechenlands) nur sehr wenig mit der Staatsverschuldung oder den Staatshaushalten zu tun hat. 2007 konnte Slowenien einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, 2008 betrug die Staatsschuldenquote lächerlich geringe 21,9% des BIP. Und auch heute ist Slowenien mit einer Staatsschuldenquote von 47,6% alles andere als überschuldet. Wieder einmal ist es die „Too-big-to-Fail-Idelogie“, die kerngesunde Staaten zwingt, viel zu große Banken zu retten und dafür vom Finanzsystem mit „Risikoprämien“ bei den Staatsanleihen bestraft zu werden, die ihrerseits das betreffende Land erst in eine Risikosituation bringen. Und wieder wird die Antwort der EU aus einem Austeritätsprogramm bestehen, dass aus einer Bankenkrise eine handfeste Wirtschaftskrise macht.

    2. Paul de Grauwe – Why the EU summit decisions may destabilise government bond markets
      Among the questions still remaining since last week’s summit of European leaders is whether the new measures will stabilise government bond markets. This column’s answer is ‘no’. […]
      The ESM has financial resources amounting to €500 billion. Compare this with the total government bonds outstanding of close to €2,000 billion in Italy and of about €800 billion in Spain and it is immediately evident that the ESM will be unable to stem a crisis involving one of these two countries, let alone the two countries together.
      In fact it is worse. As soon as the ESM starts intervening, it will quickly destabilise the government bond markets in these two countries. The reason is the following. […]
      At the end of the operation it will be clear for everybody that the ESM has seen its resources decline from €500 billion to €300 billion. Less will be left over to face new crises. Investors will start forecasting the moment when the ESM will run out of cash.
      They will then do what one expects from clever people. They will sell bonds now rather than later.
      Quelle: Vox
  4. IWF-Prognose – Deutschland soll Konsum ankurbeln
    Angesichts der Risiken in der Euro-Zone hat der IWF seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum für 2013 leicht zurückgenommen. Der Währungsfonds mahnt: Vielmehr muss die Binnennachfrage im Inland angekurbelt werden.
    Deutschland muss seine Wirtschaft nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) möglichst schnell aus der Abhängigkeit vom Rest der Welt befreien. Die derzeit “beachtliche” ökonomische Lage in der Bundesrepublik stütze sich zu sehr auf den Export, sagte IWF-Volkswirt Subir Lall in Washington. Der derzeit gute wirtschaftliche Ausblick könne sich deutlich eintrüben, wenn die Konjunktur außerhalb deutscher Grenzen nachlasse, Ölpreise scharf anstiegen oder sich die Eurokrise verschärfe. Es müsse jetzt mehr getan werden, um die Nachfrage im Inland anzukurbeln.
    Quelle: FTD
  5. Griechenland
    1. Exzessive Gewalt von griechischer Polizei bei Demos
      Die griechische Polizei wendet gegen Demonstranten routinemäßig exzessive Gewalt an. Dies habe sich bei den Massenprotesten gegen die Sparprogramme der Regierung gezeigt, hält die Menschenrechts- und Gefangenenhilfe-Organisation Amnesty International (AI) in einem am Dienstag in Athen vorgelegten Bericht fest. Insbesondere stört Amnesty die Straflosigkeit der fehlbaren Gesetzeshüter. Die Opfer hätten meist keine Chance, entschädigt zu werden oder Wiedergutmachung zu bekommen.
      Quelle: derStandard.at
    2. EZB macht Griechenland Hoffnung auf Erleichterung
      Nach Zugeständnissen an Spanien und Italien in der Euro-Schuldenkrise kann auch das pleitebedrohte Griechenland auf Erleichterung seines harten Sparprogramms hoffen. Die Europäische Zentralbank (EZB) signalisiert der Regierung in Athen, dass über manche Bedingung verhandelt werden könne. Von den grundsätzlichen Zielen dürfe aber nicht abgewichen werden, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen der Athener Zeitung „Kathimerini“. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte schon in der vergangenen Woche Bereitschaft gezeigt, die eine oder andere Auflage nachzuverhandeln.
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Es war kurz vor den griechischen Wahlen, als Giorgos Delastik in der griechischen Zeitung “To Ethnos” schrieb: “So etwas ist im modernen Griechenland noch nie vorgekommen. Seit mehr als 30 Jahren beschäftige ich mich mit politischen und internationalen Entwicklungen, aber eine derartige Orgie an groben öffentlichen Interventionen führender ausländischer Politiker bei griechischen Wahlen hat es nicht gegeben. Der – nach diesen Ergebnissen – objektive Anspruch der Syriza auf den ersten Platz bei den Juni-Wahlen, und zwar mit Erfolgschancen, hat die Deutschen aus der Fassung gebracht. Ihr Hauptanliegen und ihre Sorge ist nicht etwa, was Tsipras mit dem Spar-Memorandum machen wird, wenn er zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Die Deutschen wollen um jeden Preis die Bildung einer linken Regierung in Griechenland verhindern, unabhängig von der Politik, die diese verfolgen wird. Deswegen lassen sie nun jeglichen Vorwand beiseite und erpressen die Griechen ganz unverhohlen, Samaras zu wählen. Nicht einmal in seinen paranoidesten süßen Träumen hätte Antonis Samaras sich vorstellen können, dass er in seinem Wahlkampf von der … deutschen Kanzlerin, dem französischen Präsidenten, dem italienischen Ministerpräsidenten, den Brüsseler Bürokraten und dem US-Präsidenten unterstützt werden würde!”

      Angesichts der jüngsten Signale seitens der EZB und des IWF kann einem schon der Gedanke kommen, dass es auch darum ging, links zu verhindern. Denn wie wahrscheinlich war es, dass Syriza den Euro riskieren würde? Und wie wahrscheinlich war es, dass die EU dies riskieren würde? Im Nachhinein ist es aber vielleicht gar nicht so schlecht, die Syriza in die Opposition geht, denn auch sie hätte höchst unpopuläre Entscheidungen vertreten müssen. Das noch junge Parteienbündnis kann sich konsolidieren und bei den nächsten Wahlen unverbraucht dem Land endlich den frischen Wind bescheren, der perfektionierte Familien- und Clansystem.

  6. Was ist für Jakob Augstein links?
    […] Ist es links, wenn wie in Griechenland die Reichen keine Steuern bezahlen? Ist es links, wenn der Arbeitsmarkt wie in Spanien den Jugendlichen auch in guten Zeiten praktisch keine Chance gibt? Ist es links, wenn wie in Italien bis zum Regierungswechsel ein halbseidener Medienzar das Land beherrscht?
    Wenn man unter Links soziale Gerechtigkeit und einem einigermaßen funktionierenden Wohlfahrtsstaat versteht, dann ist Deutschland weit linker als die meisten Südländer. Das ist ja gerade das bemerkenswerte, dass die Krise eben nicht in erster Linie die Länder mit den hohen Staatsquoten trifft, sondern die mit den niedrigen […] Deshalb ist die konservative Interpretation dieser Krise als Krise des Sozialstaats auch so komplett falsch.
    Quelle: ZEIT Herdentrieb
  7. Riesiger Verlust für Bad Bank der HRE – Steuerzahlern drohen zehn Milliarden Euro Kosten
    In der Finanzkrise hat sich die Hypo Real Estate verhoben. Der Staat musste einspringen, riskante Papiere wurden in eine Bad Bank ausgelagert. Die präsentiert nun gigantische Verluste. Dafür aufkommen dürfte irgendwann der Steuerzahler. Der Ex-Chef der HRE meldet sich zu Wort: Eine Staatspleite Griechenlands sei damals “unvorstellbar” gewesen. […]
    Bislang ist das Portfolio an riskanten Papieren um 8,5 Prozent auf 160,7 Milliarden Euro zum Jahresende 2011 reduziert worden. Durch Zinsen und Provisionen verdiente die FMS immerhin 611 Millionen Euro. Ob das Ergebnis im laufenden Jahr besser ausfällt, hänge stark von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung ab, sagte Bluhm.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JB: Wenn sich die Rahmenbedingungen verschärfen, wovon momentan leider auszugehen ist, könnten die Altlasten von Peer Steinbrück für den Steuerzahler noch wesentlich teurer werden.

  8. Aus für Bundesschatzbriefe
    Der Bund will offenbar bei der Staatsfinanzierung nicht mehr direkt mit den Bürgern zu tun haben und gibt sein Privatkundengeschäft auf. Das geht aus einer Mitteilung der Bundesfinanzagentur auf ihren Internetseiten hervor. Schon ab dem kommenden Jahr wird es den Bürgern nicht mehr möglich sein, neue Geschäfte mit der Bundesfinanzagentur abzuschließen. Für die Bürger hieße das Abschied nehmen von einigen vertrauten Geldanlagen und Einrichtungen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JB: Diese Entscheidung ist „marktkonform“. Die Staatsverschuldung ist längst zu einem sehr lukrativen Geschäft für die Banken geworden. Da stören „Günther Schild“ und seine risikoscheuen Kleinanleger nur.

    Anmerkung unseres Lesers P.S.: Was steckt denn dahinter?
    Vor wenigen Jahren wurde die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH gegründet. Diese Gesellschaft wird jährlich mit rund 30 Mio. Euro ausgestattet und soll die Bundesschulden besser, sprich preis- oder zinsgünstiger, aufnehmen oder umschichten.
    Diese Finanzagentur ist das Bindeglied zu den so oft beschriebenen und genannten “Finanzmärkten” und sorgt dafür, dass deutsche Schulden an den Finanzmärkten platziert werden. Diese Aufgabe wurde zuvor immer vom Bundesfinanzministerium bzw. der Bundesschuldenverwaltung wahrgenommen.
    Deutschland war bis vor wenigen Jahren dadurch gekennzeichnet, dass die deutschen Schulden (zu einem beachtlichen Anteil) von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland gehalten wurden und Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Staaten – gar keine Auslandsverschuldung kannte.
    Daher ist diese kleine Meldung einmal mehr ein kleiner Mosaikstein in der Auslieferung “des Staates” an den Finanzmarkt.

  9. Libor-Skandal: Sturm über Londons City
    Im Januar 2011 hatte der damals frisch gewählte CEO der britischen Grossbank Barclays, Bob Diamond, in einer Anhörung über die Banken den erregten Mitgliedern des Finanzausschusses im Unterhaus in aller Ruhe erklärt, die Zeit der Gewissensbisse sei vorbei, man solle endlich mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Doch Diamond hatte sich offensichtlich getäuscht. Diamond hatte seit der Publikation der Untersuchungsberichte und der Bussen von 450 Mio. $ von drei Aufsichtsbehörden in den USA und in London am vergangenen Mittwoch stets versucht, den Schaden des Skandals um die systematischen Manipulationen der Referenzzinssätze Libor und Euribor von seiner Person fernzuhalten. Er sprach stets nur vom Fehlverhalten «einiger Leute» und hielt die angeblich starke Kultur der Bank hoch. Mit der Ankündigung, in diesem Jahr auf seinen Bonus zu verzichten, hoffte er davonzukommen. Doch in der Londoner City sowie im benachbarten Westminster wird der Libor-Skandal, der weltweit bis zu zwanzig weitere Banken betreffen könnte, nicht als begrenztes Problem einiger Bankangestellter gesehen, sondern als Sturm, der die Integrität des Finanzzentrums in den Grundfesten erschüttert. Der uneinsichtige CEO musste offenbar vom Gouverneur der Bank of England, Mervyn King, sowie vom Vorsitzenden der Finanzaufsicht FSA, Adair Turner, zum Rücktritt gedrängt werden. Der konservative Schatzkanzler Osborne lobte den Schritt sogleich als richtig. Der reich entlöhnte Amerikaner Diamond war einmal vom damaligen Labour-Wirtschaftsminister Peter Mandelson als das inakzeptable Gesicht des Kapitalisms getadelt worden. Trotzdem beförderte ihn die Bank im Herbst 2010 zum CEO. Der Schritt darf als Zeichen der damaligen Zuversicht interpretiert werden, dass die Finanzkrise vorbei und das kaum veränderte Investment Banking zu alter Blüte kommen werde. Davon kann heute keine Rede mehr sein.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: In der Tat ist eine Manipulation dieses wichtigsten Zinsindexes der Welt für kurzfristige Zinssätze bei Krediten zwischen den Banken ohne eine Absprache zwischen den Banken nicht möglich. An den Libor sind sehr viele Finanzgeschäfte gebunden, von Hypothekendarlehen bis zu komplexen Finanzprodukten. Selbst einige Zentralbanken steuern ihre Geldpolitik durch ein Libor-Zwischenziel. Die NachDenkSeiten haben seit Aufkommen des Manipulationsverdachts berichtet.
    Wenn jetzt eine Bank überführt wurde, so müssen praktisch zwangsläufig andere Banken beteiligt sein. Leider erfahren wir über die Ermittlungen gegen andere Banken in Europa und den USA, darunter auch gegen die Royal Bank of Scotland, die Deutschen Bank, UBS und die Citigroup, sehr wenig. Ärgerlich ist, dass es praktisch immer nur Entschädigungszahlungen wenn auch in Milliardenhöhe bleibt, aber z.B. Schwarzfahrer mit einem Strafverfahren rechnen können.

  10. Sorglose Deutsche verwundern Merkel
    Finanzkrise, taumelnde EU-Länder und ein bröckelnder Euro? Für viele Deutsche offenbar kein Grund zur Sorge. Für Kanzlerin Merkel dagegen schon – umso mehr überrascht sie der Optimismus ihrer Landsleute. Für diesen sieht die CDU-Chefin kaum zwingende Gründe. […]
    Diesen Optimismus ihrer Landsleute kann Merkel offenbar nur bedingt nachvollziehen. Es herrsche die Haltung vor, dass Deutschland auf einem guten Niveau lebe und das schon irgendwie erhalten werde. “Das hat mich verwundert.”
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JK: Das passt. Merkel folgt exakt der neoliberalen Strategie. Nur mit der Verkündigung des permanenten Notstandes kann die neoliberale Agenda ohne Widerstand durchgesetzt werden. Ärgerlich wenn das dumme Volk wieder einmal nicht so richtig mitspielen will, da muss schnell Furcht verbreitet werden.

  11. BMW kehrt Zeitarbeit den Rücken
    Radikale Wende beim Vorkämpfer für mehr Leiharbeit: Der Münchner Autobauer BMW halbiert die Zahl der Zeitarbeiter – und jagt die Flexibilisierung der Produktion zugleich auf ein Rekordniveau
    BMW will das Thema nun aus der Welt schaffen. Nach monatelangem Ringen zwischen Konzernbetriebsrat und Management liegt ein unterschriftsreifer Kompromiss vor, der eine Kehrtwende in der bisherigen Personalpolitik bedeutet: Der Autobauer will die Zahl seiner Zeitarbeiter von derzeit rund 12.000 halbieren und gleichzeitig Tausende fest einstellen, viele davon aus dem Kreis der Zeitarbeiter. Dadurch fiele der Anteil der Leiharbeiter von derzeit 17 auf 8 bis 10 Prozent. Das Konzept hat der Gesamtbetriebsrat in monatelangen Beratungen mit dem BMW-Management erstellt. Der Vorstand muss das Konzept noch absegnen. “Die Verhandlungen über die neue Betriebsvereinbarung sind noch nicht abgeschlossen, aber sehr weit fortgeschritten”, heißt es aus dem Unternehmen. “Eine Einigung in den kommenden Wochen ist sehr wahrscheinlich.” Der Schritt des bayrischen Autobauers kann das Unternehmen, die PS-Branche sowie das Geschäft mit der Leiharbeit tief greifend verändern. In jedem Fall wäre mit der anstehenden Vereinbarung der interne Dauerstreit, der sogar zu Auseinandersetzungen vor Gericht führte, beendet. Auf einer Betriebsversammlung in München am 18. Juli sollen die Mitarbeiter über das neue Personalmodell informiert werden…
    Quelle: Wirtschaftswoche
  12. EU: Arbeitsrecht in der Krise
    Ein Working Paper des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI) vom April 2012 gibt erstmals einen umfassenden Überblick über Arbeitsrechtsreformen in Krisenzeiten. Wenig überraschend: es findet ein massiver Rückbau von ArbeitnehmerInnenrechten statt.
    ArbeitnehmerInnenrechte werden massiv rückgebaut, einer weiteren Prekarisierung und Atypisierung von Beschäftigungsverhältnissen Vorschub geleistet. Quer durch Europa wird versucht, über eine Dezentralisierung von Verhandlungsprozessen bzw. eine Verbetrieblichung von Arbeitsbeziehungen gewerkschaftliche Mitbestimmungsrechte und Kernkompetenzen entscheidend zu beschneiden. Demokratische Grundsätze werden bei Arbeitsrechtsreformen vielfach umgangen, „Rettungsmaßnahmen“ zum Abbau sozialer Rechte genutzt. Die Krise wird gerne als Vorwand für „Reformen“ vorgeschoben, die tatsächlich in keinerlei Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise stehen und unter anderen ökonomischen Voraussetzungen nicht durchsetzbar gewesen wären.
    Quelle: Belvederegasse
  13. Zwei Euro die Stunde
    EU-Kommission will neue Regeln für Saisonarbeiter und die Versetzung von Mitarbeitern aus Nicht-EU-Ländern. Gewerkschaft fürchtet noch mehr Lohndumping
    Wer darf in die Europäische Union zum Arbeiten kommen und zu welchen Bedingungen? Zu dieser Frage erarbeitet die EU-Kommission derzeit eine Richtlinie, in der einheitliche Regeln festgelegt werden. Am Montag letzter Woche befaßten sich der Innenausschuß des Bundestags und der Ausschuß für Arbeit und Soziales in einer gemeinsamen Anhörung mit dem Thema. Von gewerkschaftlicher Seite kam Kritik am Entwurf der Richtlinie. Die werde zu mehr Lohndumping führen und den Einsatz von schlecht bezahlten ausländischen Arbeitern ausweiten. Juristisch will die EU-Kommission zwei verschiedene Beschäftigungsfelder abdecken. Zum einen bereitet sie eine Regelung für Konzerne vor, welche die grenzüberschreitende Versetzung von Mitarbeitern aus Nicht-EU-Ländern regelt. Zum zweiten schlägt Brüssel eine neue Saisonarbeitsrichtlinie vor.
    Quelle: Junge Welt
  14. Fahnder decken Rekordbetrug mit EU-Geldern auf
    Plastiktüten, Biodiesel, Zigaretten, selbst Straßen bieten Betrügern die Möglichkeit, sich beim EU-Haushalt zu bedienen. Für den Straßenbau in Süditalien wollten Betrüger gar die Rekordsumme von knapp 400 Millionen Euro abzweigen.
    Quelle 1: FAZ
    Quelle 2: Jahresbericht des OLAF für 2011 – Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung
  15. Die staatliche Selbstauflösung
    Die ÖPP Deutschland AG gehört mehrheitlich dem Staat und berät Kommunen bei Teilprivatisierung. An der Unabhängigkeit der Gesellschaft zweifeln einige Parlamentarier.
    „Lösen Sie die PPP-Werbeagentur Partnerschaften Deutschland AG ersatzlos auf“, fordert der Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Gemeinsam mit Attac und Ver.di übermittelte „Gemeingut“ vergangene Woche Wolfgang Schäuble eine Unterschriftensammlung
    Auch die Parlamentarier des Bundestags zeigen sich zunehmend alarmiert über diese „ÖPP Deutschland AG“, eine Beratungsgesellschaft des Bundes. Konzipiert allerdings haben sie Lobbyisten der Finanzwirtschaft. Fleißig mitgewirkt haben auch Berater und die britische Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer.
    Quelle: taz
  16. Götz Aly: Das Gespenst der Krise
    Es sind die sozialen Wohltaten, aus denen die Schulden der europäischen Staaten hauptsächlich rühren.
    Zuerst nannte man die Euro-Krise eine Banken-Krise. Dann redete man sich ein, irgendwelche Finanzgespenster wollten den Kontinent ins Unglück stürzen. Mittlerweile heißt das Problem etwas genauer Staatsschuldenkrise. Allerdings wird auch mit dieser Formel die Antwort auf die Frage vermieden, woher die dramatisch überhöhten Schulden kommen. Politiker türmten sie nicht auf, um Bankern und Kapitalisten das Maul zu stopfen, sondern um Millionen einfachen Leuten das Leben zu versüßen, um ihnen die Härten der Anpassung zu ersparen, die ein global gewordener Wettbewerb erfordern würde. Es sind die sozialen Wohltaten, aus denen die Schulden hauptsächlich rühren, längst nicht mehr Militärausgaben oder Wirtschaftssubventionen.
    Quelle: FR

    Anmerkung unseres Lesers S.H.: So lupenrein neoliberal mag wohl nicht einmal mehr die FDP daher kommen. Aber Vorsicht – das ist nicht nur ideologische Verbohrtheit oder Zynismus. Vielmehr klinkt sich Aly in die Kampagne zum Rückbau des Sozialstaates ein. Damit dies “einleuchtet”, müssen die Opfer – hier die sozial Bedürftigen – zu Schuldigen umdefiniert werden. Das ist ja nicht neu, gerade in Deutschland. Sollte ein Historiker eigentlich wissen. Aly handelt also nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich.

    Ergänzende Anmerkung WL: Götz Aly gehört zu den Vertretern meiner Generation, die nicht radikal genug von links unten gestartet sind und dann als Zyniker bei den Rechtsliberalen gelandet sind.
    Das zeigte sich nicht zuletzt darin, dass er die 68er-Studentenbewegung mit der NS-(Jugend-)Bewegung gleichsetzte und damit auf die Totalitarismus-Ideologie (rot = braun) einschwenkte. (Hinweis Ziffer 14). Der ehemals Linke ist zu einem fanatischen Sozialstaatsgegner geworden, der selbst die FDP noch rechts überholt.

  17. “Löschmaschinen ” – Ein Vortrag zum Gedächtnis des Internets
    Wir alle hinterlassen eine Datenspur ins Netz, ob wir das wollen oder nicht. Das Ausmaß, in dem bereits jetzt unsere Verbraucherdaten abgefragt und weiter gegeben werden, sind verblüffend. Längst geht es bei den sozialen Netzwerken nicht mehr um Freundschaft, sondern um die Ressource Aufmerksamkeit und um einen riesigen Werbemarkt. Die neue Währung heißt: Daten.
    Quelle: Deutschlandfunk Kulturfragen
  18. Reiche Franzosen flüchten aus Angst vor Hollande
    Aus Angst um ihr Geld fliehen immer mehr Franzosen in die britische Hauptstadt. Sie fürchten das feindliche Klima in Frankreich – und die Briten rollen ihnen den roten Teppich aus. […]
    Die Nachfrage nach Luxusimmobilien von Franzosen stieg um 30 Prozent, seit Hollande die Reichensteuer ankündigte”, sagt Knight-Frank-Analyst Grainne Gilmore.
    Großbritanniens Premierminister David Cameron hat die Chance erkannt, die sich seiner Wirtschaft bietet. Er rolle französischen Konzern “den roten Teppich aus”, wenn sie vor Hollandes Steuerregime flüchten wollten, sagte er vor zwei Wochen. Der Kommentar kam in Frankreich gar nicht gut an…
    Zwar führte Camerons Vorgänger Gordon Brown einen Spitzensteuersatz von 50 Prozent ein. Den will Cameron jedoch im kommenden Jahr auf 45 Prozent senken. Später soll er auf 40 Prozent fallen. Hollande dagegen plant eine Erhöhung von 43 auf 45 Prozent für Einkommen ab 150.000 Euro.
    Quelle: Die Welt

    Anmerkung unseres Lesers U.B.: Ein wunderbares Beispiel für Propaganda der WELT. Ein Artikel, der aber (unbeabsichtigt) zugleich sehr schön die asozial egoistische Mentalität der reichen bürgerlichen Oberschicht veranschaulicht. Wie aus dem soziologischen Lehrbuch. Die netten Sonntagsreden über bürgerliche Tugenden und Engagement für das Gemeinwesen sind eben nur Gequatsche. Das hier ist die Realität! Und wie heißt es doch so schön in der Bibel?: “An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.”

  19. Das Allerletzte: Verraten und verkauft
    Mitten in der Krise haben linke Politiker Deutschland erpressbar gemacht. Der SPD scheinen französische Interessen wichtiger zu sein als die der deutschen Steuerzahler.
    Quelle: The European

    Anmerkung JB: Selten so viel Unfug in einem einzigen Artikel gelesen. Der Autor, Jens Spahn, ist übrigens gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag.


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