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Titel: Notheisens „Mutti“ wird geschont – wieder einmal die typische Asymmetrie beim Umgang der Medien mit den politischen Akteuren

Datum: 25. Juni 2012 um 18:11 Uhr
Rubrik: CDU/CSU, Lobbyismus und politische Korruption, Privatisierung
Verantwortlich:

Dirk Notheis, seit heute „Auszeit“-Chef von Morgan Stanley Deutschland, war 2005 Wahlkampfhelfer und Spendensammler der CDU-Vorsitzenden Merkel und ihres Gehilfen Kauder. Das hat sich für ihn und seine Firma Morgan Stanley gelohnt. Sie waren beteiligt am Börsengang der Postbank, bei der Verstaatlichung der HRE und einer Reihe anderer Geschäfte mit der öffentlichen Hand, auch beim Versuch der Privatisierung der Deutschen Bahn AG. Jetzt wird am Beispiel des Rückkaufs der EnBW-Anteile durch den damaligen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Mappus sichtbar, wie selbstherrlich Investmentbanker und CDU-Politiker miteinander und mit öffentlichem Geld umgehen – siehe angehängte Kurzdokumentation. Auch die Verfügbarkeit der Bundeskanzlerin wird im SMS-Verkehr zwischen Notheis und Mappus sichtbar. Aber die enge Verflechtung von Merkel und Kauder mit dem Zirkel um Mappus und Notheis und die dabei sichtbare politische Korruption ist jetzt kein großes Thema. Gegenstand von Recherchen der Medien ist die Vernetzung offensichtlich nicht. Von Albrecht Müller

Angela Merkel wird geschont und auf Händen getragen. Der kritiklose Umgang mit Merkel hat jetzt sogar bei Spiegel online zu einer kritischen Betrachtung des Verhaltens der Medien, beispielhaft bei ARD und ZDF, geführt.

Siehe hier:

22. Juni 2012, 12:57 Uhr
S.P.O.N. – Der Kritiker
Staatsfernsehen mit Merkel und Löw
Eine Kolumne von Georg Diez

Usedom ist überall: Nicht nur bei der Fußball-WM, auch in ihren Nachrichtensendungen haben sich ARD und ZDF von jeglicher Analyse verabschiedet. Eine Mischung aus schwülstigem Populismus und Anbiederung führt zu kritikloser Berichterstattung.
(…)
Quelle: SPIEGEL Online

Der Kritiker Diez hätte statt ARD und ZDF auch SpiegelOnline und die meisten anderen deutschen Medien nehmen können. Merkel wird in unerträglicher Weise hochgelobt – auf der ersten Seite meiner Sonntagszeitung zum Beispiel gleich mit acht Fotos von Merkels Freudensprüngen beim Fußball, kombiniert mit der Bild-Unterschrift, dass Merkel nicht nur dem Fußball eng verbunden ist, sondern auch in der Finanz-und Schuldenkrise alles richtig macht.

Ich mache darauf aufmerksam, weil uns diese Art von unkritischer PR-Arbeit bis zum Wahltag im Jahre 2013 begleiten wird, schon jetzt absehbar mit einem Riesenerfolg für Merkel und damit dem Beleg dafür, dass es auch für die schlechtesten politischen Entscheidungen und dicke politische Korruption keine Sanktionen mehr gibt.

Wer – wie z.B. Colin Crouch – angesichts dieser Verhältnisse von demokratischen Verhältnissen redet oder schreibt, sollte sich eine Brille kaufen. (Zu Crouch später mehr)

Kurz-Doku einschlägiger Artikel zu Notheis und Mappus:

  1. Hinweis Nr. 11 vom 25.6.2012:
    Mappus, die Bankermarionette
    Beim Kauf der EnBW-Aktien gab der Investmentbanker Notheis den Takt vor, der Exministerpräsident ließ sich dirigieren. Nun soll die Bankenaufsicht den Fall prüfen
    Quelle: taz
  2. Dazu: CDU-Spitze entsetzt über Mappus’ Vorgehen
    “Man kann das niemandem mehr erklären”: Baden-Württembergs CDU distanziert sich von ihrem ehemaligen Partei- und Regierungschef Stefan Mappus. In der EnBW-Affäre habe Mappus den Interessen der Banken gehorcht, sagt CDU-Landesgruppenchef Strobl.
    (…) Landeschef Thomas Strobl sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: “Man kann das niemandem mehr erklären.” Der Bundestagsabgeordnete zeigte sich entsetzt darüber, dass sich Mappus vom Investmentbanker Dirk Notheis habe steuern lassen.
    (…) Grün-Rot wirft Mappus vor, er habe mit 4,7 Milliarden Euro viel zu viel für die 45 Prozent an dem Energieversorger gezahlt. Strobl zeigte sich überzeugt, dass das Vorgehen von Mappus ein Einzelfall gewesen sei: “In den Jahrzehnten, in denen ich politisch tätig bin, kann ich mich an so etwas nicht erinnern.” Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Gregor Gysi, bestritt, dass es sich um einen Einzelfall handele. “Die großen Banken und Konzerne bestimmen immer mehr die Politik der Bundesregierung.” Im Fall Mappus und EnBW sei das auf die Spitze getrieben worden.
    Quelle: SZ
  3. 25. Juni 2012, 15:13 Uhr
    EnBW-Affäre
    Mappus-Vertrauter Notheis nimmt Auszeit bei Morgan Stanley

    Dirk Notheis, Deutschland-Chef von Morgan Stanley, zieht sich aus der Geschäftsführung zurück. Er stand wegen seiner Rolle beim Kauf der EnBW-Anteile durch das Land Baden-Württemberg in der Kritik. Vor allem seine Nähe zum ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus galt als problematisch.
    (…)
    Quelle: SPIEGEL Online
  4. Stefan Mappus und Dirk Notheis
    Verhängnisvolle Männerfreundschaft

    “Stefan Mappus ist jemand, der sehr klar denkt und kommuniziert.” Diese Eigenschaft schätzt Dirk Notheis am früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten. Die beiden Männer verbindet eine langjährige Freundschaft. Der Konservatismus hat sie zusammengeschweißt.
    (…)
    Notheis ist als einer der führenden Investmentbanker bestens vernetzt. Für Angela Merkels Wahlkampf 2005 lässt er sich beurlauben und sammelt Wahlkampfspenden. Wohl zum Dank kümmert er sich später um die Börsengänge von Postbank, Fraport und Air Berlin. In der Finanzkrise wird er einer der engsten Berater der Bundeskanzlerin.
    (…)
    Quelle: SWR
  5. EnBW: Ein Banker ließ Politpuppen tanzen
    22.06.2012 | 18:34 | KARL GAULHOFER (Die Presse)
    Peinliche E-Mails sind Zündstoff im Skandal um die Rückverstaatlichung des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg.

    (…)
    Ein „mehr als üppiger“ Preis
    Sie gewähren Einblicke in die professionelle Abwicklung eines umstrittenen M&A-Geschäfts. So eine Verstaatlichung ist ja „nicht ganz einfach für Ordoliberale“. Also musste ein Ökonom her, „der das Ganze gut findet. Es sollte jemand sein, der dir einen Gefallen schuldet“. Auch wichtig: zur Mitarbeiterversammlung „freundliche Journalisten mitnehmen“, die ihre Fragen vorher abliefern. Die passenden Scherzchen als Antwort wurden von der Investmentbank vorgeschrieben. Und nicht vergessen: ein Medienberater. „Er wird den richtigen Spin bei ,FAZ‘, ,Handelsblatt‘, ,FTD‘ erzeugen und dich aufs Titelblatt bringen.“
    Quelle: diepresse.com


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