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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 6. Juni 2012 um 16:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Robert von Heusinger: Schimpfe für den Musterknaben Deutschland
  2. Gustav A. Horn: Einmal Krise nach Hausfrauenart, bitte!
  3. Exporte nach Südeuropa brechen ein
  4. Jedes Gerücht kann einen Banken-Run auslösen
  5. Gefährliche Geldhüter
  6. Die baltischen Staaten und Irland sind kein Modell für Italien und Spanien
  7. Verfassungsrichterin lacht sich kaputt
  8. Im Schlaraffenland
  9. „Klassischer FDP-Lobbyismus“
  10. Tarifliche Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz
  11. Schlecker: Zahlen, die Fragen aufwerfen
  12. Drohnen – Die dunkle Bedrohnung
  13. Nochmals: Gauck warnt vor Planwirtschaft bei Energiewende
  14. Warum die SPD daran scheitert, die Wähler der Linken zu gewinnen
  15. Ausgebeutete Doktoranden
  16. Zum Nachschauen: Neues aus der Anstalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Robert von Heusinger: Schimpfe für den Musterknaben Deutschland
    Die deutsche Seite verhindert bislang jede vernünftige kurzfristige Rettung und erhöht damit das Risiko des Zusammenbruchs der Eurozone. Inzwischen droht sich die Weltwirtschaft, drohen sich alle international tätigen Banken am Eurokrisen-Virus anzustecken. Das treibt die Regierungschefs um.
    Sie fragen sich, warum Euroland die Krise eskalieren lässt, Millionen Arbeitslose in Kauf nimmt, statt der Europäischen Zentralbank zu erlauben, Geld zu drucken – so wie es alle Notenbanken während schwerer Bankenkrisen auch tun. Stattdessen verlangt Deutschland, dass Spanien unter den Schirm schlüpft und damit unter Kuratel gestellt wird. Was nur wieder die Frage nach der angemessenen Größe des Schirms aufwerfen wird. Was todsicher Italien in die gleiche missliche Lage wie Spanien bringen wird. So endet die Krise nie! Wie viel Bashing braucht es, bis Kanzlerin Merkel das versteht?
    Quelle: FR
  2. Gustav A. Horn: Einmal Krise nach Hausfrauenart, bitte!
    Die schwäbische Hausfrau gilt als Ideal der Wirtschaftspolitik: sparsam und vorsichtig. Doch gerade weil sich diese Mentalität bei den Verbrauchern überall in Europa durchgesetzt hat, steckt der Kontinent in der Krise. Was für den Einzelnen vernünftig ist, führt kollektiv in die Sackgasse…
    Der grundlegende Fehler besteht darin, dass auch die Wirtschaftspolitik glaubt, mit der Logik eines Familienbudgets die Krise bekämpfen zu können. Genau deshalb droht der Zusammenbruch des Euro-Raums. Was jetzt nottut, sind Maßnahmen, die das Vertrauen in die Zukunft des Euro-Raums wiederherstellen. Für Wachstumsimpulse und ebenso gut gemeinte Marshallpläne ist es nunmehr leider zu spät. Zu lange hat man dem Zerfall seinen Lauf gelassen, um dadurch noch irgendwelche nennenswerten Effekte erzeugen zu können.
    Quelle: Spiegel Debattenbeitrag
  3. Exporte nach Südeuropa brechen ein
    Die Exporte nach Italien verringerten sich demnach um 7,6 Prozent auf rund 15 Milliarden Euro. Die Ausfuhren nach Spanien seien um 7,8 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro zurückgegangen, die nach Portugal um 14 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Die Exporte nach Griechenland erreichten laut Statistik mit 1,2 Milliarden Euro einen Wert um 9,8 Prozent unter dem des Vorjahresquartals.
    Insgesamt seien die Ausfuhren in die Euro-Länder aber noch leicht um 0,9 Prozent auf 107,4 Milliarden Euro gestiegen. Die Lieferungen in die 26 EU-Staaten hätten um 2,2 Prozent auf 161,2 Milliarden Euro zugelegt.
    Deutlich besser liefen die Geschäfte dem Bundesamt zufolge in Staaten außerhalb der Europäischen Union. Die Exporte in Nicht-EU-Länder nahmen demnach um rund elf Prozent zu und erreichten einen Wert von knapp 115 Milliarden Euro. Wichtigster Handelspartner seien dabei die USA gewesen: Dorthin hätten deutsche Betriebe Waren im Wert von 21,4 Milliarden Euro geliefert, ein Plus um mehr als ein Fünftel.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Bei den Erfolgsmeldungen über die Steigerung der Ausfuhren sollte man immer hinzudenken, dass derjenige, der weniger verbraucht als er produziert „unter seinen Verhältnissen“ lebt. Auch wenn die Exporte nach Südeuropa angesichts des mit dem Austeritätskurs zwingend verbundenen Verlusts an Kaufkraft in diesen Ländern einbrechen, besteht zu diesen Ländern nach wie vor ein Exportüberschuss, d.h. Deutschland verteidigt seine Exportüberschüsse und zwingt als Gläubiger gleichzeitig den Schuldnerländern harte Restriktionen auf. Die Frage wie diese Länder die Schulden bei dennoch zunehmenden Defiziten zurückzahlen sollen, wird gar nicht erst gestellt.
    Nicht nur in Europa sondern auch global können chronische Defizitländer Auslandsschulden auf Dauer nicht verkraften und werden früher oder später zum Objekt der Spekulanten.
    Im Übrigen sind ja auch die Absatzhoffnungen in die „Schwellenstaaten“ mehr und mehr Luftbuchungen, denn auch China, Indien oder Brasilien sind vom globalen Abschwung erfasst.
    Im Übrigen, wenn ein Land in einer Währungsunion seine Weltmarktposition gegenüber den Währungspartnern ausbaut, dann heißt das immer auch, dass dies auf Kosten des Exports dieser Partner geht. Man konkurriert also nicht nur die Währungspartner aus, sondern nimmt ihnen auch noch Exportchancen und schwächt damit deren Wachstum zusätzlich.
    Wir haben eine geradezu paradoxe Situation: aufgrund der Euro-Krise sinkt der Wert des Euros gegenüber der „Weltwährung“ Dollar. Deutschland verbessert damit sogar noch seine preisliche Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig seine Exportchancen auf dem Weltmarkt.
    In jedem Falle baut Deutschland durch die Exportüberschüsse seine Gläubigerposition gegenüber der gesamten Welt aus, was aber die steigenden Forderungen gegenüber den Schuldnerländern Wert sind, wenn auch die Weltkonjunktur einbrechen sollte, das können wir derzeit mit der Euro-Krise erleben.

    Dazu passt: Spanien: Industrieproduktion mit -8,2%
    Ein weiteres Mal bestätigt sich die Sicht, dass die gewählte Strategie der undifferenzierten Austerität zur Behebung der Krise in der Eurozone, die Krise maximal zuspitzt. Wie bei Querschuesse seit langem herausgearbeitet, die Austerität führt eben nicht dazu, dass die Schuldentragfähigkeit steigt, sondern sie sinkt weiter, denn Einkommen, Konsum, Investitionen und Wertschöpfung schrumpfen Hand in Hand und dies maximiert die volkswirtschaftlichen Schäden und dies generiert auch in den aufgeblasenen Bilanzen der spanischen Banken Kreditausfälle ohne Ende. Die heutigen Daten zur Industrieproduktion vom spanischen Statistikamt INE, verdeutlichen erneut wie mit einer organisierten Kontraktion der Einkommen im Zuge undifferenzierter Sparmaßnahmen (Abwertung nach innen) der Konsum schrumpft und zwangsläufig auch die Produktion und damit mündet die Austerität in der Sackgasse weiter sinkender Leistungskraft und treibt die vor allem binnenorientierte spanische Industrie, den Mittelstand und die Einzelhändler in einem Griechenland-Style in Richtung Ruin! Laut INE sank im April 2012 der Output der Industrieproduktion (Bergbau, Energieversorgung und Verarbeitendes Gewerbe) -8,2% zum Vorjahresmonat bei den unbereinigten Daten und dies markiert den schwächsten Output in einem April, seit April 1993!
    Quelle: Querschüsse

  4. Jedes Gerücht kann einen Banken-Run auslösen
    Europa ist bei der Suche nach dem Ausweg aus der Krise falsch abgebogen, Wirtschaftshistoriker Weber sieht düstere Zeiten dräuen
    Griechenland schlittert immer tiefer in die Krise, Spanien folgt mit einem ausgewachsenen Bankendrama auf dem Fuß. Die Bürger und Bürgerinnen des Landes bringen vermehrt ihr Geld in Sicherheit, Europa fürchtet sich vor einem Banken-Run. Der Wirtschaftshistoriker Fritz Weber erklärt im Gespräch mit derStandard.at, was eigentlich so schlimm daran ist, wenn die Schlangen vor den Banken immer länger werden, welche historischen Erfahrungen Österreich damit hat und wo die Gefahren der derzeitigen Krisenpolitik Europas für den Kontinent liegen.
    […]
    derStandard.at: Gibt es noch andere Parallelen zwischen der Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit und der jetzigen Krise seit dem Untergang von Lehman Brothers?
    Weber: Es gibt mehr Parallelen, als uns lieb sein sollte. Natürlich sind die Ökonomien in Deutschland oder Österreich heutzutage viel stabiler als damals. Aber das kann sich rasch ändern. Wenn ich mir anschaue, welche Ratschläge den Griechen, Portugiesen oder Spaniern gegeben wurden, dann erinnert das sehr stark an das, was Österreich in den 1930er Jahren nach dem Krach der Creditanstalt erlebt hat.
    Die Gläubiger des Staates und der Völkerbund haben ein einziges Rezept gehabt: Sparen, sparen, sparen. Ein solcher rigider Sparkurs hat die Tendenz, sich immer mehr zu verstärken. Wenn der Staat und die Privaten sparen, sinken die Staatseinnahmen erneut, und der Staat muss noch mehr sparen. Damit ein Sparkurs funktioniert, müssten die Steuereinnahmen steigen. Aber das funktioniert nur, wenn sich die Wirtschaft belebt. Und das kann sie nicht, wenn immer weiter gespart wird. Das ist der Teufelskreis, in den man die Griechen hineingeschickt hat, ohne zu überlegen, was man damit anstellt.
    […]
    derStandard.at: Europa nimmt mit seinem derzeitigen Kurs also verstärkt soziale Unruhen in Kauf?
    Weber: Ich habe sogar den Eindruck, dass das einigen mächtigen Leuten nichts ausmachen würde. Wenn man sich die 1930er Jahre anschaut, wird man merken, dass soziale Unruhen nicht das einzige Ergebnis einer solchen Krise sind. Damals kamen die großen Ordnungen, wie man etwas ironisch sagen könnte, ans Ruder: der Austrofaschismus und der Nationalsozialismus. So weit sind wir heute sicher noch lange nicht. Aber als Historiker sieht man am Horizont doch deutliche Warnzeichen. Die Griechen haben jetzt links gewählt. Aber in Europa insgesamt gibt es einen Auftrieb für ziemlich obskure Gestalten und Parteien. Man muß nur an Ungarn denken.
    […]
    Quelle: Der Standard

    Anmerkung: Dieses Interview verstärkt die düstere Befürchtung, dass Frau Merkel & Co ganz genau wissen, was sie gerade anrichten – und das eben aus Macht-Kalkül heraus weiter machen.

  5. Gefährliche Geldhüter
    Der niedrige Leitzins der EZB konnte die Konjunktur kaum beleben. Stattdessen gewinnen nur die Banken – und es droht schon der nächste Crash. Von ihrer vorrangigen Aufgabe, die Preisstabilität im Euroraum zu sichern, hat sich die EZB längst verabschiedet. Dabei ist noch nicht einmal die Inflationierung der Verbraucherpreise das größte Problem. Seit der Pleite der US-Bank Lehman vor rund vier Jahren hat die EZB durch ihre hastigen Zinssenkungen eine bedrohlich anwachsende Inflation der Vermögenspreise in Gang gesetzt – und damit den Sprengstoff für weitere Knaller an den Finanzmärkten geschaffen. “Die Märkte” stürzen sich auf deutsche Staatsanleihen wie bei einem Räumungsverkauf zu Schnäppchenpreisen. Längst werden die Bundespapiere an der Börse bis zu 65 Prozent über ihrem Rückzahlungswert gehandelt. Jegliche Bodenhaftung scheint verloren, Verluste nehmen die Anleger planmäßig in Kauf, weil sie einen “sicheren Hafen” suchen. Jens Berger schätzt in seinem Buch “Stresstest Deutschland”, dass 86 Prozent der zwei Billionen Euro deutscher Staatsschulden als Rentenpapiere in den eigenen Depots der Kreditinstitute liegen. Die Differenz zwischen Leitzins und Kupon, also die Möglichkeit, mit den Papieren Gewinn zu machen, reduziert sich aufgrund der hohen Kurse inzwischen auf Dezimalstellen hinter dem Komma. Und damit sitzt die EZB in ihrer eigenen Zinsfalle. Würde sie den Leitzins erhöhen, könnte die deutsche Anleiheblase platzen wie einst die Dotcom-Bubble an der Nasdaq. Das gesamte Bankensystem stünde am Abgrund und die von ihm abhängigen Staaten ebenfalls. Je weiter die Kurse der Bundesanleihen an den Börsen in schwindelige Höhe klettern, umso mehr gerät die EZB unter Druck, mit weiteren Zinssenkungen die Anleiheblase künstlich in der Luft zu halten. Sie untergräbt damit zugleich das neoliberale Modell der privaten Vorsorge: die rot-grüne Riester-Rente und all die vielgepriesenen, kapitalgedeckten Zusatzversicherungen. – Die paradoxe Kombination aus politisch erzwungenem Vorsorgesparen, schiefliegender Vermögensverteilung und niedrigem Zins bei gleichzeitig schwachem Wirtschaftswachstum führt zwangsläufig zu Spekulationsexzessen und dem Platzen überdehnter Blasen. Vielleicht hätte die EZB jetzt noch die Chance, durch vorsichtige Zinserhöhungen schrittweise den Druck aus “den Märkten” zu nehmen. Ihren Einfluss auf die realwirtschaftliche Konjunktur haben die Leitzinsen in Europa durch die zunehmende Kluft zwischen Nord und Süd ohnehin weitgehend eingebüßt. Für Deutschland sind die Zinsen viel zu niedrig, für das schwächelnde Südeuropa theoretisch immer noch zu hoch. So lange niedrige Zinsen an den Finanzmärkten verpuffen, statt in der Realwirtschaft Investitionen und Kaufkraft zu stärken, werden sie zur systemrelevanten Gefahr.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Hört sich gut an: “in der Realwirtschaft Investitionen und Kaufkraft … stärken”, aber wer investiert angesichts des globalen Katzenjammers. Nicht nur die Aussichten in der Eurozone, inklusive Deutschland, sondern auch in den USA und den Schwellenländern, selbst in China, verdüstern sich. Die Billionen- Kanone der EZB sollte offiziell die Kreditklemme in den Krisenstaaten beseitigen, das wahre Motiv war wohl die Hoffnung, dass die Banken mit billigen Zentralbank-Krediten Staatsanleihen kaufen würden, um von der Renditedifferenz zu profitieren. Was aber leider vor allem Spanien und Italien genutzt wurde. Die Anleihen, vor allem die spanischen werden aber inzwischen nur noch mit Abschlägen gehandelt und vermiesen die Bilanz. Auch die Kurse italienischer Bankaktien sind deswegen inzwischen gesunken, was den Aufkauf stoppte. Hätte die EZB doch tatsächlich auf die “Produktionsfinanzierende Kreditschöpfung”, wie sie Richard Werner beschreibt, gesetzt. Zumindest in einigen Sektoren wäre trotz Rezession Wachstum entstanden, dazu wäre auch nicht eine Billion Euro notwendig gewesen. Natürlich bedarf es einer gewissen Kunstfertig, die Kreditinstitute zu überwachen und in diesem Sinne zu steuern. Schlag nach bei Richard Werner, dessen Buch Kai Ruhsert schön zusammengefasst hat.
    Wer an einer historischen Analyse zu dieser Thematik interessiert ist, sei an den klassischen Text von Wilhelm Lautenbach, “Produktive Kreditschöpfung als Notmaßnahme gegen die Depression” (1931) [PDF – 133 KB], verwiesen.

  6. Die baltischen Staaten und Irland sind kein Modell für Italien und Spanien
    Eurozone policy-makers – from President Sarkozy and Wolfgang Schäuble to the former President of the ECB, Jean-Claude Trichet – advocate that Italy and Spain should emulate the Baltic states and Ireland. These four countries, they argue, demonstrate that fiscal austerity, structural reforms and wage cuts can restore economies to growth and debt sustainability. Latvia, Estonia, Lithuania and Ireland prove that so-called “expansionary fiscal consolidation” works and that economies can regain external trade competitiveness (and close their trade deficits) without the help of currency devaluation. Such claims are highly misleading. Were Italy and Spain to take their advice, the implications for the European economy and the future of the euro would be devastating.
    What have the three Baltic economies and Ireland done to draw such acclaim? All four have experienced economic depressions. From peak to trough, the loss of output ranged from 13 per cent in Ireland to 20 per cent in Estonia, 24 per cent in Latvia and 17 per cent in Lithuania. Since the trough of the recession, the Estonian and Latvian economies have recovered about half of the lost output and the Lithuanian about one third. For its part, the Irish economy has barely recovered at all and now faces the prospect of renewed recession.

    Spain and Italy could bring about huge swings in their external balances by engineering economic slumps of the order experienced by the Baltic countries and Ireland. But a collapse in demand in the EU’s two big Southern European economies comparable to that experienced in the Baltic countries and Ireland would impose a huge demand shock on the European economy. Taken together, Italy and Spain account for around 30 per cent of the eurozone economy, so a 25 per cent fall in domestic demand in these two economies would translate into an 8 per cent fall in demand across the eurozone. The resulting slump across Europe would have a far-reaching impact on public finances, the region’s banking sector and hence on investor confidence in both government finances and the banks. The impact on sovereign solvency in Spain and Italy and on the two countries’ banking sectors would be devastating.
    Quelle: Centre for European Reform

    Anmerkung WL: Wie sagte doch Schäuble im gestrigen Interview mit dem Handelsblatt „Aber schauen Sie auch mal beispielsweise ins Baltikum, da wurden noch tiefere Einschnitte vorgenommen.“ Die baltischen Staaten sind eben gerade kein Modell für Italien und Spanien.

  7. Verfassungsrichterin lacht sich kaputt
    Eine erfahrene Richterin bekommt einen Lachanfall, ein Staatsrechtsprofessor nennt es das «liederlichste Stück Wahlrecht, das ich je gesehen habe»: Der Kampf ums Wahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht ist grotesk. Und die Politik traut sich selbst nicht mehr über den Weg.
    Nach mehr als drei Stunden Verhandlung zum Wahlrecht, mitten in den Feinheiten der «Reststimmenverwertung», bekam die Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff einen Lachanfall. «Mich interessiert noch der Satz zwei», fing sie an, dann konnte sie nicht mehr weitersprechen. «Die Komplexität der Materie hat doch etwas Humoristisches», sprang Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle ihr bei, durchaus selbst schmunzelnd.
    Zentraler Streitpunkt: die Überhangmandate. Sie können entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate in den Wahlkreisen gewinnt, als ihrem Anteil an Zweitstimmen entspricht. Davon profitieren tendenziell die großen Parteien – 2009 gab es 24 Überhangmandate, und alle kamen CDU und CSU zugute. Diesen Teil des Wahlrechts wollte die Union möglichst nicht antasten.

    Siehe auch Heribert Prantl: Karlsruhe muss das Leiden der deutschen Demokratie beenden
    Quelle: SZ

    Siehe auch noch: Martin Morlok warnt vor Verkehrung des Wählerwillens
    Ginge es nach Morlok, würden die Überhangmandate abgeschafft. Es könne nicht sein, dass “im Ergebnis der Bundestag eine Mehrheit aufweist gegen eine Mehrheit der Zweitstimmen”.
    Quelle: DLF

  8. Im Schlaraffenland
    Man muss sich das mal vorstellen: Weil der Staat dafür sorgt, dass Eltern ihre Kinder in betreute Obhut geben können, will die CSU auch konservative Mütter bedienen, die ihren Nachwuchs lieber zu Hause betreuen. Wie im Schlaraffenland: „Wer nicht ins subventionierte Theater will, kriegt das Eintrittsgeld eben in bar“. Wir haben es ja. Es kommt aber noch schräger: Millionäre dürfen kassieren, Hartz-IV-Empfänger dagegen kriegen keinen Cent. Dafür sollen nunmehr aber Langzeitarbeitslose genau jene Kinder betreuen, für die professionelle Betreuer fehlen … Da fehlt noch mehr – es fehlen einem die Worte.
    Quelle: Saarbrücker Zeitung

    Anmerkung: Anlässlich des Kabinettsbeschlusses zum Betreuungsgeld erklärte Ingrid Sehrbrock, stellvertretende DGB-Vorsitzende, am heutigen Mittwoch in Berlin: „Mit dem Gesetzentwurf wird einmal mehr die Absurdität des Betreuungsgeldes als neue familienpolitische Leistung deutlich. Zum ersten Mal soll der Verzicht auf die Nutzung eines öffentlichen Angebots zu einem finanziellen Ausgleich berechtigen.
    Belohnt wird, wer es sich leisten kann, sein Kind in eine nicht öffentlich geförderte Betreuungseinrichtung zu geben oder wer sich trotz der hohen Mobilitätserfordernisse am Arbeitsmarkt eine Betreuung im familiären Umfeld organisieren kann. Es ist nicht vermittelbar, dass Bund, Länder und Kommunen die selbst gesetzten Ziele beim Krippenausbau nicht erreichen und stattdessen 1,2 Milliarden Euro jährlich verpulvern für ein Vorhaben, das familienpolitisch eine Fehlinvestition ist. Diese Mittel werden dringend für den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur benötigt. Wer Familien unterstützen will, muss darüber hinaus familienfreundliche Arbeitszeiten fördern, denn Familie muss auch lebbar sein.“

  9. „Klassischer FDP-Lobbyismus“
    Bürger, die sich privat pflegeversichern, sollen bezuschusst werden – das will das schwarz-gelbe Kabinett am Mittwoch entscheiden. Kritik kommt von SPD und Arbeitgebern.
    SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, der Fünf-Euro-Zuschuss nutze „in Wahrheit nicht der Vorsorge, sondern vor allem der Versicherungswirtschaft“. Beiträge für eine private Zusatzpflegeversicherung könnten sich nur Bessergestellte leisten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach von „klassischem FDP-Lobbyismus zugunsten der Versicherungswirtschaft“.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Die Kritik von Nahles ist ziemlich unglaubwürdig, auch die Riester-Rente nutzte vor allem der Versicherungswirtschaft.

  10. Tarifliche Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz
    In Deutschland gibt es noch keinen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn, der für alle Beschäftigten gilt. Es bestehen verschiedene Formen von branchenbezogenen tariflichen Mindestlöhnen mit unterschiedlicher Reichweite und Verbindlichkeit.
    Quelle 1: WSI Tarifarchiv
    Quelle 2: Tabelle [PDF – 80 KB]
  11. Schlecker: Zahlen, die Fragen aufwerfen
    Während die Schlecker-Kinder im Gläubigerverzeichnis stehen, stürzen Tausende Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit: Plötzlich ist ein früher angeblich milliardenschwerer Unternehmer pleite. Aber wie sehr wirklich? Man könne der Familie vieles vorwerfen, sagt Insolvenzverwalter Geiwitz, “nicht aber die Rettung von Vermögen in großem Stil”.
    Ein früher angeblich milliardenschwerer Unternehmer mit tausenden Filialen ist plötzlich pleite. Aber wie sehr wirklich? Hat er nicht viel vom früheren Gewinn an Frau Christa und die beiden Kinder Meike und Lars verschoben, die ausweislich der europäischen Handelsregister Gesellschafter von über einem Dutzend Gesellschaften sind? Die LDG Logistik- und Dienstleistungsgesellschaft mbH ist etwa nur auf Sohn Lars eingetragen und arbeitete wohl allein als Dienstleister für die Drogerie: Im Jahr 2010 erwirtschaftete das Unternehmen bei 33 Millionen Euro Umsatz etwa 12 Millionen Euro Überschuss – eine ungewöhnlich gute Rendite.
    Die Namen der beiden Kinder stehen mit 48 beziehungsweise 50 Millionen Euro im Gläubigerverzeichnis, neben 147 anderen Gläubigern, darunter just Lars’ LDG mit 64 Millionen Euro.
    Quelle: SZ
  12. Drohnen – Die dunkle Bedrohnung
    Ein geheimer Bericht des Innenministeriums zeigt: Unbemannte Flugzeuge nehmen längst auch uns ins Visier. Die Details werden am Parlament vorbei geregelt.
    Laut des „Berichts über die Art und den Umfang des Einsatzes von unbemannten Luftfahrtsystemen“ gehören Drohnen inzwischen zum Alltag am Himmel über Deutschland – allerdings ohne das über die Folgen diskutiert wird. In den vergangenen zwei Jahren seien 500 Drohnen-Einsätze beantragt und meist positiv beschieden worden. Die Drohnenüberwachung von Personen durch Polizei und Militär sei „bereits nach geltendem Recht zulässig“. Ende Januar hat der Bundestag „unbemannte Luftfahrzeugsysteme“ zu einer eigenen Kategorie von Flugzeugen erklärt – und damit den deutschen Luftraum für sie geöffnet.
    Die Bundespolizei nutzt dem Bericht zufolge derzeit vier Drohnen der Typen „Aladin“ und „Fancopter“ für Aufklärung und Überwachung, zum Aufspüren von Hanffeldern und zur Kontrolle von Gleisanlagen, etwa bei den Anti-Atom-Protesten in Gorleben. Auch die Länder ziehen nach, so setzt Thüringen Kleinhubschrauber bereits zur „gezielten Personensuche“ ein.
    Quelle: der Freitag
  13. Nochmals: Gauck warnt vor Planwirtschaft bei Energiewende
    Unser Leser P.S. schreibt dazu: Der Präsident wollte wohl etwas Grundsätzliches zu Umwelt sagen und hat das marktwirtschaftliche Credo gesungen, einschließlich Verursacherprinzip. Er hätte wissen müssen, dass weder Verursacherprinzip noch Marktwirtschaft in der Energiewirtschaft (und auch anderswo) bisher durchgesetzt wurden, sondern ein ziemlich heterogenes Gemenge, das aus einer Vielzahl von (historischen) Kompromissen in unterschiedlichen Problemsituationen und Kräfteverhältnissen besteht, die sogenannten Rahmenbedingungen bildet. Man kann sich ein homogeneres Politik-Gebilde vorstellen. Das würde aber ein noch größeres Reformwerk als die Energiewende ist bedeuten.
    Der Bezug zu Planwirtschaft, wenn er von Verordnungen spricht, verrät sein Verharren in ideologischen Positionen der sechziger Jahre. Jahrzehnte von Diskussionen über marktwirtschaftliche Instrumente der Umweltpolitik und die Kompatibilität ordnungsrechtlicher Maßnahmen werden ignoriert.
    So wie er es jetzt auf die Energiewende bezieht, muss man seine Äußerungen zu Subventionen und Planwirtschaft als auf die Förderung von 4E gemünzt verstehen. Wenn er das hätte vermeiden wollen, hätte er ein “sowohl als auch” mit Bezug auf die fossilen Energien sagen müssen. Er hätte ja auch mahnen können, dass man rasch einen Kompromiss zur Anpassung der Solarförderung findet. So aber unterstützt er die Agenda der FDP, die im Übrigen inkohärent in Bezug auf das Verursacherprinzip ist, schon dadurch dass sie gern die energieintensive Industrie und die Stromerzeuger vom Verursacherprinzip ausnimmt. (Die Freiburger Thesen sind offenbar irrelevant)
    Vielleicht war ihm das alles nicht bewusst. Wenn es so ist, haben wir einen Bundespräsidenten, der nicht auf der Höhe der Realität und dem Stand der Diskussion ist.
    Seine Redenschreiber hätten von Herrn Gauck das sagen müssen. Haben sie das? Wenn ja, und er sagt das, was er sehenden Auges gesagt hat, dann befördert er bewusst die Agenda der FDP.
  14. Warum die SPD daran scheitert, die Wähler der Linken zu gewinnen
    Fleisch vom Fleische der SPD. So sehen viele Sozialdemokraten die Linke. Weil massenhaft SPDler zur WASG übergelaufen sind, bevor sich PDS und WASG zur Linken vereinigt haben. Vor allem aus Protest gegen die Hartz-IV-Reformen. Die neue Linke versprach das Ende von Hartz IV. Sie werde die SPD schon dazu bringen, dem sozialen Kahlschlag abzuschwören, alles rückgängig zu machen. “Hartz IV muss weg, sofort!”, lautet der erste Satz im Glaubensbekenntnis der Linken.
    Das Spitzenpersonal, das die SPD in die Bundestagswahl 2013 führt, wird die an die Linke verlorengegangenen Wähler wohl nicht zurückholen können. Mit Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück stehen der Architekt und der schärfste Verteidiger der Hartz-Reformen in der ersten Reihe. SPD-Chef Sigmar Gabriel will die SPD zwar als Mitte-links-Partei positionieren. Aber eine radikale Abkehr von Hartz IV wird es auch mit ihm nicht geben.
    Im Gegenteil: Der Name von Hartz-Kanzler Gerhard Schröder wird heute wieder voller Stolz in die Debatten geworfen, wenn es darum geht, die erstaunliche Entwicklung am Arbeitsmarkt zu erklären, während fast alle Länder ringsherum von Krisen geschüttelt werden. Sogar die Gewerkschaften versöhnen sich langsam wieder mit den Sozialdemokraten. Und auch wenn mit Bernd Riexinger jetzt ein Verdi-Funktionär der Linken vorsitzt, die Übermacht der SPD in den Gewerkschaften des DGB wird auch er nicht brechen können.
    Die Protestwähler gehen lieber zu den Piraten als zurück zur SPD. Mit vagen Hoffnungen. Oder sie wählen gar nicht mehr. Aus den politisch Enttäuschten von einst sind politisch Hoffnungslose geworden, denen die Linke keine Heimat mehr bieten kann
    Quelle: SZ
  15. Ausgebeutete Doktoranden
    Falls Günter Wallraff nach seiner Undercover Reportage beim Paketdienstleister GLS ein neues Themenfeld sucht, sollte er sich vielleicht als Doktorand an eine deutsche Uni begeben. Denn auch an staatlichen Universitäten gibt es manchmal durchaus sittenwidrige Arbeitsverhältnisse.
    Viele Doktoranden arbeiten mit Leidenschaft – manchmal selbstausbeuterisch. Fast alle schreiben nicht nur ihre eigene Arbeit, sondern geben auch Lehrveranstaltungen. Nur wenigen gehören zu den Glücklichen, die eine bezahlte Stelle haben. Viele arbeiten unbezahlt. Andreas Hartmann, Doktorand an der Uni Freiburg, will daran etwas ändern und hat mit anderen Doktoranden einen offenen Brief an die Landesregierungen formuliert.
    Quelle: DLF
  16. Zum Nachschauen: Neues aus der Anstalt
    Quelle: ZDF


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