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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 5. Juni 2012 um 9:09 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
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Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung WL: Diese Meldung liefert für NachDenkSeiten Leser/innen eigentlich nichts Neues. Interessant ist nur, dass sich inzwischen auch in der wirtschaftsliberalen FAZ die Sorge um die Konjunktur breit macht. Man vermisst allerdings die Frage nach den Ursachen für die schlechten Wirtschaftsdaten. Es wird nicht einmal angedeutet, dass diese viel mit der nach wie vor unbewältigten Finanzkrise und vor allem auch mit der vor allem in Europa durch Deutschland massiv vorangetriebenen Austeritätspolitik zu tun hat.
Anmerkung JB: Dudenhöfer könnte auch bei der GfK anfangen. Welcher potentielle Neuwagenkäufer denkt denn bitte bei der Kaufentscheidung über „Nachrichten aus Südeuropa“ nach? Den Menschen fehlt schlicht und einfach das Geld, sich einen Neuwagen zu kaufen. Richtig dramatisch wird es jedoch erst dann, wenn die deutschen Unternehmen die Krise zu spüren bekommen und „sparen“ müssen – fast 60% der Neuzulassungen sind Dienstwagen !
Anmerkung JB: Auch wenn Joschka Fischer mit blumiger Sprache und griffigen Vergleichen hart mit Merkel ins Gericht geht, so wirft sein Aufsatz mehr Fragen auf, als er beantwortet. Wie stellt sich Fischer eine „Fiskalunion“ vor – dieser Begriff ist ohne Präzisierung lediglich eine Hülle, in die man so ziemlich jeden Inhalt verpacken kann. Auch die Begriffe „Politische Union“ und „Wachstum“ unterscheiden da kaum. Die Alarmglocken sollten jedoch schrillen, wenn Fischer von „Strukturreformen“ spricht, mit denen die „Wettbewerbsfähigkeit massiv verstärkt“ werden soll. Damit meint er nichts anderes als eine Agenda 2010 für Europa. Diese Agenda ließe sich übrigens auch ohne inhaltliche Verbiegungen in die Worthülsen „Fiskalunion“, „Politische Union“ und „Wachstum“ zwängen. Fischer bleibt somit sich selbst und der katastrophalen Agenda-Politik treu. Lediglich die Sprache unterscheidet ihn von anderen Predigern des Neoliberalismus.
dazu: Joschka Fischers ultimativer Beinahe-Nazi-Vergleich
Joschka Fischer ist ein Meister der Provokation. Neuestes Beispiel: seine Kritik am Euro-Kurs der Kanzlerin. Dabei holt der Ex-Außenminister gegen Angela Merkel die ganz große Keule raus. (…) In einem Meinungsartikel, den verschiedene europäische Medien veröffentlicht haben, stellt er die Bundeskanzlerin Angela Merkel in eine Reihe mit Adolf Hitler und Kaiser Wilhelm II. – aber nur ein bisschen. Denn weder der Kaiser noch der Diktator werden in dem Artikel namentlich genannt. Fischers Vorwurf lautet: Merkel ist Schuld daran, dass aus der Finanzkrise in der Eurozone eine “Existenzkrise” Europas geworden ist, sie riskiere die Zerstörung Europas. Merkel lösche den Brand nicht mit Wasser, sondern mit dem hochexplosiven Kerosin – gemeint ist die anderen Ländern aufgezwungene Sparpolitik. Und dann kommt es (…): “Im 20. Jahrhundert hat Deutschland zweimal mit Krieg bis hin zu Verbrechen und Völkermord sich selbst und die europäische Ordnung zerstört, um den Kontinent zu unterjochen.” Gemeint sind die beiden Weltkriege. Und weiter: “Es wäre eine Tragödie und Ironie zugleich, wenn jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, das wiedervereinigte Deutschland, diesmal friedlich und mit den besten Absichten, die europäische Ordnung ein drittes Mal zu Grunde richten würde.”
Quelle: FTD
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Man muß nicht zum “Nazi-Knüppel” greifen, um die neoliberale Europapolitik Merkels zu kritisieren. Allerdings ist Altbundeskanzler Helmut Schmidt zuzustimmen, der bereits im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der schwarz-gelben Europapolitik “wilhelminische Großspurigkeit” kritisiert hatte. Zudem läßt die schwarz-gelbe Europapolitik, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sie zahlreiche europäische Staaten immer tiefer in die ökonomische und soziale Krise hineinstößt, den Verdacht aufkeimen, Bundesregierung und maßgebliche Kreise innnerhalb der deutschen “Eliten” möchten auf dem Rücken der Bevölkerungen zahlreicher europäischer Staaten eine deutsche Vormachtstellung in Europa durchsetzen. Die im Zuge dieser Politik in Europa ausgerollten neoliberalen “Strukturreformen” gingen wegen ihrer Rückstrahlung nach Deutschland letzlich auch zu Lasten der deutschen Arbeitnehmer und Rentner.
Joschka Fischer wäre außerdem gut beraten, mit dem ausgestreckten Zeigefinger nicht nur in Richtung schwarz-gelbe Bundesregierung zu zeigen, sondern die erhebliche Mitverantwortung der rot-grünen Bundesregierung für die heutigen ökonomischen Ungleichgewichte in Europa einzuräumen (insbesondere die auch von der damaligen schwarz-gelben Opposition freundlich abgenickte “Agenda 2010” und das maßgeblich darauf basierende deutsche Lohndumping).
Ergänzende Anmerkung Orlando Pascheit: Fischer erweist mit seiner „Jugoslawienrhetorik“ der Diskussion um den rechten Weg aus der Krise einen Bärendienst. Frau Merkel ist kein kriegstreibendes Monster. Man muss der Regierung Merkel zugestehen können, dass sie der Interessen Deutschlands und dann die Interessen Europas im Auge hat – in dieser Reihenfolge – um aufzuzeigen, das ihr Weg (und der Troika) folgenschwere Fehler nach sich zieht – aber doch gewiss nicht den Untergang des Abendlandes. – Fischer argumentiert überhaupt sehr windig, wie kann er den britischen Premier zu Kronzeugen einer Fiskalunion ((gemeinsames Budget, Steuerpolitik, gemeinsame Garantie für die Staatsschulden). Von Thatcher bis heute lehnen die Briten eine Vertiefung der europäischen Integration als Albtraum (nightmare) ab.
Anmerkung Orlando Pascheit: Der Haken an der Argumentation ist nur: Gerade wenn es gelänge, Griechenland auf Kurs zu bringen, würde die Austrittswahrscheinlichkeit steigen. Gerade die Beibehaltung der nochmals verschärften der Austeritätspolitik führt Griechenland weiter in die Depression. Es sind ja schon lange nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen wie Paul Krugman, die den derzeitigen Austeritätskurs für kontraproduktiv halten. So stellt der Chefvolkswirt von Goldman Sachs, Jan Hatzius in einem Interview fest: “Beim Tempo der Konsolidierung ist man in einigen Krisenländern zu weit gegangen. … Konsolidierung ist immer eine Frage des richtigen Tempos. Unsere Untersuchungen zeigen: Wenn ein Land das Haushaltsdefizit um mehr als zwei Prozent pro Jahr abbaut – also zum Beispiel von vier auf unter zwei Prozent – ist das kontraproduktiv. Das Wachstum bricht so stark ein, dass das Haushaltsloch am Ende größer ist.”
Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist zunächst verwirrend, dass die NZZ am nächsten Tag uns die Botschaft übermittelt: Der «Grexit» als Weg voller Heulen und Zähneklappern. Der Widerspruch löst sich einfach auf. Im obigen Artikel steht der Austritt Griechenlands ganz für sich, während der folgende Artikel die isolierte Position aufgibt und sich mit den Ansteckungs-Wirkungen beschäftigt. Dadurch wird aber auch deutlich, wie verworren die Diskussion ist und wie ratlos die Diskutanten sind: Zeitebenen werden verwechselt, Makro- mit Mikroebenen vermischt, mal wird neoklassisch, mal keynesianisch argumentiert, einmal sind die Finanzmärkte verantwortlich ein anderes Mal die Regierungen, schuldig sind die Deutschen, dann wieder die Südländer usw.
Siehe dagegen hier: Der «Grexit» als Weg voller Heulen und Zähneklappern
Vorherrschende Meinung ist, dass ein geordneter Austritt rechtlich und technisch grosse Herausforderungen stellen würde. Viele Ökonomen gehen auch davon aus, dass ein solcher Schritt für Griechenland kurzfristig katastrophale Folgen hätte, selbst wenn manche nicht ausschliessen, dass es dem Land langfristig ausserhalb der Euro-Zone besser gehen könne. Doch hier soll es um die Folgen einer solchen Entwicklung für die übrigen Euro-Staaten gehen. Denn die eigentliche Gefahr liegt in den schwer einzuschätzenden, aber potenziell dramatischen Ansteckungseffekten. Ständen die Währungsunion und alle verbleibenden 16 Mitglieder als grundsolide Felsen in der Brandung, könnte das Ausscheiden der Griechen vielleicht zum reinigenden Gewitter werden. Doch das tun sie nicht. Vielmehr hängen Irland und Portugal bereits am Hilfs-Tropf, wobei sie ab 2013 zur Finanzierung über die Märkte zurückkehren sollten. Italien und Spanien finanzieren sich noch am Markt, doch sind ihre Zinskosten in jüngster Zeit wieder in die Höhe geschossen; die Bankenkrise in Spanien sorgt für tiefe Sorgen in Brüssel, und Zypern ist eng mit Griechenland verflochten. …
Quelle: NZZ
Quelle: IAB [PDF – 523 KB]
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein leichtes Unbehagen beschleicht einen bei dieser Meldung. Sollten die Gewerkschaften, um auf die skandalösen CGZP-Tarife aufmerksam zu machen, die Nachzahlungsforderungen so hoch angesetzt haben oder haben sie sich einfach verrechnet? Beides wäre ungut und erweist der Sache einen Bärendienst. Es ging ja nicht nur um die Tarife an sich, sondern vor allem um die Funktion, um die Signalwirkung für alle Tarife. Gerade, wer sich kritisch mit diversen Problemen in Deutschland und Europa auseinandersetzt, sollte sein Zahlenwerk, das diese belegen sollen, mehrfach überprüfen und Übertreibungen meiden.
Anmerkung unseres Lesers H.: Als Sozialarbeiter/-pädagoge (B.A.) kann ich nur von einem starken Stück und einer Schnappsidee sprechen. Die Intention ist mehr als durchschaubar. Nicht arbeitslose Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen, sondern den angeblichen Fachkräftemangel spätestens im Jahr 2013 “auf zu fangen”, durch billige Arbeitskräfte mit dem Repressalieninstrumentarium der Agenturen im Rücken. Über die prekären Beschäftigungsverhältnisse der Sozialen Arbeit in Deutschland natürlich kein Ton, kein Geld, keine Wertschätzung. Mit Arbeitslosen kann man es ja machen und der entwerteten Sozialen Arbeit genau so.
Das hatte man doch schon mal im Pflegebereich vor und diesen desolaten Zustand werden wir noch in anderen Bereichen bekommen.
Anmerkung: Zum Thema Pflege-Riester/Bahr hatten die NachDenkSeiten bereits früher Stellung bezogen – Pflege-Riester – die Politik knickt einmal mehr vor den Lobbyinteressen ein Nach dem Flop der Riester-Rente nun auch noch der „Pflege-Bahr“.
Anmerkung Orlando Pascheit: Ärgerlich genug, dass Joachim Gauck uns mit einem wenig differenzierten Freiheitsbegriff plagen genug, jetzt muss er auch noch eine der wenigen zukunftsweisenden Aussagen seines Amtsvorgängers relativieren. Gerade wenn er dessen Intentionen respektieren würde, hätte er seine “Klappe” halten müssen. So hat er der Reaktion Tür und Tor aufgemacht, siehe die Kommentare in diversen Zeitungen.
Es ist geradezu lächerlich, wenn er am Islam die Reformation vermisst, dann gehört Katholizismus auch nicht nach Deutschland. Und milde formuliert: Die Geschichtskenntnisse des Präsidenten sind miserabel, sonst würde er um den fruchtbaren Einfluss der muslimisch-maurischen Kultur auf das Abendland kennen. Die heutigen Vorbehalte gegenüber dem Islam richten sich eigentlich gegen die Muslime und nicht gegen den Islam, den wir in seiner Pluralität und Bandbreite sowohl in Geschichte und Gegenwart nicht kennen, indem wir unerfreuliche und hässliche Phänomene in der heutigen Realität der Muslime auf deren Gesamtheit übertragen. Wer aus der bloßen Zugehörigkeit zum Islam einen Anklagepunkt macht, und dem trat Wulff entgegen, schürt Ressentiments gegen Muslime. Mehr Zurückhaltung, Herr Gauck! – Wer sich mit Reformbereitschaft und Aufklärung im Islam beschäftigen möchte, braucht sich nur mit Leben und Werk von Muhammad Abduh oder Ali Abd ar-Raziq zu beschäftigen. Sie stehen für die Rückkehr zu den demokratischen Werten der Urgemeinschaft von Medina und für eine rationale Textauslegung des Koran und wendeten sich entschieden gegen jede politisch-weltliche Macht für die Geistlichen.
dazu: »So etwas rutscht nicht einfach durch«
Berlin muß von Anfang an gewußt haben, daß Israel deutsche U-Boote atomar bestücken will. Gespräch mit Jan van Aken
Quelle: Junge Welt
Anmerkung JB: Dieses Störmanöver ist so herrlich durchschaubar. Und auch der SPIEGEL kann es nicht lassen und versucht den innerparteilichen Streit am köcheln zu halten – als hätte die Seele der „West-Linken“ die SPIEGEL-Redaktion je interessiert. Auch dieses Störmanöver ist herrlich durchschaubar. Die Linke sollte derartige Sticheleien der SPD und des SPIEGELs selbstbewusst ignorieren.
dazu auch: Die Unvereinigten
Die neue Führungsmannschaft ist gewählt, aber auf dem Parteitag der Linken gab es vor allem Verlierer: Die entzweiten Flügel stritten unerbittlich. Der nächste Konflikt droht bereits – wenn es um die Spitzenkandidaturen für die Bundestagswahl geht.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung JK: Und weiter geht’s! Die Redaktion des Spiegel scheint nur noch Schaum vor dem Mund zu haben. Es ist nur erstaunlich, dass die selbe Masche, die bei den Grünen schon Erfolg hatte, die Konstruktion eines unversöhnlichen Gegensatzes zwischen angeblichen Realos und Fundis, bei der Linken wieder genauso funktioniert.
Was die letzten Tage aber über Lafontaine auf SPON zu lesen war geht inzwischen über ein vertretbares Maß hinaus. Lafontaine wird nur noch als brüllend, aggressiv, brutal charakterisiert. Und das nächste Ziel scheint schon ausgewählt: Sarah Wagenknecht.
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Man mag diese propagandistischen Versatzstücke gar nicht weiter kommentieren. Es kommen einem die Tränen wegen des “unfreundlichen” Umgangs der “machtbewußten Fundamentalisten” mit den “blauäugigen Reformern”. Hier werden – wie in vielen anderen Medienberichten auch – Dietmar Bartsch und sein Umfeld faktenverzerrend als verfolgte Unschuld präsentiert und alle Verantwortung für die parteiinternen Machtkämpfe innerhalb der Linkspartei auf die Vertreter des angeblich “fundamentalistischen” Flügels um Oskar Lafontaine abgeladen. Auch der angebliche “Linksruck” ist an den Haaren herbeigezogen und hat einzig und allein die Funktion, der Linkspartei, die ganz selbstverständlich als Marionette vom “fundamentalistischen” Lafontaine von Saarbrücken aus dirigiert wird, in der öffentlichen Wahrnehmung das Image des “Kinderschrecks” zu verpassen. Der weit überwiegende Teil unserer Mainstreammedien sollte sich einmal selbstkritisch die Frage stellen, ob die eigentlichen “Fundamentalisten” nicht in ihren eigenen Chefetagen residieren.
Anmerkung WL: 60,3 Prozent derjenigen, die ihre Stimme abgeben haben, stimmten mit Ja, 39,7 Prozent mit Nein. 50,60 Prozent beteiligten sich an dem Referendum, d.h. weniger als ein Drittel der Wahlberechtigten Iren stimmten für den Fiskalpakt.
Und was die Freude unserer Kanzlerin trüben sollte: „Enorme Anti-Merkel-Stimmung“ in Irland.
Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer zum Rückgang von Wahlbeteiligungen im oben zitierten Interview in der FR: Darin liegt ein Verlust an Vertrauen in die demokratischen Institutionen, sie ist Ausdruck des Gefühls, von der Politik nicht wahrgenommen zu werden.
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