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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Die Wachhunde der Machtelite: Noam Chomskys Kritik der Intellektuellen
Datum: 16. Mai 2012 um 16:37 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Lobbyismus und politische Korruption, Wertedebatte
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Für Noam Chomsky haben die Intellektuellen die Verantwortung, die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken. Diese Verantwortung der Intellektuellen leitet sich aus der politischen Freiheit, dem Zugang zu Informationen und der Redefreiheit her. Aber nach Chomsky zeigt die historische Erfahrung, dass Intellektuelle diesen privilegierten Status nicht für das Sagen der Wahrheit nutzen, sondern vielmehr ihre Fähigkeiten in den Dienst für die Interessen und Privilegien der Machtelite stellen. Diese Machtelite entscheidet darüber, was in der Gesellschaft passiert, weil sie über den dafür notwendigen Reichtum besitzt.
Intellektuelle bilden für Chomsky eine „Art säkulare Priesterschaft“ für die Machtelite, weil sie Ideen, Pläne, Strategien, Werte, Theorien, Rechtfertigungen und Doktrinen für die ökonomischen und politischen Entscheidungsträger des Herrschaftssystems entwickeln und dem Rest der Bevölkerung „verkünden, was sie glauben sollen“. Christian Girschner zeichnet Chomskys Kritik der Intellektuellen nach.
„Einer der großen Vorteile, die Macht und Reichtum mit sich bringen, besteht darin, sich niemals für etwas entschuldigen zu müssen.“
Noam Chomsky[1]
Die Wahrheit sagen
Für Noam Chomsky haben die Intellektuellen die „Verantwortung“, „die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken.“[2] Diese Verantwortung der Intellektuellen leitet „sich aus der politischen Freiheit, dem Zugang zu Informationen und der Redefreiheit her. Für eine privilegierte Minderheit hält die westliche Demokratie die Muße, die Einrichtungen und die Ausbildung bereit, die es ihr erlauben, die Wahrheit zu suchen, die sich hinter dem Schleier von Verzerrung und Verdrehung, Ideologie und Klasseninteresse verbirgt, unter dem die gegenwärtigen geschichtlichen Ereignisse sich uns darstellen.“[3] Insofern sollte die privilegierte Position der Intellektuellen sie zu herrschaftskritischen und aufklärerischen Akteuren in der Gesellschaft machen. Die Verantwortung der Intellektuellen, die Wahrheit zu sagen, rührt also nicht aus deren angeblich überragenden Fähigkeiten des Denkens und Urteilens, sondern vielmehr aus dem Umstand, dass sie im Vergleich zur ´lohnarbeitenden Normalbevölkerung` die entsprechende Zeit und Möglichkeit besitzen, über gesellschaftliche Ereignisse und Zusammenhänge nachzudenken, Tatsachen und Meinungen zu überprüfen und dafür Informationen einzuholen.[4]
„Doch nichts da; für den modernen Intellektuellen ist das keineswegs ausgemacht.“[5] Denn die historische Erfahrung zeigt, dass Intellektuelle diesen privilegierten Status nicht für das Sagen der Wahrheit nutzen, sondern vielmehr ihre Fähigkeiten in den Dienst für die Interessen und Privilegien der Machtelite stellen. Diese Machtelite entscheidet darüber, was in der Gesellschaft passiert, weil sie über den dafür notwendigen Reichtum besitzt. Für Chomsky stellt die Machtelite eine Welt des konzentrierten Reichtums und der Macht dar. Die Machtelite besteht aus einem umfassenden Netzwerk, das sich aus den großen Konzernen und Unternehmen, Banken bzw. dem Finanzkapital, den Superreichen, Medienkonzernen und Spitzen der Staatsministerien und Politik zusammensetzt. Dieses Netzwerk hat eine außerordentliche Macht und Gewalt über die Gesellschaft, weil es über Investitionen, Produktion, Distribution entscheidet, und sowohl Meinungen als auch politische Einstellungen durch PR-Kampagnen und Medien produzieren lässt. Es sind vor allem die riesigen, tyrannisch agierenden Konzerne, die die Wirtschaft und das soziale Leben beherrschen. Folglich kontrolliert die Machtelite die wichtigsten sozio-ökonomischen wie ideologischen Ressourcen der Gesellschaft und kann deshalb überall ihre Interessen weitgehend ungehindert durchsetzen.[6]
Dementsprechend unterliegt das politische und ideologische Denken und Handeln schärfsten Restriktionen und hält gegenüber intellektuellen Dissidenten und Abweichlern entsprechende Sanktionen bereit: Sie werden durch institutionelle Filter frühzeitig aussortiert und dadurch marginalisiert.[7] Angesichts dieser omnipotenten Herrschaftsstruktur ist es nicht verwunderlich, wenn Intellektuelle nicht ihrer moralischen Verantwortung nachkommen, die Wahrheit zu sagen, sondern sich lieber und vorauseilend in den Dienst dieser Mächtigen und Reichen stellen, wenn sie Karriere machen und von ihrer Arbeit leben wollen. Intellektuelle bilden daher eine „Art säkulare Priesterschaft“ für die Machtelite, weil sie Ideen, Pläne, Strategien, Werte, Theorien, Rechtfertigungen und Doktrinen für die ökonomischen und politischen Entscheidungsträger des Herrschaftssystems entwickeln und dem Rest der Bevölkerung „verkünden, was sie glauben sollen“.[8]
„Die intellektuelle Tradition ist“ daher für Chomsky nicht eine der Kritik und Aufklärung, sondern „eine Tradition der Dienstbarkeit gegenüber der Macht“.[9] Diese Dienstbarkeit gegenüber der Macht versuchen die Intellektuellen aus Gründen der eigenen Glaubwürdigkeit zu verheimlichen, deshalb gibt es für Chomsky zwei universelle Wahrheiten über Intellektuelle: „Erstens haben sie den starken Drang, sich der Macht zu unterwerfen, und zweitens stellen sie lautstark ihre Gegnerschaft zur Macht und ihre Unabhängigkeit von der Macht zur Schau. (..) Ein Teil dieser Unterwerfung unter die Macht besteht darin, sich selbst in der Gegnerschaft zu inszenieren, wodurch man frei und unabhängig und kritisch wirkt. Damit ist auch zugleich der Grenzwert für zulässige Kritik festgelegt.“[10] Entsprechend werden uns die Intellektuellen in der zeitgenössischen wie historischen Darstellung nicht als Wachhunde der Mächtigen, sondern „als Verteidiger von Recht und Gerechtigkeit präsentiert (…), die sich für die höchsten Werte einsetzen und den Mächtigen und Bösen mit bewundernswertem Mut und unerschütterlicher Integrität die Stirn bieten.“[11] Verwunderlich ist diese Verlogenheit wiederum nicht, denn die „Geschichte der Intellektuellen wird von Intellektuellen geschrieben.“[12]
Irrationale Kulte
Obwohl zahlreiche politische Bücher, Interviews und Aufsätze von Chomsky übersetzt wurden, nimmt man auch hierzulande in gesellschaftskritischen Kreisen kaum Notiz von seinen Thesen über die herrschaftssichernde Rolle der Intellektuellen für die Machtelite: „Was ich sage und schreibe“, so resümierte Chomsky über dieses Phänomen, „ist in diesen Kreisen durchaus nicht willkommener als in irgendwelchen Fakultätsklubs oder Aufsichtsräten – wobei es auch hier Ausnahmen gibt. Aber da meine Ansichten von dieser Sorte von Linken praktisch nicht zur Kenntnis genommen werden, stellt sich die Frage, ob man sich über sie wundert, eigentlich kaum, jedenfalls so wenig, dass sie schwer zu beantworten ist.“[13]
Vermutlich beruht dieses Desinteresse darauf, dass Chomsky auf der einen Seite sowohl die herrschaftssichernde Funktion der Intellektuellen als auch ihren unermüdlichen Machtanspruch aufzeigt und kritisiert. Auf der anderen Seite knüpft er bei seiner Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und Politik fast nie an soziologische und philosophische Theorien an, die nicht nur in der bundesdeutschen Intellektuellenszene zum zentralen und unverzichtbaren Fundus und Kanon der gehobenen Gesellschaftskritik gehören (zum Beispiel Gramsci, Foucault, Adorno, Bourdieu, Marx etc.).
Chomsky hält nämlich sehr wenig von diesen theoretischen Konzeptionen, Dogmen und Erklärungen, weil sie für ihn einfache gesellschaftliche Tatsachen und Zusammenhänge unnötig kompliziert erscheinen lassen. Intellektuelle bringen nämlich aus Gründen der eigenen Selbstbeweihräucherung gern einen akademischen Kult oder eine Orthodoxie um eine „Theorie“ bzw. einen Autor hervor, dem dann nur noch eingeweihte Geisteswissenschaftler oder Jünger folgen können. Dementsprechend sind zum Beispiel Marxismus und Freudianismus für Chomsky nichts anderes als „irrationale Kulte“ oder „Theologie“. Denn es ist schon ein Fehler, „wenn man so etwas wie ´Marxismus` überhaupt diskutiert. In der Physik diskutieren wir ja auch nicht den ´Planckianismus`, weil es einfach unsinnig wäre.“[14] Die Sozialwissenschaften unterscheiden sich in dieser Hinsicht bedeutsam von den Naturwissenschaften. In der Gesellschaftswissenschaft können sich nämlich fehlerhafte Annahmen, Kulte, Dogmen und Theorien verselbstständigen und verewigen, da eine objektive Überprüfung kaum oder nur schwer möglich ist. Dies liegt daran, dass es in den Geisteswissenschaften leichter ist, Dinge oder Tatsachen zu ignorieren, wenn man sie nicht hören will, weil sie nicht ins eigene theoretische Schema passen. Kritische Analysen können beispielsweise einfach missachtet werden, wenn ihre Resultate oder Botschaften den Intellektuellen nicht passen.[15]
Aus diesem Grund plädiert Chomsky dafür, dass die Sozialwissenschaften „in Zusammenhang mit den Naturwissenschaften studiert werden (sollten), damit der Student die Grenzen ihres rationalen Gehalts deutlich erkennt.“[16] Sowieso sollte man sich vor Augen halten, dass Wissenschaft – einschließlich der Naturwissenschaften – nur sehr einfache Fragen beantworten kann. Denn je komplizierter die Zusammenhänge sind, desto zweifelhafter werden die Erkenntnisse und umso größer fallen die Irrtümer bzw. Trugschlüsse aus. Dies trifft beispielsweise auch auf die Psychologie und kapitalistische Ökonomie zu. Angesichts der hier anzutreffenden Komplexität gibt es – wie in vielen anderen Bereichen des menschlichen und gesellschaftlichen Lebens – nicht nur keine ernst zu nehmenden Theorien, die diese Komplexität erfassen und erklären könnten, sondern nur noch ein unendliches „Rätzelraten“.[17]
Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Natur- und Sozialwissenschaft liegt für Chomsky darin, dass die Herrschaftsinteressen der Machtelite den Gesellschaftswissenschaften einen engen ideologischen Interpretationsrahmen für Tatsachen und Zusammenhänge vorgeben, der deshalb auch nur von institutionell legitimierten Experten vertreten werden darf: „Vergleichen Sie Mathematik und politische Wissenschaft – es ist ziemlich auffallend. In der Mathematik, in der Physik beschäftigen sich die Leute mit dem, was man sagt, nicht mit den Beglaubigungen, die man hat. Aber um über gesellschaftliche Realität zu sprechen, muss man die richtigen Zertifikate haben, insbesondere wenn man vom herrschenden Denksystem abweicht. Ganz allgemein gesprochen scheint es gerechtfertigt zu sein, wenn man sagt, je reicher die intellektuelle Substanz eines Gebietes ist, desto weniger besteht ein Interesse an Qualifikationsnachweisen und desto größer ist das Interesse am Inhalt. Man könnte sogar behaupten, dass der Umgang mit wesentlichen Fragen in den ideologischen Disziplinen eine gefährliche Sache sein kann, weil sich diese Disziplinen nicht einfach mit der Aufdeckung und Erklärung der Tatsachen, so wie sie sind, beschäftigen; sie haben eher die Tendenz, diese Tatsachen in einer Weise darzustellen und zu interpretieren, die mit gewissen ideologischen Forderungen übereinstimmt, und für etablierte Interessen gefährlich werden, wenn sie es nicht tun.“[18]
Waffe im Klassenkrieg
So ist beispielsweise die Aufgabe der von Intellektuellen ausgearbeiteten ökonomischen Theorie stets gewesen, herrschaftssichernde Antworten auf praktische Probleme der kapitalistischen Ökonomie für die Machtelite zu entwickeln, um deren materiellen Interessen und Privilegien durchzusetzen und diese gegenüber den (möglicherweise revoltierenden) Herrschaftsunterworfenen zu legitimieren und zu verteidigen: Die „von den Herrschenden gepredigten Wirtschaftslehren (sind) Machtinstrumente (…), mit deren Hilfe andere wirksamer ausgeraubt und ausgebeutet werden können.“[19] Dementsprechend ist die Wirtschaftswissenschaft „als Politische Ökonomie sehr flexibel und lässt sich allen möglichen Zwecken anpassen“:[20] „Wie in den Tagen von Smith und später Ricardo werden die bewährten Lehren aus Macht- und Profitgründen sorgfältig ausgearbeitet und angewandt.“[21] Und deswegen bieten die „neoliberalen Programme, Trickle-down-Theorien und andere Doktrinen, die den Interessen der Privilegierten und Mächtigen dienen, (…) nicht viel Neues.“[22]
Soweit werden unter dem Namen des Neoliberalismus wieder die „bewährten Lehren“ des freien Marktes den „Armen und Wehrlosen“ indoktriniert, während die Konzerne und Reichen weiterhin den Schutz und eine allseitige Unterstützung des Staates erhalten: „Die Lehre der freien Marktwirtschaft erscheint in zwei Gestalten. Die erste ist die offizielle Lehre, die von den gebildeten Schichten gelehrt und den Wehrlosen aufgezwungen wird. Die zweite können wir die ´real existierende Lehre der freien Marktwirtschaft` nennen: für dich, aber nicht für mich, außer zugunsten eines augenblicklichen Vorteils. Ich brauche den Schutz des fürsorglichen Staates, aber du musst ohne solchen Schutz Verantwortung lernen.“[23] Die Wirtschaftswissenschaft ist für Chomsky schon immer ein „Instrument des Klassenkrieges“ gewesen, die sich nicht nur mit den wechselnden ökonomischen Problemen und Anforderungen, sondern insbesondere mit der Veränderung des politischen Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen und Schichten wandelt. Aber nicht nur die Wirtschaftswissenschaft erweist sich als extrem „anpassungsfähig“,[24] sondern auch die Geschichts- und Rechtswissenschaft, weil hier die Intellektuellen ebenfalls die Sichtweise, Wahrnehmung und Interessen der Machtelite übernehmen, verteidigen und rechtfertigen[25]. Der von den Intellektuellen hervorgebrachte Inhalt dieser Wissenschaften hängt trotz anderslautender Beteuerungen in erster Linie von den Interessen und Zielsetzungen der Mächtigen und Privilegierten ab.
Hart erarbeitete Unverständlichkeit
Komplizierte und unverständliche Theorien über die Gesellschaft und Politik haben für Chomsky nicht die Aufgabe, die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse besser zu erklären. Vielmehr dienen sie den Intellektuellen dazu, sich einen Namen als Experten zu machen, damit sie sich im Wissenschaftsbetrieb eine berufliche Stellung erobern und sichern können, die Prestige, Privilegien, Zugang zu Macht, Einfluss und ein hohes Einkommen ermöglicht.[26] Für diesen Zweck muss man sich als Intellektueller „seine Unverständlichkeit hart erarbeiten“.[27]
Diese hart erarbeitete akademische ´Unverständlichkeit` der Intellektuellen kritisiert Chomsky, weil kaum „substanzielle Aussagen über das menschliche Leben und die Gesellschaft“ existieren, „die nicht simpel wären, sobald man die Absurditäten und das großsprecherische Getue, mit denen sie häufig verbunden sind, einmal beiseite lässt.“[28] Die philosophisch tiefgründigen und komplexen Ausführungen über gesellschaftliche und politische Zusammenhänge entpuppen sich für ihn entweder als Binsenweisheiten oder akademische Spielereien bzw. Betrügereien. So ist es für ihn auch nicht überraschend, wenn sich die Intellektuellen gerne voreinander mithilfe spektakulärer wie schwer verständlicher Aussagen reproduzieren, um so ihr Prestige zu steigern und ihre karriereförmige Eitelkeit zu befriedigen, damit sie ins Fernsehen oder auf die Titelseiten von Zeitschriften kommen.[29]
Das Prestige der Wissenschaft wird hierbei von den Intellektuellen gerne in Anspruch genommen, um letztendlich zu verschleiern, dass sie mit ihren medial verbreiteten Deutungen und Forderungen in erster Linie für die besonderen Interessen der Mächtigen arbeiten: „Nicht nur, dass die Intellektuellen stark versucht sind, in einer Gesellschaft, die ihnen zu Ansehen und Wohlstand verhilft, eine ´pragmatische Einstellung` zu vertreten, (…), das heißt eine Einstellung, die verlangt, dass man die bestehende Verteilung der Macht, auf nationaler und internationaler Ebene, und die sich daraus ergebenden politischen Realitäten ´akzeptiert`, nicht kritisch analysiert oder zu ändern trachtet, und dass man nur auf ´langsame Verbesserungsmaßnahmen` hinarbeitet, in kleinen technologischen legitimierten Schritten. Das bedeutet nicht nur, dass man, (…), stark versucht ist, sie mit einer allgemeinen ideologischen Rechtfertigung zu versehen. Vielmehr müssen wir auch damit rechnen, dass die politischen Eliten die Terminologie der Sozial- und Verhaltenswissenschaften anwenden werden, um ihr Tun und Lassen gegen kritische Analysen abzusichern (…). Und für jede beliebige Handlung wird man in den Universitäten sicherlich Experten finden, die ihre Zweckmäßigkeit und Realitätsgerechtigkeit feierlich beschwören.“[30]
Insofern verkaufen Intellektuelle eigentlich nicht ihr Wissen und ihre angeblich besonderen intellektuellen Fähigkeiten als Waren auf dem Markt und verdienen damit ihr Geld, sondern sie werden hauptsächlich für ihren herrschaftssichernden Dienst entsprechend gut bezahlt, den sie für die Mächtigen und Reichen leisten, denn letztere wissen diese besondere Art von ´Arbeit` entsprechend zu würdigen.[31]
Demgegenüber besitzen gesellschaftskritische Intellektuelle die Neigung, sich vor allem mit esoterischen Themen zu beschäftigen, die ein Außenstehender nicht mehr verstehen und nachvollziehen kann.[32] Dieser Hang der kritischen Intellektuellen kommt vermutlicherweise daher, weil sie im Wissenschaftsbetrieb marginalisiert sind und meistens dank ihrer argumentativen Exklusivität auch keinen Bezug mehr zu politischen Bewegungen haben und pflegen. Außerdem werden die kritischen Außenseiter unter Druck gesetzt, da liegt die Beschäftigung mit einer randständigen, politisch harmlosen wie unverständlichen Thematik nahe.[33] Denn man sagt dem Abweichler vom Mainstream: Er „muss aufhören, unsere Werte infrage zu stellen und unsere Privilegien zu bedrohen. Er möge sich mit technischen Modifikationen der bestehenden Gesellschaft beschäftigen, Modifikationen, die ihre Wirksamkeit steigern und ihre Ungleichheit verschleiern, aber er darf nicht eine radikal andere Alternative entwerfen und sich selbst für gesellschaftliche Veränderungen engagieren wollen.“[34] Allerdings verhelfen die wenigen kritischen Intellektuellen, die durch das institutionelle Filtersystem des Bildungssystems gerutscht sind und nun großzügig als Außenseiter geduldet werden, unfreiwillig die Glaubwürdigkeit des von der Machtelite dominierten Wissenschaftssystems zu stärken, weil sie als der lebende Beweis hingestellt werden, dass die Wissenschaft völlig frei, tolerant, plural und unabhängig arbeitet.
Tatsachen und unverständliche Theorien
Entgegen den intellektuellen Unverständlichkeiten und ideologischen Spitzfindigkeiten bzw. Moden ist für Chomsky eine politische bzw. gesellschaftliche Analyse im Bereich des für jeden zugänglichen Offensichtlichen angesiedelt.[35] Aus diesem Grund benötigt man für eine solche Analyse kein besonderes Spezialwissen über Methoden und Theorien, vielmehr genügt es, „den Tatsachen ins Gesicht zu sehen und bereit zu sein, eine rationale Argumentationslinie zu verfolgen.“[36] Dagegen versuchen die Intellektuellen, „die Sache schwierig erscheinen zu lassen (…). Aber jenseits der harten Wissenschaften und der Mathematik gibt es wirklich nicht viel, das außerhalb der Reichweite von Leuten auch ohne spezielle Ausbildung liegt“.[37] Eine Analyse politischer bzw. gesellschaftlicher Entwicklungen und Zusammenhänge besteht vor allem aus harter wie zeitaufwendiger Büroarbeit, die jedoch jeder zustande bringen könnte.[38]
Außerdem werden für Chomsky die Gesellschaftstheorien der Intellektuellen dem hohen und selbst gesetzten Anspruch einer Theorie nicht gerecht. Denn der Anspruch einer Theorie über die Gesellschaft oder Politik beinhaltet notwendigerweise die Existenz einer sozialen Struktur, „deren Prinzipien auf den ersten Blick keineswegs augenfällig sind, aus denen sich jedoch überraschende Folgen ableiten lassen, die ihrerseits die Prinzipien bestätigen.“ Aber in der „sozialen Welt“ gibt es für Chomsky „so etwas nicht.“[39] Insoweit kann es für ihn keine Theorie weder über die Gesellschaft noch über die internationale Politik oder kapitalistische Ökonomie geben, die diesen Anspruch einlösen kann. Dementsprechend respektlos geht Chomsky mit den vielfach angehimmelten intellektuellen Autoritäten der Gesellschaftswissenschaften um, in dem er sie in der Regel ignoriert, weil sie letztendlich nicht mehr als Binsenweisheiten vorzuweisen haben: „Sicher haben manche dieser ´Supertheoretiker` interessante Dinge zu sagen, doch ließe sich das alles auch auf dem Niveau von Erstsemestern formulieren.“[40] Schließlich kann man die wenigen grundlegenden Strukturen für eine Analyse der Politik und Gesellschaft nach Chomsky auf die Rückseite einer Briefmarke schreiben,[41] weil es sich um Binsenweisheiten über die kapitalistischen Macht- und Klassenverhältnisse handelt, die schon Adam Smith ganz unaufgeregt und selbstverständlich aussprach.
Machtverhältnisse und intellektuelle Vormundschaft
Adam Smith fasste die grundlegende Wahrheit über das Machtverhältnis in der bürgerlichen Klassengesellschaft mit den folgenden Worten zusammen: Zu „allen Zeiten“ lautete „die elende Devise der Herrschenden“: „Alles für uns und nichts für andere“.[42] Die Architekten der Politik und des Staates sind deshalb für Smith die Kapitalisten, die Kaufleute und Fabrikanten. Dementsprechend ist der herrschaftliche Zweck des Staates die Sicherung des Eigentums und Reichtums sowie der Schutz der Reichen vor den Armen.[43] Schließlich spiegeln Regierungsinstitutionen die Machtverteilung in der Gesellschaft wider; sie sind „keine unabhängigen Handlungsträger“.[44] Heutzutage sind es die riesigen Konzerne, Banken, Finanzinvestoren und die Superreichen, die die Architektur der Politik und das Handeln des Staates bestimmen. Schließlich will die Machtelite ihre Macht über die Politik und den Staat genauso steigern und sichern wie ihre Profite und Marktanteile auf dem nationalen und internationalen Markt. Denn nur mit staatlicher Unterstützung können sie ihren Reichtum erhalten und weiter vergrößern. Dementsprechend mächtig muss der Staat für die Wohlhabenden sein, damit er ihre Interessen durchzusetzen kann. Andererseits darf der Staat aus Sicht der Machtelite nicht zu mächtig und zu selbstständig sein, weil sonst die Gefahr besteht, dass er ihre Privilegien und ihren Reichtum antasten könnte.[45]
Für die internationalen Beziehungen ergeben sich aus diesem Macht- und Klassenverhältnis zwei zentrale Prinzipien, die für Chomsky zahlreiche Entwicklungen und Ereignisse hinreichend erklären:
Hieraus ergeben sich einige wichtige Aufgaben des Staates für die Machtelite:
Für Chomsky verändert sich daher der „strategische Grundrahmen politischen Handelns (…) im wesentlichen kaum, solange die Macht- und Herrschaftsinstitutionen stabil bleiben und die Möglichkeit bieten, Herausforderungen zu begegnen und rivalisierende Kräfte miteinander in Einklang zu bringen oder gegeneinander auszuspielen.“[49]
Aber dies alles sind für Chomsky auf der Hand liegende Banalitäten über die Macht- und Klassenverhältnisse in einem kapitalistischen Land und zwischen den Staaten. Dementsprechend unsinnig ist der von den Intellektuellen verbreitete Glaube, dass man, um die Gesellschaft oder die Politik zu verstehen, auf komplizierte Theorien zurückgreifen müsste: Für „jeden, der sich in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften (oder den ´politischen Wissenschaften`) auch nur ein wenig auskennt, ist die Behauptung, gewisse Erwägungen und Prinzipien seien zu diffizil, als dass der Außenstehende sie verstehen könnte, schlichtweg eine Absurdität und jeglichen Kommentars unwürdig.“[50]
Mit ihren theoretischen Unverständlichkeiten beanspruchen Intellektuelle vor allem eines, nämlich die Vormundschaft über die Bevölkerung auszuüben. Diese Vormundschaft zielt darauf ab, die Menschen vom unabhängigen Denken und Urteilen über die Welt abzuhalten, um sie so politisch zu marginalisieren: „Entsprechend ist es für die Fachleute außerordentlich wichtig, jedem den Glauben an das Vorhandensein eines intellektuellen Bezugsrahmens einzuflößen, den sie allein besitzen, sodass also allein sie das Recht haben oder dazu imstande sind, diese Angelegenheiten zu kommentieren. Dies ist eine der Weisen, auf die die Berufsintelligentsia eine nützliche und wirkungsvolle Funktion innerhalb des gesellschaftlichen Kontrollapparates erfüllt.“[51] Zu diesem Zweck berufen sich Intellektuelle gerne auf „die Autorität der Wissenschaft“ und nutzen das von ihnen selbst geschaffene Image von Wissenschaft in der Öffentlichkeit dafür aus.[52]
Auf diese Art und Weise wird für Chomsky ein hoher Grad an ideologischer Konformität in der Gesellschaft hergestellt, die die Bildungsinstitutionen, Medien und die gebildeten Schichten beherrscht und bestimmt.[53] So betont Chomsky weiter, „dass der Kult, der mit den Experten getrieben wird, ganz offensichtlich sowohl profitabel ist (für jene, die ihn propagieren) als auch betrügerisch. (…) Sollte es wirklich einen Vorrat an genau geprüften und bestätigten Theorien geben, die für die Behandlung außenpolitischer Probleme oder die Lösung innerer oder internationaler Konflikte geeignet sind, dann ist ihre Existenz ein gut behütetes Geheimnis geblieben.“[54] Aus diesem Grund sollten die Gesellschaftswissenschaften ernsthaft studiert werden, weil dann jedem bewusst wird, „wie wenig sie tatsächlich über die Probleme von Mensch und Gesellschaft, die wirklich zählen, zu sagen haben.“[55]
Leit- und Massenmedien der Konzerne
Der ´gebildete` Teil der Bevölkerung, der sich aus Kulturmanagern, Schriftstellern, Journalisten, Lehrern, Politikern, Rechtsanwälten, Führungspersonal bzw. Manager des Staates und der Unternehmen etc. zusammensetzt, ihr Anteil wird von Chomsky auf rund 20 Prozent geschätzt, wird am stärksten ideologisch indoktriniert, da er die entscheidenden herrschaftssichernden Aufgaben und Funktionen für die Machtelite ausübt, denn:[56] Die Wirkungen der Indoktrination „sind umso größer, je mehr sie von den gebildeten Schichten unterstützt und keine Kritik daran zugelassen wird. Diese Lektion haben Hitler und viele andere gelernt, bis auf den heutigen Tag.“[57] Deshalb sind die gebildeten Schichten der herrschaftssichernden Propaganda der Intellektuellen beständig ausgesetzt. Zudem können sich die gebildeten Schichten in gehobener Form ausdrücken, sie haben die weitgehend gleiche soziale und politische Wahrnehmung, Werte- und Verhaltenseinstellung wie die Machtelite und üben deshalb in bestimmten Umfang einen entsprechenden Einfluss auf die politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Entscheidungen und Entwicklungen eines Landes aus. Sie identifizieren sich mit den Interessen der Mächtigen und halten diese für ihre eigenen. Für ihren Dienst und für ihre Verinnerlichung und Verteidigung des Wertekanons und der Interessen der Machtelite erhalten sie einen gewissen Anteil an der Macht, des Reichtums, der Privilegien und des Prestiges. Damit bilden sie nicht nur einen zentralen Pfeiler des ideologischen Indoktrinationssystems, sondern sie sind vielmehr entscheidende Akteure des staatskapitalistischen Propagandasystems für die Herrschaftssicherung der Machtelite, weil sie die breite, weniger gebildete Bevölkerungsgruppe (rund 80 Prozent) ideologisch zum Gehorsam, zur Passivität, Konformität, Habsucht und Unterwerfung erziehen, in dem sie diese in ihrem sozialen, kulturellen Verhalten, Wissen und Denken bzw. in ihrer Wahrnehmung entsprechend formen, disziplinieren und kontrollieren. Dieses grundlegende soziale Verhältnis spiegelt sich auch in einer Zweiteilung der Medien wider, die entweder reine Medienkonzerne sind oder Konzernkonglomeraten angehören.[58]
Das Geschäft dieser konzerngesteuerten Medien ist es nicht, ihre Leserschaft und Zuschauer mit Informationen und Zusammenhängen des Zeitgeschehens zu beliefern. Vielmehr verkaufen die Medienkonzerne ihre Leserschaft und Zuschauer an ihre Anzeigenkunden, also den großen Unternehmen und Konzernen, denn nur damit macht man als Medienunternehmen Gewinne. Die Zeitungen, Zeitschriften und TV-Sendungen der Konzerne vermitteln deshalb ein Bild von der Gesellschaft, die den politischen Bedürfnissen, Interessen und Perspektiven der Anzeigenkunden und den Medienkonzernen Rechnung tragen.[59] Für die extrem indoktrinierten und gebildeten Schichten existieren intellektuell ´anspruchsvolle` Elite- und Leitmedien, die politische und ökonomische Gegebenheiten und Entwicklungen innerhalb des vorgegebenen ideologischen Indoktrinierungsrahmens der Machtelite darlegen und kommentieren. All dies dient auch dazu, den übrigen 80 Prozent der Bevölkerung die notwendigen Illusionen bzw. Lügen als Wahrheit zu verkaufen, hinter denen sich die handfesten Interessen der Machtelite verbergen. Denn diese Leitmedien liefern nicht nur die passenden Themen, Bilder und Informationen, sondern setzen vor allem den zu befolgenden ideologischen Rahmen zulässiger Meinungen und Ansichten über die Welt für alle weiteren Massenmedien.[60]
Dennoch müssen die Elitemedien wahre Tatsachen nennen (dies passiert vor allem in den Wirtschaftszeitungen), weil die ökonomischen und politischen Entscheidungen der Mächtigen als auch der gebildeten Schichten auf Fakten beruhen müssen. Die Notwendigkeit der Erzeugung von Illusionen über die politikökonomischen Zusammenhänge und Ereignisse und die Notwendigkeit wahre Tatsachen zu benennen konstituiert jedoch einen unüberwindbaren Widerspruch dieser Leitmedien. Innerhalb dieses ideologisch indoktrinierten und widersprüchlichen Rahmens der Leitmedien werden daher heftige Kontroversen ausgetragen, die nicht nur die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Machtelite und ihren Unterstützern aus den gebildeten Schichten und Intellektuellen widerspiegeln, sondern auch den Anschein einer freien, demokratischen und pluralen Diskussion erwecken, was wiederum eine wichtige Legitimationsquelle für das Netzwerk der Machtelite darstellt. Zudem können sich die Zeitungen, Zeitschriften und TV-Sender durch ihre Berichterstattung über diese Konflikte und Kontroversen, einschließlich ihrer willkürlichen Parteinahme für die eine oder andere der Konfliktparteien, gerne als unabhängige, ausgewogene und kritische Instanz gegenüber Politik und Wirtschaft inszenieren, während sie tatsächlich den von der Machtelite restriktiv gesetzten, politischen und ideologischen Indoktrinierungsrahmen nie verlassen haben.
Für den übrigen Teil der Bevölkerung, also die ´weniger gebildete` und zum Gehorsam erzogene Mehrheit, gibt es die anspruchslosen Massenmedien, die vor allem dafür zuständig sind, die Menschen zu unterhalten, zu amüsieren, abzulenken (Sport, Seifenopern, Boulevard, Comedy, Krimis etc.), und sie mithilfe bedeutungsloser (nationalistischer, chauvinistischer) Slogans und des Fernsehens zu apathischen, autoritätsgläubigen, kaufsüchtigen wie desinteressierten Konsumidioten zu formieren. So wird die Bevölkerung sozial atomisiert, fragmentiert und dadurch politisch marginalisiert. Dies wird durch eine falsche, lügenhafte oder irreführende Darstellung politischer, sozialer, ökonomischer Tatsachen, Erklärungen und Zusammenhänge begleitet, die von Regierungen und Konzernen mithilfe der PR-Industrie sowie intellektuellen Experten als notwendige Illusionen produziert und verbreitet werden. Die breite Bevölkerung soll eben nicht über die Welt selbstständig nachdenken, sie soll sich noch viel weniger politisch einmischen, vielmehr soll sie sich darauf beschränken, die in der Werbung angepriesenen Waren zu konsumieren, um einen fremdgesteuerten Lebensstil zu imitieren und nachzueifern. Aus diesem Grund ist es in den Augen der PR-Manager notwendig, unter der Bevölkerung eine „´Philosophie der Vergeblichkeit` und des fehlenden Lebenssinns“ zu verbreiten, „um die Aufmerksamkeit auf ´die eher überflüssigen Dinge` zu lenken, die ´Ausdruck modebewusster Konsumtion sind`“.[61]
Die Menschen sollen sich, um in einen apathischen Zustand versetzt zu werden, auf ihren Individualismus zurückziehen und nur noch ihrem persönlichen Gewinn verpflichtet fühlen: „Vom Kleinkinderalter auf von Propaganda überflutet, können die Menschen ihr sinnloses und untergeordnetes Leben akzeptieren und vergessen so lächerliche Ideen, wie ihre Angelegenheiten selbst bestimmen zu können. Sie lassen die Bestimmung ihres Schicksals bei den Zauberern zurück, und im politischen Bereich bei der ´intelligenten Minderheit`, wie jene sich selbst beschreiben, welche der Macht dienen und sie verwalten.“[62] Insoweit ist es aus der Herrschaftssicht der Machtelite nicht ganz so wichtig, was dieser Teil der Bevölkerung wirklich denkt, solange diese Menschen gehorchen und ihrer Pflicht als Lohnarbeiter und Konsumenten nachkommen: „Gute Propaganda erfindet einen Slogan, dem alle zustimmen können, ohne wissen zu müssen, was er bedeutet, weil er nämlich nichts bedeutet. Sein Wert besteht gerade darin, von der wirklich bedeutungsvollen Frage abzulenken (…). Das in den dreißiger Jahren erdachte Konzept funktioniert bis heute, und die PR-Industrie setzt weiterhin auf eine Demokratie, in der die Spezialisten im Dienst der Wirtschaft stehen, während die übrige Bevölkerung aller Möglichkeiten, sich zu organisieren, beraubt ist, weil der Kampf um Rechte nur Ärger verursacht. Die Leute sollen vor dem Fernseher sitzen und sich die Botschaft einhämmern lassen, es sei am wichtigsten, dieses oder jenes Produkt zu kaufen und das Leben der reichen Mittelschichtfamilie zu führen, die einem auf dem Bildschirm vorgeführt wird“.[63]
Machtinstinkt der Intellektuellen
Das von Chomsky scharf kritisierte „großsprecherische Getue“ der Intellektuellen beruht insbesondere darauf, dass sie sich damit gegenüber politischen Bewegungen distanzieren und abschotten. Intellektuelle nehmen aufgrund ihrer Klassenposition gegenüber politischen Bewegungen und Aktivitäten fast immer eine herablassende, belehrende und kontrollierende, also elitäre Position und Geisteshaltung ein: Man kann daher plausibel annehmen, „dass die Intellektuellen bei der Interpretation der Geschichte oder bei der Formulierung der Politik dazu neigen werden, eine elitäre Position zu beziehen: Sie werden Volksbewegungen und Massenbeteiligungen bei politischen Entscheidungen verurteilen und dafür die Notwendigkeit hervorheben, dass diejenigen die Oberaufsicht übernehmen, die das (wie sie glauben) für die Führung der Gesellschaft und die Kontrolle des sozialen Wandels notwendige Wissen und Können haben.“[64] Intellektuelle ersetzen hier ihre Verantwortung, nämlich die Wahrheit zu sagen, durch das Ziel, ihre eigene privilegierte Position in der Gesellschaft gegenüber der breiten, unwissenden Masse zu sichern und zu legitimieren. So kommt es, das sie entweder die Interessen und Ziele der jeweiligen kapitalistischen Machtelite unterstützen, formen und rechtfertigen oder als links-intellektuelle bzw. leninistische Avantgarde die Macht erobern und diese anschließend gegenüber der ´ungebildeten Masse` ausüben wollen. Und in beiden Fällen geben sich die Intellektuellen gerne als die wahren Repräsentanten des Volkes aus, das sie helfen zu unterdrücken und auszubeuten. Auf diesen Machtanspruch der Intellektuellen hatten, wie Chomsky betont, schon Bakunin, Luxemburg und Pannekoek aufmerksam gemacht.[65] Vermutlich fällt es dank dieses Machtinstinkts den Intellektuellen eher leicht, „von einer Position zur anderen hinüberzuwechseln, ohne ihre Grundüberzeugungen ändern zu müssen. Es geht nur darum, sich der jeweiligen Machtposition anzuschließen. Wenn es eine Revolution gibt, kommen wir an die Macht; wenn nicht, arbeiten wir für die Leute, die die wirkliche Macht in den Händen halten, d. h. für die Geschäftsleute. Aber die Sache bleibt sich gleich: Wir treiben die dumpfen Massen einer Welt entgegen, die zu begreifen sie selbst unfähig sind.“[66]
Klassenkrieg gegen den inneren Feind
Ohnehin gilt die weniger gebildete Bevölkerung in den Augen der Mächtigen, Intellektuellen und Gebildeten seit der Ausweitung demokratischer Rechte als prinzipiell unberechenbar und damit als potenziell gefährlich, deshalb lautet die herrschaftssichernde Devise: „Wenn die Freiheit wächst, wächst die Notwendigkeit, die Meinungen zu kanalisieren und zu kontrollieren ebenfalls, sofern man die große Bestie davon abhalten will, mit ihrer Freiheit etwas Sinnvolles anzufangen.“[67] Aus diesem Grund gehört die Kontrolle der einheimischen Bevölkerung auch zu den vorrangigen Aufgaben des Staates.[68] Denn diese „ungezähmte Meute“[69] wird von den Konzernlenkern und Staatsmanagern als innerer Feind angesehen[70]: „Der Abschaum muss den Wert der Unterordnung schätzen lernen und, mit Scheuklappen versehen, auf die Suche nach persönlichem materiellen Gewinn geschickt werden.“[71] Darum ist es „auch nutzbringend, die Bevölkerung auf einem niedrigen kulturellen Niveau zu halten, wie es in den USA recht erfolgreich gelungen ist“.[72] Solange dieser Bevölkerungsteil sich unterordnet, damit seiner ihm auferlegten Pflicht des Arbeitens und Gehorsams nachkommt, muss man ihm – aus der Sicht der Machtelite – keine Beachtung schenken, da man uneingeschränkte Handlungsfreiheit zur Verfolgung seiner Interessen besitzt, also die Entscheidungen in der politischen Arena unter seines gleichen trifft. Schließlich darf in den westlichen Demokratien die Demokratie nichts anderes als ein Machtspiel der ´aufgeklärten und weisen` Eliten sein.
Mischt sich die breite Bevölkerung dennoch unerwartet in diese Angelegenheit der Elite ein, indem sie sich plötzlich organisiert, um sich für eigene Rechte und Interessen einzusetzen, damit unerlaubterweise die politische Arena betritt, obwohl sie doch nur als Zuschauer zugelassen ist, dann rufen die Intellektuellen die „Krise der Demokratie“ aus.
Im selben Augenblick geht dann die Machtelite zum Gegenangriff über, da sie ihre politische Vorherrschaft und Souveränität infrage gestellt sieht. Dieser von der Machtelite dann eingeleitete und geführte „Klassenkrieg“[73] gegen den inneren Feind kann je nach Stand des politischen Kräfteverhältnisses unterschiedliche – von den Intellektuellen initiierte und ausgearbeitete – Strategien annehmen, um den „Pöbel“ wieder „auf Linie zu bringen“.[74] Chomsky zählt dafür einige Beispiele aus der jüngeren kapitalistischen Geschichte der westlichen Industriestaaten auf:
Aus der Kritik an den Intellektuellen, einschließlich der gebildeten Schichten, sollte man nach Chomsky allerdings nicht die ´romantische` Schlussfolgerung ziehen, dass die breite Masse der Herrschaftsunterworfenen die vernünftigeren, moralisch besseren Menschen wären, die vielleicht sogar von einem versteckt gebliebenen revolutionären Geist bzw. fortschrittlichen Impuls beseelt sind. Dies ist ein Trugschluss. Vielmehr ist alles möglich, auch die Entstehung einer faschistischen Massenbewegung von unten gegen die bestehende Machtelite.[81] Bereits Bertrand Russell kritisierte den Glauben an die höhere Tugend der Unterdrückten als eine „hartnäckige Wahnidee“, die für ihn vor allem ein Produkt der Herrschaft selbst ist, die aber erst dann einsetzt, „wenn sich das schlechte Gewissen der Unterdrücker regt, und das rührt sich erst, wenn ihre Macht nicht mehr gesichert ist. (…) Ist schließlich die Macht gleichmäßig verteilt, so wird jeder einsehen, dass alles Gerede von der höheren Tugend Unsinn und zur Begründung des Anspruchs auf Gleichheit ganz unnötig war.“[82]
[«1] Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung; Lüneburg, S. 68
[«2] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M., S. 126
[«3] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M., S. 125f.
[«4] Chomsky 2001: Propaganda and the public mind. Conversations with Noam Chomsky, S. 145f.
[«5] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M., S. 125f.; „Die Verantwortung des Schriftstellers als moralisch Handelnden besteht darin, einem potenziell handlungsfähigen Publikum die Wahrheit über wesentliche Dinge im Leben zugänglich zu machen.“ (in: „absolute Noam Chomsky“; Hg.: M. Schiffmann, 2004, Freiburg, S. 122f.)
[«6] Vgl. Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, S. 139f.
[«7] Chomsky1987: Vom politischen Gebrauch der Waffen; Wien, S.243ff.
[«8] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 132
[«9] Chomsky zitiert nach John Pilger 2000: Noam Chomsky, in: Chomsky: Sprache und Politik, Berlin, S. 12
[«10] „Absolute Noam Chomsky“; Hg.: M. Schiffmann, 2004, Freiburg, S. 24
[«11] Chomsky 2008: die große Seele der Macht; in: http://www.edition-nautilus.de/xbilder/xmedia/Chomsky_Extra.pdf [PDF – 270 KB], S. 11. fünf Texte zu dem Buch „Interventionen“ von N. Chomsky, Hamburg
[«12] Chomsky 2008: die große Seele der Macht; in: http://www.edition-nautilus.de/xbilder/xmedia/Chomsky_Extra.pdf [PDF – 270 KB], S. 11. fünf Texte zu dem Buch „Interventionen“ von N. Chomsky, Hamburg
[«13] Chomsky 2001: Die politische Ökonomie der Menschenrechte, Grafenau, S. 175/p>
[«14] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 285, Herv. im Original
[«15] Chomsky 1994: Keeping the rabble in line: interviews with David Barsamian, S. 150f.
[«16] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M., S. 123
[«17] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 270f.; vgl. Chomsky 2001: Propaganda and the public mind. Conversations with Noam Chomsky, S. 26ff.
[«18] Chomsky 1981: Sprache und Verantwortung; Berlin, S. 34f.
[«19] Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung; Lüneburg, S. 160
[«20] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 312f.; vgl. C. Girschner 2012: Wirtschaftswissenschaft als herrschaftssichernde Ideologie, in: www.trend.infopartisan.net/trd0312/t170312.html
[«21] Chomsky 1997: Alter Wein in neuen Schläuchen: ein bitterer Nachgeschmack; in: PROKLA Nr. 108, S. 483
[«22] Chomsky 2004: Neue Weltordnungen. Vom Kolonialismus bis zum Big Mac; Hamburg, 223f.
[«23] Chomsky 1997: Alter Wein in neuen Schläuchen: ein bitterer Nachgeschmack; in: PROKLA Nr. 108, S. 477
[«24] Chomsky 2000: Haben und Nichthaben; Berlin/Wien, S. 149
[«25] Chomsky 2008: Wie man Geschichte umschreibt; in: Chomsky: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen. Zentrale Schriften zur Politik; München, S. 169ff.; Chomsky 2005: Imperial ambitions: interviews with David Barsamian, London, S. 75ff.; Chomsky 2003: Hybris, Hamburg, S.26ff.; Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, S. 16ff.
[«26] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 8
[«27] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 286
[«28] Chomsky 2001: Die politische Ökonomie der Menschenrechte, Grafenau, S. 175
[«29] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 132
[«30] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 122
[«31] Chomsky 1994: Keeping the rabble in line: interviews with David Barsamian, S. 155f.
[«32] Vgl. Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 394
[«33] Chomsky 1994: Keeping the rabble in line: interviews with David Barsamian, S. 163ff.
[«34] Chomsky 1974: Aus Staatsraison; Frankfurt/M. S. 27
[«35] dazu Chomsky in: Robert F. Barsky 1999: Noam Chomsky. Libertärer Querdenker; Zürich, S. 201
[«36] Chomsky 1981: Sprache und Verantwortung; Berlin, S. 32f.
[«37] Chomsky zitiert nach: Robert F. Barsky 1999: Noam Chomsky. Libertärer Querdenker; Zürich, S. 201
[«38] Wer selbst Forschung betreiben will, sollte nach Auffassung von Chomsky dies beachten: „Verlass dich nicht einfach auf die herkömmlichen Geschichtsdarstellungen und politwissenschaftlichen Schulbücher – greif zurück auf Monografien von Spezialisten und auf die originalen Quellen: Memoranden zur Nationalen Sicherheit und ähnliche Dokumente.“ (Chomsky 1993: Was Onkel Sam wirklich will; Zürich, S. 142)
[«39] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 287; Chomsky 2001: Propaganda and the public mind. Conversations with Noam Chomsky, S.20f.
[«40] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht; Hamburg, S. 287
[«41] nach Michael Schiffmann 2004: Um der Freiheit willen; in: Junge Welt 24.5., S. 10f.
[«42] Adam Smith 1978: Der Wohlstand der Nationen; 6. Aufl.; München, S. 338; vgl. Chomsky 2000: Haben und Nichthaben; Berlin/Wien, S.20ff.
[«43] Chomsky 2006: Der gescheiterte Staat; München, S.269
[«44] Chomsky 2000: Profit over people . Neoliberalismus und globale Weltordnung; Hamburg, S.22
[«45] Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, S. 147
[«46] Chomsky 2007: What wie say goes. Interviews with David Barsamian, London, S. 41f.;
[«47] All dies bezeichnet Chomsky auch als die >fünfte Freiheit< des Staates, die Freiheit zu Raub und Ausbeutung vor allem der sogenannten Dritten Welt, die anderen vier Freiheiten sind: Redefreiheit, Glaubensfreiheit, Freiheit von Mangel, Freiheit von Furcht. Dazu: Chomsky 1987: Vom politischen Gebrauch der Waffen, Wien, S. 233f.; Chomsky 1988: Die 5. Freiheit. Über Macht und Ideologie, Berlin; Chomsky 1993: Die Herren der Welt, Berlin; Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt, Lüneburg; Chomsky 2004: Neue Weltordnungen, Hamburg
[«48] Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung; Lüneburg, S. 391
[«49] Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung; Lüneburg, S. 94
[«50] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 145
[«51] Chomsky 1981: Sprache und Verantwortung; Berlin, S. 33f.
[«52] Vgl.; Chomsky 1974: Aus Staatsraison; Frankfurt/M., S. 26f.; Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 122
[«53] Chomsky 2002: Media Control. Wie die Medien uns manipulieren; Hamburg, S.30ff.; vgl. Edward S. Herman/ N. Chomsky 1994: Manufacturing consent. The political economy of the mass media
[«54] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 144
[«55] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 123
[«56] Chomsky 1993: Was Onkel Sam wirklich will, Zürich, S.135f.; Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, S. 146ff.
[«57] Chomsky 2002: Media Control. Wie die Medien uns manipulieren; Hamburg, S. 30
[«58] Vgl. Chiomsky 2001: Profit over people. Neoliberalismus und globale Weltordnung, Hamburg, 54ff.; Chomsky 2002: Media Control. Wie die Medien uns manipulieren, Hamburg
[«59] Chomsky 2002: Media Control. Wie die Medien uns manipulieren; Hamburg, S. 26
[«60] Chomsky 2001: Die politische Ökonomie der Menschenrechte, Grafenau, S.127
[«61] Chomsky 2001: War against people. Menschenrechte und Schurkenstaaten; Hamburg, S. 135
[«62] Chomsky 2002: Eine Welt ohne Krieg. Weltsozialforum in Porte Allegre; in: http://www.chomskyarchiv.de/vortrage/eine-welt-ohne-krieg
[«63] Chomsky 2002: Media Control. Wie die Medien uns manipulieren; Hamburg, S. 35
[«64] Chomsky 1971: Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen; Frankfurt/M, S. 60
[«65] Pannekoek schrieb über die Intellektuellen und ihr Verhältnis zur Macht: „Die landbesitzende Aristokratie verteidigte in der französischen Revolution ihre bevorrechtigte Stellung damit, dass sie sich ihrer Herkunft aus einer edleren Rasse von Eroberern rühmte, die sich die gewöhnlichere Rasse des gemeinen Volkes unterworfen hatte. Großkapitalisten erklären ihre beherrschende Stellung durch die Behauptung, sie besäßen Verstand und andere Leute keinen. In ähnlicher Weise pochen nun namentlich die Intellektuellen, die sich selbst als die berufene herrschende Klasse von morgen ansehen, auf ihre geistige Überlegenheit. Sie bilden die rasch anwachsende Klasse der als Staats- oder Betriebsbeamte oder in freien Berufen tätigen Akademiker, die sich auf die Kopfarbeit, das Studium von Büchern und Wissenschaften spezialisiert haben und sich als die ausschließliche Gruppe der geistig begabten Menschen betrachten. Deshalb seien sie allein fähig und dazu bestimmt, die Leitung der Gesellschaft in ihre Hände zu nehmen, während die geistig unbegabte Masse die geistlose Handarbeit durchführen soll. (…). Dies um so mehr, als die Gesellschaft jetzt eine so komplizierte, auf abstrakten und schwierigen Wissenschaften beruhende Struktur besitzt, dass überhaupt nur der größte geistige Scharfsinn das alles zu erfassen, zu begreifen und zu meistern fähig ist. Sollten die Arbeitermassen aus Mangel an Einsicht sich weigern, diese Notwendigkeit der überlegenen intellektuellen Führung anzuerkennen, sollten sie in ihrer Dummheit versuchen, die Führung in die eigenen Hände zu nehmen, dann würden Chaos und Zusammenbruch die notwendige Folge sein. Nun ist zu bemerken, dass das Wort Intellektueller hier nicht einfach für einen Menschen steht, der Verstand oder Intellekt besitzt. Die Bezeichnung Intellektuelle meint eine Klasse mit besonderen Funktionen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben, deren Ausübung meistens Universitätsstudium erfordert. Intellekt, guter Verstand, findet sich bei Personen aller Klassen, bei Kapitalisten und Handwerkern, bei Bauern und Arbeitern. Was die >Intellektuellen< kennzeichnet, ist nicht hervorragende Intelligenz, sondern eine besondere Fähigkeit in der Handhabung wissenschaftlicher Abstraktionen und Formeln, oft allerdings nur im Auswendiglernen, wobei diese Fähigkeit gewöhnlich mit einem beschränkten Sinn für andere Bereiche des Lebens verbunden ist. In ihrer Selbstüberhebung kommt ein engherziger Intellektualismus zum Ausdruck, dem die vielen anderen Qualitäten, welche in aller menschlichen Tätigkeit eine bedeutende Rolle spielen, fremd sind.“ (Anton Pannekoek 2008: Arbeiterräte. Texte zur sozialen Revolution; Fernwald, S. 57) Und dazu passend heißt es später: „Es gibt Gruppen und Parteien, die behaupten, im ausschließlichen Besitz der Wahrheit zu sein, und die die Arbeiter, unter Ausschluss jeder anderen Meinung, durch ihre Propaganda zu gewinnen suchen. Durch moralischen und, wenn sie die Macht haben, auch materiellen Druck, versuchen sie, den Massen ihre Ansichten aufzuzwingen. Es sollte klar sein, dass das einseitige Lehren eines bestimmten Systems von Doktrinen nur dazu dienen kann, und tatsächlich auch dienen soll, gehorsame Anhänger zu erziehen, um damit eine alte Herrschaft aufrecht zu erhalten oder eine neue vorzubereiten.“ (ebd., 113)
[«66] Chomsky 2002: Media Control. Wie die Medien uns manipulieren; Hamburg, S. 50
[«67] Chomsky 2000: Haben und Nichthaben; Berlin/Wien, S. 31
[«68] Chomsky 2004: Neue Weltordnungen. Vom Kolonialismus bis zum Big Mac; Hamburg, S. 9
[«69] Chomsky 2000: Sprache und Politik, Berlin, S. 238
[«70] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht, Hamburg, S. 59f; Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, S. 103ff.
[«71] Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung; Lüneburg; S. 47
[«72] Chomsky 1987: Vom politischen Gebrauch der Waffen; Wien, S. 253
[«73] Chomsky 2000: Haben und Nichthaben; Berlin/Wien, S. 53
[«74] Chomsky 1994: Keeping the rabble in line: interviews with David Barsamian
[«75] Chomsky 1993: Wirtschaft und Gewalt. Vom Kolonialismus zur neuen Weltordnung; Lüneburg, S. 98
[«76] Vgl. Chomsky 2001: Die politische Ökonomie der Menschenrechte, Grafenau, S. 101; Chomsky 2002: The common good. Interviewed by David Barsamian, S.28
[«77] Chomsky 2000: Haben und Nichthaben, Berlin/Wien, S. 8 u. 17; Chomsky 1987: Vom politischen Gebrauch der Waffen,Wien, S. 248, 259ff.
[«78] Chomsky 2001: Die politische Ökonomie der Menschenrechte, Grafenau, S. 100f.
[«79] Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht, Hamburg, S. 23f.; Chomsky 1994: Keeping the rabble in line: interviews with David Barsamian, S. 127ff.
[«80] Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, S. 106ff.; Chomsky 2004: Eine Anatomie der Macht, Hamburg, 159f.
[«81] Chomsky 1992: Chronicle of dissent: interviews with David Barsamian, 146ff.
[«82] Bertrand Russell 2005: Unpopuläre Betrachtungen; Zürich, S. 70
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