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Titel: US-Regierung: Sanktionen, Zölle und maximaler Druck gegen Venezuela

Datum: 26. April 2025 um 12:00 Uhr
Rubrik: Länderberichte, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
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Die Regierung von Donald Trump ist kaum drei Monate im Amt, aber jeder Tag fühlt sich wie eine Achterbahnfahrt an. Drohungen fliegen nur so umher, und jetzt ist eine brutale Bombenkampagne im Jemen im Gange. Die uneingeschränkte Unterstützung des Völkermords in Palästina ist die eine Konstante. Was Venezuela betrifft, so brachten Analysten verschiedene Szenarien für die politischen Ansätze der USA vor, die von einer Neuauflage von Trumps „maximalem Druck” bis hin zu pragmatischeren Szenarien reichten. Doch nach einem Auftakt, der auf einen pragmatischeren Ansatz hindeutete, hat die Trump-Regierung ihre Angriffe gegen Venezuela verstärkt. Von Ricardo Vaz.

Ein frühes direktes Gespräch zwischen dem Weißen Haus und der Regierung von Nicolás Maduro erweckte die Illusion eines eher unorthodoxen und weniger feindlichen Ansatzes. Alle nachfolgenden Schritte weisen jedoch in eine andere Richtung. Trump verstärkt den Druck auf Venezuela.

Was geschieht mit Chevron?

Die Betriebslizenz von Chevron in Venezuela wurde von den meisten als Gradmesser dafür angesehen, wohin der wiedergewählte US-amerikanische Reality-Show-Moderator gehen will. Chevron weiterarbeiten zu lassen würde bedeuten, dass ein Regime Change nicht in Aussicht steht und ein US-amerikanischer Energieriese weiterhin Gewinne machen sollte. Chevron herauszudrängen bedeutete eindeutig, zu versuchen, Venezuela mit allen Mitteln zu ersticken.

Nach viel Spekulation führte der Druck von Floridas „verrückten kubanischen” Abgeordneten dazu, dass das US-Finanzministerium die Sanktionsbefreiung des Unternehmens zurückzog und ihm 30 Tage, bis zum 2. April, Zeit gab, seine Geschäftstätigkeit einzustellen.

Allerdings wurde die Frist für Chevron später bis zum 27. Mai verlängert. Die Frage ist nun, ob dies wirklich das Ende des Weges ist oder ob Chevron eventuell auf der Grundlage wiederkehrender kurzfristiger Lizenzen bleiben könnte. Diese Politik des Mittelwegs würde sicherstellen, dass der Konzern keine Verluste erleidet, ihn aber auch davon abhalten, bedeutende Investitionen zu tätigen, um die Produktion anzukurbeln.

Zölle und Sanktionen

Der einschneidendste Schritt erfolgte am 24. März, als der US-Präsident 25-prozentige „Sekundärzölle” auf Importe aus Ländern ankündigte, die Zielorte für venezolanische Ölexporte sind. Die Ankündigung kam für alle überraschend, nicht nur, weil Sekundärzölle im internationalen Handel nicht existieren, sondern auch, weil die Maßnahme absurd und unlogisch ist. Nicht, dass Irrationalität ein Hindernis für Trump wäre …

Es ist wichtig, zwischen Sanktionen und Zöllen zu unterscheiden. Im Falle Venezuelas führte die erste Trump-Regierung im Weißen Haus primäre Sanktionen ein, die im Grunde alle US-Personen und -Organisationen daran hinderten, mit Unternehmen Geschäfte zu machen, an denen der venezolanische Staat eine Mehrheitsbeteiligung hielt. Dann drohte sie mit sekundären Sanktionen und verhängte diese gegen Firmen aus Drittländern, die mit der venezolanischen Ölindustrie Geschäfte machten.

In den letzten Jahren haben große internationale Unternehmen aus Angst vor sekundären Sanktionen lukrative Geschäftsmöglichkeiten im venezolanischen Energiesektor gemieden, ein Phänomen, das als „Übererfüllung” bekannt ist. Diejenigen, die sich darauf eingelassen haben, taten dies mit ausdrücklicher Genehmigung des US-Finanzministeriums.

Sekundärsanktionen bestrafen einen bestimmten Akteur, der „schuldig” befunden wurde, gegen die von den USA einseitig auferlegten „Regeln” verstoßen zu haben. In diesem Sinne ist es eine Waffe, die den Handel, in diesem Fall die Ölexporte, in einen informellen Markt von Schiff-zu-Schiff-Transfers, verschleierten Standorten und umetikettierten Sendungen zwingt.

Zölle sind Instrumente, die eine Steuer auf bestimmte Waren aus einem bestimmten Land erheben. Trumps Ankündigung von Zöllen auf die ganze Welt, mit der absurdesten Formel dahinter, hat bereits Schockwellen ausgelöst. Sekundärzölle sind jedoch besonders unsinnig, da zwischen den Schuldigen, die die Maßnahmen auslösen würden, und den Betroffenen keinerlei Verbindung besteht, wie im Folgenden deutlich wird.

Außerdem stellt sich die Frage, ob die USA angesichts des Hütchenspiels, das bei den meisten venezolanischen Rohölexporten betrieben wird, überhaupt in der Lage wären, zu beweisen, dass eine bestimmte Raffinerie in Land X eine Lieferung aus Venezuela erhalten hat. Es könnte sogar egal sein, da Außenminister Marco Rubio derjenige ist, der diese Sekundärzölle nach eigenem Ermessen verhängen kann.

Ein konkretes Beispiel

Um zu verstehen, wie sich die neu eingeführten Sekundärzölle auswirken würden, ist ein konkretes Beispiel hilfreich. Wenn US-Beamte beispielsweise feststellen, dass Repsol venezolanisches Rohöl nach Spanien gebracht hat, könnten die USA Einfuhrzölle auf spanisches Olivenöl erheben.

US-Importeure würden diese zusätzliche Steuer zahlen, die sie durch die Forderung niedrigerer Preise von spanischen Lieferanten auszugleichen versuchen könnten. Am Ende würden wahrscheinlich die US-Verbraucher die Rechnung bezahlen oder den Zugang zu den Produkten verlieren. Aber warum sollte sich Repsol in diesem Szenario um US-Importeure, US-Verbraucher oder spanische Olivenölexporteure kümmern?

Außerdem kann der spanische Staat Repsol nicht zwingen, den Import von venezolanischem Rohöl einzustellen, da dies nicht gegen Gesetze verstößt. Und wenn Repsol das Rohöl zu seiner Raffinerie in Peru bringt, wo erheben die USA dann Zölle?

Dieses Beispiel ist nur zur Veranschaulichung gedacht, da ein Unternehmen wie Repsol nichts ohne die ausdrückliche Genehmigung aus Washington tun würde. Und jüngsten Berichten ist zu entnehmen, dass die Genehmigungen für europäische Unternehmen, die derzeit an Joint Ventures in Venezuela beteiligt sind, ebenfalls eingeschränkt werden. Wenn sie also am Ende das Land verlassen oder mit prekären kurzfristigen Perspektiven bleiben, werden sie keine Zölle verursachen.

Aber selbst wenn die Zölle nie in Kraft treten, richten sie unmittelbar Schaden an.

Den Preis für höhere Risiken zahlen

Der Schachgroßmeister zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Aron Nimzowitch, hatte ein Sprichwort: „Die Drohung ist stärker als die Ausführung.” Es bedeutet, dass eine drohende Gefahr auf dem Schachbrett den Gegner in eine immer schlechtere Position zwingen kann, wodurch seine Stellung schließlich zusammenbricht. Im Falle von Sanktionen/Zöllen bedeutet dies eine Übererfüllung der Vorschriften und höhere Kosten für die Geschäftstätigkeit (Costs of Doing Business).

Übererfüllung bedeutet, dass Unternehmen davor zurückschrecken, Geschäfte mit Venezuela zu machen, ob es sich nun um den Kauf von Rohöl oder die Vermittlung eines Impfstoffkaufs handelt, aus Angst, ins Visier genommen zu werden, selbst wenn die Handlung gegen nichts verstößt.

Solange jedoch eine Nachfrage besteht, wird venezolanisches Rohöl weiterhin auf den Markt kommen. Es mag zwar mehr Mühe erfordern, den Ursprung der Lieferungen zu verschleiern, aber vor allem wird dies bedeuten, dass PDVSA gezwungen sein wird, (noch) größere Rabatte anzubieten, um seine Produktion zu exportieren, was unweigerlich zu geringeren Staatseinnahmen führen wird. Dies ist der Preis, den man für das höhere Risiko zahlen muss.

Während die Unsicherheit über die Einführung von Zöllen anhält, sind die Öleinnahmen Venezuelas bereits jetzt betroffen.

Der chinesische Drache und der Papiertiger[1]

Während China sich zunehmend weigert, sich von US-Drohungen einschüchtern zu lassen, hat es zuletzt mit Zöllen gekontert. Dies hat jedoch nicht unbedingt zu einer stärkeren Unterstützung Venezuelas geführt. Als die Sanktionsdrohung 2019 immer größer wurde, stellte der staatliche Konzern China National Petroleum Corporation (CNPC) den direkten Kauf von Rohöl ein und reduzierte sein Engagement in Joint Ventures.

Da die USA immer feindseliger agieren, bleibt abzuwarten, ob Peking Washingtons Bluff durchschauen und sehen wird, ob Trump 2.0 wirklich weiterhin einen Handelskrieg eskalieren will, der die US-Verbraucher immer stärker treffen wird.

Bisher haben die chinesischen Staats- und Regierungschefs die Androhung von US-Sekundärzöllen verurteilt, wie sie auch regelmäßig Sanktionen scharf kritisiert haben. Sie müssen ihren Unternehmen noch Anweisungen erteilen, insbesondere den sogenannten „Teekannen”-Raffinerien, die mit den besonders schweren Ölmischungen Venezuelas arbeiten. Berichten zufolge arbeiten diese unabhängigen Raffinerien bereits mit geringen Gewinnspannen, sodass die Beseitigung einer Quelle für billiges Rohöl fatal sein und einen Dominoeffekt auf die Wirtschaft haben könnte, selbst wenn die venezolanischen Importe im Großen und Ganzen relativ gering sind.

Paradoxerweise (für die Interessen der USA) könnten die zusätzliche Unsicherheit und die Verdrängung westlicher Unternehmen dazu führen, dass China mehr billiges Öl erhält.

Dazu kommt die Tatsache, dass einige venezolanische Öllieferungen als Rückzahlung für langfristige chinesische Kredite dienen. Letztendlich läuft alles auf Pekings Bereitschaft hinaus, sich gegen das Mobbing Washingtons zu wehren und einen seiner wichtigsten lateinamerikanischen Verbündeten substanziell zu unterstützen.

Sanktionierte Länder der Welt, vereinigt euch!

Ein Akteur, der sich erneut als Schlüssel erweisen könnte, ist der Iran. Er ist Venezuela in der Vergangenheit zu Hilfe gekommen und hat immer wieder gezeigt, dass er nicht verhandelbare außenpolitische Grundsätze hat, darunter vor allem Palästina.

Da die Industrie jahrzehntelang den von den USA verhängten Sanktionen standgehalten hat, könnte der Iran venezolanisches Schweröl aufnehmen und nach China oder an andere Bestimmungsorte umleiten. Auch für Teheran bestehen Risiken, da die USA in einem Akt moderner Piraterie Schiffe beschlagnahmt haben. Im Gegenzug könnten iranische Unternehmen dringend benötigten Kraftstoff und Verdünnungsmittel liefern. Für Venezuela wäre dies alles andere als ideal, da es bedeuten würde, dass die Fässer weit unter dem Marktwert verkauft werden müssten, aber der Regierung Maduro könnten die Alternativen ausgehen.

Die Trump-Regierung hat bisher nur versucht, sämtliche Akteure aus der venezolanischen Ölbranche zu vertreiben. Es besteht immer noch die Möglichkeit, US-Unternehmen in diese Lücke zu bringen, auch wenn dies viel Tamtam und Getöse erfordern würde. Zum Beispiel könnte man sagen: „Wir bekommen billiges Öl als Ausgleich für all die Migranten, die sie uns geschickt haben.” Aber das würde wahrscheinlich bedeuten, Rubio und die Hardliner außen vor zu lassen.

US-Regierungsvertreter haben sich bisher weitgehend mit unverhohlenen Aufrufen zu einem Regime Change zurückgehalten, aber der Druck in diese Richtung nimmt zweifellos zu. Ist die venezolanische Regierung besser auf die Schläge vorbereitet als vor fünf Jahren? Es gibt sowohl vielversprechende als auch beunruhigende Signale. Klar ist jedoch, dass für die popularen Bewegungen, das schlagende Herz der Bolivarischen Revolution, eine Kapitulation keine Option ist.

Nachtrag: Inzwischen hat die US-Regierung auch die Lizenzen zurückgezogen, die es Venezuela und Trinidad und Tobago sowie multinationalen Konzernen ermöglichen, zwei Offshore-Erdgasprojekte zu entwickeln. Die National Gas Company (NGC) Trinidads und die ausländischen Partner BP und Shell sollen bis zum 27. Mai Zeit bekommen, ihre Geschäfte mit dem staatlichen Energieunternehmen Venezuelas, PDVSA, beenden.

Übersetzung: Vilma Guzmán, Amerika21

Titelbild: Shutterstock / rawf8


[«1] „Alle angeblich mächtigen Reaktionäre sind nur Papiertiger”, erklärte Mao Tse-tung, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas. Siehe hier


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