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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 8. Mai 2012 um 8:53 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung JB: Prantls Analyse ist zutreffend. Leider vergisst er jedoch zu erwähnen, dass es seine Kollegen sind, die die sehr viel heiße Luft in die „Gummi-Attrappe“ FDP pumpen.
passend dazu:
Quelle: Harm Bengen
Nach Frankreich-Wahl Kurswechsel auch in Deutschland?
u.a. mit Ottmar Schreiner und Henrik Uterwedde
Quelle: WDR Kontrovers
Quelle: Ta Neo Online
Anmerkung WL: In einem Land, von dem die Legende sagt, dass dort die Wiege der Demokratie stand, gibt es ein Wahlrecht, dass der stärksten Partei eine die wahren Stimmverhältnisse verfälschende „Siegprämie“ zuerkennt. Das führt dazu, dass die rechtskonservative Nea Dimokratia (ND), obwohl sie fast die Hälfte der Stimmen verloren hat, mehr Parlamentssitze hat als bei der vorhergehenden Wahl. Beim letzten Mal kam dieser Bonus der sozialdemokratischen PASOK zugute.
Die Analyse der Parteien finden Sie unter „Griechenland: Was bringen die Wahlen?“
Bedenklicher ist da nur noch ein – leider wohl zutreffender – Satz in Spiegel Online:
Anmerkung JK: Auch in der SZ das gleiche Lied. Die gesamte Mainstreampresse steht Kopf. Man sollte sich vielleicht einmal besinnen und darüber nachdenken, das es sich in Frankreich und Griechenland um völlig korrekte demokratische Wahlen gehandelt hat. Und die Entscheidung des Demos ist eindeutig: Gegen die aberwitzige Sparpolitik. Was die neoliberale Journaille aber nicht weiter zu stören scheint. Die größte Sorge gilt den Börsenkursen und Bankwerten. Ein Wahlergebnis ist also nur dann legitim wenn es der Finanzindustrie passt. Bezeichnend das Zitat des Chef-Ökonom der Saxo Bank, Steen Jakobsen, der, kaum das sich die Menschen nicht mehr von der Finanzindustrie kujonieren lassen wollen, Europa vor einer großen Krise sieht.
passend dazu: Marktteilnehmer haben nichts gegen Hollande
Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird – das ist heute früh die Reaktion der Märkte auf das Ergebnis der französischen Wahlen. Das Programm von François Hollande hätte Angst und Schrecken auslösen können, hat es aber nicht. Weder die Pläne, den Grenzsteuersatz auf 75 Prozent anzuheben, das Rentenalter zu senken statt zu erhöhen, die Europäische Investitionsbank zu deutlich mehr Ausgaben (und de facto zur massiven Emission von Euro-Bonds) zu animieren noch, das Mandat der EZB um einen Wachstumsauftrag zu ergänzen, haben die Anleger wirklich beunruhigt.
Quelle: ZEIT Herdentrieb
Anmerkung JK: Ein schöner Kommentar vom neoliberalen Ultra Klaus von Dohnanyi, der nur so von geradezu grotesken Verdrehungen und Halbwahrheiten strotz. Aber nochmals zeigt wie entscheidend die Sparpolitik und der Fiskalpakt für die neoliberale Agenda sind. Und man bedenke dieser Mann ist immer noch SPD-Mitglied!
siehe dazu auch die Überschriften des größten deutschen Nachrichtenportals SPIEGEL Online:
Ergänzende Anmerkung JB: Die panische Schnappatmung der Leitartikler spricht für sich. In den Chefetagen der Verlage spürt man offenbar, dass die neoliberale Agenda zumindest außerhalb unserer Grenzen nicht mehr zieht und hat panische Angst vor einer „Infektion“ der deutschen Wähler.
Anmerkung MB: Spitzenidee. Deutschland spielt in Gruppe B gegen die Niederlande und die deutschen Sportler und Funtionäre sollen orange Schals deutlich sichtbar tragen!
passend dazu: Niebel sagt als erster Bundesminister EM-Besuch in Ukraine ab
Als erstes Kabinettsmitglied hat Entwicklungsminister Dirk Niebel aus Protest gegen die Menschenrechtslage in der Ukraine einen geplanten Besuch bei der Fußball-Europameisterschaft abgesagt. “Ich halte es für wichtig, das politische Signal zu setzen, dass man sich so der Europäischen Union nicht annähert”, sagte Niebel der Zeitung “Die Welt” laut Vorabbericht von Montag. “Daher verzichte ich auf meinen geplanten Besuch eines Spiels der deutschen Nationalmannschaft in der Ukraine”, fügte der FDP-Politiker hinzu. Es sei Unrecht, Menschen wegen politischer Überzeugungen ins Gefängnis zu sperren. Gefangene müssten zudem human behandelt werden.
Quelle: Reuters
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Obwohl zahlreiche Indizien dafür sprechen, daß es sich bei der ukrainischen “Gasprinzessin” Timoschenko um eine korrupte Politikern handelt, die sich während ihrer Amtszeit kaum für die Demokratie engagiert hatte, scheint dies den wegen seiner Personalpolitik im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls unter Korruptionsverdacht und dem Verdacht der Vetternwirtschaft stehenden FDP-Minister Niebel nicht im Geringsten zu stören. Zudem scheint sein bei Julia Timoschenko nach außen gekehrter Sinn für die Menschenrechte nur partiell ausgeprägt zu sein. Die Wochenzeitung “Die Zeit” schrieb im Juli 2011 unter der Überschrift “Niebel: Panzerdeal vereinbar mit Menschenrechten” zu den deutschen Panzerlieferungen an das Regime in Saudi Arabien:
“Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hält Waffengeschäfte wie die möglichen Panzerlieferungen an Saudi-Arabien für vereinbar mit dem Menschenrechtskonzept seines Ministeriums. “Die Stabilisierung einer Region trägt durchaus dazu bei, die Menschenrechte zu wahren – vielleicht nicht in dem Land, in dem man tätig ist, aber in den Nachbarländern”, sagte Niebel der Wochenzeitung Die Zeit laut Vorabbericht am Mittwoch.”
Diese Niebel-Erklärung ist angesichts der im März 2011 vom saudischen Regime geleisteten militärischen Unterstützung zur Niederschlagung des “arabischen Frühlings” in Bahrain der blanke Zynismus. Saudi Arabien setzte die von Deutschland gelieferten Panzer in der Tat gegen die Menschen in einem “Nachbarland” – Bahrain – ein, jedoch nicht zur “Wahrung der Menschenrechte”, sondern zu deren Unterdrückung. Man ist wohl zu unbescheiden, wenn man von unseren Medien erwartet, daß sie die im Falle Timoschenko praktizierten Anklagen unserer Politiker als das entlarven, was sie in Wirklichkeit sind: Selbstbeweihräucherungsorgien in eigener Sache. Dies soll in keiner Weise das derzeitige korrupte und wenig demokratiefreundliche ukrainische Regime entlasten.
Anmerkung JB: Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.
Eine Laudatio von Volker Bahl: Man muss sich das eben anschauen – nein, eben anhören und ansehen!
Das muss bei einem Menschen schon sein, der selbst vor allem den Anderen zuhören kann – und will. Ja, er will nicht Erzähler sein, sondern auch Zuhörer: “Man muss zuhören können und zwar konzentriert. Das ist wie bei einer Zeitung, ob ich die durchblättere oder genauer lese. Nur wenn ich die Zeitung konzentriert lese, kann ich zwischen den Zeilen lesen.”
Und dieses zwischen den Zeilen lesen – bei den Menschen – das hat es ihm besonders angetan: „Das hat mich immer angezogen. Menschen, deren Kreis in Ordnung ist und die sich weigern, etwas in anderem Licht zu sehen…“
Ob er da unsere politische Elite der “Alt-Parteien” im Auge hat, die vor lauter “geschlossenem Weltbild” gar nicht mehr sehen will , was in unserem Lande so vor sich geht – selbst wenn es den Griechen noch schlechter geht?
Ja, dieses “sich weigern etwas in einem anderen Licht zu sehen” – oder eben im Licht der anderen, hat bei uns jetzt das politische Phänomen der “Piraten” hervorgebracht – und in die Parlamente “gespült”.
“So leben wir auf einem unvorstellbaren Reichtum an Geschichten“, meint deshalb Gerhard Polt. „Es gibt nicht nur so viele Menschen, die ihr besonderes Schicksal haben, sondern damit auch auf besondere Art umgehen, es mitteilen und erzählen. Man muss nichts an den Haaren herbeiziehen….”
Die Merkel macht es zum Beispiel mit der Erzählung von ihrer “marktkonformen Demokratie” doch hervorragend vor – besonders auch noch mit ihrer dazu gefügten “Alternativlosigkeit”, wie es uns Gerhard Polts Kollege Georg Schramm an den ganzen historischen Möglichkeiten kürzlich erst “erzählte“?
Zurück zu Polt: So wirkt es eben doch immer am besten, wenn man ihn selbst zu Wort kommen lässt – und nicht “bloß” über ihn schreibt. Seinen ganzen Kosmos – in dem sich ja vor allem die “Anderen” spiegeln – fängt man so kaum ein (vgl. das Interview mit ihm “Ich bin ein gescheiterter Bootsverleiher“)
Ja, die persönliche Souveränität:
Was fasziniert(e) denn unseren Polt so an diesem Bootsverleiher – als Vorbild in einem Alter, als andere Buben Lokomotivführer oder Cowboy werden wollten?
“Ich hatte da eine bestimmte Person – am Schliersee – vor Augen, einen Mann der souverän war. Mir hat gefallen, wie der in sich ruht, wie der nicht – wie man heute immer wieder liest – im Büro gemobbt wurde.”
Und über das Aufhören:
Ich finde die Frage verhängnisvoll. Kein Mensch weiß, ob ihm noch ein guter Gedanke kommt. Aber in jedem Mensch steckt doch die Chance, dass er im Alter etwas darstellt, was man niemals von ihm erwartet hätte. So etwas ist doch nicht nur den Jungen vorbehalten.
Über das Revolutionäre:
Als in meiner Kindheit Nikoläuse von Kindern – erfolgreich – bekämpft wurden, war das für mich revolutionär: Ich sah wie eine, wie eine Gruppe von Nikoläusen aus dem Studentenschnelldienst kam und Kinder sie mit Steinen bewarfen. Zu erleben, dass die Nikoläuse um ihr Leben gelaufen sind, das war Revolution.
Dort wo ich aufgewachsen bin – im katholischen Wallfahrtsort Altötting – ist der Nikolaus immer mit dem Krampus aufgetreten, der auch immer schrecklich war.
…durch die Umkehrung der Werte
Als ich dann gesehen habe, dass diese Autorität in Frage gestellt wurde, war das eine Umkehrung der Werte. Die Welt war dann eine andere.
Ja, vielleicht geht es den Altparteien bei uns jetzt mit dem finanzmarktgetriebenen Kapitalismus u.a. durch die Piraten so?
Über das Bayerische:
Obwohl man oft gerade Polt mit dem Bayerischen verbindet, wie wenig andere, meint Polt: „Ich werde nie wirklich wissen, was bayerisch ist und was nicht. Das mag es geben, aber ich mag es nicht definieren. Es ist eben ein Klischee – der Bayer. Und mit diesen Klischees macht man ein Bombengeschäft.“
Einschub: Dabei gibt es durch aus – auch ganz aktuell – Autoren die Bayern mit dem Granteln verbinden: “Bayern ist ohne Grant nicht denkbar“.
Und ich meine die Form, in der Polt seine “Angelegenheiten” vorbringt, hat durchaus mit dem Granteln zu tun.
Über reale Personen und Personen aus der Medienwelt:
Mir fällt auf, dass viele jüngere Komiker keine realen Personen zitieren, sondern Personen aus der Medienwelt. Es stehen nicht Menschen im Mittelpunkt, die im Krankenhaus waren, sondern solche aus einer Krankenhausserie.
Warum er die Talkshows meidet:
„Das ist für mich keine angenehme Form des Unterhaltens. Wenn ich etwas zu sagen habe, dann kann ich das in meinem Freundeskreis sagen. Das genügt mir. Dann führe ich nicht ein Gespräch, das von einer Eieruhr abhängig ist, die sagt, bis dann muss der Gedanke gefallen sein…Hinzukommt, dass ich mich weitgehend nicht für kompetent halte, verstehen Sie? Es gibt so eine Neigung in Talkshows, Menschen über Themen reden zu lassen, für die sie nicht zuständig sind. Und oft ist es auch einfach so, dass einer der fachlich etwas zu dem Thema zu sagen hat, unter der Rhetorik der anderen verschwindet.“
Über das Nachdenken – und speziell das Nachdenken über sich selbst:
Polt findet das allgemeine Gebot unserer Zeit, unter dem allseitigen Diktat einer Effizienz (für wen?) “Zeit sparen” und immer wieder und vor allem sparen zu müssen, einfach unangemessen und falsch – weil es die Möglichkeit zum Nachdenken so richtig verhindert. Ja, für ihn ist die Möglichkeit “die Zeit totzuschlagen” – bei ihm sind es dann die drei Stunden um – immer wieder – ein Butterbrot zu schmieren, anstrebenswert – einfach um eine Sache gedanklich doch von allen Seiten betrachten zu können (vgl. oben den Bootsverleiher )
Ohne dieses weitschweifige Nachdenken – mit viel Zeit, auch die Zeit gedanklich “umherirren” zu können – ansonsten geht diese Fähigkeit des “Zwischen-den-Zeilen-Lesen-Können” einfach verloren.
Aber das Nachdenken über sich selbst möchte er dann doch eher vermeiden, weil “wenn man sich selbst zu stark in den Mittelpunkt rückt, ist die Gefahr groß, dass man sich selbst zu wichtig nimmt.“ Die eigene Banalität muss man nicht noch aufpumpen. Die kommt schon zum Erscheinen.
Über die Veränderung der Welt durch Komiker:
„Gesellschaftliche Veränderung ist nicht mein Motiv. Das wäre zu naiv.
Aber wir können den Spieß umdrehen und fragen, wenn es die alle nicht gäbe, wäre dann die Welt schöner? Die Tatsache, dass ich Wilhelm Busch gelesen habe, hat mir einen Zugang zu bestimmten Situationen geöffnet. Ich weiß, dass es Möglichkeiten gibt, etwas so oder so zu sehen. Und das ist eine Erweiterung. Selbst ein Kasperletheater ist eine Erweiterung. Es muss nicht immer nur der Zauberberg von Thomas Mann sein.“
Und wozu der Humor verhilft ?
Er ist Trost, Wahrnehmungserweiterung – und hilft zu bestimmten Dingen Distanz aufzubauen.
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