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Titel: Der Erfolg der nordischen Länder ist eine unerträgliche Provokation für die europäischen Neoliberalen
Datum: 16. Mai 2006 um 11:07 Uhr
Rubrik: Länderberichte, Sozialstaat
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Ein Zusammenfassender Auszug aus einem Artikel von Olivier Trug „L’adaptation du modèle d’Etat-providence au coeur de la campagne suédoise“, erschienen in der Pariser Tageszeitung Le Monde vom 13.5.2006 übertragen von unserem Leser Gerhard Kilper.
Sowohl Sozialdemokraten als auch schwedische Konservativen streichen im schwedischen Wahlkampf die großen Verdienste des schwedischen Wohlfahrtsstaatsmodells in der Globalisierung heraus. In diesem Punkt gibt es zwischen beiden Parteien keine grundsätzlichen Unterschiede. Die Konservativen mit ihrem Spitzenkandidaten Reinfeldt wollen nur einige wenige Sozialleistungen streichen, die sie als hinderlich für das Bemühen um die Wiederaufnahme einer Arbeit erachten, was die Sozialdemokraten unter Persson aber strikt ablehnen.
Roger Mörtvik, politischer Direktor der mit einem Organisierungsgrad von 80% sehr starken Gewerkschaft der Beamten und Angestellten, schrieb in seinem Buch „Die Turboökonomie oder der weltweite Kampf um Beschäftigung und Wohlfahrtsstaat“, dass sich Schweden mit seiner hohen Steuerquote und dem dadurch möglichen und großzügig ausgebauten Wohlfahrtsstaat als das Land erwiesen habe, das gegenüber den Risiken der Globalisierung am besten gerüstet ist. Dieser Erfolg der nordischen Länder sei jetzt offensichtlich eine unerträgliche Provokation für die europäischen Neoliberalen.
Im direkten Interview mit Le Monde erklärte Mörtvik, die Lösung der aktuellen gesellschaftlichen Probleme könne nicht in einer Senkung der Steuerbelastung oder einer weiteren Einschränkung des Sozialstaates liegen. Im Gegenteil habe gerade Beibehaltung und Ausbau des Wohlfahrtsstaats Schweden überhaupt dazu befähigt, der Herausforderung der Globalisierung angemessen begegnen zu können. Bei allen Reformen, die den Unternehmen mehr Flexibilität brachten, seien gleichzeitig auch die Sicherheitsbedürfnisse der Arbeitnehmer beachtet worden.
Die Vorteile, die ein intaktes soziales Netz in Verbindung mit großen sozialen Vergünstigungen gebracht haben, hätten dazu geführt, dass Schweden heute gleichzeitig eine hohe Geburtenrate und einen hohen Beschäftigungsstand der Frauen habe.
Großzügige Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in Verbindung mit der Möglichkeit einer vom Staat bezahlten, schnellen und effektiven Weiterbildung hätten dazu geführt, dass Arbeitslosigkeit in Schweden heute ihren Schrecken verloren habe.
Arbeitsplätze kämen und vergingen, das sei die Realität. So arbeiteten heute fast ein Drittel aller Arbeitnehmer in Schweden auf Arbeitsplätzen, die es vor zehn Jahren noch nicht gab. Bei ihrer Politik setzten die schwedischen Gewerkschaften daher ihre Priorität nicht auf die Rettung vom Strukturwandel betroffener Arbeitsplätzen, sondern auf die Durchsetzung des Rechts der Menschen auf Arbeit. Um den im Weltmaßstab erreichten Vorsprung als Wohlfahrtsstaat halten zu können, müsse Schweden allerdings sein Bildungswesen noch deutlich verbessern und ausbauen.
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