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Titel: NachDenkSeiten-Kulturtipp: Tino Eisbrenner, Brückenbauer zwischen Deutschland und Russland, gastiert mit Puschkin-Programm in Ettlingen
Datum: 28. März 2025 um 13:00 Uhr
Rubrik: Kultur und Kulturpolitik, Veranstaltungshinweise/Veranstaltungen
Verantwortlich: Redaktion
Sie kennen den russischen Nationaldichter Alexander Puschkin noch nicht? Das musikalisch-lyrische Gastspiel von Tino Eisbrenner im Duo „Eisbrenner & Morgenstern“ in Ettlingen nahe Karlsruhe könnte Abhilfe schaffen. Am 5. April gastiert der Ostdeutsche Tino Eisbrenner – Sänger, Musiker, Poet, Schauspieler, Weltenbummler und unermüdlich engagierter Aktivist für Frieden und Völkerverständigung über selbst geschlossen scheinende Grenzen hinweg – mit einem Puschkin-Programm im Ettlinger Schloss. Ein Kulturtipp von Frank Blenz.
Ein musikalisch-lyrischer Abend über einen russischen Star und das in Zeitenwende-Zeiten
Das wird sicher spannend. Ein Russe wird bei einem musikalisch-literarischen Abend von einem Ostdeutschen in einem westdeutschen Schloss vorgestellt: Da ist zunächst Alexander Puschkin, der viel zu jung gestorbene russische Nationaldichter, gewichtiger Vordenker und Wegbereiter moderner Literatur über die Grenzen seines Heimatlandes, über die Zeiten hinweg bis hinein in die Gegenwart. Da wäre dann der ostdeutsche Künstler Tino Eisbrenner, der sehr bewusst die berühmte russische Persönlichkeit Puschkin für sein Programm und für sein deutsches Publikum ausgewählt hat, wohl auch wegen der Zeiten, in denen hierzulande schier alles Russische aus der Wahrnehmung der Deutschen mehr und mehr verschwindet, vielleicht verschwinden soll, wohl bewusst erzeugt oder unbewusst in Kauf genommen. Dem setzt Eisbrenner vieles entgegen, auf das das Russische wieder wahrgenommen wird. Und da ist das Barockschloss zu Ettlingen mitten im tiefen Westen, Termin im Rittersaal ist Samstag, 5. April 2025, 19 Uhr.
Das Böse: abzulehnen. Oder nicht? Eisbrenner hält dagegen
Dumpf gesagt ist diese allgegenwärtige Distanz zu Russland, die geradezu strikte Ablehnung ja auch kein Wunder: Es ist doch die eigene Schuld dieser Russen, ist oft zu lesen und zu hören, weil diese Russen die Feinde schlechthin sind, aus Gründen: Krieg führend, von Grund aus aggressiv, rückschrittlich, irgendwo im Osten, viel zu reich und zu mächtig und überhaupt: Das Russische muss folglich per se schlecht sein. Also auch der historische Puschkin. Fazit: Uninteressant, abzulehnen, das Böse. Oder doch nicht?
Halt, halt. Tino Eisbrenner hält mit geradezu russischer Seele, mit der geduldigen Aufforderung nach Verständigung dagegen, und zwar mit einem Kulturprogramm, mit Liedern, mit Gedichten, mit Geschichten, mit Argumenten, mit gewichtigen Informationen und mit wortgewaltiger Unterstützung durch eben Alexander Sergejewitsch Puschkins Schriften. Tino Eisbrenner kommt im Duo, überaus fein und kraftvoll begleitet von Tobias Morgenstern, der das Akkordeon spielt. „Eisbrenner & Morgenstern“ – das allein klingt selbst schon wie Poesie und so entwickeln sie ein Programm heftiger Intensität, Hingabe und Friedlichkeit.
Ein politischer Künstler, der sich widersetzt
Das Publikum erwartet einen Tino Eisbrenner, der sich sachlich und klug widersetzt gegen den russophoben Irrsinn, der über die Vergangenheit fegt und in der Gegenwart tobt. Eisbrenner widersetzt sich nicht nur dort, wo das Niederreißen von Puschkin-Denkmälern dafür sorgen soll, Russlands Ansehen zu zerstören. Eisbrenner lässt dann Puschkin für sich selbst sprechen.
Eisbrenner ist nicht allein Künstler, er ist ein politischer Künstler, der Bitteres zu berichten weiß: das Tilgen der Erinnerung von Puschkins Werk, das Verbrennen von Bibliotheken (und darin auch Puschkin-Bücher). Oder schlichtere Episoden. Eisbrenner besuchte vor einigen Jahren Dresden, dort wurde die Puschkin-Schule in Grundschule „Am Waldpark Kleinzschachwitz“ umbenannt. Die Begründung der pädagogischen Leitung lautete damals: Die Schüler wissen ja nicht, wer Puschkin ist …
Eisbrenner, ganz früher, früher und heute
Der deutsche Sänger Tino Eisbrenner (62 Jahre) ist bis heute vor allem in Ostdeutschland bekannt. In den 1980er-Jahren startete Eisbrenner mit seiner Band Jessica eine für damals sehr bemerkenswerte wie erfolgreiche Karriere, landete sogar einige Hits und tourte schließlich sogar quer durch den ganzen damaligen Ostblock, durch die damaligen Länder hinter dem „Eisernen Vorhang“. Nach der Wende und der Wiedervereinigung entwickelte Eisbrenner sich zu einem vielseitigen Künstler, der genreübergreifend tätig wurde. Eisbrenner nennt sich selbst Rockpoet, Singer-Songwriter, Chansonnier, Weltmusiker, Schauspieler, „Troubadour im modernsten Sinne des Wortes“. Der Künstler ist mehr als künstlerisch tätig, er ist Kulturmacher, Publizist, Brückenbauer. Beim vergangenen Bundestagswahlkampf engagierte er sich für Sahra Wagenknechts Bündnis, er stand mit der Gitarre auf den Bühnen.
Apropos Brückenbauer – und schließlich dieser magische Auftritt
Moskau 2023. Der Deutsche Eisbrenner gastiert in Russland bei einem Festival. Da Eisbrenner zum Bau von kulturellen Brücken schon seit etwa zehn Jahren immer wieder russische/sowjetische Lieder nachdichtet und auf Deutsch veröffentlicht, fand er zielsicher das für ihn als Deutschen geeignete Lied und bewarb sich für seine Teilnahme am Festival „Doroga na Yaltu“. „Ich hatte das Gefühl, dass es gut sein könnte, wenn auch Deutschland einen Beitrag zu diesem Thema einbringen würde.“
Aus dem NachDenkSeiten-Text (18. Mai 2023) ein Auszug:
„Ich bin zurück aus Moskau, wo ich an einem internationalen Sängerwettstreit teilgenommen habe, der sich Festival „Doroga na Jalty“ (Weg nach Yalta) nennt“, offenbarte der Künstler seinen Fans auf seiner Internetseite sein Abenteuer, seine diplomatische Reise. Er und weitere 16 Künstler aus 15 Ländern nahmen am Festival teil. Die Aufzählung der Länder liest sich bemerkenswert und hoffnungsvoll stimmend: Frankreich, Mongolei, Indien, USA, Serbien, Türkei, Italien, Griechenland, Israel, Algerien, Ungarn, Zimbabwe, China, Indonesien sowie Gastgeber Russland. Der Wettbewerb bestand aus einer Vorrunde, dem Halbfinale und dem Finale. Der deutsche Teilnehmer brachte seine deutsche Version des berühmten russischen Liedes „Kraniche“ in Moskau erstmalig auf die Bühne. Tino Eisbrenner schaffte den Sprung ins Halbfinale und zog ins Finale ein. Die Besonderheit des finalen Auftrittes war, dass „der Deutsche“ dort gemeinsam mit der russischen Künstlerin Zara, die in ihrer Heimat ein Star ist, sein Lied auf deutsch-russisch präsentierte. Und welch ein Augenblick geschah, als Tino Eisbrenner die zweite Strophe auf Deutsch zu singen beginnt und 6.000 Menschen im Saal sich von ihren Sitzen erheben. Selbst der Festivalleiter gestand anschließend, dass ihm in diesem Moment die Tränen rollten.
Also, Sie kennen den russischen Nationaldichter Alexander Puschkin noch nicht? Dann nichts wie hin zum musikalisch-lyrischen Gastspiel von Tino Eisbrenner im Duo „Eisbrenner & Morgenstern“ in Ettlingen nahe Karlsruhe. Ort des Kulturereignisses ist das Ettlinger Schloss, Rittersaal, Termin ist Samstag, 5. April 2025, 19 Uhr. Der Einlass beginnt 18.30 Uhr. Interessant ist das Monetäre: Die Gäste bezahlen einen Eintrittsbetrag bei Austritt. Das Prinzip: Zahlen, was dem Gast die Veranstaltung wert war. Die Empfehlung lautet: bei Gefallen um die 23 Euro.
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