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Titel: Strack-Zimmermann droht deutschem Filmemacher mit Klage

Datum: 17. März 2025 um 15:54 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Erosion der Demokratie, Kultur und Kulturpolitik
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Sagt ihnen der Filmtitel „Muxmäuschenstill“ etwas? – Ja, da war doch was…?! Vor 20 Jahren gab es diesen kleinen, dreckigen und ungemein erfolgreichen Film, der damals das Independent Kino in Deutschland auf den Kopf gestellt hat. Nun kommt der neue Film von Jan Henrik Stahlberg, „Muxmäuschenstill – X“ am 1. Mai in die Kinos. Ein Film, der den Neoliberalismus aufs Korn und somit die Anführer und Anführerinnen aller Parteien ins Visier nimmt. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Die Hauptfigur „Mux“ ist erfunden, steht auf der Webseite von Muxfilm.de. Aber die Zeit, auf die er trifft, ist es nicht. Denn Deutschland befindet sich in einer historischen Phase von Ungleichheit, an der die Gesellschaft drohe, zu zerbrechen, so die Botschaft. Deswegen gehe Mux uns alle an.

Damit dieser Film überhaupt den Souverän, den Zuschauer, erreicht, der dann selber entscheiden kann, ob der Film uns alle angeht, muss man ihn bewerben. Das taten die „Muxisten“, wie sie sich selber nennen, mit einer kleinen, gelungenen Viralkampagne: Es wurden drei Videos über drei „Neoliberalisten“ ins Netz gestellt:

In den Videos geht es bei Merz um BlackRock, bei Scholz um Cum-Ex und bei Frau Strack-Zimmermann um den Endsieg über die Russen. Alle drei Politiker sprechen Dinge aus, die wahrscheinlich näher an der Wahrheit liegen, als es uns recht sein kann, und was die Satire äußerst bissig macht, aber sie natürlich niemals in Wirklichkeit gesagt hätten.

Die drei Stimmen der zuvor genannten Politiker wurden KI-generiert, aber auch als „KI-generiert“ gekennzeichnet ins Netz gestellt – eine Irreführung ist eigentlich nur möglich, wenn man beim Ansehen des Videos Auto fährt oder das Ganze als Podcast konsumiert.

In dem Video über Strack-Zimmermann wird erzählt, sie habe ihren eigenen Mann an die Front geschickt. Der beklagt sich über Videoschalte, er sei das erste Mal in seinem Leben froh, unfruchtbar zu sein, Agnes hätte sonst die ganze Familie an die Front geschickt. Unter dem Applaus der Zuschauer bei Maischberger, antwortet Marie-Agnes Strack-Zimmermann daraufhin mit markigen Durchhalteparolen: „Wenn nun der große Oberst a.D. Strack-Zimmermann rumheult, weil er keine Beine mehr hat (…), dann bitte ich wirklich, Contenance zu wahren. Weil das ist für einen Offizier wirklich blamabel.“

Das Gesicht ihres Ehemannes ist übrigens das Gesicht des Filmemachers, durch Computertricks 30 Jahr älter aussehend.

Überhaupt ist das Video grotesk überzeichnet, denn Frau Strack-Zimmermann kündigt an, bald gäbe es Kimchi in Kiew, sie habe jetzt ein Camp für Südkoreaner auf dem Gelände von Rheinmetall gegründet, um am Ende mit großer Entschiedenheit zu schließen: „Jetzt wird zurückgeschossen.“

Das Ganze wurde Mittwoch letzter Woche online gestellt. Auf TikTok ging das Video mit 150.000 Zuschauern in ein paar Stunden durch die Decke. Martin Sonneborn teilte es auf X.

Doch plötzlich wurde das Video von TikTok heruntergenommen … einen Verstoß gegen Community-Regeln prangerte da der Algorithmus an, doch natürlich gab es keine Erklärung oder Stellungnahme. Dann kam der Donnerstag. Und die Klage von Strack-Zimmermann. Sie droht nun mit juristischen Schritten und verlangt, dass eine sofortige finanzielle Entschädigung von den Filmemachern bezahlt wird. Die Filmemacher schreiben dazu:

„Liebe Community, Maris Agnes Strack-Zimmermann hat uns heute abgemahnt. Die FDP, die liberale Partei Deutschlands, die Werte wie Freiheit und weniger Staat hochhält, klagt gegen Filmemacher, die die Kriegspolitik einer Rüstungslobbyistin kritisieren.

Satire darf weh tun, muss weh tun und wird Macht immer hinterfragen.

Nein, Satirefreiheit ist wichtiger als Aufrüstung.

Wir wenden uns gegen die Einschüchterungsversuche einer politischen Klasse, deren Kriegspolitik zu einer noch größeren sozialen Schieflage führen wird.“

Auf den NachDenkSeiten haben wir oft den deutschen Film dafür kritisiert, dass er – gerade was strittige Themen wie „Corona“, den Sozialabbau oder „den Ukraine-Krieg“ betrifft – viel zu unpolitisch ist. „MuxmäuschenstillX“ ist hier ein Glücksfall.

Die Filmemacher kündigen an, dass, wenn Frau Strack-Zimmermann bei der Klage bleibt, sie ein Crowdfunding ins Leben rufen werden – aber einknicken würden sie nicht.

Wir von den NachDenkSeiten möchten „MuxmäuschenstillX“ dabei unterstützen, denn wir teilen die Meinung des Filmemachers Stahlberg, wenn er sagt: „Eine Öffentlichkeit, die sich selber ein Bild machen kann über die Absurdität ihrer Anführer, ist unser größter Schutz.“

Übrigens beinhaltet diese Klageschrift von Strack-Zimmermann, die in Auszügen vorliegt, unfreiwillig einen großen Unterhaltungswert. Zitat des Anwaltes:

„(…) dem Video fehlt jedoch insgesamt eine künstlerische Anmutung oder eine satirische Überspitzung.“ Man kennt das aus dem Fußball: Es gibt Eigentore, die hätte kein gegnerischer Stürmer schöner schießen können. So ist es auch hier: Jeder, der dieses Video sieht, wird sich das o.g. Zitat auf der Zunge zergehen lassen und einfach herzzerreißend lachen müssen: Denn wenn hier die satirische Überspitzung fehlt, wenn das wirklich die Meinung ist von Strack-Zimmermann und ihrem Anwalt, dann ist Frau Strack-Zimmermann-Rheinmetall noch viel gefährlicher, als wir alle dachten.


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