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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. April 2012 um 8:41 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MB/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Sozialgericht: Hartz-IV-Satz verfassungswidrig
  2. Fiskalpakt
  3. Eurokrise
  4. Chefarzt Dr. Draghi verschreibt dem Euro eine neue Therapie
  5. Im Auge des Sturms
  6. Besser die Banken richtig retten
  7. Schäuble ködert Bundesländer mit Milliarden
  8. „Autonome Forschung nicht mehr möglich“
  9. Tom Strohschneider – Schub und Trug
  10. Werkverträge – Die neue Lohndumping Strategie?!
  11. Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter
  12. Harvard-Studie zu Rot-Grün 2013 – In der Latte-Macchiato-Nische
  13. Gesunde Tote
  14. Lieber nicht über Neonazis schreiben
  15. „Das waren freundliche Herren“
  16. Sozialstaat und Arbeitnehmerrechte in Europa verteidigen!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Sozialgericht: Hartz-IV-Satz verfassungswidrig
    Die neugefassten Hartz-IV-Regelungen sind nach Ansicht des Berliner Sozialgerichts verfassungswidrig. Die Berechnungen der Regelsätze für Arbeitslose verstoßen gegen das Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums, wie Gerichtssprecher Marcus Howe am Mittwoch mitteilte. Die Festlegungen seien teilweise willkürlich und unsauber erfolgt. Als erstes Gericht hat das Berliner Sozialgericht nun in dieser Frage das Bundesverfassungsgericht angerufen.
    Quelle: Berlin.de
  2. Fiskalpakt
    1. Schuldenabbau geht nur anders: Mit Wachstum, ohne Fiskalpakt
      Der Sparkurs der EU hat sein Ziel verfehlt. In den Krisenländern schrumpft die Wirtschaft, Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit steigen. Dennoch will Angela Merkel den europäischen Fiskalpakt mit seinen rigiden Sparzielen durchdrücken.
      Das Krisenmanagement von Merkel und Sarkozy nimmt immer groteskere Züge an. Der Sparwahn bringt in den Niederlanden nun die achte Regierung in Europa zu Fall. Aber so läuft´s: Wer den anderen in Ausgabenkürzungen überbietet, erntet politische Instabilität – und noch höhere Verschuldung als zuvor, zudem höhere Arbeitslosigkeit, Armut, Insolvenz der kleinen und mittleren Unternehmen, wachsende Unzufriedenheit und inzwischen steigende Selbstmordraten wie in Griechenland und Italien. Das Krisenmanagement, das zu mehr Wachstum und weniger Schulden führen soll, verfehlt überall sein Ziel. Ein Kurswechsel tut not. Doch Einsicht in die Realität? Fehlanzeige.
      Ganz im Gegenteil. Jetzt kommt es noch dicker: Der Irrsinn soll mit dem Fiskalpakt für alle Ewigkeit festgeschrieben werden. Dieser schreibt allen Ländern vor, den Schuldenstand schrittweise auf 60 Prozent des Brutto-inlandsprodukts zurückzufahren. Deshalb muss jeder Steuer-Cent zuerst für die Schuldentilgung verwendet werden. Erst danach dürfen Steuereinnahmen für die Finanzierung des öffentlichen Lebens genutzt werden.

      Quelle: DGB klartext [PDF – 97,9 KB]

    2. Heiner Flassbeck – Deutschland sieht den Balken im eigenen Auge nicht
      Finanzexperte Heiner Flassbeck meint, dass viele Länder wegen der falschen deutschen Politik Defizite nicht abbauen können.
      Quelle: Badische Zeitung
    3. Europa am Scheideweg – Solidarische Integration oder deutsches Spardiktat
      Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik analysiert in ihrem MEMORANDUM 2012 die aktuellen Verwerfungen, die die Eurokrise verursacht hat, und setzt der herrschenden Austeritätspolitik einen alternativen Entwicklungspfad entgegen, der den europäischen Ländern die Chance bieten würde, aus der Krise herauszukommen. Um Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, enthält das MEMORANDUM Vorstellungen, wie der Finanzsektor neu zu strukturieren und mit einer strengen Regulierung auf eine für die Volkswirtschaft nützliche Funktion zurückzuführen wäre. Außerdem wird die Gestaltung einer “High-Road für die Dienstleistungsgesellschaft” am Beispiel von Pflege und Alltagsunterstützung älterer Menschen aufgezeigt. Weitere Themen sind: Arbeitsmarkt- und Arbeitszeitpolitik, Einkommens- und Vermögensverteilung, Finanz- und Steuerpolitik, Staatsverschuldung und Schuldenbremse, Bildung.
      Die Tabellen und Grafiken des MEMORANDUM sind ebenfalls auf der Homepage eingestellt und können hier direkt abgerufen werden.
      Quelle: Arbeitsgruppe alternative Wirtschaftspolitik Kurzfassung, Grafiken und Tabellen

      dazu: Aufschwung heißt Spaltung
      Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik geißelt in einem Memorandum den deutschen Export. Konkret fordert sie eine Abgabe für besonders Vermögende.
      Der deutsche Exportwahn ist das zentrale Thema des Memorandums 2012 der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. „Der Titel ’Deutschland als Exportweltmeister‘ hat Europa in die Krise geführt“, sagt Heinz-J. Bontrup, Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Zusammen mit Mechthild Schrooten, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bremen, stellte er das Gutachten am Donnerstag vor.
      Das Memorandum gilt als Gegengutachten zu dem des Sachverständigenrats der Bundesregierung, in dem die sogenannten fünf Weisen jährlich die Wirtschaftsentwicklung darstellen und Empfehlungen an die Bundesregierung geben. Der Arbeitsgruppe gehören Ökonomen und Sozialwissenschaftler aus Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen und Gewerkschaften an.
      Quelle: taz

    4. Why Won’t Germany Turn?
      Joseph Halevi’s insightful analysis, circa 1995
      The question οn almost everyone’s lips is: “How long before Germany recognises that a new architecture is necessary to keep the Eurozone together?” Implicit in the question is a mistaken premise: that Germany’s view of the Eurozone is wrong, that its stance is predicated upon a mistaken analysis concerning the nature of Europe’s macroeconomy. Recently, I posted an insightful paper by Heiner Flassbeck which depicts the peculiar case of German mercantilism within our common currency area; a strategy that has paid off in the short run for Germany but which will most certainly be the death knell of the common currency from which it benefitted. Today I want to dig deeper with the help of a great economist, a reliable friend and an infuriating co-author: Joseph Halevi. More precisely, I shall draw on a remarkably prescient paper that he wrote in the early 1990s and which was published in 1995 as part of a long-forgotten volume edited by Victoria Chick. In the chapter-paper entitled The EMS and the Bundesbank in Europe, Joseph mapped out Germany’s strategy for the Eurozone in a manner that throws crucial ‘new’ light on Europe’s current trials and tribulations.
      Quelle: Yanis Varoufakis
    5. Merkel ist isoliert und wendet sich Monti zu
      ngela Merkel will im Tumult der Krise nicht alleine dastehen. Ihr langjähriger Partner Nicolas Sarkozy ist nach dem ersten Wahlgang in Frankreich auf dem Weg ins Aus und so sucht die Kanzlerin einen neuen Verbündeten. Ihre Wahl scheint auf Mario Monti gefallen zu sein. Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung, gab bekannt, dass Merkels und Montis Teams bereits zusammengekommen sind, um eine Reihe von gemeinsamen deutsch-italienischen Initiativen zu planen. Es sollen Maßnahmen zum Ankurbeln der Wirtschaft gefördert werden, über die der Europäische Rat im Juni dann diskutieren soll, berichtet La Stampa.
      Quelle: La Stampa via Presseurop
  3. Eurokrise
    1. Tourismus in Griechenland bricht ein
      Wie die griechische Notenbank (Bank of Greece) berichtet, sind die Einnahmen im Jänner und Februar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 44,7 Prozent geschrumpft. Vor allem die Deutschen blieben weg. […]
      Abseits des Tourismus hat Bosch-Chef Franz Fehrenbach unkonventionelle Lösungen für die Griechenland-Misere. Er sieht den kriselnden Staat dauerhaft im Sumpf der Verschuldung feststecken. “Ich bin auch heute noch überzeugt, dass Griechenland niemals auch nur einen einzigen Cent zurückzahlen wird”, sagte Fehrenbach. “Sie brauchen einen Schuldenschnitt von 100 Prozent”, warb er für einen kompletten Verzicht auf die milliardenschweren Forderungen.
      Quelle: Der Standard
    2. Robert Reich – How Europe’s Double Dip Could Become America’s
      Europe is in recession.
      Britain’s Office for National Statistics confirmed today (Wednesday) that in the first quarter of this year Britain’s economy shrank .2 percent, after having contracted .3 percent in the fourth quarter of 2011. (Officially, two quarters of shrinkage make a recession). On Monday Spain officially fell into recession, for the second time in three years. Portugal, Italy, and Greece are already basket cases. It seems highly likely France and Germany are also contracting.
      Why should we care? Because a recession in the world’s third-largest economy, combined with the current slowdown in the world’s second-largest (China), spells trouble for the world’s largest.
      Remember – it’s a global economy. Money moves across borders at the speed of an electronic impulse. Wall Street banks are enmeshed into a global capital network extending from Frankfurt to Beijing. That means that notwithstanding their efforts to dress up balance sheets, the biggest U.S. banks are more fragile than they’ve been at any time since 2007.
      Quelle: Robert Reich
    3. Irland: Situation spitzt sich zu
      Auch die irische Wirtschaft kühlte sich wieder ab, gleichzeitig sinken die Immobilienpreise weiter und das Staatshaushaltsdefizit schwoll auch 2011 an. Zuletzt im Februar 2012 sank das irische Außenhandelsvolumen bei Waren und Gütern, ebenso der Output der Industrieproduktion. Das unbereinigte Exportvolumen von Waren und Gütern sank um -3,8% zum Vorjahresmonat auf 7,386 Mrd. Euro, nach 7,698 Mrd. Euro im Vormonat und nach 7,679 Mrd. Euro im Vorjahresmonat.
      Quelle: Querschuesse
  4. Chefarzt Dr. Draghi verschreibt dem Euro eine neue Therapie
    Fiebernden Patienten wird in der Regel einer von zwei Ratschlägen gegeben: Ausschwitzen oder Medikamente nehmen. EZB-Präsident Mario Draghi meint, es wird in Euroland auch mal Zeit für die Medikamente: Ein Wachstumspakt muss her.
    Quelle: FTD

    Anmerkung JB: Da dürfen wir ja mal gespannt sein, wie die Politik mit einer Schuldenbremse mit Verfassungsrang einen Wachstumspakt umsetzen will.

    dazu: Draghis Wachstumspakt – eine Mogelpackung?
    Die große Neuigkeit heute war die Forderung von Mario Draghi nach einem Wachstumspakt während einer Anhörung im europäischen Parlament. Viele Medien haben das als Abkehr von der Austeritätspolitik beschrieben, doch das ist Unsinn. Nach allem was ich höre, fordert Draghi entschlossenere Strukturreformen und damit im wesentlichen more of the same.
    Quelle: ZEIT Herdentrieb

  5. Im Auge des Sturms
    Auch wenn es sich die Bild-Zeitung noch so sehr wünscht: Eine Rückkehr der D-Mark ergibt wirtschaftlich keinen Sinn, denn es droht Inflation und ein Einbruch der Exportwirtschaft. Wie sich das auswirkt, kann man in der Schweiz sehen. […]
    Eine Rückkehr zur Mark würde Deutschland nicht von der (wirtschaftlichen – nicht bloß moralischen) Verantwortung befreien, seine Nachbarn auch weiterhin zu unterstützen. 60 Prozent der deutschen Exporte verbleiben innerhalb der Euro-Zone, auch wenn Asien als Partner immer wichtiger wird. Deutschland sollte also daran interessiert sein, sich nicht plötzlich innerhalb eines wirtschaftlichen Brachlandes wiederzufinden, das im Süden und Osten von der Mafia und im Westen von arbeitslosen Jugendlichen regiert wird (in Nordeuropa werden die Menschen wahrscheinlich immer noch Tee trinken und sich über das Regenwetter beschweren).
    Quelle: The European
  6. Besser die Banken richtig retten
    Es wäre richtig, wenn der ESM die Möglichkeit erhält, direkt an schlingernde Banken Geld zu geben. Denn wenn Spanien in die Finanzklemme gerät, wird Italien angesteckt – und dann die ganze Euro-Zone. […]
    Das ist eine üble Situation, weil sie einen Teufelskreis provoziert: Aus Sorge selber pleite zu gehen, vergeben die Banken keine Kredite mehr – an niemanden. Das nennt man Kreditklemme.
    Wenn es aber keine neuen Kredite mehr gibt, wenn Kredite nicht mehr verlängert werden, brechen immer mehr Firmen zusammen, verlieren immer mehr Menschen ihren Arbeitsplatz, wird die Rezession zur Depression.
    Wer soll den spanischen Banken nun Rettungsgelder zur Verfügung stellen? Der spanische Staat hat wegen der Eurokrise jetzt schon Probleme zu halbwegs erträglichen Konditionen an Geld zu gelangen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: Der geschätzte Robert von Heusinger vergisst bei seiner Argumentationskette eine „Kleinigkeit“: Wer soll denn bitte die zusätzlichen Kredite nachfragen, wenn das Land sich zu Tode spart, der Wirtschaft die Nachfrage wegbricht und der Privatsektor mit Arbeitslosigkeit und Lohnkürzungen kämpfen muss?

  7. Schäuble ködert Bundesländer mit Milliarden
    Der Finanzminister will das Steuerabkommen mit der Schweiz durchboxen und Schwarzkonten deutscher Bürger legalisieren. Dazu ist Schäuble zu ungewohnten Mitteln bereit: Die SPD-Länder sollen mit Geld gelockt werden.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JB: Nun wird sich zeigen, wie ernst die – inhaltlich vollkommen berechtigte – Blockade der SPD wirklich gemeint ist. Siehe dazu auch: Ein Steuerabkommen mit Sollbruchstellen.

  8. „Autonome Forschung nicht mehr möglich“
    Mit der Abschaffung ihrer unabhängigen Forschungsabteilung droht die Deutsche Bank an wirtschaftspolitischem Einfluss zu verlieren, fürchtet der ehemalige Chefvolkswirt Norbert Walter.
    Quelle: TAZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Vordergründig könnte man meinen, dass es eine frohe Botschaft sei, wenn mit der Abschaffung der unabhängigen Forschungsabteilung DB-Research die Einflussnahme der Deutschen Bank auf die Politik geschwächt würde. Aber selbst wenn dies stimmen würde, entscheidend ist, dass Anshu Jain den Durchmarsch der Londoner Investmentbanker innerhalb der Bank realisieren konnte. Auch wenn Jain seinen Vertrauten William Broeksmit nicht zum Nachfolger des Risikovorstands Hugo Bänziger durchsetzten konnte – wohlgemerkt nicht wegen internen Widerstands, sondern weil die BaFin in einem seltenen klaren Moment jenen ablehnte -, entscheidend ist der Verlust von Hugo Bänziger selbst, der in der Vergangenheit Jain daran hinderte, sich und die Bank stärker in die Finanzkrise zu verstricken. Nun muss man davon ausgehen, dass die Bank unkontrolliert auf das Investmentgeschäft ausgerichtet wird. Klar, dass Jain und das höhere Management Sehnsucht nach den Zeiten hat, in denen das Investmentbanking bis zu 80 Prozent des Konzerngewinns brachte – immerhin waren es 2011 schon wieder zwei Drittel. Was waren das damals für Gewinne und was für Boni! Nur was heißt das für uns? Spekulieren auf diesem Niveau ist nur in dem Bewusstsein möglich, dass die Deutsche Bank ein Systemrisiko darstellt und daher von den Steuerzahlern gerettet wird, falls ein Konkurs droht. – Sollte man Ackermann hinterher trauern müssen, der immerhin begriffen hatte, dass ein Ausgleich zwischen Investmentbanking und dem klassischen Bankgeschäft (Postbank) der Deutschen Bank langfristig gesündere Strukturen verleihen würde?

    Ergänzende Anmerkung MB: Das unabhängige Forschungsinstitut der Deutschen Bank ?!? Ich musste mir zweimal meine allergiegeröteten Augen reiben, um zu glauben, was da steht. Das wäre eigentlich total zum Lachen, wenn es Norbert Walter nicht so ernst meinte und der Interviewer der TAZ nicht so unkritisch und phantasielos wäre. Ein von einer Bank finanziertes Forschungsinstitut hat mit Unabhängigkeit wahrscheinlich so viel zu tun wie die Interessen einer Bank an einer möglichst guten und leistungsstarken gesetzlichen Rente oder wie das Verkaufssgespräch einer Bank mit unabhängiger Beratung.

  9. Tom Strohschneider – Schub und Trug
    Den entscheidenden Hinweis zum so genannten Mindestlohnkonzept der Union hat die Bundesabeitsministerin selbst gegeben: Mit der Einigung, hofft Ursula von der Leyen, werde man den wahlkämpfenden Parteifreunden in Nordrhein-Westfalen helfen.
    Dort hat sich schon mancher CDU-Politiker als der wahre „Arbeiterführer“ inszeniert. Und von dort war auch die Initiative für jenen Parteitagsbeschluss ausgegangen, mit dem sich die Christdemokraten eines der großen Signalwörter des Politbetriebs zu eigen machten: Man wolle eine „marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze“, aber bitteschön: „keinen politischen Mindestlohn“.
    Nun ist allenthalben trotzdem vom Mindestlohn der CDU die Rede. Doch von einer Regelung, wie sie inzwischen auch den Gewerkschaften lieb wäre, oder wie ihn die politische Linke fordert, ist das Vorhaben der Union weit entfernt.
    Quelle: taz

    passend dazu: Ökonom warnt vor unterschiedlichen Mindestlöhnen: Reinhard Bispink fordert eine klare, verbindliche Untergrenze
    Die Union will eine Kommission installieren, die eine Lohnuntergrenze für Branchen ohne Tarifverträge festlegen soll. Reinhard Bispink von der Hans-Böckler-Stiftung warnt: Damit würden bei bereits geltenden Tarifverträgen weiter Niedrigstlöhne gezahlt – gebraucht werde aber ein einheitlicher Mindestlohn.
    Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio (Audio)

  10. Werkverträge – Die neue Lohndumping Strategie?!
    In jüngster Zeit mehren sich branchenübergreifende Beispiele für den vermehrten Einsatz von Werkverträgen, z.B. in der Elektro- und Automobilindustrie oder auch im Dienstleistungsbereich des Einzelhandels. War Leiharbeit seit Beginn der 2000er Jahre das Mittel der Wahl, um Mindestlöhne zu umgehen und die Flexibilisierung der Unternehmen zu erhöhen, hält seit 2010 die prekäre Beschäftigungsform des Werkvertrages verstärkten Einzug in betriebliche Realitäten. Arbeit auf Werkvertragsbasis, in der die Beschäftigten nur für das Ausführen einer bestimmten Leistung bezahlt werden, scheint die neue Strategie des Lohndumpings zu sein, denn durch ihren Einsatz können Mindestlohnbestimmungen für Leiharbeit umgangen und unternehmerische Risiken an die Arbeitnehmer_innen weitergegeben werden. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die Studie: „Werkverträge – Die neue Londumping Strategie“, die im Auftrag der Rosa Luxemburg Stiftung von Philipp Lorig erstellt wurde mit der Beantwortung der Fragen, wie genau das System des Werkvertragseinsatzes inhaltlich und rechtlich funktioniert, was diese atypische Beschäftigungsform genau charakterisiert und wie weit sie schon verbreitet ist. Zu diesem Zwecke wurden Experteninterviews mit Betriebsräten vor allem aus der Automobilindustrie geführt und der Stand der Forschung zum Thema erarbeitet. Es zeigt sich, dass das Ausmaß des Werkvertrags- Einsatzes in den Betrieben viel höher ist als bisher bekannt und mit erheblichen finanziellen Einbußen und Unsicherheiten für die Beschäftigten einhergeht. Auch zeigen sich massive Einschränkungen der betrieblichen Mitbestimmung für Beschäftigte und Betriebsräte. Der verstärkte Einsatz von Werkverträgen bringt – das kann als Ergebnis dieser Studie festgehalten werden – erhebliche negative Konsequenzen für die Beschäftigten und die betrieblichen Strukturen mit sich.
    Quelle 1: Rosa-Luxemburg-Stiftung (Einleitungstext)
    Quelle 2: Rosa-Luxemburg-Stiftung (Studie, 29 Seiten) [PDF – 366 KB]

    Anmerkung unseres Lesers M.D.: Ein bemerkenswert sachlicher und gut recherchierter Aufsatz zum Thema Werkverträge. Wobei der Autor auch darstellt, dass es noch keine empirischen Studien zu diesem Thema gibt. Der Erfindungsreichtum der Juristen, die die Unternehmen in Sachen Lohndumping beraten, erscheint unerschöpflich. Der Gesetzgeber schaut tatenlos zu oder fördert dieses Lohndumping noch. Irgendwie passt alles gut zusammen. Förderung des Lohndumpings, Diskriminierung von Hartz IV-Empfänger_innen, um nur die Spitze des Eisbergs zu nennen. Wohlgemerkt ragen maximal 10% des Eisbergs hervor.

  11. Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter
    Anja Maier über Gentrifizierungseltern im Hochpreissegment
    In ihrem Buch “Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter” schildert die Taz-Autorin Anja Maier die Verwandlung des Prenzlauer Berges in eine riesige Spielwiese für dauerbrunchende, Latte-Macchiato süffelnde und sich durch Bioläden shoppende Edel-Eltern, die ihre Kinder bereits im Kleinstkindalter für das zukünftige Leben im ständigen Konkurrenzkampf wappnen wollen und dabei eine Generation von gnadenlosen Egoisten heranziehen.
    Quelle: Telepolis
  12. Harvard-Studie zu Rot-Grün 2013 – In der Latte-Macchiato-Nische
    Was die SPD-Strategen den beiden Forschern über ihren liebsten Koalitionspartner erzählten, war nicht gerade schmeichelhaft. Die Grünen würden von vielen Sozialdemokraten als „Nischenpartei der Latte-Macchiato-Bourgeoisie“ wahrgenommen, fassten die Interviewer ihren Eindruck zusammen. Ihre eigene Partei hingegen sahen die SPDler „voll und ganz als Volkspartei der linken Mitte“.
    Dass führende Köpfe von SPD und Grünen frappierende Vorurteile über die jeweils andere Partei pflegen, ist ein Ergebnis einer Studie, die zwei Forscher an der Harvard-Universität erstellt haben. […]
    „SPD und Grüne fokussieren zu sehr auf die gleiche Zielgruppe: auf links-liberale Bildungsbürger“, sagt Silbermann. Ein Grund könne sein, vermutet er, dass die meisten Parteistrategen selbst zu dieser Gruppe gehören. Bell und Silbermann empfehlen eine Arbeitsteilung: Die SPD dürfe staatsnahe Wähler des linken Milieus nicht an die Linkspartei verlieren und müsse zudem bei stabilitätssuchenden Gruppen der konservativen Mitte punkten. „Das funktioniert weder mit einer technokratischen noch mit einer zu umstürzlerischen Story“, sagt Silbermann.
    Die Grünen hingegen müssten sich vor konservativen Avancen hüten, um WählerInnen am liberalen Rand nicht an die Piraten zu verlieren. Und die Anti-Establisment-Wähler ansprechen. Hier zeigt sich, dass die zugrunde liegenden Gespräche vor einem knappen Jahr geführt wurden.
    Quelle: taz

    Anmerkung JB: „Latte-Macchiato-Bourgeoisie“ ist eine treffende Beschreibung – bei der Selbstcharakterisierung sind die SPD-Strategen jedoch nicht so hellsichtig. Man mag von solchen Studien ohnehin halten, was man will. So lange SPD und Grüne sich strategisch eher in der Rolle des künftigen Juniorpartners der Union sehen, sind sie auch keine Partner, sondern Konkurrenten. Sollten die beiden Parteien tatsächlich eine Mitte-Links-Koalition anstreben, dürften sie auch keine rot-rot-grüne Koalition ausschließen. Der beste – und ehrlichste – Weg zum Wahlsieg führt ohnehin über ernst gemeinte politisch Inhalte und nicht über wahlkampfstrategische Tricksereien. Will Rot-Grün die Wahlen gewinnen, muss man auch eine echte inhaltliche Alternative anbieten – das ist jedoch bis dato nicht der Fall.

  13. Gesunde Tote
    Das Deutsche Ärzteblatt wartet heute mit der Meldung auf: „Männer im Alter gesünder als Frauen”. Das lässt aufhorchen, denn bekanntlich sterben Männer früher als Frauen und haben auch in jeder Altersgruppe höhere Sterberaten als Frauen, darüber hatten wir hier schon diskutiert. […]
    Daraus die Botschaft zu machen, dass Männer im Alter gesünder seien als Frauen, ist schon eine eigenwillige Interpretation der Daten. Schließlich haben Frauen etwas mehr an beschwerdefreier Lebenserwartung, dann folgen bei den Frauen zwar mehr Jahre mit gesundheitlichen Einschränkungen, aber nur deswegen, weil die Männer vorher sterben. Gesundheit im Alter durch frühen Tod? James Dean hätte das sicher gut gefunden.
    Quelle: ScienceBlogs
  14. Lieber nicht über Neonazis schreiben
    Lokaljournalisten haben mehr mit Rechtsextremisten zu tun als andere. Doch Angst, Kostendruck oder Desinteresse können gute Berichterstattung verhindern.
    Quelle: ZEIT
  15. „Das waren freundliche Herren“
    Der Autor Günter Wallraff über seine Kontakte zur Stasi und die Behauptung, der Co-Autor seines Bestsellers „Ganz unten“ sei IM gewesen.
    Quelle: Zeit

    passend dazu: Journalist Hans Leyendecker zu den Stasi-Vorwürfe gegenüber Günter Wallraff: „Dick aufgeblasen“
    Teile des Buches „Ganz unten“ vom Autor Günter Wallraff aus dem Jahr 1985 sollen von einem Stasi-Mitarbeiter geschrieben worden sein. Der Journalist Hans Leyender sieht die Erkenntnisse aus dem Buch über die Behandlung von Gastarbeitern in Deutschland dadurch nicht gefährdet.
    Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio [Audio – mp3]

    Anmerkung MB: Es ist ja so durchschaubar. Der 60. Geburtstag der BILD naht allmählich und es gibt kritische Berichterstattung und Kampagnen. Da liegt es nahe, einen der kompetentesten Aufklärungsjournalisten zu diffamieren.
    S. dazu „Alle gegen BILD“ und Nein zur Aktion „BILD für Alle“.

  16. Sozialstaat und Arbeitnehmerrechte in Europa verteidigen!
    Aufruf von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern
    Quelle: Gewerkschafter für Blockupy


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