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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 24. April 2012 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Eurokrise
  2. Neuverschuldung soll um 8,7 Milliarden Euro steigen
  3. Deutschland: erste klare realwirtschaftliche Dämpfer in Sichtweite?
  4. Millionenvergütungen – Manager gegen Manager
  5. Wahlen in Frankreich
  6. Merkels Rezept: Länger arbeiten, mehr sparen
  7. Zeitenwende im Büro
  8. Flexibler Arbeitsmarkt: Arbeitszeitkonten nützen mehr als Deregulierung
  9. Im Juni 2011 fast 870.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Gastgewerbe
  10. Notaufnahme für die Mittelschicht
  11. Wenn Finanzdienstleister Unterrichtsunterlagen stellen
  12. FDP: Floskeln ersetzen keine Inhalte
  13. NRW-Wahlkampf bei RTL ohne die Linken
  14. Neues aus der Anstalt
  15. zu guter Letzt: Schlechte Zeiten für Raubkopierpfeifer und -sänger!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Eurokrise
    1. Paul Krugman: Wie der Euro gerettet werden kann
      Seit rund 60 Jahren führt Europa ein einmaliges Experiment durch: den Versuch, einen vom Krieg zerrissenen Kontinent mithilfe der wirtschaftlichen Integration zu einen, und dauerhaft den Weg zu Frieden und Demokratie einzuschlagen. Die ganze Welt hat ein Interesse am Erfolg dieses Projekts und trägt den Schaden, wenn es scheitern sollte. Der europäische Gedanke erklärt auch einen aus heutiger Sicht fatalen Schritt, nämlich die Einführung einer Gemeinschaftswährung. Die europäischen Eliten waren derart begeistert von der Idee, ein starkes Symbol der Einheit zu schaffen, dass sie die Vorteile der gemeinsamen Währung übertrieben und alle Warnungen vor den Nachteilen in den Wind schlugen.
      Wäre die Europäische Union nicht besser beraten, einen Schritt zurück zu machen und zu den Landeswährungen zurückzukehren? Nicht unbedingt.
      Als allererstes muss Europa den Panikattacken Einhalt gebieten. Die einfachste Lösung bestünde darin, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen der Euro-Staaten aufkaufen würde.
      Zweitens benötigen die Staaten mit unhaltbaren Außenhandelsdefiziten einen gangbaren Weg, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Kurzfristig müssen Länder mit einem großen Außenhandelsüberschuss eine starke Nachfrage nach Gütern aus dem europäischen Ausland entwickeln.
      Außerdem brauchen diese Länder mittelfristig eine moderate Inflation von drei bis vier Prozent, um Ländern mit einem großen Außenhandelsdefizit keine kostspielige Deflation aufzubürden. Es ist also eine expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank nötig sowie ein Konjunkturprogramm für Deutschland und einige kleinere Länder.
      Quelle: Spiegel Online
    2. Die Einschläge kommen näher
      Es wird einsam um Angela Merkel in Europa. In Frankreich, in den Niederlanden und in Tschechien sind die Partner der Kanzlerin auf dem absteigenden Ast. In Paris droht Merkels engstem Verbündetem Nicolas Sarkozy das Aus. In Den Haag ist die Regierung wegen des Sparkurses auseinandergebrochen. Und in Prag löst sich die Koalition auf, nachdem Zehntausende aus Wut über Kürzungen auf die Straße gegangen waren.
      Es ist überall das Gleiche: Die von Merkel verordnete Austeritätspolitik und die Aussicht auf noch härtere Einschnitte unter dem neuen Fiskalpakt untergraben das Vertrauen in die Politik. Dem Spardiktat waren im vergangenen Jahr schon die Regierungen in Italien, Griechenland und Spanien zum Opfer gefallen. Nun kommen die Einschläge näher: Auch Merkels engste Partner in Mitteleuropa geraten unter massiven Druck.
      Überraschend ist dies nicht. Denn der Sparkurs ist nicht nur ökonomisch unsinnig. Wenn alle gleichzeitig auf die Sparbremse treten, muss dies zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung und zu sozialen Problemen führen. Er ist auch politisch fragwürdig: Wird er von Technokraten umgesetzt, wie derzeit in Rom, hebelt er die Demokratie aus. Wird er von gewählten Politikern vertreten, müssen diese damit rechnen, von ihren Wählern abgestraft zu werden.
      Quelle: taz
    3. „Die Deutschen drehen immer durch“
      Der Fall Griechenland: Der Wirtschaftswissenschaftler Yanis Varoufakis gibt Auskunft über seine Studenten, Eurobonds und die deutsche Verantwortung in der Krise.
      Quelle: taz
    4. IWF-Chefökonom im FTD-Interview “Eurobonds gegen den Teufelskreis”
      IWF-Chefökonom Olivier Blanchard plädiert in der FTD für gemeinsame Anleihen der Euro-Staaten. Für die Skepsis Deutschlands sieht er keinen Grund mehr. Selbst eine höhere Inflation hält der IWF-Experte für vertretbar. Die Alternative wäre “eine sehr hohe Deflation”
      Quelle: FTD
  2. Neuverschuldung soll um 8,7 Milliarden Euro steigen
    Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2012 (Nachtragshaushaltsgesetz 2012) vorgelegt (17/9040). Danach sollen sich die Ausgaben in diesem Jahr gegenüber dem bisherigen Haushaltsgesetz um 6,5 Milliarden Euro auf 312,7 Milliarden Euro (bisher: 306,2 Milliarden Euro) erhöhen; die Neuverschuldung soll um 8,7 Milliarden Euro auf 34,8 Milliarden Euro (bisher 26,1 Milliarden Euro) steigen. Im vergangenen Jahr betrugen die Gesamtausgaben 305,8 Milliarden Euro.
    Der Nachtragshaushalt wurde vor allem wegen den deutschen Zahlungen an das Stammkapital des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) notwendig, der am 1. Juli in Kraft treten soll. Dazu haben die europäischen Staats- und Regierungschefs am 20. Februar 2012 einen Vertrag unterzeichnet, dem der Deutsche Bundestag noch zustimmen muss. Beim ESM sind Bareinlagen von 80 Milliarden Euro eingeplant. Der deutsche Anteil daran beträgt insgesamt 21,7 Milliarden Euro; davon sind in diesem Jahr rund 8,7 Milliarden Euro fällig. Mit dem Nachtragsetat will die Regierung für diese Zahlung die haushaltsmäßigen Voraussetzungen schaffen.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Wohlgemerkt diese Neuverschuldung hat ihre Ursache in der Finanzkrise.

    passend dazu: Öffentliches Defizit im Euroraum und in der EU27 bei 4,1% bzw. 4,5% des BIP – Öffentlicher Schuldenstand bei 87,2% und 82,5%
    Im Jahr 2011 verringerte sich das öffentliche Defizit sowohl im Euroraum (ER17) als auch in der EU27 im Vergleich zu 2010, während der öffentliche Schuldenstand in beiden Gebieten anstieg. Gemessen am BIP ist das öffentliche Defizit für den Euroraum von 6,2% im Jahr 20103 auf 4,1% im Jahr 2011 gesunken und in der EU27 von 6,5% auf 4,5%. Gemessen am BIP ist der öffentliche Schuldenstand im Euroraum von 85,3% (Ende 2010) auf 87,2% (Ende 2011) gestiegen und in der EU27 von 80,0% auf 82,5%.
    Im Jahr 2011 wurden die höchsten öffentlichen Defizite als Prozent des BIP in Irland (-13,1%), Griechenland (-9,1%), Spanien (-8,5%), dem Vereinigten Königreich (-8,3%), Slowenien (-6,4%), Zypern (-6,3%), Litauen (-5,5%), Frankreich und Rumänien (je -5,2%) sowie in Polen (-5,1%) verzeichnet. Die niedrigsten öffentlichen Defizite wurden in Finnland (-0,5%), Luxemburg (-0,6%) und Deutschland (-1,0%) verzeichnet. Ungarn (+4,3%), Estland (+1,0%) und Schweden (+0,3%) registrierten einen öffentlichen Überschuss im Jahr 2011. Insgesamt verzeichneten 24 Mitgliedstaaten im Jahr 2011 gegenüber dem Jahr 2010 eine Verbesserung ihres Finanzierungssaldos im Verhältnis zum BIP, zwei eine Verschlechterung und in einem Mitgliedstaat blieb er unverändert.
    Am Ende des Jahres 2011 wurden die niedrigsten Verschuldungsquoten (öffentlicher Schuldenstand im Verhältnis zum BIP) in Estland (6,0%), Bulgarien (16,3%), Luxemburg (18,2%), Rumänien (33,3%), Schweden (38,4%), Litauen (38,5%), der Tschechischen Republik (41,2%), Lettland (42,6%), der Slowakei (43,3%) und Dänemark (46,5%) verzeichnet. Vierzehn Mitgliedstaaten wiesen im Jahr 2011 eine Verschuldungsquote von mehr als 60% des BIP auf: Griechenland (165,3%), Italien (120,1%), Irland (108,2%), Portugal (107,8%), Belgien (98,0%), Frankreich (85,8%), das Vereinigte Königreich (85,7%), Deutschland (81,2%), Ungarn (80,6%), Österreich (72,2%), Malta (72,0%), Zypern (71,6%), Spanien (68,5%) und die Niederlande (65,2%).
    Die Ausgaben des Staates beliefen sich 2011 im Euroraum auf 49,3% des BIP und die Einnahmen des Staates auf 45,2%. Die entsprechenden Zahlen für die EU27 lagen bei 49,1% bzw. 44,6%. Zwischen 2010 und 2011 haben sich die Ausgaben des Staates im Verhältnis zum BIP in beiden Gebieten verringert, während die Einnahmen des Staates im Verhältnis zum BIP zunahmen.
    Quelle: Eurostat [PDF – 532 KB]

  3. Deutschland: erste klare realwirtschaftliche Dämpfer in Sichtweite?
    Die Markit Flash-Schätzung zum Einkaufsmanagerindex der deutschen Industrie (EMI) für April 2012 spukte heute Morgen ein frisches 33-Monatstief aus! Damit befindet sich die deutsche Industrie in Kontraktion. Ein Einkaufsmanagerindex der Industrie von über 50 Punkten deutet auf einen Expansionskurs im Verarbeitenden Gewerbe hin. Indexstände von unter 50 Punkten signalisieren dagegen eine Schrumpfung im Verarbeitenden Gewerbe.
    Tim Moore, der Senior-Ökonom bei Markit, kommentiert die aktuellen Flash Estimate Daten für Deutschland so: „Die deutsche Wirtschaft schlitterte auch im April nur knapp an der Rezession vorbei. Nur dank des moderaten Wachstums des Service-Sektors konnte die beschleunigte Talfahrt der Industrie kompensiert werden. Die Industrie steckt wegen der Exportflaute in der tiefsten Krise seit Mitte 2009. Zu schaffen macht ihr vor allem die Schwäche in den Nachbarländern, während die Nachfrage seitens der asiatischen Schwellenländer und der USA robust blieb. Schlimmer ist jedoch der erste Jobabbau in der deutschen Wirtschaft seit über zwei Jahren. Sollte sich die Schwäche am Arbeitsmarkt hinziehen und die Kaufkraft der privaten Haushalte weiter unter Druck bleiben, dürfte die Binnennachfrage als Wachstumsmotor ausfallen.”
    Damit weichen die erhobenen Daten von Markit Economics deutlich von denen des deutschen ifo-Instituts zum Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands ab, welches erneut einen leichten Anstieg auch für April signalisierte. Es bleibt spannend, die Divergenz der Daten von Markit und dem ifo-Institut ist relevant, und einer von beiden liegt deutlich daneben.
    Quelle 1: Querschuesse
    Quelle 2: German manufacturing shrinks at fastest pace since 2009 – PMI Reuters

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Weiter heißt es zu den Ursachen der bisher vergleichsweise hohen Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft: “Allerdings dürfte es nicht wirklich verwundern, dass die Krise der Südperipherie über die schwindenden Importe auch beim Vizeexportweltmeister Deutschland durchschlägt. Im Gegenteil, erstaunlich war eher die bisherige Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die aber bisher durch die Krise auch profitierte, durch zuströmende Kapitalzuflüsse, kaum Finanzierungsprobleme und sinkende Refinanzierungskosten.” Eine weitere Ursache für die bisher zu verzeichnende relative Robustheit der deutschen Wirtschaft: Die hiesige Dumpingpolitik der vergangenen ca. 15 Jahre hat der deutschen Exportwirtschaft erhebliche preisliche Wettbewerbsvorteile sowohl gegenüber den Staaten der Eurozone als auch – wegen eines für die deutsche Exportwirtschaft günstigen Euro-Umtauschkurses – gegenüber den Staaten außerhalb der Eurozone verschafft. Dieses an-die-Wand-Konkurrieren der übrigen Staaten der Eurozone ist jedoch zugleich eine (möglicherweise sogar die) maßgebliche Ursache für die ökonomischen Schieflagen innerhalb der Eurozone. Sollte sich diese Krise weiter zuspitzen, dann wären alle Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft Makulatur. Sollte die Eurozone gar auseinanderbrechen, dann würde dies wegen einer drastischen Aufwertung der wiedereingeführten DM zu massiven Wachstums- und Beschäftigungseinbrüchen in Deutschland führen.

  4. Millionenvergütungen – Manager gegen Manager
    Vierhundertfünfundreißig Prozent – so viel verdient der VW-Boss mehr als sein Vorgänger. Die Gehälter der Vorstände in Dax-Konzernen rufen Kritiker auf den Plan – jetzt auch aus den eigenen Reihen.
    Deutschlands Topmanager haben die Wirtschaftskrise gut überstanden – vor allem finanziell. Das Durchschnittsgehalt eines Dax-Konzernchefs ohne Pensionsansprüche erhöhte sich im vergangenen Jahr um 400 000 Euro auf gut fünf Millionen Euro.
    Quelle 1: Handelsblatt
    Quelle 2: Handelsblatt, Wo Spitzenvergütungen in der Kritik stehen

    Anmerkung WL: Ober der Satz „Deutschlands Topmanager haben die Wirtschaftskrise gut überstanden“ wohl ernst oder ironisch gemeint ist?

  5. Wahlen in Frankreich
    1. Hypernervös wegen Hollande
      François Hollande schlägt Nicolas Sarkozy im ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen: Den endgültigen Sieg des Sozialismus in Europa scheinen die Anleger zwar nicht zu fürchten, aber die Märkte sind alles andere als sorgenfrei.
      Quelle: ARD Börse

      Anmerkung unseres Lesers G.G.: “Ein Gespenst geht um in Europa…” – naja, so weit ist es sicher noch nicht, aber ich finde es ein gutes Zeichen, dass “die Märkte” angesichts eines möglichen Triumphs Francois Hollandes der Arsch schonmal ordentlich auf Grundeis geht. Anscheinend sind sich die Bonschneider und Spekulanten noch nicht sicher, ob Hollande am Ende nach ihrer Pfeife tanzt wie Sarkozy, Merkel und Schäuble. Ich hoffe jedenfalls, dass Hollande am Ende nicht so ein Schröderverschnitt wird.

    2. Gallische Wahlparty mit ungebetenen Gästen
      Wer vorgibt, den Gewinner der französischen Präsidentschaftswahlen schon ausmachen zu können, spekuliert und stöbert im Ungewissen. François Hollande, der Kandidat der Sozialisten, hat mit einem Wähleranteil von 28,6 Prozent zwar ein starkes Resultat vorgelegt. Insgesamt haben die linken Parteien fast 44 Prozent der Wählerstimmen errungen. Das ist viel, aber nicht unbedingt genug. Zwischen Hollande und Sarkozy lagen an diesem Sonntag bloss eineinhalb Prozentpunkte beziehungsweise eine halbe Million Stimmen. Die Zahl verblasst angesichts des überraschend starken Zulaufs für die Chefin des Front national (FN), Marine Le Pen. Die 43-Jährige hat 6,4 Millionen Stimmen erbeutet. Eine so grosse Protestwählerschaft gab es in Frankreich noch nie, weder links noch rechts. Wohin diese Stimmen in den nächsten zwei Wochen gehen werden, bleibt vorderhand die grösste Unbekannte. Dass sich Sarkozy weiterhin und gar noch stärker darum bemühen wird, ist klar. Der Front national ist am Sonntag in Frankreich vom Stör- zum Machtfaktor geworden. Sarkozy hat ihn bereits früh in seine Wahlkampfstrategie einbezogen und sich der Hauptsorge der FN-Wählerschaft, der Einwanderung, zugewandt. Jetzt werden sich vermutlich selbst die Sozialisten dieses Themas annehmen. Entsprechende Hinweise dafür sind noch verklausuliert. – Die Verteidigung seiner Amtszeit, des Elyséepalastes und überhaupt das Steuern Frankreichs durch die Krise ist Sarkozy zwar auf den Leib geschnitten. Aber die Aufgabe ist sehr schwer geworden: Die Stimmbeteiligung war mit rund 80 Prozent überraschend hoch, die Berufung auf eine «schweigende Mehrheit» ist entsprechend schwierig geworden. Ohnehin kämpft Sarkozy noch an einer weiteren Front. Er muss möglichst viele Wähler des Zentrumspolitikers François Bayrou – ein Stimmenpotenzial von 9 Prozent – in sein Lager holen. Allzu angesehen ist der angeschlagene Amtsinhaber in diesen Kreisen nicht mehr.
      Quelle: NZZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon traurig mit anzusehen, dass es den Rechten weit eher als den Linken gelingt, ihre Programmatik den Großparteien aufzudrücken. In Deutschland ist es leider der Linkspartei nicht gelungen so viele Stimmen auf sich zu vereinen, um als bedrohliche Protestpartei linke Positionen in den Großparteien zu stärken. – In Frankreich würde ich Sarkozy durchaus zuzutrauen, dass er, bevor er untergeht, Marine Le Pen zur Mitstreiterin kürt.

    3. EU warnt Hollande vor großen Staatsausgaben
      Kaum liegt François Hollande in der französischen Präsidentenwahl vorne, schon meldet sich die EU: Wenn er zu viel Geld ausgibt, streicht sie Zuschüsse an Frankreich.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung JB: Da übertrifft Olli Rehn sich einmal sogar selbst. Nun versucht er schon die Demokratie auszuhebeln, bevor das Votum des Volkes überhaupt feststeht.

  6. Merkels Rezept: Länger arbeiten, mehr sparen
    Vor dem Hintergrund einer schrumpfenden und alternden Bevölkerung arbeitet die Bundesregierung an einer Demografie-Strategie.
    Quelle: Ärztezeitung

    Anmerkung JB: Merkels „Rezept“ ist reichlich grotesk. Ginge es nach ihr, müssten ja die Staaten und die Privathaushalte ihre Verschuldung reduzieren. Dies führt freilich auch zu einer sinkenden Verschuldung des Unternehmenssektors, da die Nachfrage sinkt. Wer soll nun aber die Gelder, die das Volk als Schutz vor dem demographischen Wandel sparen soll, als Kredit nachfragen?

  7. Zeitenwende im Büro
    Mit Blick auf die künftige Dynamik der Arbeitsbeziehungen in den Angestelltenbereichen und das strategische Szenario für Gewerkschaften und Betriebsräte geht die empirisch eindeutige Erosion der Beitragsorientierung somit offensichtlich mit zwei gegenläufigen Entwicklungsszenarien einher. Auf der einen Seite lässt die Verbreitung des „Arbeitnehmers wider Willen“ vor allem solche Szenarien plausibel erscheinen, die dem Leitbild des „geduldigen Arbeiters“ (Kadritzke) folgen und im Sinne individueller Anpassung eine Entsolidarisierung in Angestelltenbereichen beinhalten. Auf der anderen Seite ist in der Erscheinung des „manifesten Arbeitnehmers“ eine gegenläufige Entwicklungstendenz angelegt. Diese Beschäftigtengruppe ist nicht nur bereit, für die eigenen Interessen einzustehen, sondern bezieht sich positiv auf die Mitbestimmung und die Vorstellung kollektiver Strategien der Interessendurchsetzung.
    In der Praxis besteht zwischen diesen beiden Strömungen keine „chinesische Mauer“; welche der beiden Strömungen sich in der Praxis durchsetzen wird, wird letztlich vom konkreten Verlauf der realen Auseinandersetzungen abhängen – und damit vor allem von der Frage, ob Gewerkschaften und qualifizierte wie hochqualifizierte Angestellte in eine produktive Beziehung zueinander finden werden. Zugespitzt ausgedrückt, stehen damit die Arbeitsbeziehungen im Angestelltenbereich an einem Scheideweg: Als Negativszenario zeichnet sich eine neue Ökonomie der Entwertung und der Ohnmacht der Beschäftigten ab, als Positivszenario denkbar ist jedoch auch eine neue Kultur der Solidarität in Angestelltenbereichen, die eine neue Qualität der Mitbestimmung und gestiegene Handlungsfähigkeit beinhaltet. Vor diesem Hintergrund werden Angestellte und Hochqualifizierte mehr denn je zu einer strategischen Zielgruppe von Gewerkschaften und Betriebsräten.
    Quelle: Gegenblende
  8. Flexibler Arbeitsmarkt: Arbeitszeitkonten nützen mehr als Deregulierung
    Die jüngste Wirtschaftskrise hat gezeigt: Wenn es um stabile Beschäftigung geht, nützt “interne Flexibilität” durch ausgefeilte Arbeitszeitmodelle mehr als Deregulierung der Arbeitsverhältnisse. Was konservative Ökonomen oder die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unter flexiblen Arbeitsmärkten verstehen, greift daher zu kurz. Mitbestimmung spielt bei der “internen Flexibilität” eine wichtige Rolle. So sind Arbeitszeitkonten in Betrieben mit Betriebsrat deutlich verbreiteter als in Betrieben ohne Arbeitnehmervertretung. Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Hartmut Seifert, Arbeitsmarktexperte und früherer Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, in einer aktuellen Analyse.
    Lange Zeit stand der angeblich “sklerotische” deutsche Arbeitsmarkt in der Kritik. Als Beleg diente unter anderem der vergleichsweise hohe Regulierungsgrad, den der Employment-Protection-Legislation-Indikator (EPL) der OECD Deutschland attestiert. Er gibt Auskunft über Regelungen zu Kündigungsschutz, Leiharbeit und befristeter Beschäftigung – und bildet auch die Richtschnur für Debatten um den Reformbedarf südeuropäischer Krisenländer. Je niedriger das Schutzniveau, desto flexibler und beschäftigungsfreundlicher ist nach den Vorstellungen der OECD der Arbeitsmarkt. Dabei habe insbesondere der jüngste Wirtschaftseinbruch gezeigt, dass es auf ganz andere Formen von Flexibilität ankommt, so Seifert.
    Als infolge der Finanzkrise weltweit die Konjunktur zusammenbrach und Deutschland trotz stark gesunkener Industrieproduktion mit relativ geringen Beschäftigungsverlusten davonkam, sei auf einmal nicht mehr von Überregulierung, sondern vom “deutschen Beschäftigungswunder” die Rede gewesen, schreibt Seifert in seiner Analyse der deutschen Arbeitsmarkt-Entwicklung seit 2008. Tatsächlich erwies sich der Arbeitsmarkt als erstaunlich stabil: Zwischen April 2008 und April 2009 ging die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe um mehr als 25 Prozent zurück. Die Beschäftigung sank nach den Berechnungen des Wissenschaftlers jedoch nur um 8 Prozent. Dies sei vor allem einer Strategie der “internen Flexibilität” zu verdanken: Arbeitszeitverkürzung statt Kündigung.
    Quelle 1: Böckler Impuls 6/2012 [PDF – 157 KB]
    Quelle 2: Hans-Böckler-Stiftung
  9. Im Juni 2011 fast 870.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Gastgewerbe
    Im Juni vergangenen Jahres waren im Gastgewerbe 868.218 Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig und 859.822 geringfügig beschäftigt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/9320) auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion (17/8813) hervor. Danach waren im selben Monat im Gastgewerbe 73.460 Arbeitslosengeld-II-Bezieher sozialversicherungspflichtig und 116.222 ausschließlich geringfügig beschäftigt.
    Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des Gastgewerbes betrug im Juni 2011 laut Regierung bundesweit 74 Prozent, im Vergleich zu 79,9 Prozent bei einer branchenübergreifenden Betrachtung. In den dem Gastgewerbe untergeordneten Wirtschaftsabteilungen „Beherbergung“ und „Gastronomie“ habe der Anteil bei 86,9 beziehungsweise 68,4 Prozent gelegen. Wie es in der Antwort weiter heißt, belief sich das mittlere monatliche Bruttoarbeitsentgelt nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit aus der Entgeltstatistik im Jahr 2010 im Gastgewerbe auf 1.425 Euro, im Vergleich zu 2.702 Euro in der Gesamtwirtschaft.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  10. Notaufnahme für die Mittelschicht
    In die Praxis von Uwe Denker kommen die Verlierer des Gesundheitssystems. Er behandelt Patienten ohne Versicherungsschutz. Im Wartezimmer sitzt die abgestürzte deutsche Mittelschicht. Besuch bei einem Mediziner, der lieber arbeitslos wäre.
    Quelle: SPIEGEL Online
  11. Wenn Finanzdienstleister Unterrichtsunterlagen stellen
    Verbraucherzentrale warnt vor tendenziösem Unterrichtsmaterial.
    Also, wir haben beispielsweise ein Material, was vom “Handelsblatt macht Schule” herausgegeben wird, zusammen mit der Deutschen Vermögensberatung. Und da ist auffällig, dass, wenn da über Kredite informiert wird, dass zum Beispiel auf die Risiken von Krediten sehr rudimentär aufmerksam gemacht wird, oder an Stellen, wo es um Provisionen geht. Darauf wird eben nicht aufmerksam gemacht. Das heißt, bestimmte Informationen werden einfach ausgespart. Ein anderes Beispiel ist bei dem Material “My Finance Coach”, das ist eine Stiftung, die ist von der Allianz-Versicherung, McKinsey und Grey gegründet worden. Da ist es so, dass sie, um ein Beispiel zu nennen, bei der Altersvorsorge sagen, das Solidaritätsprinzip ist quasi gescheitert, wie man sieht am demografischen Wandel und so weiter, und darum ist es umso wichtiger, private Altersvorsorge zu betreiben, und das Solidarprinzip ist im Prinzip nicht mehr zu gebrauchen.
    Quelle: DLF
  12. FDP: Floskeln ersetzen keine Inhalte
    Zwei beziehungsweise drei Wochen vor entscheidenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW ist es für die FDP wieder einmal 5 Minuten vor Zwölf. Die krisenhafte Zuspitzung der Lage der Freien Demokraten erinnert an die Zeit Mitte der 90er Jahre. Damals verloren die Liberalen mit ihrem Parteichef Klaus Kinkel eine Regionalwahl nach der anderen – und retteten sich schließlich dennoch. Die Liberalen sind krisengeschüttelt und krisenerfahren. Darin liegt eine Chance. Es gibt viele Parallelen zur Vergangenheit: Damals wie heute war und ist die FDP monothematisch aufgestellt. Von der in den 90er Jahren als Partei der Besserverdienenden gebrandmarkten FDP zur Steuersenkungspartei von Guido Westerwelle und zur Wachstumspartei Philipp Röslers führt eine politische Einbahnstraße, im schlimmsten Fall sogar eine Sackgasse. Im Unterschied zu den 90er Jahren verfügen die Freien Demokraten aber heute über kein gestandenes Personal. Parteichef Rösler wirkt nicht nur unerfahren und unbeholfen. Er ist es. Daran können auch Appelle zur Geschlossenheit nichts ändern. Wer annimmt, die FDP könne mit einem Zweitages-Event wie in Karlsruhe die Stimmung im Land drehen, versteht nichts von Politik. Dazu gehört schon mehr.
    Quelle: Frankfurter Neue Presse
  13. NRW-Wahlkampf bei RTL ohne die Linken
    Der Sender RTL startet eine kleine Reihe zum NRW-Wahlkampf. Beim genauen Blick ins Programm stellen sich dem Zuschauer allerdings Fragen. Warum kandidiert Sylvia Löhrmann für die GAL? Und warum sind die Piraten und die FDP zu Gast, nicht aber die Linken?
    Quelle: Der Westen
  14. Neues aus der Anstalt
    Am 24. April begibt sich die Anstaltsleitung wieder auf ihre Monatsvisite. Als kabarettistische Putzkolonne assistieren in dieser Ausgabe die Kabarettisten Helmut Schleich, Wilfried Schmickler, Andreas Rebers und Max Uthoff.
    In “Neues aus der Anstalt” wird die nationale und internationale Politik aus dem Foyer einer psychiatrischen Tagesklinik betrachtet und in einem Zustand zwischen politischer und psychischer Verstörtheit über den Status quo des Landes und seiner Mächtigen gewettert, geklagt und gelacht.
    Auch im April öffnen die Behandlungsräume der Anstalt wieder ihre Türen. Bei ihrem satirischen Frühjahrsputz bleibt die Anstaltsleitung nicht nur an der Oberfläche, sondern deckt auch das auf, was während der letzten Wochen unter den Teppich gekehrt wurde. So sorgt das politische Großreinemachen für einen klaren Durchblick im aktuellen Krisenwirrwarr. Zu Gast sind diesmal Helmut Schleich, Wilfried Schmickler, Andreas Rebers und Max Uthoff.
    Quelle: ZDF

    Anmerkung: Neues aus der Anstalt – am Dienstag, 24. April 2012, um 22.15 Uhr im ZDF!

  15. zu guter Letzt: Schlechte Zeiten für Raubkopierpfeifer und -sänger!
    Wie aus gut informierten Kreisen verlautet, plant die GEMA ab Sommer 2012 eine Offensive in Sachen Urheberrecht. Geschützte Inhalte, so berichten Insider, sollen zukünftig noch zielgerichteter in der Öffentlichkeit gegen unlizensierte Wiedergabe verteidigt werden. Insbesondere, wenn Werbung im Umfeld öffentlich vorgeführter Musikinhalte ins Spiel komme, “höre der Spaß endgültig auf”.
    Quelle: kopperschlaeger.net

    Anmerkung: Frank Kopperschläger ist mit seinem tagespolitischen Satire-Block für den alternativen Medienpreis nominiert. Herzlichen Glückwunsch!


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