NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Annalena Baerbock: Die Lotsin geht von Bord

Datum: 21. Februar 2025 um 10:14 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, NachDenkSatire
Verantwortlich:

Sie hat uns mit ruhiger Hand durch raue außenpolitische See geleitet. Aber nach der Wahl muss Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wahrscheinlich ihren Posten räumen – eine Zäsur. Dass die erfahrene Diplomatin Deutschland gerade jetzt verloren gehen könnte, ist tragisch. Ein*e Nachfolger*In muss in große Fußstapfen treten. Eine satirische Würdigung von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Es wird zum möglichen Abschied Annalena Baerbocks nach der Wahl wahrscheinlich viel Häme geben: von den putin-treuen Medien und nützlichen Idioten Russlands sowie von den Amerika-Hassern, Trump-Fans und anderen Frustrierten und Abgehängten. Doch das sollte Baerbock als Auszeichnung verstehen – denn es zeigt, wie sehr die deutsche Außenministerin den Machthaber im Kreml in Bedrängnis gebracht hat.

Und das hat sie. Schließlich kann wohl festgestellt werden, dass die russische Wirtschaft praktisch ruiniert ist, zumindest laut einer neuen Studie der unabhängigen ukrainischen NGO „Putin Must Die“ (PMD), die völlig neue Parameter anlegt und den wohlgepflegten Mythos einer stabilen russischen Wirtschaft platzen lässt.

Gleichzeitig kann festgestellt werden, dass Deutschland vergleichsweise gut durch die multiplen Krisen gelotst wurde, die gleich zu Beginn über die junge Ampelregierung hereingebrochen waren: Die Folgen der (ebenfalls gut gemeisterten) Corona-Pandemie, der brutale und unerwartete Angriffskrieg Russlands gegen die demokratische Ukraine, der Kampf gegen die Klimakrise, das aufreibende Engagement gegen Rechts und gegen Hass und Hetze, der wichtige Einsatz für US-Frackingas, als Putin uns den Gashahn zugedreht hatte.

Während die diplomatischen Kanäle zu gestrigen Mächten und zu den toxischen Machos in Washington, Moskau und Peking von Baerbock bewusst abgekühlt wurden, hat sie gleichzeitig ein enges Netzwerk etwa mit aufstrebenden Inselstaaten in der Karibik schaffen können, auch das wird ihr Vermächtnis sein.

Noch ein Wort zum angeblichen „Scherbenhaufen der deutschen Diplomatie“, vor dem wir angeblich stehen: Es ist doch mit dem Verhältnis zu Russland und dem Ergebnis des Ukrainekriegs genauso wie mit der Corona-Pandemie. Die Verantwortlichen hatten es schlicht nicht besser wissen können. Wer hätte denn ahnen können, dass die Ukraine trotz hohen Einsatzes von Menschen und Material das innerlich laut Experten wohl morsche Russland nicht würde niederringen können? Oder dass es die Energieversorgung in Deutschland verteuern könnte, wenn man den wichtigsten Energielieferanten mit Sanktionen angreift? Das und die ganz aktuellen militärischen und diplomatischen Entwicklungen kommen doch für alle Menschen völlig überraschend und praktisch aus dem Nichts.

Ein Narrativ aus Putins Trollfarmen lautet nun, Regierungskritiker hätten das schon lange prophezeit und der jetzige Zustand sei eigentlich nur die logische und lange voraussehbare Folge deutscher Außenpolitik. Außerdem wird die Leier wiederholt, dass der Ukrainekrieg seine Wurzeln ausgerechnet im demokratischen Maidan-Wandel habe oder in von Russland behaupteten Angriffen Kiews auf Zivilisten im Donbass. Man sollte solche verzweifelten Versuche, die Geschichte umzuschreiben, einfach ignorieren.

Die Prophetin gilt nichts im eigenen Land

Es ist trotzdem bitter, dass es Baerbock am Ende trotz aller diplomatischen Bemühungen offenbar nicht mehr gelungen ist, den Ukrainekrieg noch weiter in die Länge zu ziehen. Man muss die Entwicklungen abwarten, aber es sieht momentan danach aus, dass das demokratische Land bald unter einen Diktatfrieden des Imperialisten in Moskau gezwungen werden soll und dann einfach die Waffen schweigen sollen. Da knallen natürlich die Sektkorken im Kreml und Putin badet in Champagner. Die Beteuerungen der Lumpenpazifisten, ein Waffenstillstand könne Leben retten, klingen angesichts dieser Realitäten nur noch zynisch und schal.

Umso wichtiger wäre also das momentan diskutierte 700-Milliarden-Waffen-Paket: Wer weiß, vielleicht kann man damit den toxischen Macho-Plänen von Putin und Trump für einen „Frieden“ ein Schnippchen schlagen und die Kampfhandlungen doch noch in die Länge ziehen? Dass am Ende sowieso kein anderes Ergebnis erzielt werden könne und diese Verlängerung darum eine unnötige Opferung von Menschenleben darstelle – das gehört nun wirklich zu den Kreml-Narrativen aus der untersten Propagandaschublade.

Waffenlieferungen an unterdrückte Demokrat*Innen – das ist und bleibt echte feministische Außenpolitik. Und auch wenn das hierzulande von vielen Bürgern einfach nicht kapiert wird – die vor dem russischen Terror geschützten Frauen in ganz Europa werden es Baerbock danken. Liebe Bürger: Lasst uns in diesem Sinne in den letzten Tagen vor der Wahl eine Kerze ins Fenster stellen, um für das 700-Milliarden-Waffen-Paket und gegen rechte Hetze zu werben.

Wie gesagt: Die womöglich bald einsetzende Häme vonseiten der Abgehängten und Frustrierten sollte Baerbock einfach an sich abperlen lassen. Stimmen aus Estland oder Lettland klingen da schon erheblich respektvoller. Es ist ja nichts Neues, dass die Prophetin im eigenen Land nichts gilt.

Nicht zuletzt auch bei ihrem Einsatz für die Menschenrechte in Gaza hat Baerbock folgenden Satz immer authentisch verkörpert: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Will heißen – kommissarisch bleibt Baerbock ohnehin zunächst im Amt, aber vielleicht verbleiben die Grünen ja darüber hinaus in der Regierung. Eine Kontinuität der Diplomatie, die Deutschland so gut getan hat, wäre dann gesichert!

Lasst uns auch dafür eine Kerze entzünden.

Hinweis: Das ist ein Beitrag aus der Satire-Redaktion.

Titelbild: Alexandros Michailidis/Shutterstock


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=129107