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Titel: Zum Ampel-Abschied wird bekannt: Beförderungen und Stellenvergaben satt – das ist doch mal schnell und unbürokratisch

Datum: 21. Februar 2025 um 11:30 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Bundesregierung, Lobbyismus und politische Korruption
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Man stelle sich mal vor, die gescheiterte Ampelregierung hätte in ihrer Amtszeit so schnell, mutig und großzügig Politik für die Menschen, für ihre Wähler gemacht, wie sie es zum Abschied in aller Eile tat, um Teilen ihres Personals etwas mehr als üblich zu gönnen. Sie wäre vielleicht nicht gescheitert. Doch so? Der Coup, der viele Ausnahmen bei Personalentscheidungen macht, zeigt, wie abgehoben Macht macht. Und das ganz ohne Folgen. Ein Kommentar von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

In Zeiten von Sparwahn und Abbau von Personal ist das ein Segen ganz anderer Art für das Regierungsgefolge: Die Schlagzeile der Wochenzeitung Zeit liest sich, als hätte die scheidende, Pardon, die gescheiterte Bundesregierung sich so richtig großzügig und dankbar erwiesen. Und das in Zeitenwende-Zeiten des „Gürtel-Engerschnallens“, der Sprüche wie „die fetten Jahre sind vorbei“. Die Ampelkoalition tat das Folgende nicht etwa für das Volk, nein, sie tat das für ihr Gefolge. Auf diese Weise wird Loyalität und Treue erzeugt:

320 Mitarbeitende ohne Probezeit verbeamtet, 400 Stellen nicht ausgeschrieben, 400-mal ungewöhnlich schnell befördert: Die Ampel machte bei Personalien viele Ausnahmen.“

Die Nutznießer, zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den hauptstädtischen Ministerien und Amtsstuben rund um die Bundesregierung, werden sich sicher gefreut haben. Erleichternde Planungssicherheit, stabile soziale Sicherheit hielt bei zahlreichen Gefolgsleuten Einzug, während die Regierenden aus ihren Stuben die Schreibtische räumen und ausziehen. Das hat was von Dankbarkeit der Ex-Chefs quer durch die Regierungsparteien gegenüber den Untergebenen. Und ja, solche Belohnungen bedeuten schon etwas in unserer zunehmend prekären Arbeitswelt: verbeamtet, entfristet, befördert zu werden. Hut ab!

Die scheidende Regierung stöberte also in ihren Ministerien herum und ließ für nicht wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so richtig was springen, was sie auf eine Anfrage durch die Partei Die Linke und erst durch diese, sicher etwas unbequeme Anfrage zugeben musste. Von der Regierung selbst beworbene und vollmundig versprochene Transparenz sieht jedoch anders aus. Der Eindruck bleibt: Im Dunkeln lässt sich ungestört und ungeniert agieren:

In Hunderten Fällen verbeamtete die Bundesregierung in der aktuellen Legislaturperiode Mitarbeitende ohne Probezeit, besetzte Stellen, ohne sie vorher auszuschreiben, und ließ Mitarbeitende Besoldungsgruppen überspringen.“

Geradezu ungeniert zog die Ampelregierung Register der Dreistigkeit, hier nochmal die Liste der Großzügigkeiten: auf Lebenszeit Verbeamtungen ohne vorgeschriebene dreijährige Probezeit, keine öffentliche Ausschreibungen freier Stellen, das Überspringen von Besoldungsstufen und Entgeltgruppen.

Die Fragestellerin Heidi Reichinnek kritisierte die gönnerhafte, intransparente Handlungsweise der Ampel aus SPD, Grüne und FDP, die in ihrem Koalitionsvertrag festlegten, sich an den Prinzipien offenen Regierungshandelns zu orientieren. Stattdessen jedoch … :

„Insgesamt wurden in knapp 1.200 Fällen Personalentscheidungen aufgrund von Ausnahmeregelungen getroffen – das kann nicht der Anspruch einer Regierung sein, die sich der Transparenz verpflichtet!“, sagte Reichinnek.

Kein Segen an der Basis

Die Party der Ampelregierung ist nun erstmal vorbei, ihr Coup gelungen, während die für die Beförderungsorgie Verantwortlichen, die, wenn sie so etwas wie schlechtes Gewissen haben, auch Bauchschmerzen empfinden müssten, blickten sie sich um im Land. Es ist auch ihr Land. Hier wird überall der arbeitende Mensch gern als „Kostenfaktor“ heruntergestuft, als ein Etwas, das am Besten eben nicht befördert, entfristet, verbeamtet und höher eingruppiert werden sollte. Das kostet halt alles sehr viel. Und nicht nur der Mensch kostet: Die Haushalte des Bundes, der Länder, der Städte und Gemeinden kosten auch, vor allem Sachen, die kein Mensch braucht. Bei den Dingen, die Mensch braucht, sieht es schon ganz anders aus. Paradox.

Wo liegt das Problem? Das Geld sei knapp, sagen die Regierenden dem Volk. Ihre treue, gut dotierte Gefolgschaft reicht die schlechten Nachrichten nach unten durch. Wenn alle zusammenhalten – Wörter wie „Zusammenhalt“ oder „Solidarität“ kommen auch gut -, dann überstehen alle die „Saure-Gurken-Zeit“. Diese „zeichnet“ sich dadurch aus, dass in vielen Bereichen des öffentlichen, beruflichen, gewerblichen, institutionellen Lebens das Wort „Stopp“ Konjunktur hat: Stopp vieler teils notwendiger regelmäßiger Ausgaben, Stopp bei Einstellungen, Stopp bei Investitionen, Stopp bei selbst einfachen Reparaturen, Stopp, Stopp, Stopp! Die Bremser bremsen, dass es quietscht und raucht.

Woanders wird nicht gebremst, nicht „Stopp!“ gesagt. Die Regierenden, die bisherigen und sicher auch die künftigen Macher in Berlin sagen das dem Volk aber nicht: Geld ist genug da, für Rüstung zum Beispiel. Doch oft verplappern und entlarven sich Regierende, wie die scheidende Außenministerin Annalena Baerbock. Sie verriet zum einen Summen für europäische Pläne einer gigantischen Aufrüstung, dass es einem schlecht werden kann. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat Baerbock zum anderen die Kühnheit, auf einem großen Wahlplakat mit ihrem Foto für folgenden Satz zu werben:

In Europa darf nur einer herrschen: der Frieden.“

P.S.: Der Ausgang der Bundestagswahl am Sonntag ist zwar offen, doch scheint sich anzudeuten, dass das Wahlvolk eine neue Koalitionsregierung bekommen wird, die ebenfalls in Teilen von denen besetzt sein wird, die bisher regierten und beförderten, entfristeten, höhergruppierten. Merken Sie was?

Titelbild: PeopleImages.com – Yuri A / Shutterstock


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