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Titel: Kriegsbereitschaft? Ohne uns!

Datum: 9. Februar 2025 um 12:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Friedenspolitik
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Stell’ Dir vor, es ist Krieg und … keine/r geht hin. Dieser Slogan war mal in und zeugte von aufklärerisch-witziger und zugleich subversiv-pazifistischer Duftnote mit offen friedliebendem Visier.  Tempi passati, wie es auf Latein so schön heißt; auf gut Deutsch: Diese Zeiten sind vorbei. Genau diese Aussage bevorzugen die selbst ernannten “ZeitenwenderInnen” unserer Tage, wie sie auch immer heißen mögen – von Merz über von der Leyen bis Pistorius und Scholz. Von Jürgen Scherer.

Sie alle wollen uns die “Neue Denke” beibringen, die da heißt: Tu was für dein Land! Sei blindlings stolz darauf! Hab Angst vor den Russen! Lerne, zum Gewehr zu greifen! Ihr. Dient. Deutschland. Seid bereit für Krieg!

Mit solchen Parolen werden wir tagtäglich teils offen, teils unterschwellig beeinflusst; sollen mürbe und kampfbereit zugleich gemacht werden. Vor allem sollen wir den Überblick verlieren und das Gespür für Gerechtigkeit und Friedensliebe. Frei nach dem Motto: Wenn Du einen Feind kennst/hast, weißt Du erst das “Wir” zu schätzen.

Diese ganze Manipuliererei dient dazu, uns von den eigentlichen Interessen der “ZeitenwenderInnen” abzulenken. Einige dieser Interessen seien benannt: Wir Deutsche müssen endlich den friedensgeprägten Ballast der Nachkriegszeit abwerfen und uns einreihen in die europäische Völkergemeinschaft, endlich “normal” werden (mit allen Konsequenzen, auch kriegsbereiten!).

Wenn Deutschland anerkannt sein will in der Welt, muss es auch kriegerisch auf Weltmachtniveau agieren (einige Muskelspielereien sind uns ja in mulmiger Erinnerung, z.B. die mit „unseren Fregatten”, die den Chinesen immer mal wieder vor ihrer Küste das Bibbern beibringen sollen!).

Wir müssen uns  endlich in die Erkenntnis einreihen, dass die Brandt’sche Friedenspolitik ein Irrläufer der Nachkriegszeit war (gut, sie hat uns als Beifang die Vereinigung Deutschlands beschert, aber um welchen Preis: die Russen drohten plötzlich zu Freunden zu werden!)

Last but not least: Lasst uns dem Militarismus eine Chance geben; nur so kann  Deutschland wieder wer werden.

Die notabene unvollständige Aufzählung solch „deutscher Interessen” möge illustrieren, dass diese Interessen der “ZeitenwenderInnen” unseres Landes nicht die unseren sein können.  Wir sollten uns dafür nicht vor den falschen Karren der “Zeitenwende” spannen lassen.

Unsere eigentlichen Interessen sollten wir uns nicht mittels des Leitspruchs “Tempi passati” austreiben lassen oder aus den Augen verlieren. Diese Interessen sind nämlich ganz und gar anders gelagert, legitim und nachvollziehbar und müssen offensichtlich dem Politikpersonal ständig in Erinnerung gebracht werden:

Haltet Euch an unser Grundgesetz, das dem Friedensgebot Vorrang gibt! Lasst Eure Weltmachtspielereien und strengt Euch an für allseits gute Nachbarschaft unter den Völkern der Welt und besonders Europas, zu dem auch Russland gehört (der Ural trennt Europa von Asien)! Macht Euch und damit uns nicht länger zum Vasallen der USA (das muss nicht völlige Abkehr bedeuten, aber auch nicht Speichelleckerei)! Unser Grundgesetz verlangt von Euch einen Eid, in dem ihr (mit oder ohne Gott) schwört, Schaden von uns abzuwenden; hört endlich auf mit Euren Scheineiden! Wir wollen Frieden, Bildungsgerechtigkeit, Bekämpfung von Armut, Einsatz für Gleichberechtigung; keine mutwillig und/oder fahrlässig herbeigeführten klammen Bundesländer und Kommunen; nachhaltige basisdemokratische, echte Beteiligung im Sinne unseres Gemeinwesens; keine militaristische Mobilisierung im Interesse kapitalistischer Profiteure;  emanzipatorische  schulische Sozialisation, die demokratiefähige, solidarisch denkende und handelnde Menschen hervorbringt, keine Lämmerherden, die gedankenlos irgendwelchen sich dazu berufen fühlenden oder selbst ernannten Leithammeln und -innen hinterherlaufen!

Aus diesen und noch vielen anderen Gründen lautet einer unserer nach wie vor aktuellen Leitsprüche in etwas abgewandelter Form: Stell’ Dir vor, sie wollen mit Dir krieg(!)en und Du machst einfach nicht mit!


Über den Autor: Jürgen Scherer ist ehemaliger Lehrer für Deutsch, Geschichte und Politik. Er ist Mitglied der GEW und beschreibt sich selbst als grundsätzlich friedens- und basisdemokratisch orientierten Menschen im Rahmen unserer Verfassung.


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