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Titel: Reaktion auf US-Sanktionen: Venezuela schafft exklusive Wirtschaftszonen mit China
Datum: 1. Februar 2025 um 14:00 Uhr
Rubrik: Länderberichte, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Redaktion
Die Regierung von Nicolás Maduro setzt auf Sonderwirtschaftszonen mit China, um steuerliche Anreize und interne Entwicklung zu kombinieren und sich so besser gegen die umfassenden US-Sanktionen und anhaltenden Regime-Change-Versuche zu wappnen. Von Nicolás Hernández/Telesur.
Bei ihrem jüngsten Besuch in China hat die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez die Bedeutung von Sonderwirtschaftszonen (Zonas Económicas Especiales, ZEE) als strategische Achse zur Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit hervorgehoben.
Während ihres Rundgangs durch das Softwareunternehmen Kingdee in Shenzhen informierte sich Rodríguez über Spitzentechnologien in den Bereichen künstliche Intelligenz und Datenanalyse, die in mehr als 170 Ländern zur Optimierung von Produktionsprozessen eingesetzt werden.
Dieser Besuch spiegelt den technologischen Schwerpunkt der Sonderwirtschaftszonen wider, die nicht nur Steuervorteile bieten, um Investitionen anzuziehen und Schlüsselsektoren wie künstliche Intelligenz und die digitale Industrie zu fördern, sondern sich auch zu Zentren für die souveräne Zusammenarbeit und den Austausch von Wissen und Technologien entwickeln sollen.
Rodríguez zufolge bieten Unternehmen wie Kingdee Venezuela die Möglichkeit, die Automatisierung von Prozessen und die Ausbildung von digitalen Fachkräften voranzutreiben, sei es durch Schulungsprogramme, den Austausch von Erfahrungen oder die Entwicklung gemeinsamer Programme.
Seit 2023 haben Venezuela und China Abkommen zur gemeinsamen Entwicklung von Sonderwirtschaftszonen zwischen Regionen wie Shenzhen-La Guaira, Shenzhen-Paraguaná, Shanghái-Carabobo und Shandong-Anzoátegui-Monagas getroffen. Ziel dieser Zonen ist nicht nur die technologische Innovation, sondern auch der Wissenstransfer und die Stärkung des venezolanischen produktiven Sektors.
Rechtlicher Rahmen und Ziele der ZEE
Das 2022 in Kraft getretene Organische Gesetz über die Sonderwirtschaftszonen Venezuelas legt die Grundlagen für die Regulierung ihrer Gründung, ihres Betriebs und ihrer Entwicklung fest. Im Gegensatz zu den früheren “Freihandelszonen” priorisieren die venezolanischen ZEE die wirtschaftliche Souveränität und die nationale Produktion, mit Schwerpunkt auf dem Primär- und Sekundärsektor.
Dieses Regelwerk fördert produktive Vernetzungen, die Diversifizierung des Exports und die Substitution von Importen. Es bietet auch steuerliche Anreize und rechtliche Garantien, um nationale und internationale Investitionen unter strengen staatlichen Auflagen anzuziehen.
Eines der Hauptmerkmale dieser Sonderwirtschaftszonen ist ihr territorialer Ansatz, der darauf abzielt, die lokale Entwicklung mit wirtschaftlichen Aktivitäten auf nationaler Ebene zu verknüpfen.
Dazu gehört auch die Mobilisierung von Waren und Dienstleistungen in strategisch wichtigen Gebieten, um die Abhängigkeit von Importen zu verringern und die durch einseitige Zwangsmaßnahmen auferlegten Beschränkungen zu überwinden.
Die Vergangenheit und die Zukunft der ZEE
Solche Strategien wurden in China ab den 1980er-Jahren als Mechanismus zur Integration des planwirtschaftlichen Modells mit einer Öffnung für ausländische Investitionen und Handelsaktivitäten umgesetzt.
Auf Initiative der Regierung Deng Xiaopings wurden sie zu strategischen Punkten, um die gemischte Wirtschaft zu entwickeln und die Rolle des Staates bei industriellen, technologischen und kommerziellen Projekten zu stärken.
Durch Investitionsanreize und die Ausbildung hoch qualifizierter Arbeitskräfte konnte China sicherstellen, dass seine Staatsunternehmen als erste von diesen Enklaven profitierten und ein Modell entwickelten, das nicht nur ausländisches Kapital anzog, sondern auch die eigenen Produktionskapazitäten stärkte.
Im Gegensatz zu früheren venezolanischen Erfahrungen zielt die Einführung des neuen ZEE-Systems in dem südamerikanischen Land darauf ab, die Abhängigkeit von ausländischen Wirtschaftssektoren zu überwinden und die interne Entwicklung durch Diversifizierung der Exporte und Verringerung der Importe zu fördern.
Darüber hinaus ist es Venezuela und China mit ihren ZEE aber auch gelungen, den Grundstein für die Zusammenarbeit in strategischen Bereichen wie Infrastruktur, Technologie und Bildung zu legen.
Das Unternehmen Kingdee hat beispielsweise Ausbildungsprogramme für Experten im Bereich der digitalen Innovation angeboten, was neue Möglichkeiten für venezolanische Fachkräfte eröffnet.
Auch wenn die Bedingungen in China und Venezuela unterschiedlich sind, lassen sich aus den Erfahrungen des asiatischen Riesen wertvolle Lehren ziehen.
Während es China gelungen ist, sein Modell in die globale Dynamik des Offshoring und Outsourcing der 1980er- und 1990er-Jahre zu integrieren, steht Venezuela heute vor der Herausforderung, sich an eine sich verändernde internationale Landschaft anzupassen, die von Wirtschaftsblockaden geprägt ist.
Dieses Planungsschema wiederum entwickelt sich weiter. Anlässlich der Einrichtung von vier neuen Sonderwirtschaftszonen betonte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro, er sei sich sicher, dass diese Art von Strategie „es uns ermöglichen wird, mit großer Zielstrebigkeit, mit großer Beharrlichkeit beim Aufbau eines neuen Wirtschaftsmodells voranzukommen”.
Die venezolanische Strategie, die auch von regionalen Modellen wie der Sonderwirtschaftszone Mariel in Kuba beeinflusst wurde, ist auf die Schaffung eines eigenen Systems ausgerichtet, das steuerliche Anreize und interne Entwicklung kombiniert, um das Land wieder in den globalen Handel zu integrieren – jenseits des Erdöls.
Übersetzung: Vilma Guzmán, Amerika21
Titelbild: Shutterstock / RUMANA FERDOUSI
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