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Titel: Facebook feuert die Faktenchecker – Gut so!
Datum: 8. Januar 2025 um 10:39 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Demokratie, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Tobias Riegel
„Faktenprüfer“ seien „politisch voreingenommen“ und hätten „mehr Vertrauen zerstört als geschaffen“ – die Folge sei „zu viel Zensur“. Einige aktuelle Äußerungen und Pläne von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bezüglich der Meinungsfreiheit auf Facebook und Instagram – zunächst in den USA – sind zu begrüßen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Der Internetkonzern Meta hat, zunächst für die USA, umfassende Änderungen bei der Moderation von Inhalten auf seinen Plattformen Facebook, Instagram und Threads angekündigt, wie Medien berichten. Gründer Mark Zuckerberg sagte in einem bei Facebook veröffentlichten Video zur bisherigen Praxis der „Moderation“ auf Facebook etc:
„Wir haben einen Punkt erreicht, bei dem zu viele Fehler passieren – und zu viel Zensur.“
Die jüngsten US-Präsidentschaftswahlen hätten zudem einen „kulturellen Wendepunkt“ markiert, erklärte Zuckerberg. „Wir werden zu unseren Wurzeln zurückkehren, Fehler reduzieren, unsere Regelwerke vereinfachen und die freie Meinungsäußerung auf unseren Plattformen wiederherstellen.“ Faktenprüfer seien „zu politisch voreingenommen“ gewesen und hätten „besonders in den USA mehr Vertrauen zerstört als geschaffen“. Zuckerberg:
„Als erstes werden wir die Faktenchecker loswerden und sie durch ‚Community Notes‘ ersetzen, ähnlich wie bei ‚X‘ – zunächst in den USA.“
Ausgelagerte Zensur
Man muss zur Beurteilung von Zuckerbergs Maßnahmen die Praxis und die tatsächlichen Auswirkungen abwarten – aber vorerst begrüße ich diesen Schritt: Faktenchecker sind eine Form der ausgelagerten Zensur für soziale Netzwerke. Sie sind für die ihnen übertragene Aufgabe der Meinungskontrolle nicht legitimiert. Vokabeln wie „Hass“, „Desinformation“ und „Delegitimierung“ sind extrem unscharfe Begriffe, mit denen es gerechtfertigt werden soll, unbequeme Meinungsäußerungen zu unterdrücken. Infos zu den von Zuckerberg erwähnten „Community Notes“ gibt es etwa hier bei X.
Illegale Inhalte wie Beleidigungen, Terrorpropaganda, Kinderpornographie oder Volksverhetzung können bereits auf juristischem Weg bekämpft werden. Dafür braucht es weder ein neues Vokabular noch neue Instanzen, die zum Teil auch noch abhängig von „öffentlicher“ Unterstützung sind. Damit bestreitet man nicht, dass im Internet auch unterhalb einer Verbotsschwelle viele bedenkliche Dinge geäußert werden, aber das muss eben ausgehalten werden, ein anderer sinnvoller Umgang fällt mir nicht ein – vielleicht haben unsere Leser dazu Vorschläge?
Die Behauptung, dass mutmaßlich nach dem Kriterium der politischen Folgsamkeit ausgewählte Gruppen dazu berufen seien, für den Rest der Bürger strenge Regeln aufzustellen, was sie lesen dürfen und was nicht, ist arrogant und aus vielen weiteren Gründen inakzeptabel. Das betrifft auch die Praxis, die Zensur mit einem „Schutz“ vor „schädlichen“ Inhalten zu begründen.
Aber: Die berechtigte Kritik an der großen Machtkonzentration in den Händen der Internetkonzerne und ihrer superreichen Eigentümer bleibt unabhängig von der Frage der Zensur auf den jeweiligen Plattformen bestehen. Man schränkt diese Macht der Internetkonzerne aber meiner Meinung nach nicht sinnvoll ein, indem die jeweils dominante Machtgruppe über den Umweg des „Faktenchecks“ politische Inhalte des Gegners in sozialen Medien löschen lässt.
Übrigens: Die New York Times meldet aktuell, dass Faktenchecker Zuckerbergs Aussagen über die problematische Wirkung der Faktenchecker faktengecheckt hätten – mit dem Ergebnis, dass die Fakten falsch seien:
Bildquelle: Screenshot/NYT
Was sagt die EU?
Das Vorhaben, die Nutzung von Faktencheckern zu beenden, bezieht sich bisher auf die USA. Bezüglich eventueller Folgen bei Ausdehnung auf EU-Länder hat die EU-Kommission laut Medien den Facebook-Konzern Meta davor gewarnt, das Faktencheck-Programm auch in der Europäischen Union zu beenden. Thomas Regnier, Sprecher der Kommission im Bereich Digitales, sagte:
„Falls sich die Plattform dann nicht an das Gesetz über digitale Dienste halten sollte, könnten wir tatsächlich auch eine Geldstrafe erlassen, die bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes einer solchen Plattform mit sich ziehen könnte.“
Regnier erklärte, dass die EU-Kommission sichergehen werde, „dass diese sehr großen Plattformen, egal wo sie ihren Sitz haben, sobald sie ihre Dienste hier in der EU anbieten, sich auch an unsere Regeln halten“.
Die Faktenchecker und der „Wahrheitsgehalt“
Unter vielem anderen haben die Faktenchecker bezüglich der Corona-Politik eine sehr negative Rolle gespielt, indem sie geholfen haben, kritische (wie wir heute wissen: oft zutreffende) Informationen zu löschen oder auf anderen Wegen zu markieren und zu unterdrücken. Aber auch bei vielen anderen Themen (Nord-Stream, „Kampf gegen Rechts“, Vorgeschichte des Ukrainekriegs etc.) fallen sie vor allem als Verteidiger von offiziellen Regierungslinien auf.
Die etwa während der Corona-Politik gelöschten Beiträge wurden übrigens keineswegs unterdrückt, weil sie objektiv keinen „Wahrheitsgehalt“ gehabt hätten, sondern vor allem deswegen, weil sie einer massiv verbreiteten offiziellen Linie widersprochen haben. Insofern ist es grob irreführend, wenn unter anderem der Focus zum aktuellen Vorgang der Abschaffung der fragwürdigen Faktenchecker-Instanzen schreibt:
„Bei Instagram und Facebook werden Inhalte in Zukunft nicht mehr auf Wahrheitsgehalt überprüft.“
Man kann natürlich auch nicht behaupten, dass alle gelöschten Beiträge etwa zu Corona „wahr“ gewesen seien, aber das Urteil darüber haben eben keine dubiosen Gruppen namens „Faktenchecker“ zu fällen.
„Zuckerberg schwenkt für Trump die weiße Flagge“
Auch wegen Mark Zuckerbergs Aussage vom durch die Wahl von US-Präsident Donald Trump markierten „kulturellen Wendepunkt“ interpretieren manche deutsche Journalisten das Feuern der US-Faktenchecker als Kniefall vor Trump. Das Handelsblatt schreibt: „Nun will sich Zuckerberg Trump annähern“. Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Zuckerberg schwenkt auf Trumps Linie ein“. Die Frankfurter Rundschau schreibt:
„Zuckerberg schwenkt für Trump die weiße Flagge“.
Die Kieler Nachrichten behaupten:
„Zuckerberg folgt dem Beispiel Elon Musks. Seitdem dieser Twitter gekauft, in X umbenannt und nach seinen Vorstellungen umgeformt hat, hat sich das Netzwerk mehr und mehr zu einem Tummelplatz für Rechtsextreme, Trolle und Propagandisten entwickelt. Sie können dort nun ungestört hetzen, mobben, agitieren.“
Spiegel-Online meint, „Mark Zuckerberg kapituliert“, und führt aus: „Die von Zuckerberg skizzierten Grundzüge deuten auf ein System hin, das auf die Kosten der Schwächsten geht.“ Eine bedenkliche Bildsprache nutzt aktuell die Badische Zeitung, wenn sie schreibt: Meta „öffnet die Schleusen“. Vor dem geistigen Auge entsteht da eine mühsam von wackeren Streitern für „die Demokratie“ zurückgehaltene Welle an „Desinformation, Hass und Hetze“, die jetzt die zarten Gemüter der Facebook-Nutzer wegzuspülen droht.
Ich dagegen würde es begrüßen, wenn die „Schleusen“ auch auf deutschen Facebook-Seiten bald für die verschiedensten Meinungen geöffnet würden.
Titelbild: TY Lim / Shutterstock
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