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Titel: Zahn um Zahn: O-Töne zu gegenseitigen deutsch-russischen Journalistenausweisungen
Datum: 3. Dezember 2024 um 14:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien
Verantwortlich: Redaktion
Es war Ursula von der Leyen, die im Februar 2022 den Krieg gegen russische Medien in Europa eingeleitet hat. Russland reagierte danach auf jeden Ausfall gegen seine Journalisten „spiegelbildlich“. Der jüngste Schlagabtausch zwischen Berlin und Moskau ereignete sich letzte Woche. Bemerkenswert ist dabei, dass das Auswärtige Amt die Verantwortung für die Ausweisung der Russen von sich abwies und auf die Berliner Ausländerbehörde abschob. Eine neue Ausgabe der O-Töne.
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, am 27. Februar 2022:
„Wir werden die Medienmaschinerie des Kremls in der Europäischen Union verbieten. Das staatseigene Unternehmen Russia Today und Sputnik sowie ihre Tochterunternehmen werden nicht länger in der Lage sein, ihre Lügen zu verbreiten, um Putins Krieg zu rechtfertigen und eine Spaltung in unserer Union herbeizuführen.“
(Quelle: AFP)
Ivan Blagoy, Berlin-Korrespondent des russischen TV-Senders Perwy Kanal, am 27. November 2024:
„Die deutsche Bürokratiemaschine hat für uns beide – den Kameramann und den Korrespondenten – ein Dokument hervorgebracht. Der Eingang wurde am Dienstag registriert. In der ersten Dezemberhälfte müssen Ivan Blagoy und Dmitry Volkov das Territorium Deutschlands verlassen. Beweggrund für die Entscheidung seien die Interessen der Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland. (…) Zehn Seiten Text zur Begründung der Entscheidung sind mit Links zu EU-Sanktionsdokumenten versehen. Der deutsche Anwalt, der auf unsere Bitte hin die Papiere prüfte, war ratlos: Alles sei leicht durchschaubar. Wir haben während unseres Aufenthaltes in Deutschland nicht gegen die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verstoßen, wir haben alle notwendigen Kriterien erfüllt. Allerdings wird uns die Tür gewiesen.“
(Quelle: 1tv.ru ab Minute 00:35, ab Minute 00:53 und ab Minute 05:09)
Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am 27. November 2024:
„In Deutschland wurde die Arbeit des Korrespondenten des TV-Senders Perwy Kanal Ivan Blagoy und des Kameramanns Dmitri Volkov blockiert. Als Reaktion auf das Aufenthalts- und Arbeitsverbot für die Korrespondenten von Perwy Kanal durch die deutschen Behörden sind wir gezwungen, entsprechende Maßnahmen gegen die Journalisten der Moskauer Vertretung der deutschen Mediengruppe ARD Frank Aischmann und Sven Feller zu ergreifen.
Jetzt wurde der Leiter des Büros dieses deutschen Senders ins Außenministerium einbestellt, wo er über diese Entscheidung informiert wird. Als Reaktion auf das unfreundliche Vorgehen des offiziellen Berlins wurden die deutschen Korrespondenten als Gegenmaßnahme aufgefordert, ihre Akkreditierungskarten abzugeben und das Territorium der Russischen Föderation bis zum vorgeschriebenen Zeitpunkt zu verlassen.“ (…)
Im Einklang mit den Grundsätzen der Medienfreiheit und auf der Grundlage der Gegenseitigkeit werden wir bereit sein, die Möglichkeit einer Akkreditierung neuer ARD-Mitarbeiter in Russland zu prüfen, sobald die Bundesregierung die Bedingungen für die Arbeit russischer Journalisten und die vollständige Wiederaufnahme der Aktivitäten des Büros von Perwy Kanal in Berlin geschaffen hat.“
(Quelle: mid.ru ab Minute 3:47 und ab Minute 6:06)
Christian Wagner, Deutsches Außenamt, am 27. November 2024:
„Die russischen Behauptungen sind falsch. Die Bundesregierung hat das Büro dieses Senders nicht geschlossen. Die russischen Journalistinnen und Journalisten können in Deutschland frei und ungehindert berichten. Es sind auch die ganze Reihe von russischen Journalistinnen und Journalisten beim Bundespresseamt akkreditiert. Ich kann nur mutmaßen, dass es im Zusammenhang steht mit aufenthaltsrechtlichen Fragen. Da müssen Sie sich aber an die Landesbehörden wenden, die darüber ganz unabhängig vom Bund entscheiden. Insofern würde ich Sie dahin verweisen. Und ich habe auch erst jetzt die Ticker gesehen zu etwaigen russischen Maßnahmen, die ja getroffen werden. Sollten sich diese Meldungen bestätigen, dann würden wir sie aufs Schärfste zurückweisen. Das steht in keinem Verhältnis.“
(Quelle: Jung&Naiv ab Minute 42:07)
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am 28. November 2024:
„Der russische Präsident Putin hat die Daumenschrauben für die Presse im eigenen Land immer weiter angezogen. Eine freie Berichterstattung ist aus und in Russland nicht mehr möglich. Auch vor ausländischen Journalistinnen und Journalisten macht er schon lange keinen Halt mehr. Die Ausweisung der ARD-Mitarbeiter durch Russland ist inakzeptabel und die Begründung schlicht falsch und gelogen. Wir verurteilen das in aller Deutlichkeit. Daher haben wir heute den russischen Botschafter einbestellt. Und ich möchte noch einmal unterstreichen – weil wir das zu Beginn des Krieges schon erlebt haben: Diese Propagandaschlacht mit falschen Behauptungen, die wir auch in diesem Fall wieder hören und erleben… Es ist schlicht falsch, dass wir in Deutschland oder Europa eine Einschränkung der Pressefreiheit haben. Deswegen gibt es auch überhaupt keinen Grund, das irgendwie in Zusammenhang mit der jetzigen Ausweisung der ARD-Mitarbeiter zu bringen. Es ist inakzeptabel. Hier bei uns hat die zuständige Landesbehörde aufenthaltsrechtliche Entscheidungen gegen zwei Mitarbeiter des russischen Senders getroffen. Gegen diese können Rechtsmittel eingelegt werden. Und genau das ist der Unterschied eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu einer Willkürentscheidung.“
(Quelle: AFP Deutschland)
Russlands Botschafter in Berlin Sergej Netschajew am 29. November 2024:
„Aus offensichtlichen Gründen ist es uns egal, welche Behörde diese rechtswidrige Entscheidung getroffen hat, die die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Rechte russischer Journalisten verletzt, die ihre Pflicht ehrlich erfüllen. Wir sind gezwungen, auf die unfreundlichen Maßnahmen der Berliner Behörde gegen russische Korrespondenten spiegelbildlich und angemessen zu reagieren. Und wir hoffen wirklich, dass diese Eskalation in Zukunft nicht mehr zugelassen wird. Wir haben in Moskau das ARD-Büro nicht geschlossen. Sollte es jedoch erneut zu Ausfällen gegen unsere Journalisten kommen, geschweige denn zu einer Verletzung ihrer Rechte, werden wir darauf reagieren. Wir werden dies nicht ohne Antwort stehen lassen.“
(Quelle: Russlands Botschaft in Berlin ab Minute 00:20, @RusEmbDeu)
Titelbild: Screenshot 1tv.ru
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