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Titel: Die Kopfwäsche fruchtet: „Millionen Freiwillige im wehrfähigen Alter wären bereit, Deutschland mit der Waffe zu verteidigen“
Datum: 29. November 2024 um 9:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Demoskopie/Umfragen, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Militäreinsätze/Kriege
Verantwortlich: Redaktion
Das Wort Krieg ist allgegenwärtig. Dieses heftige Wort Krieg zurückzudrängen, ist gerade schwer. Dafür zu sorgen, dass das Wort Frieden in aller Munde bleibt, ist eine mitunter gar belächelte Mühe, als würden Friedenswünsche naiv und unvernünftig sein. Die Haltung und Ausrichtung, dass Krieg oder der Griff nach der Waffe als ehrenhaftes Tun gar nicht schlimm seien, wird einem tagtäglich vorgekaut. Passend dazu sind Umfragen, die dann sogar belegen, dass die Wehrhaftigkeit gerade unter jungen Männern groß sei, die Bundeswehr eine grandiose Armee, mitten in unserer Gesellschaft anerkannt und der Feind sowieso und wie immer schon der Russe. Umfragen offenbaren entlarvend, dass je höher die Bedrohungslage durch die Russen (und nur durch die) ist, desto mehr Bürger für eine „starke Verteidigung“ wären. Warum aber sollten wir in den Krieg ziehen? Welche Szenarien erwarteten uns, wenn wir nicht deeskalieren? Auf dass am Ende, wenn wir es erlebten, alles in Schutt und Asche liegt? Ein Zwischenruf von Frank Blenz.
Die Macher von „Soldat und Technik“ frohlocken ob der hohen Wehrbereitschaft
Beim Lesen des Beitrages auf der Online-Informationsplattform Soldat und Technik zu einer Bevölkerungsbefragung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr wurde ich nachdenklich. Die Fragesteller des Zentrums kamen zum Schluss, dass die Zustimmung für Militär, für Rüstungsausgaben, für den Griff zur Waffe dann zunimmt, sobald die Bedrohungslage durch die Russen als stärker wahrgenommen würde. Soll heißen: Eskalieren, dann läuft es mit der Kriegstüchtigkeit. Die Umfrage hatte dagegen keine Fragen parat, was getan werden müsste, um Bedrohungslagen zu entschärfen, ob die Bürger den Rüstungsausgabenwahnsinn gut finden und was die Bürger für Vorschläge haben, eine friedliche Zukunft auf den Weg zu bringen. Stattdessen las sich der Beitrag wie eine Freudenrede. Seht her, die Deutschen haben es begriffen. Militär fetzt. Hier einige Auszüge aus dem Beitrag:
Antworten auf Fragen zur Ukraine-Unterstützung, Wehrbereitschaft und Wehrpflicht liefert die jährliche Bevölkerungsbefragung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Russland hat 2024 in seinem Krieg gegen die Ukraine die militärische Initiative wiedererlangt. Wie reagiert die deutsche Bevölkerung auf die verschärfte Bedrohungslage? Knapp 2.000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger nahmen an der repräsentativen Umfrage im Sommer 2024 teil. (…)
Die Auswertung der Befragungsdaten offenbart, dass die Zustimmung zu Deutschlands militärischer Unterstützung der Ukraine maßgeblich davon abhängt, ob Russland als Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands wahrgenommen wird: Jene Befragten, die Russland als eine Bedrohung wahrnehmen, stimmen der militärischen Unterstützung der Ukraine deutlich stärker zu als jene, die in Russland keine Bedrohung sehen (…).
Größeres Interesse am Soldatenberuf bei jungen Männern
Im Zeitraum 2020-2022 konnten sich immer weniger junge Männer und Frauen vorstellen, Soldat oder Soldatin bei der Bundeswehr zu werden. Diese negative Entwicklung bei der Wehrbereitschaft begann bereits vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Im Jahr 2023 stagnierte das Interesse auf einem niedrigen Niveau. Mit Blick auf die aktuellen Zahlen ist festzustellen: Der negative Trend der letzten Jahre konnte vorerst gestoppt werden – zumindest bei jungen Männern (16-29 Jahre). Denn der Anteil der jungen männlichen Interessenten am Soldatenberuf ist im Vergleich zum Jahr 2023 auf 29 Prozent gestiegen (+10 Prozentpunkte).
Dazu Dr. Timo Graf: „Millionen Freiwillige im wehrfähigen Alter wären bereit, Deutschland mit der Waffe zu verteidigen. Von einem absoluten Mangel an Wehrbereitschaft kann keine Rede sein.“ Bei den jungen Frauen stagniert das Interesse an einer militärischen Verwendung weiterhin auf einem niedrigen Niveau (8 Prozent; -1 Prozentpunkt). Die wahrgenommene „Kriegstauglichkeit“ der Bundeswehr (das heißt eine positivere Bewertung ihrer Ausrüstung und ihrer Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung) steigert vor allem bei Männern das Interesse am Soldatenberuf….
In nahezu allen soziodemografischen Gruppen und den Wählergruppen spricht sich eine relative oder absolute Mehrheit für die finanzielle und personelle Stärkung der Bundeswehr aus. Im Vergleich zu anderen Politikfeldern und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Staatshaushalt begrenzt ist, sprechen sich aktuell sogar 59 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben aus.
Damit wird der Verteidigung als Ausgabenbereich die gleiche Bedeutung beigemessen wie der Inneren Sicherheit oder den Renten. Sie hat aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger außerdem Vorrang vor den Politikfeldern Verkehrsinfrastruktur, Digitalisierung, Wirtschafts- und Industrieförderung oder Umweltschutz. Studienautor Dr. Graf: „Die öffentliche Zustimmung zur Stärkung der Bundeswehr hängt von der wahrgenommenen Bedrohung durch Russland ab. Die Bevölkerungsmehrheit fühlt sich bedroht und wünscht sich eine starke Verteidigung.“ (…)
Die Einstellung der Befragten zur Bündnisverteidigung hängt stark von der subjektiven Wahrnehmung Russlands als Sicherheitsbedrohung und vom individuellen Kenntnisstand über die NATO-Missionen ab: Eine stärkere Bedrohungswahrnehmung und größeres Wissen erhöhen die Zustimmung zum aktiven Engagement der Bundeswehr in der Bündnisverteidigung. (…)
(Quelle : Soldat und Technik)
Wie wäre es mit „größerem Wissen“, um zu begreifen, dass Krieg Mist ist?
Die Umfrageergebnisse sind für mich erschütternd. Doch frage ich mich, wer wurde befragt? Ist das Ergebnis wirklich repräsentativ? Zunächst: „In den Krieg ziehen“, so heißt es bei uns nicht, es heißt vielmehr „mit der Waffe in der Hand die Heimat verteidigen“. Klingt stimmig. Wer soll etwas dagegen haben, seine Heimat, seine Liebsten, sein Leben zu verteidigen – wenn er denn angegriffen wird? Doch woher nehmen die Kriegstreiber, die sie in Wahrheit sind, sich die Gewissheit, dass der Feind ausgerechnet konventionell, also mit Regimentern und allem Drum und Dran in unser Land marschiert, um dieses zu erobern, allen Widerständen der dann einigermaßen wehrhaften Bevölkerung zum Trotz?
Diejenigen, die nicht müde werden, den Ernstfall zu prophezeien, ja vor Kriegslust und Fanatismus gar nicht mehr aus den Augen schauen können, wähnen sich in diesen Zeiten auf der richtigen Seite, weil ja ein Feind, nein, der Feind ausgemacht ist. Der ist es nicht erst seit Kurzem, in Wahrheit ist er es seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Damals hieß er Sowjetunion, wurde aber auch schon wie heute verkürzt und schäbig ausgesprochen als „der Russe“ betitelt.
Unentwegt wird durch mächtige Medien, Politiker, Wirtschaftslenker, Denkfabriken-Söldner die Feindbildaufbau-Trommel gerührt. Die Hetze verfängt tatsächlich, zu hören und zu erleben also hier durch eine Umfrage, an konservativen Stammtischen und Vereinen und auf Volksparteisitzungen. Volksparteien, also Vereinigungen, die aus dem Volk für das Volk agieren … Nicht wenige sind es, die den Feind „Russe“ rufen, die dem Ruf nach der Schlacht auf den Leim gehen. Wieder einmal.
Die Kampagnen fruchten. Die Kriegsgewinnler machen jetzt schon Kasse. Die Edelfedern in komfortablen Schreibstuben wähnen sich auf der Pressetribüne sitzend, um das schauerliche, zerstörerische Treiben aus der geschützten Distanz zu bestaunen und die Vernichtung danach auf ihren Medienseiten „einzuordnen“. Ein Irrsinn. Dabei gab es einst und gültig doch bis heute den Ruf: Nie wieder!
Der Feind ist der Russe
Der Russe ist also der Feind. Die Leute, die sich diesen Feind so zurechtlegen, geradezu sehnsüchtig auf ihn hoffen, sind dabei, derweil Partykeller in Bunker um- und die Vorratskammer zum 30-Tage-Vorratsspeicher für Überlebensnotwendiges auszubauen. Die Gesellschaftspyramide kommt in Schwung, von Oben nach Unten werden die Strukturen scharfgestellt: Einsatzpläne, Katastrophenpläne, Pläne für die kritische Infrastruktur landauf, landab. Der zivile Gürtel wird enger geschnallt, Einsparungen für uns Bürger für Alltag und Lebensfreude. Alle machen mit, wird vom Mainstream vermeldet: Konzerne haben dazu Pläne, die Friedenswirtschaft wird auf Kriegswirtschaft umgestellt. Halt! Die Wirtschaft hierzulande lief und läuft in Wahrheit doch schon immer, dezent ausgedrückt, sehr gut, wenn es auf der Welt etwas zu eskalieren gab und gibt. Die Korken aus Flaschen voll edlem Gesöff zischten an die Decke, die Macher der Konzerne und all die Kassemacher bekamen und bekommen sich gar nicht mehr ein vor Jubel ob der obszönen Renditen.
Nochmal. Der Russe ist also der Feind. Wer ist damit eigentlich gemeint? Ist es die russische Armee? Ist es die russische Oberschicht, die Entsprechung der westlichen Oberschicht, die möglicherweise genauso gierig und blind vor Lust auf Eskalation ist wie die Wertewestler, die allesamt aus Ländern mit streng freiheitlich-demokratischer Grundordnung stammen? Ist es die Regierung mit einem Regierungschef, den man selten mit Vornamen nennt, dessen Familienname aber ausgesprochen wird, als spuckte man überflüssigen Speichel auf die Straße? Ist es das russische Volk? Immerhin sind das mehr als 150 Millionen Menschen, im größten Land der Erde wohnend, einst sogar in Zahl und Quadratkilometer noch viel größer, weil es damals eine Union der sozialistischen Sowjetrepubliken – kurz UdSSR (Sowjetunion) – gab. Alle diese Menschen, kurz unter „die Russen“ zusammengefasst, sind also der Feind. Ja. Wir, also wir besseren Westmenschen, betrachten den Russenmenschen und alles um ihn herum als weniger wert.
Wir sehen uns berechtigt zu sagen, dass, wenn der Russe ins Gefecht zieht, er dann stets einen Angriffskrieg führt. Wie dieser Krieg zustande kam, dass der Konflikt länger als der von uns betrachtete Zeitraum dauert, dass die Hintergründe weit weniger mit Russland als mit den Feinden Russlands zu tun haben – das kehren wir lieber unter den großen geopolitischen und ideologischen Teppich. Sonst blätterte ja das Feindbild … Das widerstrebte der Intensität der Feinbilderzählung, dem täglichen gebetsmühlenartigen Eintrichtern des Slogans vom Feind Russe, vom Angriffskrieg der Russen in einem Krieg in der Ukraine (der von gewichtigen Leuten offen ausgesprochen ein Stellvertreterkrieg ist, in dem die Ukraine vom Westen an die Front geworfen wird, um des Westens Interessen versus Russland durchzusetzen). Die Ukraine ist egal, Russland ist egal. Der Westen macht Beute.
Provozieren. Endlich zurückschlagen
Beim gierigen Beutemachen kommen wir einfachen Menschen auch vor, und zwar als Wehrhafte. Doch warum sollen wir, also vor allem die männlichen Bundesbürger, mit der Waffe in der Hand auf den Feind warten, ja ihn geradezu erhoffen? Warum wird der Feind, also der große, mächtige, vielleicht gutmütige russische Bär, permanent und zunehmend eskalierend gereizt, mittlerweile mehr und mehr direkt angegriffen? Antwort: Im Beutespiel des Westens gehört das dazu, der Russe wird provoziert, er soll reagieren. Des Russen, des Feindes Reaktion, womöglich ein russischer Waffengang gen Westen, russische Raketen gen Westen vor allem, dies alles würden die guten Westmächte uns, dem Fußvolk in höchster Gefechtsbereitschaft, als plausible Berechtigung verkaufen – um endlich zurückzuschlagen.
Die Aussicht dieses – dann „Recht auf Selbstverteidigung“ genannten – Gegenschlages macht die Planer, die Generäle, die Kriegstreiber, die Gewinnler heiß. Sie nehmen die Not vieler Menschen in Kauf, sie meinen, selbst nicht betroffen zu sein. Und in der Tat, nach einem Spruch eines alten hanseatischen Politikers namens von Dohnanyi würde im Mutterland der Freiheit und der Gutherzigkeit, in den USA, keine einzige Fensterscheibe klirren. Bei uns jedoch würde es so richtig knallen – weil wir ja gerade unser Land mit der Waffe in der Hand verteidigen, wenn es so weit käme.
So weit käme es wohl gar nicht. Ein Szenario: Russische Raketen schlügen bei uns ein, als Reaktion die Raketen von uns und aus den USA in Russland. Konventionelle und vor allem atomare Raketen – mit Pilz und Strahlung und Vernichtung in Ausmaßen, die nicht zu begrenzen sind, wie Kriegsbegrenzer gern behaupten. Was auch passieren kann: Westarmeen wagen sich – sie tun das nur aus dem Grund, das Recht der Selbstverteidigung zu bemühen – konventionell auf russisches Territorium (nebenbei stellvertretend passiert das schon). Der Westen kann sich in der Tat seiner Überlegenheit gewiss sein, denn: Der Westen hat elfmal mehr Mittel für Rüstung auf der Habenseite als Russland, Menschen in Uniform kann die freie westliche Welt zahlreicher aufbieten als das größte, aber nicht sehr bevölkerungsreiche Land im verhassten Osten (siehe hier).
Warum sollen wir, mal nebenbei, diesen Waffengang eigentlich wagen? Antwort: Es ist wie Schach. Ja. Russland ist Zielgebiet. Es ist lohnend, den König zu stürzen, das gesamte Brett zu bekommen. Bauernopfer satt: egal. Im Krieg wird Kasse gemacht dank der Rüstungseinnahmen. Danach wird nochmal Kasse gemacht. Richtig: Das größte Land der Erde – es ist auch das mit den meisten Ressourcen. Schon immer hat es den westlichen Machern, den Reichen, den Gierigen nicht gepasst, das alles den unwürdigen, bösen, hinterhältigen, schlimmen, schwachen, dummen, dreckigen Russen zu überlassen. Man erinnere sich: In den 1990ern war es beinah so weit, dass der entfesselte, nimmersatte Kapitalismus Russland unter sich aufgeteilt hat: internationale Investitionen, Geschäfte, Partnerschaften, hinterlistige Verträge. Russland blutete aus, die Bevölkerung verarmte. Ein Präsident versoff seinen Verstand und verriet sein Land. Dann kam ein neuer Präsident, der dem schäbigen Treiben des Westens und der feigen wie gierigen Elite Russlands ein Ende bereitete. Sein Name wird ausgesprochen, wie schon gesagt, als würde man ihn auf die Straße spucken.
Wie geht ein solcher Krieg aus?
Wie könnte der jetzt ausgebrochene Krieg – es ist einer – ausgehen binnen, sagen wir, fünf bis zehn Jahren? Der ausufernde Krieg, das Zurückschlagen gegen die Russen, das Überrollen des größten Landes der Welt durch den Westen würde womöglich erste Erfolge bei großen Verlusten zeitigen. Doch könnte es dann zu einer Wiederholung eines Großen Vaterländischen Krieges der Russen und ihrer Verbündeten kommen. Ihre Kampfesdoktrin besagt, den Gegner aus dem eigenen Land zurückzudrängen und auf dessen Gebiet vernichtend zu schlagen – auf dass dieser nie wieder angreifen könnte. Zwischen 1941 und 1945 kämpfte die damalige sowjetische Rote Armee im Zweiten Weltkrieg so. Sie nahm Fahrt auf, sie schlug ohne Rücksicht auf eigene Verluste zurück, sie kämpfte für all die vielen Millionen sowjetischen Bürger, die durch den Feind, die Deutschen, die Nazis und ihre Verbündeten umgebracht wurden. Sie kam erst in Berlin zum Stehen, in Wien, in anderen Städten und Ländern Europas. Die Rote Armee hätte auch erst am Atlantik halten können, wären die Westalliierten nicht beim Befreien behilflich gewesen.
Was hat dieses gemeinsame Befreien gebracht? Die Sowjetunion, kurz Russland, behielt 1945 den vom Hass des Westens aufgedrückten Stempel, von da an wurde der Kalte Krieg angefacht vom Westen. Und nach 1990, als die Blöcke West und Ost aufgelöst schienen? Auch dann hielt der Westen nicht inne, das blieb bis heute. Damals die Sowjetunion, heute Russland – der Russe war es, der Russe ist es, der Russe ist und bleibt keiner, dem man die Hand reicht. Oft genug gesagt, immer und immer wieder vielfältig, mal offen, mal versteckt verbreitet, fruchten dieser Hass, das Vorurteil, die Überheblichkeit. Ein Feindbild braucht es, damit kann man sein eigenes aggressives Tun rechtfertigen.
Die, die das Sagen haben bei uns im schönen, freien, guten Westen, sie haben kein Interesse daran, die Hand zu reichen, eine gemeinsame, gedeihliche, versöhnende Koexistenz der Völker – dort das russische und hier die europäischen wie da das US-amerikanische – aufzubauen. Nein. Die ideale, imperiale Vorstellung lautet weiter: Russland übernehmen, dessen Gesellschaft nach dem Willen des Westens umbauen und ausbeuten. Das nennt man dann Freiheit. Dieses Vorgehen – es ist weltweit schon vielfach geschehen.
Mal so gefragt: Ist Russland eine Bedrohung? Ist Russland ein imperialistisches Reich, eines mit vielen Einmischungen aller Art weltweit, mit Militärbasen, mit Instrumenten wie Sanktionen und Geheimdiensten und Sabotageakten und Erpressungen weltweit?
Man muss sich bewusst sein: Russland schlüge zurück, würde der Westen durchdrehen und meinen, damit durchzukommen. Wir würden erleben, dass in wenigen Jahren wirklich russische Truppen in Deutschland stünden. Die Russen sind uns überlegen, wir, allein schon wir deutschen Soldaten, hätten nicht die Spur einer Chance. Die Russen sind uns überlegen, weil sie alles zu gewinnen und nichts zu verlieren haben. Ihnen wird ja keine Chance eingeräumt, keine Hand gereicht. Stünden wir in deren Land, würde Russland Kräfte entwickeln, die wir nicht erahnen können. Doch wir brauchen nur zurückzuschauen: welche Kräfte aufgebracht wurden, um den Feind – das waren wir – zurückzudrängen und 1945 beinah zu vernichten. Wir sollten dankbar sein, dass die Sowjetunion damals innegehalten und Frieden geschlossen hat.
Und jetzt, 2024, 2025, 2026? Am Ende läge das Allermeiste erneut in Schutt und Asche. Viele von uns „Wehrhaften“ wären nicht mehr. Die Kriegsgewinnler vielleicht schon, hinter dem Ozean. Das größte Land der Welt gäbe es aber immer noch. Für die Siegesparade auf dem Roten Platz in Moskau stünden genügend Soldaten – Veteranen des neuerlichen Großen Vaterländischen Krieges – parat.
Titelbild: Kamila Koziol/shutterstock.com
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