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Titel: So sieht Krieg aus. Fürchterlich. Persönliche Erinnerungen

Datum: 27. November 2024 um 10:00 Uhr
Rubrik: Militäreinsätze/Kriege, Wertedebatte
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Nach meinem Eindruck äußern sich heute viele Zeitgenossen, Journalisten, Politiker, Bürgerinnen und Bürger über Krieg, über die Möglichkeit zum Krieg und die „Ertüchtigung“ zum Krieg – ohne dass erkennbar würde, dass sie wissen und sich vorstellen können, was Krieg bedeutet, welches Elend Krieg auslöst. „Kriegstüchtig werden“, „Russland ruinieren“ – wenn ich diese Worte höre, dann erschrecke ich, weil ich mich noch daran erinnere, wie Krieg aussieht und was er Menschen antut. Albrecht Müller.

Wenn ich im Folgenden dazu einiges erläutere und dokumentiere, dann nicht, um Panik zu verbreiten. Ich dokumentiere die Folgen, das Leid der Menschen im Krieg, weil in manchen aktuellen Äußerungen sichtbar wird, dass das Wissen um die fürchterlichen Folgen von Kriegen nicht präsent ist. Das ist übrigens auch deshalb erstaunlich, weil zurzeit ja an vielen Stellen der Welt und auch in Europa Kriege geführt werden.

Meine Erinnerungen reichen bis in die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs zurück. Ich erinnere mich noch an den hell erleuchteten Nacht-Himmel im Umfeld meines Heimatdorfes, wenn benachbarte Städte zum Opfer von Bombenangriffen geworden waren: Mannheim, Ludwigshafen, Heilbronn, Bruchsal, Pforzheim – alle im Umkreis von 40 Kilometer und ein bisschen weiter – und dazu auch noch das gut 100 km entfernte Würzburg und das noch weiter entfernte Nürnberg. – Sie brannten mehrmals nach Bombenangriffen der britischen und US-amerikanischen Luftwaffe. Hinzu kamen die direkten Angriffe von sogenannten Jabos – von Jagdbombern – auf unseren Bahnhof und die Eisenbahngleise – beides etwa 200 Meter vom Haus meiner Eltern entfernt.

Die genannten Städte brannten lichterloh. Der Nachthimmel leuchtete rot. Tausende Menschen kamen in den Flammen um. Historisch interessante Städte wie das barocke Mannheim und Heilbronn wurden zerstört.

Das ist ein Foto vom zerbombten Nürnberg. Das Foto stammt von 1947. So sah es also noch zwei Jahre nach Kriegsende aus:

Und so sah es vor der Zerstörung aus:

Mannheim lag nicht weit von uns entfernt. Den größten Luftangriff mit 554 Bombern über der Stadt erlebte Mannheim in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1943. 100 Luftminen, 2.000 Sprengbomben, 200.000 Stabbrandbomben und 30.000 Phosphorbomben machten aus Mannheim ein Ruinenfeld. Ein großer Teil der Stadt wurde zerstört. Als ich dort 1957 zu studieren begann, war von der Zerstörung noch einiges zu sehen.

Die Luftangriffe und die Folgen der Zerstörung sind gut dokumentiert. So hier:

Luftkriegsereignisse in Mannheim 1939-1945

Eine Zusammenführung deutscher und englisch-amerikanischer Quellen zusammengestellt von DIETER WOLF und einem Geleitwort von ULRICH NIEß

Hier auch noch eine Dokumentation zur Zerstörung Heilbronns:

Chronik der Zerstörung Heilbronns am 4. Dezember 1944

Und hier eine Dokumentation zu Dresden, dessen Zerstörung im öffentlichen Bewusstsein – vermutlich wegen der vielen in die Stadt geflohenen Flüchtlinge – mehr gegenwärtig ist als die der zuvor genannten Städte:

Ich zitiere Lebendiges Museum online/LEMO:

„Nach der Bombardierung von Dresden am 13./14. Februar 1945 konnten auf Grund der hohen Zahl nicht alle Toten schnell beigesetzt werden. Zur Verhinderung von Seuchen errichteten Bergungskommandos Scheiterhaufen auf dem Altmarkt. Dort verbrannten sie fast 7.000 Leichen.“

Hamburg wurde Opfer schlimmer Angriffe. Ich zitiere aus einer Sendung des NDR:

„Operation Gomorrha“: Feuersturm vernichtet Hamburg im Juli 1943

Im Juli 1943 starten die Alliierten massive Luftangriffe auf Hamburg. Sie beginnen in der Nacht zum 25. Juli. Ihren Höhepunkt erreichen sie in der Nacht zum 28. Juli, in der 30.000 Menschen sterben. Ganze Stadtteile werden zerstört.

Auch Köln war Ziel mehrerer Bombenangriffe. Hier eine Aufnahme vom zerstörten Köln:

Bundesarchiv, Bild 121-1339 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Und hier der Link auf einen informativen Wikipedia-Artikel.

Das waren nun Hinweise, Links und Fotos zu einigen wenigen Städten. Ich könnte weitere dokumentieren – zum Beispiel Darmstadt, Hannover, Frankfurt, Dortmund, Essen, München usw. und außerdem noch die am meisten zerstörten Städte: Die nach Anteil zerstörten Wohnraumes am härtesten getroffenen Städte waren nicht Dresden und auch nicht Köln, schon gar nicht Berlin – sondern Düren (99 Prozent), Wesel (97 Prozent) und Paderborn.

Rufen Sie am besten selbst für Ihre Heimatstadt und Region auf, was es an Informationen dazu im Netz gibt.

Die Dokumentation brennender Städte ist, das sollte man beachten, nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was Krieg für die betroffenen Menschen bedeutet. Wichtig wäre zu ergänzen, was an den verschiedenen Kriegsfronten geschehen ist, wo Millionen von Soldaten und von eroberten und überfallenen Zivilisten gelitten haben. Wichtig wäre auch zu ergänzen, wie viel Leid im Zuge der Eroberung und Besetzung durch deutsche Truppen in anderen Ländern und durch alliierte Truppen bei uns entstanden ist.

Auch wenn man nur einen kleinen Ausschnitt des Leids, der Schmerzen und des Todes im Blick hat, muss einem ein heute gefälliges Wort wie Kriegsertüchtigung im Halse steckenbleiben. Ich jedenfalls habe keinerlei Verständnis für Politikerinnen und Politiker und für Menschen aller Art, die Kriege für führbar halten. Wir sollten unsere Kraft darauf konzentrieren, Kriege zu vermeiden. Wir sollten uns mit allen potentiellen Gegnern zu verständigen suchen. Das ist die einzig verantwortbare Politik.

Bevor sich der falsche Eindruck festsetzt, die in deutschen Städten lebenden Menschen seien die einzigen Bombenopfer des schrecklichen Zweiten Weltkriegs gewesen, weise ich beispielhaft auf Coventry und London hin.

Das ist ein Bild von Coventry nach dem deutschen Angriff vom 16. November 1940. Das war schon zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Es folgt ein Foto des zerstörten Coventry, ein Foto mit dem britischen Premier Winston Churchill:

Und hier ein Bericht des NDR über Angriffe auf London mit V1 und V2:

1944: Angriff auf London mit V2-Raketen aus Peenemünde

1944 beginnt im Zweiten Weltkrieg ein neues Zeitalter der Kriegsführung: Deutschland beschießt London mit Fernwaffen, erst mit V1- dann mit V2-Raketen. Erprobt wurden sie in Peenemünde auf der Insel Usedom. Von Dirk Hempel, NDR.de

Am 13. Juni 1944 beginnt ein neues Zeitalter der Kriegsführung: Deutschland beschießt London mit Fernwaffen. Erprobt wurden die sogenannten V1-Bomben in Peenemünde auf Usedom.

Am einem Dienstagmorgen werden die Menschen im Süden Englands von röhrenden Motorengeräuschen aus dem Schlaf gerissen. Ein längliches Flugobjekt mit Feuerschweif fliegt in der Morgendämmerung am Himmel. Plötzlich verstummt der Lärm, dann gleitet die fliegende Bombe zu Boden und explodiert. Mit 830 Kilogramm Sprengstoff bestückt schlägt sie einen Krater von sechs Metern Durchmesser, noch in 100 Metern Entfernung richtet sie Verwüstungen an. Insgesamt vier fliegende Bomben detonieren an diesem 13. Juni 1944. In London sterben sechs Menschen, Dutzende werden verletzt, zahlreiche Häuser beschädigt, eine Eisenbahnbrücke zerstört.

Marschflugkörper für den “Endsieg”

Soweit dieser kleine Bericht über den Zweiten Weltkrieg und einige seiner schrecklichen Folgen. Weil künftige Kriege vermutlich mit Atomwaffen geführt werden, wird alles noch um vieles schlimmer als zuvor geschildert werden.

Wenn jemand in Ihrem Umfeld davon spricht, wir sollten kriegstüchtig werden, dann hauen Sie ihm oder ihr eins aufs Maul – im übertragenen und gegebenenfalls auch im wörtlichen Sinne. Das sind wir den Kriegsopfern und unseren Kindern und Enkeln schuldig.

Titelbild: Bombardiertes, brennendes Heilbronn – 4. Dezember 1944


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