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Titel: Totales Dilemma: Nach der Ampel kommt’s noch härter!

Datum: 6. November 2024 um 9:01 Uhr
Rubrik: Bundesregierung
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Liegen Neuwahlen in der Luft? Eigentlich könnte man jetzt mit Genugtuung die aktuellen Auflösungserscheinungen einer für viele Bürger katastrophalen Bundesregierung beobachten. Das Ende der Ampel ist überfällig. Aber leider würde es keine politische Verbesserung bedeuten – möglicherweise sogar das Gegenteil. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Die Bundesregierung befindet sich in einer schweren Krise, wie Medien berichten. Nachdem Finanzminister Christian Lindner (FDP) vergangene Woche ein wirtschaftspolitisches Thesenpapier vorlegte, führen SPD, FDP und Grüne in dieser Woche entscheidende Gespräche, ob es mit der Koalition weitergeht. Am heutigen Mittwoch tagt der Koalitionsausschuss, davor soll es zu vertraulichen Gesprächen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner kommen.

Die CDU fordert schon länger Neuwahlen, nun schließt sich Sahra Wagenknecht an und fordert die Bundesregierung zum Ende der Zusammenarbeit im Dreier-Bündnis und zu Neuwahlen auf. „Die Woche der Entscheidungen sollte zur Scheidungswoche der Ampel werden. Ein viertes Ampel-Jahr würde für die Wirtschaft unumkehrbare Verwerfungen bedeuten und millionenfach Wohlstand vernichten“, so Wagenknecht zur Welt. Die Koalition verzögere den Bruch aus Angst vor der „Quittung der Wähler“.

Lieber heute als morgen

Dass ich diese Bundesregierung lieber heute als morgen los wäre, steht außer Frage. Den gefährlichen, ja katastrophalen Charakter der Ampelpolitik haben die NachDenkSeiten oft beschrieben – unter anderem bei den Bereichen russische Energie, Verweigerung von Diplomatie, Verweigerung der Corona-Aufarbeitung, Unterordnung unter US-Interessen zulasten der hiesigen Bürger; außerdem bei den Tendenzen zu Meinungskontrolle und Zensur, bei der sündhaft teuren Militarisierung/Aufrüstung und der unter anderem darum fehlenden Mittel für Sozialwohnungen, Infrastruktur, Gesundheitssystem, soziale Sicherungen und so weiter und so fort.

Aber: Trotz dieses alarmierenden Befundes erscheint es mir zu kurz gedacht, echte Hoffnungen mit Neuwahlen zu verbinden. Schließlich ist die momentane politische Konstellation so verfahren, dass eine CDU-geführte Regierung nach einem Bruch der Ampel in den entscheidenden Fragen nicht nur keine Korrekturen vornehmen wird, sondern auf vielen Ebenen wahrscheinlich noch destruktiver agieren wird. Aktuelle Umfragen zur Bundestagswahl finden sich hier.

Unter CDU-Regie wäre womöglich zu erwarten: Keine Änderung an der Eskalation gegenüber Russland, keine rationale Beschränkung der teuren Aufrüstung, keine Rückkehr zur russischen Energie, keine gerechte Tendenz bei Steuer/Rente/sozialer Sicherung, keine angemessene Corona-Aufarbeitung – und statt dessen: radikale Kürzungen mit noch weniger sozialer Verantwortung und eine nochmalige Steigerung der offiziellen militaristischen Meinungsmache. Zugespitzt könnte es dann von allem Schlechten das Gleiche geben, nur eben mit ein paar Atomkraftwerken, mit etwas mehr Toleranz für Verbrennermotoren – und vor allem mit ganz viel übler Stimmungsmache gegen sozial Benachteiligte, um von der obszönen Ungleichverteilung des Reichtums in Deutschland abzulenken und um diese zu bewahren.

Bei der folgenden Feststellung muss auch die CDU mit in Haftung genommen werden: Wer bei den Themen russische Energie und den wegen der gegen Russland eskalierten Konfrontation „nötigen“ Rüstungsgeldern keinen Kurswechsel fordert, der akzeptiert den aktuellen wirtschaftlichen Niedergang und der nimmt eine Verarmung vieler Bürger billigend in Kauf, wie im Artikel „Russisches Gas – jetzt: Alles andere ist doch nur Theater” geschildert wird. Und wofür? Um offensichtlich jene US-amerikanischen Kreise zu bedienen, die ein starkes Interesse an einer deutsch-russischen Feindschaft haben.

Es bleibt ernüchternd

Möglicherweise könnten BSW und AfD bei Neuwahlen etwas zulegen, aber wird das real etwas ändern? Einerseits ja: Es gibt dann mit einem hoffentlich erfolgreichen BSW eine wahrscheinlich stärkere Opposition im Bundestag als jetzt, das wäre bereits ein erheblicher Fortschritt. Außerdem verlieren die Grünen hoffentlich krachend und vielleicht fliegt die FDP ja sogar aus dem Parlament. Trotzdem wird es höchstwahrscheinlich nicht z.B. für eine Mehrheit aus SPD und BSW reichen. Die AfD wird beim gegenwärtigen Stand der „Brandmauern“ etc. voraussichtlich vorerst keine Rolle bei Koalitionen spielen.*

Vielleicht wäre dann eine (ggf. tolerierte) „große“ Koalition aus CDU und SPD noch das Beste, was man bei den aktuellen Konstellationen erwarten kann? Auch wenn ein von einer schwachen SPD nur leicht gezügelter Ex-BlackRock-Manager Friedrich Merz überhaupt keine schöne Vorstellung als Kanzler ist: Immerhin wären dann einige besonders radikale Kräfte aus Grünen und FDP nicht mehr am Ruder.

Wie man es dreht und wendet: Es bleibt ernüchternd.

* Aktualisierung 6.11.2024, 14:30: Dieser Satz wurde hinzugefügt.

Titelbild: Roman Samborskyi / Shutterstock


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