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Titel: Griff nach der Jugend: Friedrich Merz will Grundgesetzänderung für allgemeine Dienstpflicht
Datum: 16. Oktober 2024 um 11:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufrüstung, Medienkritik
Verantwortlich: Redaktion
Junge Frauen an die Front? Friedrich Merz schwebt eine Änderung des Grundgesetzes vor, wie er beim Gespräch mit Caren Miosga sagte. Das ist weitreichend: Der Kanzlerkandidat der CDU spricht offen davon, eine „Dienstpflicht“ für alle jungen Menschen einzuführen. Und der „Qualitätsjournalismus? Dem ist die Aussage von Merz egal. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.
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„Über 700.000 junge Leute pro Jahr“ gelte es zu „erfassen“, sagt Merz. Was das bedeutet und vor allem: was das im Kriegsfalle bedeuten würde, bleibt unklar. In den Worten des CDU-Vorsitzenden verkommen junge Menschen zur Verfügungsmasse des Staates.
„Fortschritt oder Rückschritt – sind Sie ein Mann für morgen, Herr Merz?“ So lautet die Überschrift zum Gespräch, das Caren Miosga mit Friedrich Merz geführt hat. Die Überschrift zeigt den dramatischen Qualitätsverlust im Journalismus. Was ist aus journalistischer Sicht gewichtiger? Die seichte Frage, ob Merz „ein Mann für morgen“ ist? Oder die Aussage, dass hier ein Kanzlerkandidat eine Grundgesetzänderung anstrebt? Hier eine Frage, die in ihrer Geistlosigkeit den politischen Journalismus ad absurdum führt, da eine Aussage, die Millionen von jungen Menschen betreffen kann. Hat denn keiner in der Redaktion begriffen, was Merz da sagt?
Schauen wir uns die Stelle in dem Gespräch an.
„Markus Söder (…) hat jetzt bekräftigt, dass er die Wehrpflicht wieder einführen möchte. Wie schnell darf das in ihren Augen gehen?“, fragt Miosga.
Die Frage an sich ist schon eine Bankrotterklärung für einen kritischen Journalismus. Die dringend zu hinterfragenden Grundprämissen, auf die die Debatte um die Einführung einer Wehrpflicht gestellt wird, sind hier aus dem Weg geräumt. Wie kann es sein, dass ein Herr Söder überhaupt die Wehrpflicht einführen möchte? Was ist die Begründung? Die Grundannahme, dass Russland die NATO angreifen will? Das kann doch niemand ernsthaft glauben.
Das hätte der Ansatz eines kritischen Journalismus gegenüber Merz sein müssen. Stattdessen eine gefällige Frage, in der zum Vorschein kommt, dass die politischen Grundannahmen längst geschluckt wurden.
Und entsprechend fällt dann auch Merz’ Antwort aus.
Wir gehen ja in der CDU sogar noch einen Schritt weiter und sprechen von einer allgemeinen Dienstpflicht (…). Wir sprechen über 700.000 junge Leute pro Jahr, die wir erfassen müssen und die wir auch entsprechend (…) mustern müssen (…) zunächst einmal mit einem Schreiben an alle, die 18 Jahre alt werden eine solche Aufforderung richtet: meldet euch, füllt einen Personalbogen aus – auch übrigens an Frauen. Dazu müssten wir das Grundgesetz ändern, auch für die Wehrpflicht”.
Diese Aussagen haben Sprengkraft. Ein Journalismus und eine Medienlandschaft, die kritisch im Sinne der Demokratie funktionierten, würden Aussagen dieser Art zu einem publizistischen Beben führen.
Hier sitzt der Vorsitzende der CDU, hier sitzt der Kanzlerkandidat einer großen Partei, der über junge Menschen spricht, als wären sie Verfügungsmasse des Staates. „Allgemeine Dienstpflicht“, „Wehrpflicht“, „700.000 junge Leute pro Jahr“, „Aufforderung“, „Personalbogen“, „Grundgesetzänderung“, „auch für Frauen“, „Wehrpflicht“: Kann es wirklich sein, dass die Tragweite dieser Aussagen den „Wächtern der Demokratie“ nicht klar ist? Oder: Finden sie diese Gedanken so gut, dass sie lieber erst gar nicht über sie diskutieren und sie schon gar nicht skandalisieren wollen?
Mit anderen Worten: Millionen von jungen Menschen von der Qualitätspresse im Stich gelassen? Wie bei Corona? So ist es.
Hätte der Journalismus in Anbetracht der Tatsache, dass Politiker Deutschland „kriegstüchtig“ machen wollen, vielleicht die Güte, ein, zwei, drei Punkte miteinander zu verknüpfen und die eine oder andere kritische Frage zu stellen? Zum Beispiel: Was bedeutet eine allgemeine Dienst- und/oder Wehrpflicht für die jungen Menschen im Falle eines Krieges? Darf Deutschland dann mitansehen – wie in der Ukraine –, wie Wehrpflichtige aus Clubs und von der Straße unter Gewaltanwendung aufgegriffen werden?
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Titelbild: Shutterstock / PeopleImages.com – Yuri A
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