Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (KR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Griechenland
- Dani Rodrik – Die Weltgesellschaft findet nicht statt
- Wider die Borniertheit der Wachstumskritiker
- Die Hartz-Maschine – Geschäfte mit der Arbeitslosigkeit
- Lohnkürzung: Wir müssen noch mehr die Öffentlichkeit mobilisieren
- Tödlicher Frost
- Händler manipulieren den Strommarkt
- Gericht legt Klinikverkauf in Wiesbaden auf Eis
- Die gesponserte Republik und Merkels Versagen
- Die Polizei auf dem Weg zur Geheimpolizei
- Nicolas Sarkozy zieht in den Wahlkampf – und schockt mit Rechtsruck
- Die Ursachen der englischen Riots: Der Aufstand der Abgehängten
- Christoph Butterwegge: Doppelstrategie gegen Rechtsextreme
- Noam Chomsky – The imperial way: American decline in perspective, part 2
- EuGH-Urteil – Kein Überwachungszwang für soziale Netzwerke
- Wie sich die New York Times wieder auf den Kriegspfad begab
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Griechenland
- Was tun mit Griechenland?
Interview mit Heiner Flassbeck, Chef-Ökonom der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der UN (UNCTAD).
Quelle: WDR
- Wenn Demokratie zum Ärgernis wird
Wolfgang Schäuble will sie nicht. Drei Länder machen Druck, um sie zu verhindern: Eigentlich sollten im April Neuwahlen in Griechenland stattfinden. Doch weil das griechische Volk gegen die Beschlüsse von EU und Troika stimmen könnte, sollen die Wahlen mit Hilfe des Sparpaketes verhindert werden. […]
So regte Finanzminister Wolfgang Schäuble gestern eine Verschiebung der Griechenlandwahl an. „Wer stellt denn sicher, dass Griechenland danach zu dem steht, was wir jetzt mit Griechenland vereinbaren?“, sagte Schäuble in einen Radiointerview mit dem SWR. Diese Forderung formuliert der CDU-Politiker mitten im Endspurt der Verhandlungen über ein neues Hilfspaket von rund 130 Milliarden Euro. Die griechische Übergangsregierung muss eine derartige Forderung zwangsläufig als Erpressung empfinden – der Rückhalt in der Bevölkerung ist ohne gering und würde mit einer Aussetzung der Wahl weiter schwinden, neue Ausschreitungen die Folge sein. So ist auch die heftige Reaktion von Finanzminister Evangelos Venizelos zu erklären, der vermutete, “bestimmte Mächte” wollten das Land aus der EU drängen.
Doch mit seiner demokratieskeptischen Position ist Wolfgang Schäuble nicht allein. Wie die Financial Times Deutschland in ihrer heutigen Donnerstagsausgabe berichtet, üben auch andere Staaten Druck auf die griechische Regierung aus. So wollen die nördlichen Geberstaaten Finnland und Niederlande eine Verschiebung des Hilfspaketes bewirken, so dass die Gelder erst nach der Wahl im April abrufbar sind– um notfalls eine Auszahlung der Gelder zu verhindern, falls die neue Regierung das beschlossene Sparpaket in Frage stellt.
Quelle: Versicherungsbote
- Attacke auf Tarifautonomie und Demokratie
Die Troika und Berlin müssen endlich umdenken. Weitere Kürzungen sind weder dem Land noch den Menschen zuzumuten. Stattdessen braucht Griechenland eine umfassende Investitions- und Modernisierungsoffensive. Einen Marshall-Plan, damit das Land aus der Krise herauswächst und nicht weiter von einem Krisengipfel zum nächsten geprügelt wird.
Demokratie und Tarifautonomie müssen verteidigt werden. Auch und vor allem in Griechenland.
Quelle: DGB [PDF – 96,8 KB]
- Wie viel Schuld die Griechen an ihrer Misere haben
Ein Harvard-Professor hat zwei Jahre lang für die griechische Regierung gearbeitet. Jetzt räumt er mit den gängigen Vorurteilen auf.
Quelle: Tages-Anzeiger
- Dani Rodrik – Die Weltgesellschaft findet nicht statt
Auf die Nationalstaaten wurden schon oft Abgesänge angestimmt: Unwichtiger würden sie, ihre Rolle verlieren – wegen der Globalisierung. Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Einer der Grundmythen unserer Zeit ist, dass die Globalisierung den Nationalstaat zur Bedeutungslosigkeit verdammt habe. […] Die globale Finanzkrise hat diesen Mythos zerschmettert. Wer hat denn die Banken gerettet, für Liquidität gesorgt, Steuerimpulse gesetzt und die Sicherheitsnetze für die Arbeitslosen zur Verfügung gestellt, um eine eskalierende Katastrophe aufzuhalten? Wer ist dabei, die Regeln für die Aufsicht und Regulierung der Finanzmärkte umzuschreiben, um zu verhindern, dass sich die Situation wiederholt? Wen betrachten die Menschen als hauptverantwortlich für alles, was schiefgeht? Die Antwort ist immer die gleiche: die nationalen Regierungen. Die G20, der Internationale Währungsfonds und der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht waren überwiegend Nebenschauplätze. […] Aber wer soll den Märkten Regeln geben, wenn nicht die Nationalstaaten? Laisser-faire ist ein Rezept für weitere Finanzkrisen und größere politische Gegenbewegungen. […] Um es auf den Punkt zu bringen: Laisser-faire und internationale Technokratie bieten keine Alternative zum Nationalstaat. Die Erosion des Nationalstaats nützt den globalen Märkten wenig, solange praktikable globale Lenkungsmechanismen fehlen.
Quelle: FTD
- Wider die Borniertheit der Wachstumskritiker
Vielleicht ist “Wirtschaftswachstum kein Recht”, aber folgt daraus schon die moralische Pflicht, der Mehrung des materiellen Wohlstands zu entsagen? […]
So sieht etwa der Ökonom Tomás Sedlácek im Standard-Interview in der “extremen Anhäufung von Wohlstand” ein Problem und empfiehlt, “unseren Level von Wohlstand einfach zu halten”, um solcherart dem ständigen Streben nach materiellem “Mehr” endlich zu entsagen. Der Philosoph und Bestsellerautor Richard David Precht äußerte jüngst bei einem Wien-Besuch eine ähnliche Meinung und spricht dabei vielen Empörten aus der Seele: “So wie es aussieht, wird unsere Ökonomie nicht mehr wachsen. Deshalb müssen wir uns schleunigst vom Wachstumsfetisch befreien.” – Müssen wir? […]
Nun ist wohl anzunehmen, dass ein Erfolgsautor oder der Chefökonom der größten tschechischen Bank heute in einer schönen und komfortablen Wohnung samt Audioanlagen hausen, íhre Vortragsreisen ins Ausland per Flugzeug absolvieren, den medizinischen Fortschritt im Krankheitsfall zu schätzen wissen und gerne das hohe Bildungs- und Freizeitangebot nutzen. Da sie aber jetzt “genug” von allem haben, soll auch die künftige Generation ohne die Vorteile auskommen, die das wirtschaftliche Wachstum und der technologische Fortschritt in den kommenden Jahren hervorbringen werden.
Was würde Sedlácek wohl sagen, wenn unsere Eltern oder Großeltern ähnlich argumentiert hätten und das Wirtschaftswachstum vor dreißig oder fünfzig Jahren zum Stillstand gebracht hätten.
Quelle: Der Standard
- Die Hartz-Maschine – Geschäfte mit der Arbeitslosigkeit
In Deutschland existiert ein ganzer Wirtschaftszweig, der Dauerarbeitslosigkeit und Armut verwaltet. Um die Bundesanstalt für Arbeit hat sich ein Kreis von sogenannten
Bildungsträgern gebildet, welche Dauerarbeitslose in den Arbeitsmarkt integrieren sollen – hier winken Milliardengeschäfte, finanziert aus Steuermitteln.
Freitag, 17. Februar 2012 um 20.15 Uhr, 3sat
Quelle: 3sat
Anmerkung unseres Lesers G.R.: „Ich bin in der Erwerbslosenberatung … engagiert und kann nur bestätigen, mit wie viel unsinnigen, weil nutzlosen und teuren, Maßnahmen die Erwerbslosen im Bereich SGB II oft konfrontiert sind. Hingegen wirkliche sinnvolle Maßnahmen werden nicht genehmigt. Mein Eindruck ist, dass die Erwerbslosen über diesen Weg in Verbindung mit der zuvor zu unterzeichneten Eingliederungsvereinbarung einfach nur gegängelt, wenn nicht gar schikaniert werden sollen.
In diesem Zusammenhang bin ich einmal mehr der festen Überzeugung, dass diese Gesetzgebung im Bereich des SGB ein ausgeklügeltes System ist, ganz auf der Linie der unsäglichen Neoliberalen. Es beschert Billiglöhne, daneben auch noch Profit für Unternehmer (das krasseste Beispiel finde ich persönlich in dem Beitrag das Beispiel wie mit dem Konzept der “Tafeln”, ausgeheckt von Roland Berger, die Supermärkte ihre überschüssige Lebensmittel auf Kosten der Allgemeinheit in Form von Steuerabschreibungen entsorgen können), und nicht zu vergessen eine permanente Demütigung von Erwerbslosen, die m.E. ebenso gewollt ist.
In dem Beitrag werden auch die Anwälte als Nutznießer angesprochen. Dies ist zwar richtig, jedoch nehmen sie oftmals eine gewisse positive Sonderstellung ein. Viele Anwälte verdienen nicht gerade üppig an den SGB II Beziehern. Ferner habe ich aus meiner Erfahrung nicht den Eindruck, dass sie so wie die anderen aufgeführten Beispiele in dem Beitrag die eigentlichen Profiteure des Systems sind.“
- Lohnkürzung: Wir müssen noch mehr die Öffentlichkeit mobilisieren
Busfahrern in Celle wird der Lohn um fast ein Drittel gekürzt: Von 13,40 auf 8,39 Euro pro Stunde. Ein Gespräch mit Ursula Weisser-Roelle, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im niedersächsischen Landtag: “Von den insgesamt 220 Beschäftigten der CeBus sind aktuell 30 von den Kürzungen bedroht. Ein Busfahrer, der z.B. beim Transport von Schulkindern eine hohe Verantwortung hat, wird jetzt von 13,40 auf 8,39 Euro pro Stunde heruntergestuft. Wenn er eine Familie mit drei Kindern hat, kommt er nur noch dadurch über die Runden, daß er aufstockend Hartz IV beantragt. Wir fürchten darüber hinaus, daß die Lohnkürzung für diese 30 Kollegen nur der Einstieg in weitere Einsparungen ist. … Als das kommunale Verkehrsunternehmen 2002 privatisiert wurde, verpflichtete sich die Stadt, zehn Jahr lang Zuschüsse zu zahlen. Weil diese Zahlungen mit Jahresende ausgelaufen sind, werden die Löhne gekürzt. Das, was jetzt dort abläuft, ist das beste Argument für unsere Forderung: Der öffentliche Personen-Nahverkehr gehört auch in öffentliche Hände – und nicht in die von Privatfirmen.”
Quelle: junge Welt
- Tödlicher Frost
In Osteuropa sterben die Armen, die mit dem Wandel nicht klar kamen oder auf der Strecke blieben […]
Wie tödlich Armut und mangelnde staatliche Investitionen im sozialen Wohnungsbau bei extremer Kälte sein können, zeigt auf gravierende Weise auch das EU-Mitglied Polen. Denn von den 99 Menschen, die dort seit dem Beginn der Froststemperaturen ums Leben kamen, starben 47 an einer Kohlenmonoxydvergiftung. Allein im Februar mussten 508 Personen wegen einer Kohlenmonoxydvergiftung ärztlich behandelt werden. Doch die vielen Vergiftungsopfer sagen alles über die Ungleichheit auf dem polnischen Wohnungsmarkt aus. Wer eine sanierte beziehungsweise komfortable Wohnung haben möchte, dem bleibt nicht anderes übrig, als sich eine Wohnung zu kaufen. Diejenigen, die sich das nicht leisten können, leben in seit Jahrzehnten nicht mehr sanierten Miethäusern oder erbärmlichen Sozialwohnungen.
Quelle: Telepolis
- Händler manipulieren den Strommarkt
Mit illegalen Geschäften brachten Händler das Stromnetz bis vor wenigen Tagen fast zum Zusammenbruch. Das war offenbar Vorsatz, wie Insider dieser Zeitung berichten. …
Die Händler … griffen zu einem illegalen, aber nur schwer nachweisbaren Trick. Sie schraubten systematisch die Prognose über den Stromverbrauch ihrer Kunden nach unten und lieferten entsprechend weniger. So vermieden sie massenhaft, den gerade sehr teuren Strom zukaufen zu müssen.
Der fehlende Strom musste dann aus der eigentlich für Notfälle gedachten Regelleistung aufgefüllt werden, um einen sofortigen Blackout abzuwenden. …
Politisch besonders brisant ist, dass offenbar nur wegen der Fehlprognosen der Händler die Reservekraftwerke in Mannheim und Österreich in Betrieb genommen werden mussten, die aufgrund des Teil-Atomausstiegs für diesen Winter vorgehalten werden. Das hatte jene bestärkt, die auf Grund des Atomausstiegs um die Versorgungssicherheit in Deutschland fürchten.
Quelle: Berliner Zeitung
- Gericht legt Klinikverkauf in Wiesbaden auf Eis
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat ein Bürgerbegehren gegen die Teilprivatisierung der städtischen Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) für zulässig erklärt. Die Richter untersagten am Donnerstag der Stadt, den geplanten Kaufvertrag mit der privaten Rhön Klinikum AG vor Ablauf des Bürgerbegehrens am 5. April 24.00 Uhr zu unterzeichnen.
Quelle: Wallstreet Online
Anmerkung unseres Lesers E.W.: Das Bündnis für eine kommunale HSK stellt das Formular zum Herunterladen http://hsk-pro-kommunal.de/ bereit.
Erste Erfahrungen der Unterschriftensammler sind durchaus positiv. Die Menschen sind offenbar kritischer geworden wenn es um den Ausverkauf öffentlicher Daseinsvorsorge zugunsten privater Profite geht.
- Die gesponserte Republik und Merkels Versagen
Sponsoring verbinden wir allgemein mit Sport. Aber auch in der Politik sind Sponsorenzahlungen an der Tagesordnung. So hat Christian Wullf die Kosten für seine Wahlparty zum Bundespräsidenten nicht selbst getragen, sondern sich und 80 weitere Personen vom Event-Manager und Lobbyisten Manfred Schmidt einladen lassen. Ähnliche Party-Angebote nahmen Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt an. […]
Bereits im Juli 2001 attestierte eine von Bundespräsident Johannes Rau nach der Spendenaffäre um die CDU unter Helmut Kohl eingesetzte Kommission zur Parteienfinanzierung einen Prüfungsbedarf in Sachen Sponsoring. Passiert ist danach erst einmal lange Zeit nichts.
Die Pläne verschwanden auch wieder in der Schublade, als im Dezember des gleichen Jahres die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates zehn Empfehlungen für mehr Transparenz unter in der Parteienfinanzierung abgab, welche Deutschland bis Ende Juni 2011 rechtlich umsetzen und darüber an GRECO berichten sollte. Unter den Empfehlungen fand sich auch der Hinweis: „Klarstellung der Bedingungen, unter denen politische Parteien Sponsoringleistungen annehmen dürfen“.
Quelle: Lobby Control
- Die Polizei auf dem Weg zur Geheimpolizei
Staatliche Interessen verdrängen den Rechtsschutz des Bürgers .Die bewährte grundsätzliche Zuständigkeit der Länder für polizeiliche Gefahrenabwehr, aber auch die Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten werden aufgehoben. Die rechtsstaatliche Polizei denaturiert zur Geheimpolizei, meint Peter-Alexis Albrecht (Professor für Kriminologie und Strafrecht an der Goethe Universität Frankfurt am Main)…
Wenn weder der Bürger noch die rechtsstaatliche Strafjustiz von polizeilichen Ermittlungen Kenntnis erhalten, um sie zu kontrollieren, ist das Ende des Rechtsstaats eingeläutet. Aber das scheint in unserer Gesellschaft fast niemanden zu stören. Die Ökonomie hat den Rechtsstaat seit langem überrollt und zehrt ihn auf. Die soziale Kontrolle dient zunehmend der Stabilität des ökonomischen Systems – weitgehend ohne Rechtsschutz für den Einzelnen. Werden das Recht und der Rechtsstaat dagegen zu reaktivieren sein?
Quelle: Deutschlandradio
- Nicolas Sarkozy zieht in den Wahlkampf – und schockt mit Rechtsruck
So geht es schon seit Wochen. Von leichten Variationen abgesehen waren alle Umfragen gleich ungünstig für Nicolas Sarkozy. Nicht eine einzige wies einen Vorsprung für den Amtsinhaber aus. Das hat es in der fünften Republik noch nicht gegeben. Nun will Sarkozy als „Präsident des Volkes für das Volk“, wie es ein Berater formuliert, in den Wahlkampf ziehen. Mit einem vom Magazin der konservativen Zeitung „Le Figaro“ groß aufgemachten Interview unter dem Titel „Meine Werte für Frankreich“ verlegte er den Schwerpunkt der politischen Auseinandersetzung auf gesellschaftspolitische Themen. Statt komplizierte Probleme wie die Euro-Krise, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft oder die Finanzierung der Renten zu verhandeln, will er über Einwanderung, schmarotzende Arbeitslose, die Homo- Ehe oder Sterbehilfe streiten. Zum Aufenthaltsrecht bestimmter Einwanderer will er ein Referendum abhalten. Über eine weitere Volksabstimmung sollen die Franzosen darüber befinden, ob Arbeitslose jeden Alters zu Umschulungen und zur Annahme von Jobangeboten gezwungen werden sollen.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Wenn gar nichts mehr geht, folgt der Appell an die niedrigen Instinkte – wie gehabt und auch in unseren Landen nicht unbekannt.
- Die Ursachen der englischen Riots: Der Aufstand der Abgehängten
Die Riots im August 2011 sind eine Reaktion auf Armut und Polizeigewalt. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Studie, für die der Guardian gemeinsam mit der London School of Economics (LSE) 270 TeilnehmerInnen der Riots interviewt hat. In der letzten Woche wurden die Ergebnisse mit einer Artikel-Serie im Guardian präsentiert. Auch wenn die Wut gegenüber der Polizei vielleicht der Auslöser für die Ausschreitungen war, erklärt sie die Ereignisse nur unvollständig. Die Riots waren in erster Linie ein Aufstand der Abgehängten. Nur 52% der Teilnehmer betrachten sich als Teil der britischen Gesellschaft: »Deine Stimme wird einfach nicht gehört. Sie interessieren sich einfach nicht für dich, weil du arm bist«, berichtet ein 21-Jähriger aus Salford (Greater Manchester). Der zentrale Ausschlussmechanismus ist die Armut, die immerhin 86% der Befragten als Grund für die Ausschreitungen angaben. 51% aller während der Ausschreitungen verübten Verbrechen richteten sich gegen Geschäfte. Interessanter als die Zahlen sind aber die Rechtfertigungen der Befragten. Die Taten werden mit einer Kritik an großen Firmen gerechtfertigt, die »die Welt sowieso vergewaltigen«, so ein 19-jähriger Teilnehmer aus Battersea, Süd-London.
Trotz der beeindruckenden Menge an ausgewerteten Daten (270 Interviews und 2,6 Mio. Tweets) sollte man die Ergebnisse nicht unkritisch hinnehmen. Zum einen ist es immer noch schwierig abzuschätzen, wie repräsentativ die Untersuchung ist. Die große Mehrheit der Rioters ist weiterhin anonym, die Stichprobe enthält also noch viele unbekannte Faktoren. Zum anderen wäre es naiv anzunehmen, dass die in allen Medien geführten Debatten über die Riots keine Auswirkungen auf die Interviews gehabt hätten. … Ein Blick in die endgültige Veröffentlichung der LSE kann man sich also nicht ersparen. Im Frühjahr wird zudem ein zweiter Teil der Studie mit Interviews mit der Polizei, Vertretern der Communities etc. veröffentlicht werden.
Quelle: Sozialismus
Anmerkung Orlando Pascheit: Man muss schon lange suchen, um im deutschsprachigen Raum auf einen Hinweis auf die Aufarbeitung der englischen Riots zu stoßen. Dabei lassen sich durchaus aktuelle Parallelen ziehen. Die Aussage des deswegen vielgescholtenen ehemaligen Londoner Bürgermeister Ken Livingstone: “Die wirtschaftliche Stagnation und die Haushaltskürzungen der Tory-Regierung haben unvermeidlich zu sozialer Spaltung geführt”, lässt sich durchaus auf Europa übertragen – auch wenn wohl in kaum in einer Volkswirtschaft der EU der Wohlstand so ungleich verteilt und die soziale Aufwärtsmobilität so gering sind. Die Einkommensungleichheit wächst in keinem Industrieland schneller als in Großbritannien: Die obersten zehn Prozent verdienten 2008 zwölfmal mehr als die untersten zehn Prozent, 1985 was das Verhältnis noch acht zu eins (OECD 2011). Andererseits scheinen selbst in Großbritannien nur die LSE und der Guardian den Riots auf den Grund gehen zu wollen. Die von Vizepremier Nick Clegg eingesetzte Untersuchungskommission spricht recht hilflos davon, dass die Riots nicht sehr politisch gewesen seien, dass ‘organised criminals’ und ‘late night shoppers’ es auf Luxuswaren abgesehen hätten. Abgesehen davon, dass die Akteure solcher Unruhen selten politische Analysen präsentieren, nimmt es Wunder, dass eine Kommission zu solchen Aussagen kommt, ohne mit Teilnehmern der Riots gesprochen zu haben.
In einem Bulletin des Innenministeriums [PDF – 475 KB] musste inzwischen eingeräumt werden, dass das ‘gang involvement” nicht ausschlaggebend für die Riots gewesen sei. Nur 13% aller im Zusammenhang mit den Riots verhafteten Personen waren als Gangmitglieder bekannt. – Wer allerdings meint, das nur die Tory-Regierung von den tieferen Ursachen der Riots ablenken will, kennt nicht die abstrusen Äußerungen des ehemaligen Labour-Erziehungsminister und jetzigen Abgeordneten des Londoner Stadtteils Tottenham, David Lammy, wonach “Ohrfeigen die Riots möglicherweise hätten verhindern können”: “Smacking might have prevented riots“.
- Christoph Butterwegge: Doppelstrategie gegen Rechtsextreme
Ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die NPD ist nur unter anderen Voraussetzungen sinnvoll. Die organisatorische Schlüsselbedeutung der NPD liegt in ihrer Scharnier- bzw. Brückenfunktion, d.h. der Vermittlung zwischen Nationalkonservatismus, Deutschnationalismus und militantem Neofaschismus, der offenbar fließende Übergänge zum Rechtsterrorismus aufweist. Insofern würde ein Verbot zweifellos die »richtige« Partei treffen, deren Kader besonders in Ostdeutschland nicht zu unterschätzende Rekrutierungserfolge unter – meist männlichen – Jugendlichen verzeichnen. Kontraproduktiv wäre ein Parteiverbot als schärfste Sanktion gegen eine solche politische Strömung, wenn sie nicht von anderen, die rechtsextreme Politik und Propaganda schwächenden Maßnahmen (der Sozialpolitik, der generellen Diskriminierungsverbote in Bezug auf Minderheiten, der Jugendarbeit und der kritischen politischen Bildung) flankiert würde. Eine rechtsextreme Partei wie die NPD zu verbieten, bedeutet schließlich nicht, ihre politisch-ideologische Basis zu zerstören. Nötig ist eine Doppelstrategie im Kampf gegen den Rechtsextremismus: Neben die Auflösung der NPD muss die Aufklärung über den demokratiefeindlichen, verfassungswidrigen und zutiefst inhumanen Charakter seiner Politik treten. Außer der Organisation muss das ihr zugrunde liegende Gedankengut geächtet werden.
Um den organisierten Rechtsextremismus zu schwächen, muss man die Demokratie stärken. Es kann also nicht etwa darum gehen, Grundrechte (z.B. die Meinungs- und Versammlungsfreiheit) einzuschränken, sondern darum, die bestehenden Gesetze und Strafbestimmungen konsequent gegen Rechtsextremisten bzw. deren Organisationen anzuwenden, was – keineswegs zufällig – jahrzehntelang versäumt wurde, als die rechten Brandschatzer von Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen wie auch die Rechtsterroristen des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) mitsamt ihren Hintermännern in dem Gefühl operierten, nur dem »Volkswillen« Ausdruck zu verleihen und dem Gerede der Politiker über »Scheinasylanten«, »Asylantenfluten« und »muslimische Parallelgesellschaften in Deutschland« die erlösende Tat folgen zu lassen.
Quelle: Sozialismus
- Noam Chomsky – The imperial way: American decline in perspective, part 2
The US’s presumed right to impose its will on the world, by force if necessary, has not changed. But its capacity to do so has […]
Favored dictators are supported as long as they can maintain control (as in the major oil states). When that is no longer possible, then discard them and try to restore the old regime as fully as possible (as in Tunisia and Egypt). The general pattern is familiar: Somoza, Marcos, Duvalier, Mobutu, Suharto, and many others. In one case, Libya, the three traditional imperial powers intervened by force to participate in a rebellion to overthrow a mercurial and unreliable dictator, opening the way, it is expected, to more efficient control over Libya’s rich resources (oil, primarily, but also water, of particular interest to French corporations), to a possible base for the US Africa Command (so far, restricted to Germany), and to the reversal of growing Chinese penetration. As far as policy goes, there have been few surprises. […]
While the principles of imperial domination have undergone little change, the capacity to implement them has markedly declined as power has become more broadly distributed in a diversifying world. Consequences are many. It is, however, very important to bear in mind that, unfortunately, none lifts the two dark clouds that hover over all consideration of global order: nuclear war and environmental catastrophe, both literally threatening the decent survival of the species.
Quite the contrary. Both threats are ominous, and increasing.
Quelle: The Guardian
- EuGH-Urteil – Kein Überwachungszwang für soziale Netzwerke
Soziale Netzwerke dürfen nicht dazu verpflichtet werden, die Daten ihrer Nutzer durch Filter nach Urheberrechtsverletzungen zu durchsuchen. Das hat der Europäische Gerichtshof an diesem Donnerstag entschieden.
Quelle: FAZ
- Wie sich die New York Times wieder auf den Kriegspfad begab
In den ersten Januar-Tagen platzierte die New York Times sehr prominent einen Bericht von einem Besuch auf dem amerikanischen Flugzeugträger John C. Stennis im Golf von Oman. […] Der Nachrichtenwert dieses Berichts: null. Null komma null. Warum hat die Zeitung diesen Bericht gedruckt, und dann auch noch ganz vorne?
Die New York Times ist wieder auf dem Kriegspfad. Sie schlägt die Trommeln und schmiert sich Kriegsfarbe ins Gesicht. Sie tanzt ums Lagerfeuer, sie ruft die Geister der amerikanischen Ahnen herbei. […]
“Wie wird die Welt regiert und in den Krieg geführt? Diplomaten belügen Journalisten und glauben es, wenn sie’s lesen.” Hat Karl Kraus gesagt
Quelle: Ruhrbarone