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Titel: „Lösung am Verhandlungstisch“ suchen schmeckt der deutschen Presse nicht

Datum: 26. September 2024 um 15:43 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Friedenspolitik, Medienkritik
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Gestern hat der Außenminister Ungarns vor der 79. UN-Generalversammlung gesprochen. Was er gesagt hat, findet sich allerdings nicht in deutschen Medien. Dabei würden es seine Aussagen verdienen, gerade auch von der deutschen Öffentlichkeit gehört zu werden. „Ich hoffe“, so sagte Peter Szijjarto unter anderem, „dass diejenigen, die noch immer darüber nachdenken, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern, auch die Auswirkungen und Konsequenzen bedenken werden.“ Er mahne eine Lösung „am Verhandlungstisch“ an. In deutschen Medien findet sich dazu nichts. Aus journalistischer Sicht ist das untragbar, denn es geht um viel. Es geht um die Frage von Krieg und Frieden. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Selenskyj, Baerbock, Biden – Biden, Baerbock, Selenskyj. Und das Ganze nochmal und nochmal und nochmal. Wer sich die deutsche „Berichterstattung“ zur UN-Generalversammlung anschaut, hat den Eindruck: Die Qualitätspresse dieses Landes setzt sich mit dem New Yorker Treffen auf eine Weise auseinander, als würden Himmelsforscher den Himmel durch einen Strohhalm betrachten. Den kleinstmöglichen Ausschnitt wählen, nur auf das fokussieren, was der Öffentlichkeit gezeigt werden soll. Bei der 79. UN-Generalversammlung handelt es sich aber um die Zusammenkunft einer Organisation, die unter dem Namen „Vereinte Nationen“ bekannt ist. Sprich: Hier melden sich nicht nur Vertreter von NATO-Erzählungen zu Wort. Bei der UN sprechen auch Repräsentanten von Staaten, die sich herausnehmen, eine eigene politische Meinung zu artikulieren.

Was Ungarns Außenminister Peter Szijjarto gerade gesagt hat, verdient es im Sinne einer umfassenden Berichterstattung, gehört zu werden. Umfassend zu berichten – das ist die Aufgabe einer Presse, die ihren Namen zu Recht trägt. Ausblenden und weglassen, was NATO-Erzählungen irritieren könnte – das macht eine Propagandapresse. Wir erinnern uns: Propaganda besticht nicht nur dadurch, dass sie lügt. Die Propaganda kann auch durch das Weglassen wichtiger Stimmen bedient werden. Wer den Namen „Peter Szijjarto“ bei Google News eingibt, findet nahezu keine Treffer zu seinen aktuellen Einlassungen. Bis auf ein paar wenige ausländische Medien ignorieren Medien hierzulande geschlossen die Worte des ungarischen Politikers. „Ich hoffe“, so sagte Szijjarto, „dass diejenigen, die noch immer darüber nachdenken, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern, auch die Auswirkungen und Konsequenzen bedenken werden.“ Und dann merkt er an: „Und ebenso hoffe ich, dass diejenigen, die darüber entscheiden, ob die vom Westen gelieferten Waffen gegen strategische Ziele tief in Russland eingesetzt werden dürfen, eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen werden, denn der Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland würde eine weitere Eskalation bedeuten. Das bedeutet, dass eine Lösung woanders gesucht werden muss. Und wenn Sie die Frage aufwerfen, wo wir nach dieser Lösung suchen sollten, dann lautet die Antwort: am Verhandlungstisch.“

Sind diese Worte Szijjartos es also nicht wert, von allen Bürgern Deutschlands gehört zu werden? Ist es nicht so, dass gerade bekannt gegeben wurde, dass weitreichende und atomar bestückbare US-Raketen in Deutschland stationiert werden sollen? Ist es nicht so, dass der deutschen Öffentlichkeit mitgeteilt wurde, sie müsse zügig „kriegstüchtig“ werden? Ja, natürlich, so ist es. Aber warum blendet dann die vorgeblich so objektiv ausgerichtete Presse dieses Landes die Aussagen Szijjartos wohl nahezu vollständig aus? Wäre es nicht in Anbetracht dessen, dass immer offener über einen Krieg zwischen NATO und Russland gesprochen wird, angebracht, dass auch solche wichtigen, mäßigenden, perspektivierenden Stimmen wie die des ungarischen Außenministers in der Breite der Bevölkerung gehört werden? Auch hier gilt: Ja, natürlich, dem wäre so. Nur betrachten offensichtlich Medien in Deutschland die warnenden und gemäßigten Aussagen eines immerhin ranghohen Politikers eines EU-Mitgliedsstaates als eine Art Störfeuer. „Verhandlungstisch“. Warum?

Titelbild: UN


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