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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Betr.: Kostenlose Tagesschau App – Der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger will das nicht.
Datum: 5. Februar 2012 um 14:08 Uhr
Rubrik: Lobbyismus und politische Korruption, Medien und Medienanalyse
Verantwortlich: Albrecht Müller
Und ARD und ZDF drohen einzuknicken. Die Verleger haben offensichtlich ihre Finger auch in der Willensbildung ihrer Konkurrenz. Das kann niemand gefallen, die/der eine lebendige Medienlandschaft als wichtig für unsere Demokratie betrachtet. Dazu ein Beitrag von Erika Fuchs.
Wer hat Angst vorm BDZV?
Von Erika Fuchs
Verstehe einer die öffentlich-rechtlichen Sender! Da wird in Deutschland die Talfahrt des Qualitätsjournalismus bei Zeitungen beklagt – und ARD und ZDF agieren weiterhin so als ginge sie das gar nichts an. Statt die Lücke zu nutzen, die die Verleger ihnen publizistisch öffnen, handeln sie weiterhin so passiv als müssten sie sich dafür entschuldigen, dass es sie überhaupt gibt.
Aktuelles Beispiel: der Streit um die Tageschau App. Den Verlegern passt es nicht, dass es der ARD gelungen ist, auf dem Zukunftsmarkt der so genannten mobilen Anwendungen eines der populärsten Produkte entwickelt zu haben. Die kostenlose Tagesschau App ermöglicht es jedem, der ein Smartphone oder einen so genannten Tablet Computer wie das I-Pad besitzt, nicht nur die Tagesschau zu sehen, sondern auch einzelne Beiträge abzurufen und die dazu gehörenden Texte zu lesen. Die Verleger halten das – wen wunderts – für Wettbewerbsverzerrung. Deshalb klagen sie zurzeit vor dem Landgericht Köln und berufen sich darauf, dass ARD und ZDF keine „elektronische Presse“ betreiben dürften. Juristisch betrachtet, haben die Öffentlich-Rechtlichen bei diesem Streit die weitaus besseren Karten. Zum einen ist die Tagesschau App nur eine technische Weiterentwicklung des Internet-Angebots Tagesschau.de, das seit Jahren unbeanstandet existiert. Zum anderen besitzen sie eine verfassungsrechtlich bestätigte Bestands – und Entwicklungsgarantie. Da das Internet die Trennung zwischen den herkömmlichen Medien Rundfunk und Print ohnehin aufhebt, ist es per se sinnlos, ARD und ZDF auf Bilder zu beschränken. Zudem lässt es sich mit Fug und Recht als Betrug am Gebührenzahler bezeichnen, dass die Sender auf Druck der Verleger hin ihre Angebote im Netz nach einer gewissen Zeit wieder löschen müssen.
So weit, so simpel. Nun machte allerdings die taz letzte Woche bekannt, dass Verleger und Öffentlich-Rechtliche einen Entwurf entwickelt haben. Tenor: ARD und ZDF beschränken sich hauptsächlich auf Video und Audio, die Verleger auf Text. Zurück also in die Medien-Steinzeit! Zudem wollen sich die Sender in Zukunft aus der lokalen Berichterstattung möglichst zurückziehen – gerade so als hätten wir nicht seit Jahren eine Zeitungskonzentration, die den Leser auf Gedeih und Verderb an sein Monopolblatt fesselt.
Noch ist dieser Entwurf nur ein Entwurf. Erschreckend ist es aber trotzdem, dass er überhaupt in dieser Form verfasst werden konnte. Dass der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger eine starke Lobby in der Politik hat, ist bekannt. Dass er bei ARD und ZDF, deren journalistische Angebote er immer wieder begrenzen will, einen großen Stein im Brett hat, kann niemandem gefallen, der eine lebendige Medienlandschaft als wichtig für unsere Demokratie betrachtet.
Anmerkung WL: Wie schon bei der Beschränkung der Online-Angebote der Rundfunkanstalten, geht es mal wieder um eine „Zensur durch den Markt“ genauer um eine Zensur, durch die sich ach so sehr für die Meinungsfreiheit einsetzenden Zeitungsverleger. Die Beschränkung der Tagesschau-Apps ist ein absurder Skandal.
Hier könnten z.B. die SPD und die Grünen, sie wirklich einmal konkret für die Freiheit im Netz einsetzen. Auch die Piraten Partei wäre eigentlich gefordert ihre Stimme zu erheben. Das wäre mal eine Aufgabe für den Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder, den rheinland-pfälzischen SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck oder für die medienpolitischen Sprecher und die zuständigen Staatssekretäre in den SPD-geführten Ländern bzw. der Partei die Grünen.
Schreiben oder mailen Sie doch diese einfach an und schicken ihnen den Beitrag von Erika Fuchs.
Sie könnten auch die Rundfunkratsvorsitzenden Ihrer Rundfunkanstalten auffordern, Druck auf Ihre Intendanten zu machen, nicht weiter den Informationsauftrag des durch unsere Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschneiden zu lassen.
In den allermeisten Rundfunkräten sitzen auch Vertreter der Gewerkschaften, fragen Sie doch einfach einmal nach, was diese gegen diese geplanten Eingriffe in die Informationsfreiheit zu unternehmen gedenken.
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