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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Bitte engagieren Sie sich für Kliniken im öffentlichen Eigentum und gegen die weitere Privatisierung!
Datum: 23. Januar 2012 um 14:08 Uhr
Rubrik: Aufbau Gegenöffentlichkeit, Gesundheitspolitik, Privatisierung
Verantwortlich: Albrecht Müller
NachDenkSeiten Leser machen uns auf Privatisierungsabsichten in Dresden und Wiesbaden aufmerksam. Auch in vielen anderen Orten sind so genannte Investoren unterwegs, die an der Krankheit von Menschen Renditen von 15 % verdienen wollen. Meine Frau und meine Familie sind Opfer der dazu notwendigen Rationalisierung geworden. In der Nachbarschaft von Dresden. Wenn dieses Opfer überhaupt einen Sinn haben soll, dann den, dass wir uns dagegen wehren, wenn immer mehr Aktionäre an der Krankheit von Menschen verdienen wollen. Deshalb konkret die Bitte an die NachDenkSeiten-Leser in Dresden und Wiesbaden, und an alle, die Freunde in Dresden und Wiesbaden haben, sich für die Erhaltung des öffentlichen Eigentum an ihren Kliniken zu engagieren. In Dresden steht am 29. Januar ein Bürgerentscheid an. Näheres folgt unten. Albrecht Müller.
Das öffentliche Eigentum an Krankenhäusern ist keine Garantie dafür, dass dort nicht geschlampt und nicht rationalisiert wird. Aber die Privatisierung und die in diesem Bereich gängigen Renditevorstellungen erhöhen den Druck auf eine unerträgliche Rationalisierung. Auf konkrete Vorgänge haben wir am 24. März 2011 aufmerksam gemacht.
Der private Betrieb von Kliniken ist auch aus marktwirtschaftlicher Sicht nicht angebracht. Es gibt in diesem Bereich – von großen Städten abgesehen – in der Regel keinen Wettbewerb. Die Klinik eines Kreises z.B. ist in der Regel ein Monopolbetrieb. Und wenn es Wettbewerb gibt, dann wirkt sich dieser in der Regel nicht zu Gunsten der Patienten aus. Außer den privaten Interessen der Aktionäre und der Manager gibt es keine Gründe für die Privatisierung.
Sie erscheint übrigens auch meist nur deshalb wirtschaftlich attraktiv, weil bei diesem Vorgang die Einkommen und sozialen Leistungen für die Arbeitnehmer zusammengestrichen werden. Häufig werden dabei Lasten auf den Fiskus und die Sozialversicherungen verschoben.
Die Privatisierung von Kliniken läuft trotz schlechter Erfahrungen deshalb noch weiter, weil Konzerne wie die Rhön Klinikum AG, die Sana Kliniken AG, die Helios Kliniken GmbH, die Asklepios Klinken, u.a.m. das Geschäft der Beeinflussung politischer Gremien wie auch der lokalen und regionalen Medien bestens beherrschen. Sie sind trainiert in Lobbyarbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Umso wichtiger ist Ihr bürgerschaftliches Engagement gegen diese Machenschaften.
Es folgen jetzt Informationen zu einer anstehenden Entscheidung in A. Dresden und B. Wiesbaden:
A. Dresden
Hier geht es um einen Bürgerentscheid über die Zukunft der beiden städtischen Krankenhäuser Dresden-Neustadt und Dresden-Friedrichstadt
Der NachDenkSeiten Leser T. H. hat dazu Informationen zusammengetragen, die wir hiermit an Sie weitergeben:
Dresdner Kliniken am Scheideweg – zum Bürgerentscheid in Dresden am 29. Januar 2012.
Was ist uns Gesundheit wert?
Während man – außerhalb der selbsternannten Qualitätsmedien – immer wieder wie hier in den NachDenkSeiten Berichte über die zum Teil haarsträubenden Zustände in privatisierten Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu lesen bekommt und es mittlerweile unübersehbar ist, dass „Effizienzsteigerungen“ im Gesundheitssystem stets zu Lasten von Patienten und Personal gehen, hält das die Verantwortlichen nicht davon ab, weiter an diesem Irrsinn festzuhalten und der Privatisierung von kommunalen Einrichtungen den Weg zu ebnen.
Im Dresdner Stadtrat formierte sich in den vergangenen Monaten eine Koalition aus CDU, FDP, Grünen und Freien Bürgern, welche eine Privatisierung der beiden Kliniken Neustadt und Friedrichstadt anstrebt. Hierzu sollen beide Kliniken unter dem Dach einer gemeinnützigen GmbH zusammengeführt werden – um die „wirtschaftliche Effizienz“ zu steigern, wie es heißt.
Daraufhin haben mehr als 37.000 Bürger und Bürgerinnen der Stadt Dresden ein Bürgerbegehren unterzeichnet, welches eben diesen Einstieg in die Privatisierung der Klinken verhindern soll.
Jedem Dresdner Haushalt wurde hierzu ein Informationsschreiben des Stadtrates zugesandt – beigefügt waren dem Schreiben je eine A4-Seite mit Argumenten der Befürworter und Gegner des Bürgerentscheids. Diese finden sich auch auf den jeweiligen Internet-Seiten. Dennoch dürften viele Detailfragen ungeklärt bleiben – daran hat auch eine vom DGB organisierte Diskussionsrunde bislang wenig geändert.
Informierte Zeitgenossen – insbesondere aufmerksame Leser der Nachdenkseiten – kennen jedoch die Art von Argumenten der Gegner des Entscheids, also der Befürworter der „gGmbH“, mittlerweile selbstverständlich zur Genüge.
Wieder einmal wird das Märchen von der Effizienz privatwirtschaftlich organisierter Unternehmen bemüht, um kommunale Betriebe ohne Not zum künftigen Objekt privater Interessen zu degradieren.
Es ist jedenfalls nicht zu erkennen, dass sich der Stadtrat unter Federführung der CDU in den vergangenen Jahren besonders leidenschaftlich darum bemüht hätte, die Zusammenarbeit der beiden Kliniken zu verbessern, bürokratische Strukturen zu entschlacken und Einsparpotenziale abseits des Personals zu identifizieren, um das – vergleichsweise überschaubare – Defizit zu reduzieren.
Der Schluss liegt nahe, dass dies auch gar nicht beabsichtigt ist – schließlich haben auch die Gesundheits“reformen“ der Bundesregierungen vor allem dafür gesorgt, die kommunale Gesundheitsversorgung endgültig sturmreif zu schießen.
Den Privatisierungsgegnern wird unterdessen vorgeworfen, für einen „Reformstau“ zu sorgen und den „Stillstand für weitere drei Jahre zu zementieren“.
Die Überführung in eine gGmbH würde allerdings den Weg ebnen, sich zur „Effizienzsteigerung“ des gesamten möglichen Instrumentariums zu bedienen – vom Ausstieg aus Tarifverträgen und den üblichen Einsparungen beim Personal und der Ausstattung bis hin zum teilweisen oder gänzlichen Verkauf an renditehungrige Investoren.
Vor allem letzteres führt aufgrund des Renditedrucks bekanntlich zu zunehmenden Missständen in privatisierten deutschen Kliniken – mahnende Beispiele wie Helios gibt es bereits genug.
Selbstverständlich, so die Befürworter der Privatisierung, habe niemand diese Absicht und das neue Unternehmen bleibe in der Hand der Stadt – die Vergangenheit lehrt allerdings, dass solche Beteuerungen nicht lange Bestand haben müssen, wenn die Kassen aufgrund magerer Einnahmen mal wieder klamm sind.
Ein positives Beispiel für den Eigenbetrieb in öffentlicher Verantwortung aus Stuttgart
Sehr interessant ist übrigens ein Beispiel der Befürworter des Bürgerentscheids – ein Beispiel aus dem Ländle:
Ein ermutigendes Signal für den Erhalt der städtischen Krankenhaus-Eigenbetriebe kommt aus Stuttgart: Trotz einer bundesweiten Welle der Privatisierung öffentlicher Krankenhäuser hatte sich die baden-württembergische Landeshauptstadt vor sieben Jahren mit knapper Mehrheit entschieden, ihr Klinikum nicht in eine GmbH umzuwandeln, sondern als Eigenbetrieb zu erhalten. Dennoch wurde danach erfolgreich ein Defizit von 24 Millionen Euro beseitigt.
Quelle: Die Linke Dresden
Ergänzend zu den Argumenten der Bürgerentscheids-Befürworter seien hier auch noch einige weitere Punkte von der Website der Linksfraktion im Stadtrat genannt:
Was daran stimmt und was nicht?
Von Jens Matthis
Am 29. Januar 2012 wird in Dresden der Bürgerentscheid zur Zukunft der Dresdner Krankenhäuser stattfinden. Zu den Gründen für ein klares JA zum Erhalt der Krankenhäuser Friedrichstadt und Neustadt ist in dieser Zeitung schon vieles geschrieben worden. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle mit einigen Argumenten der Gegner des Bürgerbegehrens, also der Befürworter der Privatisierung auseinandersetzen.
Quelle: Die Linke Dresden
1. Behauptung: Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser hat sich in den letzten drei Jahren drastisch verschlechtert. Ohne einschneidende Veränderungen werden die Verluste weiter steigen. Die Tendenz für die folgenden Jahre zeigt weiter nach unten.
Stimmt nur teilweise. Richtig ist, dass die Krankenhäuser, nachdem sie vorher einen kleinen Überschuss hatten, in den letzten drei Jahren Defizite in der gleichen Größenordnung hatten. 2010 waren es zusammen 4 Mio. Euro, ca. 1,7% des Umsatzes. Für 2011 zeichnet sich ein Defizit von ca. 3,5 Mio. Euro ab. Sicher noch kein Grund zum Feiern – aber eben auch keine klare Tendenz nach unten. Es ist ein im Vergleich zu anderen Krankenhäusern oder auch zu anderen kommunalen Betrieben überschaubares Defizit. Man muss sich damit beschäftigen und durch gute überlegte Maßnahmen etwas dagegen tun. Für Hysterie und „einschneidende Veränderungen“ gibt es keinen wirklichen Grund.
2. Behauptung: Die Umwandlung in eine „Städtische Klinikum gGmbH“ erfolge vor allen, um die beiden Krankenhäuser zusammenzuführen, damit sie sich gegenseitig keine Konkurrenz machen.
Stimmt überhaupt nicht. Noch bis zum Frühjahr 2011 wollten die meisten Privatisierungsbefürworter, insbesondere die CDU, die beiden Krankenhäuser in zwei GmbHs umwandeln und auf keinen Fall vereinigen. Der vorgesehene Zusammenschluss war ein Zugeständnis an die FDP. Die Rechtsformänderung zur GmbH hat mit der Fusion sachlich nichts zu tun. Für die Behauptung, beide Krankenhäuser würden sich in Größenordnung gegenseitig Konkurrenz machen, gibt es keinen Beleg. Im Übrigen kann man, wenn man es denn will, auch Eigenbetriebe zusammenschließen oder durch eine Leitung gemeinsam steuern.
3. Behauptung: Für die Beschäftigten wird sich nichts ändern, sie erhalten eine Beschäftigungsgarantie. Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes werde weiter gelten.
Stimmt nicht, oder höchstens für die Übergangszeit von einem Jahr. In Sachsen bezahlen ALLE Krankenhäuser in GmbH-Form (inklusive Chemnitz und Leipzig) unterhalb dieses Tarifvertrages. Meist begann der Ausstieg aus dem Tarif bei den neu eingestellten Mitarbeiter/innen. Ein Tarifausstieg in den städtischen Krankenhäusern schadet übrigens auch den Beschäftigten der anderen Krankenhäuser, weil es die Spirale des Lohndumpings weiter nach unten treibt.
4. Behauptung: Eine GmbH müsse gebildet werden, um Kredite für notwendige Investitionen aufnehmen zu können.
Investitionskredite sind vor allen deshalb nötig, weil sich der Freistaat Sachsen in den letzten Jahren aus der sogenannten dualen Krankenhausfinanzierung (die Bundesländer bezahlen die Investitionen, die Krankenkassen die laufenden Behandlungen) weitgehend zurückgezogen hat. Kredite kann jedoch auch die Stadt Dresden für die Eigenbetriebe aufnehmen. Sie erhielte dabei sogar den günstigeren Zinssatz für Kommunalkredite. Der einzige „Vorteil“ eines privaten Kredites an eine GmbH: Er wird statistisch nicht auf das Kreditvolumen der Stadt angerechnet, selbst wenn die GmbH zu 100% der Stadt gehört. Man kann das auch Selbstbetrug nennen.
B. Wiesbaden
Hierzu die Mail des NDS-Fördermitglieds E.W.:
In Wiesbaden soll die letzte große Klinik, die Dr. Horst-Schmidt-Kliniken GmbH teilprivatisiert (49% an Investor) werden.
Dies nach dem üblichen Muster. Die Beschäftigten haben ab 2007 einen Sanierungstarifvertrag ertragen.
Sanierungs-/Modernisierungsmaßnahmen wurden über Jahre unzureichend betrieben. Zuschüsse des kommunalen Eigentümers wurden nur als Kredite vergeben.
Obendrein hat die Klinikleitung und die verantwortlichen Kommunalpolitiker im Laufe der letzten Jahre noch fast 14 Millionen Euro(!) für Gutachten ausgegeben,
um nach der Kommunalwahl festzustellen: Nur mit einem Investor ist die Klink noch zu betreiben! Seitdem steigen die Schulden in den privatisierungsfreundlichen Berichten der örtlichen Medien
(‘Wiesbadener Kurier’ und ‘Wiesbadener Tagblatt’) beinahe wöchentlich. Die regierenden Kommunalpolitiker (CDU & SPD) feiern sich als Retter.
Keiner rechnet mehr und fragt nach, wieso und woher …
Es hat sich ein Bündnis www.hsk-pro-kommunal.de gegründet, welches versucht, die Privatisierung zu verhindern.In dieser Situation, vor diesem Hintergrund, möchte ich Ihnen hiermit ganz besonders für den sehr guten Bericht/Artikel danken!
Daraus kann man wieder etwas Kraft schöpfen, die wir dringend brauchen.
Herzliche Grüße und bitte machen Sie weiter so!
AM: Tun wir.
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