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Titel: RKI: „Auch wenn STIKO die Impfung für Kinder nicht empfohlen wird, BM Spahn plant trotzdem ein Impfprogramm“
Datum: 16. August 2024 um 14:35 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Gesundheitspolitik, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft
Verantwortlich: Tobias Riegel
Der Satz aus der Überschrift findet sich wörtlich in den RKI-Protokollen. Oder auch dieser: „Schulschließungen würden die Lage wohl noch eher verschärfen.“ Gehandelt wurde bekanntlich nicht danach: Sowohl Schulschließung als auch Kinderimpfung waren politische Vorhaben ohne wissenschaftliche Grundlage. Aber es muss niemand dafür geradestehen – das ist zunehmend unerträglich. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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In einem guten Artikel hat die Welt über neue Erkenntnisse aus den RKI-Protokollen berichtet – vor allem zu dem verantwortungslosen Umgang mit Kindern und Jugendlichen während der Corona-Politik. Hier soll daraus zitiert werden.
Denn unter dem Titel „Drei Tage vor dem ersten Lockdown änderte das RKI plötzlich seinen Standpunkt“ wird in dem Medium Ungeheuerliches geschildert: Eine skrupellose Politik, die ohne wissenschaftliche Evidenz zerstörerische Maßnahmen gegenüber den Kindern entfaltet hat. Devote Wissenschaftler, die zwar Einwände gegen dieses Vorgehen hatten, diese aber nicht in angemessener Form nach außen kommunizierten und sich dadurch teilweise indirekt zu Komplizen gemacht haben. Und schließlich die unerträgliche Folgenlosigkeit solcher Berichte wie dem in der Welt: Kein einziger Akteur einer inzwischen weitgehend entblößten Corona-Politik musste bisher echte Verantwortung übernehmen.
Zum „Schutz“ der Kinder: Schulschließungen, Impfprogramme, Masken- und Testpflichten in großem Stil
Eingangs wird noch einmal zu Recht betont, dass Kinder und Jugendliche weder Treiber der Pandemie noch besonders gefährdet waren – und es wird daran erinnert, dass die Politik in Deutschland dennoch Schulschließungen, Impfprogramme, Masken- und Testpflichten in großem Stil angeordnet hatte. Dass diese Maßnahmen gegen die Kinder und Jugendlichen eine starke langfristige negative Wirkung entfalten würden, das war vor ihrer Einführung absolut voraussehbar – darum sind die heutigen Krokodilstränen der Verantwortlichen bezüglich der den Kindern gestohlenen Jahre und der zugefügten Verletzungen die reine Heuchelei, nach dem Motto: „Aber wer hätte das denn ahnen können?“
Laut Welt belegen die entschwärzten Protokolle des Krisenstabs des Robert Koch-Instituts, dass die Politik sogar dann noch nachlegte, „als längst ungefährliche Varianten des Virus im Umlauf waren“. Dabei hätten schon im Laufe des Jahres 2020 Daten aus dem Ausland, dann auch aus Deutschland belegt, „dass die vermeintlichen Infektionsherde – Schulen und Kindergärten – keine waren“.
Unauflösbare Widersprüche und skrupellose Politik
Die im Artikel gezeigten Widersprüche sind unauflösbar und angesichts der Tatsache, dass hier der Umgang mit den Kindern dieser Gesellschaft festgelegt wird, kann ich das nur als völlig skrupellose Politik wahrnehmen. Am 20. November 2020 ergab laut Welt eine Untersuchung von mehr als 100 Kinderkliniken, dass es keine erhöhte Dunkelziffer von Corona-Infektionen bei Kindern gab. Und so reagierte laut Artikel die Politik:
„Zeitgleich ordneten Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Kanzleramtsmitarbeiter Helge Braun eine Maskenpflicht für Schüler und halbierte Klassengrößen an, auch wollten sie die ‚Ein-Freund-Regel‘ durchsetzen, die von Ländern und Verbänden abgewendet wurde.“
Am 30. November 2020 kam das RKI erneut zu dem Schluss:
„Schulen sind eher nicht die treibenden Quellen und Schulschließungen würden die Lage wohl noch eher verschärfen.“
Und wieder reagierte die Politik anti-wissenschaftlich, wie die Welt feststellt:
„Entgegen dieser Erkenntnis ordnete die Bundesregierung zwei Wochen später einen Lockdown mit Schulschließungen oder Aussetzung der Präsenzpflicht an, der bis Mitte Februar 2021 andauern sollte. Vor allem der Deutsche Lehrerverband und der Verband Bildung und Erziehung hatten immer wieder hohe Sicherheitsstandards gefordert.“
Es nahm auch dann kein Ende: So wurden im Februar 2021 regelmäßige Corona-Tests in Schulen und später auch in Kitas eingeführt – die Folgen waren „entwürdigende Prozeduren, bei denen Kinder bloßgestellt und ausgegrenzt wurden“, wie die Welt treffend schreibt. Die psychischen Folgen von Testpflichten, Schulschließungen oder dem Aussetzen von Präsenzpflichten während der Corona-Politik waren bekannt, so der Artikel:
„Die ‚Copsy‘-Studie der Hamburger Uniklinik zeigte im Januar 2021, dass fast jedes dritte Kind unter psychischen Auffälligkeiten litt. Demnach nahmen Sorgen und Ängste ebenso wie depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden zu.“
Und was war die politische Reaktion auf solche Erkenntnisse?
„Im Winter 2021/2022 setzten einige Länder die Präsenzpflicht an Schulen aus.“
Kinderimpfung noch vor der STIKO-Empfehlung
Ein ähnliches widersprüchliches Muster der Verantwortungslosigkeit zeigt sich beim Umgang mit der Impfung für Kinder. Virologen hätten einige Monate nach der Entwicklung der Impfstoffe Ende 2020 gewusst, dass diese einen gewissen Eigenschutz, aber keinen signifikanten Fremdschutz bieten, so die Welt. Unklar hingegen seien die Nebenwirkungen gewesen, das gehe aus den Protokollen des RKI hervor, das am 7. Mai 2021 eine „erhöhte Aufmerksamkeit“ für Myokarditis als Impfnebenwirkung bei jungen Männern angemahnt hätte. Aber noch „bevor sich das RKI oder die Fachgesellschaften äußern konnten, schaltete sich die Politik ein“: Am 19. Mai 2021 habe der damalige Gesundheitsminister Spahn in der RKI-Sitzung Pläne zur Kinderimpfung geäußert:
„Auch wenn STIKO die Impfung für Kinder nicht empfohlen (sic!) wird, BM Spahn plant trotzdem ein Impfprogramm.“
Der nach dem Regierungswechsel ernannte neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach habe im November 2021 verkündet, es spreche nichts gegen die Impfung von Kindern. Ministerpräsident Söder sprach sich Anfang Dezember 2021 sogar für eine Impfpflicht für Kinder ab zwölf Jahren aus. Die Vorbereitungen für Impfaktivitäten für Kinder ab fünf Jahren begannen laut Welt, ohne dass die STIKO sich in den RKI-Sitzungen entsprechend geäußert habe. Zum dann folgenden Hin und Her um die Kinderimpfung, um die Positionen der STIKO und zu politischem Druck, der möglicherweise auf die STIKO ausgeübt wurde, gibt es im Artikel weitere Informationen.
Alles zum „Schutz“ der Kinder
Interessant – oder besser: schockierend – finde ich, wenn Verteidiger etwa der Schul-Maßnahmen alles, was hier geschildert wird, abtun und ihr Verhalten bis heute versuchen zu rechtfertigen, etwa indem sie die in den RKI-Protokollen zu findenden Beweise für die fehlende wissenschaftliche Grundlage der Schul-Maßnahmen nicht wahrnehmen. Zum Beispiel der amtierende Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, nutzt immer noch die gleichen (längst enttarnten) Phrasen von einem „Schutz der Kinder“, den die Corona-Maßnahmen angeblich bedeutet hätten. Düll sieht entsprechend auch keine Fehler bei der Lehrerschaft, wie die Welt zitiert:
„‚Ein Diskurs, der alle Corona-Maßnahmen verteufelt, trägt nicht dazu bei, Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte zu schützen oder in einem erneuten Pandemiefall Infektionszahlen so im Zaum zu halten, dass die Schulen offenbleiben können.‘ Zudem seien die Schulen ‚zur Umsetzung der Maßnahmen verpflichtet‘ gewesen. (…) ‚Alle Maßnahmen haben die Öffnung der Schulen ermöglicht und ein gewisses Sicherheitsgefühl vermittelt, was gerade auch für viele durch die vermeintliche Ausweglosigkeit der Pandemie und ihre tödliche Bedrohung verunsicherte Menschen – Eltern, Lehrkräfte, Lernende – wichtig war.‘“
Düll habe sogar eine positive Bilanz der Corona-Zeit gezogen: „Der Distanzunterricht habe die digitale Ausstattung der Schulen verbessert.“ Man bleibt sprachlos zurück, auch angesichts der Tatsache, dass Düll immerhin einen Teil der Lehrerschaft vertritt und diese Lehrer anscheinend hinter einer Position stehen, die „im erneuten Pandemiefall“ wieder die Kinder zu Opfern einer unwissenschaftlichen Maßnahme-Politik machen könnte – selbstverständlich, um sie zu „schützen“ und um die „Infektionszahlen so im Zaum zu halten, dass die Schulen offenbleiben können“.
Die Regierung handelt – und richtet ein Kummer-Telefon ein
Die Bundesregierung ließ Fragen nach Aufarbeitung und einer möglichen Entschuldigung bei Kindern und Jugendlichen laut Welt unbeantwortet. Die junge Generation habe „Opfer gebracht“, habe eine Sprecherin von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte. Sie verwies auf Aufholprogramme, eine Kummer-Telefonnummer sowie ein Programm gegen „Einsamkeit“, das die Ministerin dem Kanzler vorgelegt habe und das „mit über 100 Maßnahmen“ sensibilisiere.
Das RKI wies eine politische Einflussnahme demnach zurück. Es gebe „Empfehlungen aus infektionsepidemiologischer Sicht“ ab, habe eine Sprecherin gesagt. „Welche Maßnahmen ergriffen werden, sind aber Entscheidungen der Politik, die viele verschiedene zusätzliche Faktoren berücksichtigen muss.“
Heike Riedmannn, Vorsitzende der „Initiative für Familien“, wird im Welt-Artikel dagegen treffend so zitiert: Deutschland habe sich weder an den Nationalen Pandemieplan noch an die Kinderrechtskonvention gehalten, die rechtlich bindend sei. Stattdessen habe eine „eklatante Missachtung der Rechte von Kindern und Jugendlichen“ stattgefunden. Kinder seien „zum Spielball der Politik geworden, ihre Rechte zur Verhandlungsmasse“.
Und niemand muss dafür geradestehen
Und kein einziger der Verantwortlichen muss bisher dafür geradestehen – im Gegenteil: Viele treten eine Flucht nach vorne an und verkünden empirisch entkoppelte Fantasiezahlen über die durch die Maßnahmepolitik „geretteten“ Bürger (oder bezüglich des angeblichen Impf-Erfolgs aktuell hier). Durch eine Verteidigung der Maßnahme-Politik wird ihre Wiederholung aber wahrscheinlich – sie wird dann auch wieder unsere Kinder treffen. Wir hätten es dann eigentlich besser wissen können.
Corona und Kinder: Verwerfliche Tatenlosigkeit
Titelbild: Sharomka / Shutterstock
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