Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Szenarien für die Zukunft Griechenlands
Datum: 18. Januar 2012 um 9:42 Uhr
Rubrik: Euro und Eurokrise, Griechenland
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
In der Zeitung Kathimerini erschien am letzten Sonntag ein Artikel, der herausarbeitet, wie sich aus Athener Sicht die „griechische Frage“ zu Beginn einer Woche darstellt, die von den meisten Kommentatoren als entscheidend für das weitere Schicksal des Landes angesehen wird. Im Mittelpunkt steht dabei das drohende Scheitern der sogenannten PSI+ -Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und ihren Gläubigern, repräsentiert durch Charles Dallara vom Institute of International Finance (IIF) und Jean Lemierre als Bevollmächtigten für die anderen privaten Gläubigergruppen. Dabei steht das Kürzel PSI für „private sector involvement“, während PSI+ bedeutet, dass auch nicht private Bondholder wie die EZB in die Umschuldung einbezogen werden könnten. Übertragung und Anmerkungen von Niels Kadritzke
Drei Szenarien für die Zukunft des Landes
von Sotiris Nikas
„Mit dem Rücken zur Wand befindet sich Griechenland in den Gesprächen über den “haircut” der griechischen Staatsobligationen, die sogenannten PSI+-Verhandlungen, nachdem diese am letzten Freitag unterbrochen wurden. Die Troika hat bereits klargestellt, dass über das zweite Hilfsprogramm für Griechenland nur diskutiert werden kann, wenn die Konditionen für die Umschichtung der griechischen Bonds geklärt sind. Damit wird die Verhandlungsposition der Regierung nur noch schwieriger, zumal sie nicht mehr die Zeit zum Bundesgenossen hat. Denn bekanntlich kommt schon diese Woche die Troika erneut nach Athen.
Die strittigen Punkte zwischen den beiden Seiten sind erstens der Zinssatz für die neuen Anleihen und zweitens die Bedingungen, die für die Rückzahlung dieser Anleihen garantiert werden. Die privaten Gläubiger haben einen Zinssatz von über 5 Prozent gefordert, während Griechenland nicht bereit ist, mehr als 4 Prozent zu konzedieren. Inzwischen gibt es Informationen, wonach Deutschland in der letzten Woche darauf gedrängt hat, dass die Zinsen zwischen 2 und 3 Prozent liegen sollen; zugleich geht der Internationale Währungsfonds (IWF) davon aus, dass die griechische Staatsschuld handhabbar ist, wenn der mittlere Zinssatz 3,8 Prozent nicht übersteigt. In diesem Rahmen rechnet der IWF, wie er offiziell verlautbaren ließ, mit der „Wiederaufnahme“ der Gespräche zwischen Griechenland und seinen Gläubigern. Es ist daran zu erinnern, dass der IWF-den Griechen Kredite zu einem Zinssatz von durchschnittlich 2,6 Prozent gewährt, weshalb der Fonds wohl davon ausgeht, dass dieser Wert auch für die privaten Gläubiger gelten müsste.
Beim jetzigen Stand der Dinge gibt es für die Zukunft des Landes drei Szenarien:
Anmerkungen:
“Hedge funds holding Greek bonds may resist the deal, seeking to reap greater profit by getting paid in full, either by the Greek government or by triggering payouts from bond insurance contracts known as credit-default swaps. Winning support from banks seeking to limit their losses will be easier than including hedge funds and other speculators who bought securities at distressed levels. For example, investors who purchased Greek bonds at 35 cents or 40 cents on the euro will want an agreement that allows them to profit from the swap. For that reason, the final deal may have to incorporate a net-present-value loss of less than 60 percent to gain the participation needed to avert default and a series of lengthy legal battles, people familiar with the talks have said.”
(Weitere aufschlussreiche Informationen (v.a aus der Sicht der Hedgefunds) finden sich in einem Bericht des Wall Street Journal vom 16. Januar)
Ergänzende Anmerkung JB: Der deutsche Vorschlag, der einen Schuldenschnitt in Höhe von 60 bis mehr als 80 Prozent des Kapitalwertes der Forderungen und einen Umtausch in Papiere mit einem Kupon von zwei bis drei Prozent vorsieht, hat einen weiteren Haken: Griechenland ist mit 40 Mrd. Euro bei griechischen Banken verschuldet. Ein derart hoher Schuldenschnitt würde nach Ansicht von griechischen Finanzexperten daher das gesamte griechische Bankensystem zum Kippen bringen. Da es politischer Konsens ist, das griechische Bankensystem im Notfall durch den EFSF mit Kapital auszustatten, würde der Vorstoss, der vermeintlich die privaten Gläubiger zur Kasse bittet, über den Umweg Bankenrettung auch den Steuerzahler sehr viel Geld kosten.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=11944