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Titel: „Correctiv“-Tweet für deutsche Teilung – Weil die Ossis falsch wählen

Datum: 31. Juli 2024 um 13:49 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft
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Mit dem „Kampf für die Demokratie“ ist es schnell vorbei, wenn sich abzeichnet, dass viele Bürger einfach die falschen Parteien wählen wollen und sie sich auch von „emotionalen Erzählungen“ oder fragwürdigen Artikeln „gegen rechts“ nicht mehr einfangen lassen. Wenn dieser Punkt erreicht ist, sei es Zeit, „über eine Trennung“ von diesen falsch wählenden Bürgern „nachzudenken“, schreibt Marcus Bensmann von Correctiv: „Die Tschechoslowakei hat es vorgemacht.“ Es gibt weitere aktuelle Beispiele für solche dreist zur Schau gestellten undemokratischen Haltungen – von Personen, die sich wohl selber für die Superdemokraten halten. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Marcus Bensmann von Correctiv hat auf X geschrieben:

Sollte der Tweet inzwischen gelöscht sein, ist hier noch ein Screenshot vom 31. Juli:

Diese Äußerung ist in jeder Hinsicht gesellschaftlich destruktiv. Die Grundaussage, dass man Bürger bei der „falschen“ Wahlentscheidung einfach aussperren könnte, könnte durchaus an ein totalitäres, ja geradezu extremistisches Weltbild erinnern. Tim Röhn antwortete entsprechend auf den Tweet:

“Das klingt demokratiegefährdend und staatsdelegitimierend.“

Die Ossi-Erzieher vom „Spiegel“

Es gibt dieser Tage weitere sehr fragwürdige und tendenziell undemokratische Äußerungen in Richtung der Ostdeutschen, wie die Berliner Zeitung aktuell in diesem Artikel beschreibt: Dort wird etwa der morgendliche Newsletter des Spiegel mit folgender „Drohung“ an potenziell falsch wählende ostdeutsche Bürger zitiert:

Die Bewohner der Bundesländer Thüringen, Brandenburg und Sachsen haben im September bei den Landtagswahlen die große Chance, ihren Ruf endgültig zu verlieren.“ 

Die Berliner Zeitung schreibt dazu treffend:

Die Ostdeutschen und die Wahlen, es muss eine Zumutung für den Westen sein. Erst bekam jahrelang die PDS, später die Linke viel zu viele Stimmen, in Medien wie dem Spiegel hieß es: Im Osten hätten sie nichts gelernt. Dann fingen die Leute an, AfD zu wählen, und nun BSW. Parteien, die zwar nicht verboten sind, was aber noch lange nicht heißt, dass man sie auch wählen darf – wenn man nicht vom Spiegel gemaßregelt werden möchte. Ich frage mich, wer eigentlich bei wem seine letzte Chance verspielt?

Eine weitere bedenkliche Äußerung bezüglich der ostdeutschen Seelenlage gab es kürzlich von Ruprecht Polenz – der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete hat auf Facebook geschrieben:

Weil immer wieder behauptet wird, die DDR könne auf nach 1990 Geborene doch gar keinen Einfluss mehr haben: Es gibt oral history. Das biologische Geschichtsgedächtnis über Eltern und Großeltern reicht ca 100 Jahre zurück. Verhaltensweisen werden in Familien weitergegeben.“

Wenn man hundert Jahre „oral history“ ins Feld führt – muss dann nicht auch die westdeutsche Seele als bis heute von Diktaturerfahrungen geprägt dargestellt werden?

Correctiv: Medienpreis für fragwürdige Arbeit

Doch zurück zu Correctiv. Dass das „unabhängige Recherchezentrum“ Correctiv in fragwürdiger Weise auch von US-Oligarchen und Bundesbehörden finanziert wird, hat Florian Warweg in diesem Artikel beschrieben. Demnach erhielt Correctiv etwa im Jahr 2022 die mit Abstand höchste Spendensumme in Höhe von 636.331,94 Euro vom Omidyar-Netzwerk des US-Multimilliardärs und eBay-Gründers Pierre Omidyar. Der nächsthöchste Spendenbetrag im Umfang von 361.784,69 Euro stamme von der Landeshauptkasse NRW, dabei handele es sich um staatliche Zuschüsse an Correctiv.

Correctiv hatte kürzlich viel Aufmerksamkeit auf ein „Geheimtreffen“ von Rechten in Potsdam gelenkt. Dass die Darstellung des Treffens in der von Correctiv gelieferten Form in Teilen fragwürdig ist, dass aber das „unabhängige Recherchezentrum“ dafür trotzdem noch mit einem einstmals renommierten Medienpreis geehrt wurde, diese unhaltbare Situation schildert Übermedien aktuell in diesem Artikel, leider zum Teil hinter der Bezahlschranke. Laut den Autoren verdient der Correctiv-Artikel „nicht Preise, sondern Kritik – und endlich eine echte Debatte“. Statt dessen muss aber von Übermedien diese Szene geschildert werden:

Eine renommierte Auszeichnung, einhellige Begeisterung, Standing Ovations: Mitte Juli feierte die Elite der deutschen Investigativjournalisten beim NDR in Hamburg die Rechercheplattform Correctiv. Das Team erhielt dort den ‚Leuchtturm‘-Preis des Netzwerk Recherche für seine Reportage ‚Geheimplan gegen Deutschland‘.

Der Artikel fährt fort:

Kritische Fragen gab es auch auf einer Podiumsdiskussion nach der Preisverleihung keine. Dass es dazu Anlass gegeben hätte, zeigte sich nur wenige Tage später, als ein Gericht dem NDR vorläufig Teile eines ‚Tagesschau‘-Artikels untersagte, der sich auf die Correctiv-Berichterstattung bezog. Kurz vor der Preisverleihung hatte Correctiv selbst eine juristische Auseinandersetzung verloren, ausgerechnet gegen das rechte Wutmedium ‚Nius‘, das den Bericht und die Art, wie er verstanden wurde, kritisiert hatte.

Das Fazit von Übermedien:

Längst ist offenkundig, wie problematisch die Correctiv-Berichterstattung und ihre Rezeption sind. Und wie sehr gleichzeitig in weiten Teilen der seriösen Presse eine kritische Auseinandersetzung damit fehlt.

Schlechter Artikel, gute Wirkung?

Fragwürdig finde ich bei Übermedien diese Stelle über die Wirkung des Correctiv-Artikels:

Richtig ist: Der Text ist misslungen, das Verhalten von Correctiv nach der Veröffentlichung fragwürdig und die Berichterstattung vieler Medien eine Katastrophe. Richtig ist auch: Die Proteste, die der Artikel ausgelöst hat, sind gut und wichtig. Er hat viele Menschen alarmiert, die sich zu Recht über die Verbindungen zwischen bürgerlichen Kreisen und dem rechten Rand sorgen.“

Wenn die alarmistischen Reaktionen der Bürger aber auf fragwürdigen Berichten beruhten, dann steht der Verdacht einer mutmaßlichen Manipulation im Raum – ich würde das nicht als „gut und wichtig“ bezeichnen. Was wird das wohl bei den betreffenden Bürgern auslösen, wenn irgendwann zu ihnen durchdringen sollte, dass sie bezüglich des „Geheimtreffens“ teilweise einer mutmaßlichen Dramatisierung aufgesessen waren, als sie „für die Demokratie“ demonstrieren waren? Vermutlich wird dann aber das folgende, auch bezüglich der Corona-Politik häufig zu beobachtende Phänomen greifen:

Es ist einfacher, die Leute zu täuschen, als sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht wurden.“ 

Der Satz wird wohl irrigerweise Mark Twain zugeschrieben – zum Glück gibt es dazu einen „Faktencheck” von Correctiv.

Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier.

Titelbild: Andrii Yalanskyi / Shutterstock


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