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Titel: Trump-Vize J.D. Vance nennt Deutschland „Klientelstaat der USA“ – Teilt Bundesregierung diese Einschätzung?
Datum: 26. Juli 2024 um 10:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik
Verantwortlich: Florian Warweg
Der US-Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner, James David „J. D.“ Vance, hatte bei einer Grundsatzrede vor der US-Denkfabrik für Außenpolitik, dem „Quincy Institute for Responsible Statecraft“, die EU-Länder, allen voran Deutschland, als „Klientelstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika, die alles tun, was wir von ihnen verlangen“, bezeichnet. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob die Bundesregierung diese Einschätzung teilt und wenn nicht, was sie für Schritte plant, um den Trump-Vize im Falle eines Wahlsiegs zu überzeugen, dass die Bundesrepublik kein Klientelstaat ist. Von Florian Warweg.
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 22. Juli 2024:
Frage Lejman (taz)
Frau Hoffmann, wir kennen das schriftliche Statement des Bundeskanzlers (zum Rückzug von Joe Biden aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf), aber meine Frage ist: War der Bundeskanzler überrascht von der Entscheidung von Joe Biden?
Vize-Regierungschefin Hoffmann
Der Bundeskanzler hat sich gestern, wie Sie gesagt haben, auf X geäußert und noch einmal seine große Anerkennung für das betont, was der amerikanische Präsident in seiner bisherigen Amtszeit natürlich in erster Linie für die Vereinigten Staaten, aber vor allen Dingen auch für das transatlantische Verhältnis, für Europa und Deutschland geleistet hat. Natürlich hat er auch Respekt für die Entscheidung des Präsidenten.
Frage Lejman
Aber war das eine Überraschung?
Hoffmann
Ich würde sagen, wir alle haben ja in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder die Nachrichten verfolgt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von diesem Thema, das ja so breit diskutiert worden war, überrascht sein konnte.
Frage Ratzsch (freie Reporterin)
Diese Frage taucht ja immer wieder auf: Wie bereitet sich die Bundesregierung vor auf einen möglichen Wechsel zur Präsidentschaft von Donald Trump oder eben auch Kamala Harris vor?
Hoffmann
Erstens äußern wir uns ja nicht öffentlich zu Wahlkämpfen in anderen Ländern, auch wenn es sehr eng befreundete Staaten wie die USA sind. Aber selbstverständlich gehört zu einer Demokratie Wechsel immer dazu, das ist das Wesen der Demokratie, und selbstverständlich bereiten wir uns auch auf alles vor, was mit einem solchen Wechsel zusammenhängen könnte, soweit man sich vorbereiten kann. Dazu gehört dann aber auch, dass wir hier nicht in aller Öffentlichkeit detailliert darlegen, wie eine solche Vorbereitung aussieht. Aber natürlich bereitet man sich vor.
Ich will dazu vielleicht noch sagen: Wir bereiten uns auf alle denkbaren Möglichkeiten vor. Jetzt gilt es zunächst einmal abzuwarten, sowohl was die demokratische Entscheidung angeht als auch was die US-Wahl angeht.
Zusatzfrage Ratz
Inwieweit gibt es noch Vorbereitungen in die Richtung, dass die amerikanische Unterstützung, auch militärisch und was die europäische Sicherheitspolitik angeht, möglicherweise nachlassen könnte?
Hoffmann
Ich muss um Verständnis bitten, dass wir uns hier jetzt nicht zu den Vorbereitungen im Einzelnen und dazu, welche Überlegungen über konkrete Maßnahmen es da gibt, äußern. Selbstverständlich haben wir bereits in der Vergangenheit vieles getan, um die europäische Verteidigung und die europäische Souveränität zu stärken. Aber wie gesagt, das steht nicht konkret in diesem Zusammenhang, und dazu äußern wir uns nicht konkret.
Frage Busch (Hauptstadt-Korrespondent von WEB.DE)
Herr Wagner, es ist ja durchaus möglich, dass Frau Harris die nächste US-Präsidentin wird. Wie würden Sie ihr außenpolitisches Wirken in den letzten Jahren beschreiben, und was würde das für die deutsch-amerikanischen Beziehungen bedeuten?
Wagner (AA)
Vielen Dank, Herr Busch, für die Frage. Sehen Sie es mir nach, dass ich jetzt von diesem Podium aus keine Bewertung oder Beurteilung einer Kandidatin vornehmen werde. Frau Hoffmann hat gerade schon ausgeführt, dass die Demokratische Partei jetzt erst einmal eine Präsidentschaftskandidatin bzw. einen Präsidentschaftskandidaten finden muss. Insofern bitte ich um Verständnis dafür, dass wir uns dazu nicht detaillierter einlassen.
Wie Frau Hoffmann auch ausführte, arbeiten wir mit dieser Administration natürlich sehr eng zusammen; das haben wir in den vergangenen Jahren getan und das werden wir bis zum Ablauf der Legislaturperiode natürlich auch weiterhin tun. Die Bundesaußenministerin hat sich, wenn ich mich recht erinnere, am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz auch schon einmal mit Kamala Harris ausgetauscht. Wir schauen jetzt aber natürlich mit Interesse auf diesen Wahlkampf und beobachten ihn über unsere Botschaft, über unsere Generalkonsulate, über die verschiedenen Gespräche, die Mitglieder der Bundesregierung führen – zum Beispiel auch unser transatlantischer Koordinator Michael Link -, und dann bereiten wir uns auf alle erdenklichen Szenarien vor.
Frage Dr. Rinke (Chefkorrespondent Reuters)
Ich würde eigentlich genau dieselbe Frage an Frau Hoffmann stellen: Wie oft hat sich der Kanzler schon mit Frau Harris getroffen? Hat der Bundeskanzler eine Meinung zu der US-Vizepräsidentin?
Hoffmann
Wie der Kollege Wagner gesagt hat, müssen die US-Demokraten jetzt zunächst einmal eine Kandidatin oder einen Kandidaten für sich bestimmen. Es ist guter Brauch, dass wir das nicht bewerten oder kommentieren.
Ja, der Bundeskanzler hat sich mehrfach mit der US-Vizepräsidentin getroffen – bei der Münchner Sicherheitskonferenz, aber zuletzt auch bei der Bürgenstock-Konferenz im Juni in der Schweiz. Er hat sie auch gemeinsam mit Präsident Biden getroffen. Es gab also eine Reihe von Treffen.
Zusatzfrage Dr. Rinke
Der Bundeskanzler hat sich ja, wie einige andere Politiker, öffentlich nur zu Herrn Biden geäußert. Heißt das, dass er sich nicht automatisch hinter die Kandidatur von Frau Harris stellt?
Hoffmann
Es geht jetzt ja zunächst einmal darum, dass die US-Demokraten selber herausfinden und bestimmen, wer die Kandidatin oder der Kandidat sein soll. Dazu äußern wir uns hier jetzt eben nicht weiter.
Ich kann vielleicht so viel sagen: Der Bundeskanzler hat Frau Harris als eine erfahrene und kompetente Politikerin kennengelernt.
Frage Detjen (Chefkorrespondent Deutschlandradio)
Ergänzend zu der Frage von Herrn Rinke: Herr Wagner, war das Treffen von Baerbock und Harris bei der Münchner Sicherheitskonferenz das einzige zwischen den beiden, oder gab es auch noch andere Begegnungen?
Gibt es noch andere Ministerinnen oder Minister – zum Beispiel Herr Pistorius -, die schon einen ähnlichen Austausch mit Frau Harris hatten? Das kann man vielleicht auch durch Handzeichen beantworten.
Wagner (AA)
Das war der Austausch, an den ich mich jetzt spontan erinnern kann. Ich kann nicht ausschließen, dass am Rande von internationalen Treffen auch noch die eine oder andere Gelegenheit gab; das müsste Ihnen nachreichen. An das genannte Treffen kann ich mich jetzt aber noch erinnern.
Zusatzfrage Detjen
Und weitere Treffen gab es offenbar nicht, die in Erinnerung sind?
Vorsitzende Wolf
Wenn sich jetzt kein anderes Ministerium zu Wort meldet, dann würde ich das einmal so verstehen, dass zumindest keine anderen Treffen mit Frau Harris von dieser Stelle aus genannt werden können.
Frage Grimm (Augsburger Allgemeine)
Frau Hoffmann, ich möchte Sie auch noch einmal nach dem Verhältnis fragen. Die Beziehung zwischen dem Bundeskanzler und dem US-Präsidenten ist sehr eng und wird teilweise als freundschaftlich beschrieben. Wie lässt sich das Verhältnis mit Frau Harris in Worte fassen?
Hoffmann
Der Bundeskanzler hat den US-Präsidenten mehrfach als einen Freund bezeichnet, das würde ich auf jeden Fall bestätigen. Mit Frau Harris hat er sich, wie mit US-Vizepräsidenten auch üblich, häufig getroffen, mehrfach getroffen. Das heißt, es gibt da schon eine bestimmte Nähe, eine bestimmte Bekanntheit. Er hat sie, wie gesagt, als eine erfahrene und kompetente Politikerin erlebt. So kann ich das sagen.
Frage Warweg
Eine Frage zur anderen politischen Seite in den USA: Trumps Vize J. D. Vance hat erklärt, dass er von dem unsouveränen Auftreten Deutschlands verunsichert oder überrascht ist und hat Deutschland als Klientelstaat bezeichnet. Da würde mich nur interessieren: Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung?
Great take on Germany and Geopolitics by Vance. EU and the world needs a strong Germany. pic.twitter.com/t3eIIWVRDq
— Christian @flowersinspace (@christianvanck) July 18, 2024
Hoffmann
Das kommentieren wir nicht.
Zusatzfrage Warweg
Ich versuche es trotzdem noch einmal: Was für Maßnahmen plant die Bundesregierung bei einem Wahlsieg von Trump, um seinen Vize davon zu überzeugen, dass Deutschland kein Klientelstaat ist?
Hoffmann
Wir bereiten uns auf alle Eventualitäten vor, müssen das hier aber nicht näher ausführen. Das hatte ich ja eben schon zweimal gesagt, ich sage es aber gerne auch noch einmal für Sie.
Frage Jessen (freier Journalist, Mitarbeit beim Format Jung & Naiv)
Frau Hoffmann, das klingt jetzt alles so, als gehe die Bundesregierung relativ fest davon aus, dass Frau Harris die neue Kandidatin wird. Wie überzeugt sind Sie denn davon? Oder halten Sie das in der Tat noch für eine offene Entscheidung bei den Demokraten?
Hoffmann
Nein, das ist eine Interpretation, zu der ich keinen Anlass gegeben habe und die ich überhaupt nicht teile. Insofern will ich dazu auch gar nichts sagen. Wir haben uns nicht dazu geäußert, wie das weitergeht. Im Gegenteil haben wir mehrfach gesagt, dass es jetzt zunächst einmal an den Demokraten ist, ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten zu bestimmen.
Zusatzfrage Jessen
Dann darf ich die zweite Frage an Herrn Wagner stellen: Sie wollen den Nominierungsprozess verständlicherweise auch nicht kommentieren, aber wie ist die Wahrnehmung der Vizepräsidentin Kamala Harris gewesen? Es gab in der Vergangenheit relativ starke und präsente Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen. An Frau Harris wurde häufig öffentlich kritisiert, sie sei relativ wenig präsent. Wie ist da die Wahrnehmung vor allem des Auswärtigen Amtes? Wie war sie?
Wagner (AA)
Ein netter Versuch, Herr Jessen, aber ich möchte auf das verweisen, was ich bisher schon gesagt habe. Wenn ich mir jetzt einmal vorstelle, im State-Department-Briefing würden Journalistinnen und Journalisten danach gefragt werden, wie denn die deutsche Außenministerin eingeschätzt werde und wie verlässlich sie sei, dann wären wir, glaube ich, auch nicht „amused“, wenn unsere Kolleginnen und Kollegen dort eine öffentliche Beurteilung vornehmen. Sehen Sie es mir also nach, dass ich das hier nicht tue.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 22.07.2024
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