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Titel: Dokumente der Niedertracht: Pressekonferenz zu den nun vorliegenden völlig ungeschwärzten RKI-Protokollen

Datum: 23. Juli 2024 um 15:39 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Gesundheitspolitik, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft
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Ein Whistleblower des Robert Koch-Instituts hat der freien Journalistin Aya Velázquez die gesamten ungeschwärzten Protokolle des RKI-Krisenstabes aus den Jahren 2020 bis 2023 zukommen lassen. Velázquez und ihre Mitstreiter, der freie Journalist Bastian Barucker sowie der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg, haben die nun erstmals völlig unzensiert vorliegenden Protokolle über Wochen durchgearbeitet und stellten die für die Bundesregierung äußerst brisanten Erkenntnisse bei einer Pressekonferenz in Berlin am 23. Juli vor. Die NachDenkSeiten waren dabei. In den Protokollen finden sich bisher unbekannte Details etwa zur Rolle von Drosten und Spahn, zu mRNA-Kinderimpfungen sowie zu „unerwarteter Gegenwehr aus der Bevölkerung“. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Es war ein veritabler medialer Coup. Am 23. Juli um 4 Uhr morgens hatte die freie Journalistin Aya Velázquez auf der Plattform X verkündet, dass man „das Drama um die Schwärzungen der #RKIProtokolle“ dank eines Whistleblowers aus dem Robert Koch-Institut beenden würde, und kündigte zudem eine Pressekonferenz, in der weitere Details offengelegt werden würden, für den 23. Juli um 10 Uhr an:

„Wir beenden das Drama um die Schwärzungen der #RKIProtokolle an dieser Stelle. Hier kommt der komplette Datensatz aller Sitzungsprotokolle des @rki_de-Krisenstabs, von 2020 bis 2023, ungeschwärzt, inklusive 10 GB Zusatzmaterial: rki-transparenzbericht.de

„Die RKI-Protokolle beweisen: Unsere Corona-Politik basierte nicht auf rationalen, wissenschaftlichen Abwägungen. Zahlreiche politische Entscheidungen, wie etwa 2G, die einrichtungsbezogene und geplante allgemeine Impfpflicht, oder die Impfung von Kindern, waren rein politische Entscheidungen, für die das RKI als weisungsgebundene Behörde eine vermeintlich wissenschaftliche Legitimation lieferte.“

Weiter hieß es in dem ausführlichen Tweet:

„Wir werden erfahren, dass das RKI nicht widersprach, als die EMA und Pfizer die Phase-III Studien ausfallen lassen wollten, und die Impfung gleich breit an der gesamten Bevölkerung austesten – damit es mit der Notzulassung schneller geht. Und wir werden erfahren, dass sich das RKI leider trotz des Wissens um fehlenden Fremdschutz und schwerste Nebenwirkungen sowohl für die einrichtungsbezogene als auch für die allgemeine Impfpflicht aussprach.“

Abschließend gab sie der Hoffnung Ausdruck, dass mit dem vollständig entschwärzten Datensatz aller RKI-Krisenstab-Protokolle „nun eine kompromisslose und ehrliche Aufarbeitung der Corona-Politik in Deutschland“ beginnen könne.

Ob es dazu kommt, sei dahingestellt, aber allein die auf der Pressekonferenz zitierten Protokollauszüge der bisher geschwärzten Teile haben das Potenzial, diese Republik in ihren Grundfesten zu erschüttern.

Der Raum der Pressekonferenz (PK) war bis auf den letzten Platz gefüllt, allerdings suchte man vergebens die Mikrofone von ZDF, ARD oder auch größeren privaten Sendeanstalten. Dabei liegt der „Sprechsaal“, der Raum der für die PK angemietet wurde, keine fünf Gehminuten vom ARD-Hauptstadtstudio entfernt. Beim ZDF wären es fünf Minuten mehr gewesen.

Zunächst erklärte Velázquez einleitend, wie es zu der Kontaktaufnahme und Übergabe der besagten Dokumente durch den Whistleblower gekommen war und aus welchen Gründen dieser sich entschieden hatte, diesen Weg zu gehen:

„Die Person war nicht einverstanden mit der Coronapolitik der Bundesregierung, war nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie ihr Institut vorauseilend gewissen politischen Weisungen entgegengekommen ist und eigene wissenschaftliche Prinzipen verraten hat.“

Konkret zitiert sie dann im weiteren Verlauf beispielhaft aus einem Protokollauszug zu Christian Drosten, der eine eigene Studie nicht veröffentlichte, weil die dortigen Erkenntnisse der Haltung der Bundesregierung widersprachen:

„Textentwurf Christian Drosten: Empfehlung für den Herbst, Darstellung der Ideen und Einschätzung (Folien hier). Kontext: Der Artikel ist vertraulich. Hr. Drosten hat zwischenzeitlich entschieden, das Papier nicht zu publizieren, da ungezielte Testung im Text als nicht sinnvoll betrachtet wird und dies dem Regierungshandeln widerspricht.“ (Protokoll vom 29.07.2020)

Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Der in der Corona-Zeit wohl wichtigste Berater der Bundesregierung kommt zu der Erkenntnis, dass „ungezielte Testung“ aus wissenschaftlich-medizinischer Sicht nicht sinnvoll sei. Er verzichtet aber darauf, dies öffentlich zu machen, weil er damit die Regierung verärgern könnte. Genau wegen einer solchen Haltung wird man wohl Regierungsberater…

Und so geht es weiter, Schlag auf Schlag. Besonders erschütternd für alle Leser mit Kindern sind wohl die Ausführungen von Bastian Barucker, der sich vor allem mit den Protokollteilen beschäftigt hat, in denen es um die Corona-Maßnahmen gegen Kinder ging. Fazit: Egal ob Maskentragen, Distanzgebot, Schulschließungen oder Impfung, all dies erfolgte aufgrund von politischem Druck – entgegen medizinischer Fachmeinung. Beispielhaft werden etwa folgende Auszüge zitiert:

„Impfung von Kindern: Auch wenn (von) STIKO die Impfung für Kinder nicht empfohlen wird, BM Spahn plant trotzdem ein Impfprogramm.“ (Protokoll vom 19.05.2021)

„Zielgruppe jüngere Menschen & Impfung: Z.B. Influencer-Vaccination Challenge auf YouTube (…) Viele Aspekte des Themas könnten mit mehr Humor angegangen werden (z.B. Angst vor Impfnachwirkung thematisieren). Z.B. hat elhotzo bei seiner Impfung seine Impfreaktion thematisiert.“ (Protokoll vom 14.07.2021)

„Zielgruppenspezifische Kommunikation. Wer sollte insbesondere adressiert werden? Primär junge Menschen, diese verhalten sich anders. Es muss cool sein, sich impfen zu lassen.“ (Protokoll vom 14.07.2021)

„Pädiatrische Fachverbände stehen der Impfung von Kindern zurückhaltend gegenüber. Politik bereitet bereits Impfaktionen vor, damit die entsprechenden Jahrgänge zum Ferienende geimpft sind. Frage der Equity – in vielen Regionen der Welt fehlen Impfstoffe, hier werden Gruppen ohne/mit sehr geringem Risiko geimpft.“ (Protokoll vom 21.05.2021)

„Zurzeit ist auch eine Booster-Impfung von Kindern aus ministerieller Seite angedacht, obwohl dazu keine Empfehlung und teils keine Zulassung besteht.“ (Protokoll vom 15.12.2021)

Barucker schließt, nachdem er aus weiteren entsprechenden Protokollvermerken zitiert hat, mit folgenden Worten:

„Das bedeutet, Kinder wurden auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit zu Maßnahmen verpflichtet, um das Wohl anderer zu schützen. Ein historischer Tabubruch.“

Mindestens ebenso erschütternd sind die Ausführungen von Stefan Homburg, der sich unter anderem durch die Protokolle zu Impfung und Impfnebenwirkungen gearbeitet hatte. Beispielhaft zitiert er aus den RKI-Protokollvermerken zu AstraZeneca. In denen wird vermerkt, dass das Risiko, mit einer AstraZeneca-Impfung an einer oft tödlich endenden Sinusvenenthrombose zu erkranken, 20-mal so hoch ist wie ohne Impfung. Die Gefahr, die von dieser Impfung ausgeht, das wird aus den ungeschwärzten Protokollen unmissverständlich klar, wurde vom RKI klar erkannt.

Doch trotz dieser Erkenntnis werden wenige Wochen später öffentlichkeitswirksam die damalige Kanzlerin Angela Merkel, Vize-Kanzler Olaf Scholz, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn und Karl Lauterbach mit AstraZeneca geimpft, verbunden mit der Aufforderung an die Bevölkerung, es doch diesen Politikern gleichzutun. Homburg verwies dann weiter darauf, dass die damaligen PR-Impfungen auch dadurch motiviert waren, dass man für gigantische Summen die entsprechenden AstraZeneca-Impfungen erworben hatte und trotz bereits bestehender Vorbehalte in der Bevölkerung entsprechend an Mann und Frau bringen wollte und musste:

Weitere Zitate aus den ungeschwärzten Protokollen, die Bundesregierung und RKI der bundesdeutschen Bevölkerung verheimlichen wollten:

  • „Normalerweise plant man 12-18 Monate ab Beginn Phase I. EMA und Pfizer überlegen, ob sie ggf. die Phase III Studien auslassen und direkt in eine breite Anwendung gehen, wenn das von den Regulatoren so entschieden wird, dann kann es schneller gehen als 12-18 Monate.“ (Protokoll vom 15.04.2020)
  • „Es gibt keine Anzeichen, dass Impfungen an Ausscheidungen etwas ändern. (…) Die fachlichen Empfehlungen werden beibehalten, solange es keine anderslautende Anweisung vom BMG gibt.“ (Protokoll vom 12.10.2022)
  • „Impfen und Testen in Greiz sehr akzeptabel, im Saale-Orla-Kreis nicht, hier Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen. Bewohnende wegen Verweigerung nur zu 50% geimpft, überraschende Gegenwehr aus Bevölkerung.“ (Protokoll vom 07.05.2021)
  • „Sofern es ausreichend Evidenz gibt, z.B. empfiehlt die American Academy of Peds das generelle Maskentragen ab 2J (Face Masks (aap.org), sollte hier eine verschärftere Formulierung gefunden werden. (…) Das Tragen von Masken sollte auch bei niedrigen Inzidenzen ohne Einschränkung beibehalten werden und als Beibehaltung von Basismaßnahmen verstanden werden. Daher bitte Formulierung ‚nachschärfen‛.“ (Protokoll vom 02.07.2021)
  • „Die Testung sollte in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Wie kann dem politischen Wunsch nach verstärkter Testung entgegengekommen werden?“ (Protokoll vom 29.06.2020)
  • „BMG möchte vermutlich Ausnahmen für Geboosterte für 3 Monate. Geimpfte müssen irgendwelche Privilegien erhalten, dies muss in Einreiseregelung enthalten sein.” (Protokoll vom 07.01.2022)
  • „Die STIKO-Empfehlung ist nicht immunologisch begründet, sondern dient dem Einsparen von Impfstoff.“ (Protokoll vom 10.05.2021)
  • „Am Donnerstag erfolgte vor Veröffentlichung der Aktualisierung des Kontaktnachverfolgungsmanagement- Papiers eine ministerielle Weisung zur Ergänzung. (…) Eine derartige Einflussnahme seitens des BMG in RKI-Dokumente ist ungewöhnlich. Die Weisungsbefugnis des Ministers bei technischen Dokumenten des RKI wird derzeit von L1 rechtlich geprüft. Aktuelle Einschätzung der RKI-Leitung ist, dass die Empfehlungen durch das RKI in der Rolle einer Bundesbehörde ausgesprochen werden, und einer ministeriellen Weisung zur Ergänzung dieser Empfehlung nachgekommen werden muss, da das BMG die Fachaufsicht über das RKI hat und sich als Institut nicht auf Freiheit der Wissenschaft berufen kann. Die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI von der Politik ist insofern eingeschränkt.“ (Protokoll vom 10.09.2021)

Die Veröffentlichungen der ungeschwärzten RKI-Protokolle sind ein Paukenschlag des unabhängigen „alternativen“ Journalismus und zugleich eine fette Backpfeife für die großen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. Über Wochen arbeitete sich Velázquez mit ihrem Unterstützerteam durch die Protokolle und fand, wie aufgezeigt, unzählige brisante Details, die vor der Öffentlichkeit geheimgehalten werden sollten. Doch selbst die geschwärzten RKI-Protokolle kennen wir nur, weil der Journalist Paul Schreyer und sein Online-Magazin Multipolar auf Herausgabe der Daten geklagt hatten. Freie Journalisten mit geringen finanziellen und personellen Ressourcen haben hier eine Aufgabe als „Vierte Gewalt“ erfüllt, bei der andererseits die sogenannten „Leitmedien“ komplett versagt haben. Auch das sollte bei einer umfassenden Aufarbeitung der Corona-Politik in Deutschland zum Thema gemacht werden.

Die ungeschwärzten RKI-Protokolle sind bei Interesse auf der Seite rki-transparenzbericht.de sowie alternativ hier und hier zu finden.

Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier.

Titelbild: Florian Warweg


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