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Titel: Correctiv, DPA, NewsGuard und Co. bekommen scharfen Gegenwind

Datum: 1. Juli 2024 um 12:23 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien, Strategien der Meinungsmache
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NewsGuard, mutmaßlich ein wichtiger Dienstleister für die Zensurkampagne der Regierenden gegen unabhängige, kritische Medien, sieht sich in den USA einer parlamentarischen Untersuchung ausgesetzt, die die Beziehung des Unternehmens zur Regierung und den Umgang mit Interessenkonflikten klären soll. Auch die sogenannten Faktenchecker spüren massiven Gegenwind. Von Norbert Häring.

NewsGuard ist eine von ehemaligen Herausgebern und Chefredakteuren von Wall Street Journal, Reuters, AP und Chicago Tribune 2018 gegründete und geleitete US-Organisation, die Negativlisten vermeintlich unzuverlässiger Netzseiten erstellt. „Unzuverlässig“ ist dabei in aller Regel ein Synonym für „regierungskritisch“.

Die Weltgesundheitsorganisation hat 2022 bekanntgegeben, dass sie mit NewsGuard Technologies zusammenarbeite, „um die neuesten Trends zu Desinformationsthemen zu erhalten und zu ermitteln, welche Websites und Konten diese verbreiten“. NewsGuard stelle die für die WHO erhobenen Daten zu Desinformation in elektronischer Form relevanten sozialen Medien- und Suchplattformen zur Verfügung. Diese sind nach WHO-Angaben gerne bereit, von der WHO beanstandete Beiträge zu löschen.

Ob und wie sehr NewsGuard auch im Auftrag der US-Regierung und anderer Regierungen aktiv geworden ist, um nicht genehme Inhalte zu unterdrücken, ist nicht bekannt. Eine Untersuchung des House Oversight Committee des US-Kongresses soll Licht in dieses Dunkel bringen. Das Unternehmen wurde laut einem Bericht des Magazins Reclaim the Net aufgefordert, sämtliche Unterlagen zu Verträgen mit der Regierung an den Ausschuss herauszugeben, sowie zum Umgang mit Interessenkonflikten und mit eigenen Fehlern.

Vorausgegangen waren Klagen unter anderem von The Daily Wire, The Federalist und dem Staat Texas, die angreifen, dass ein von der Regierung mit 750.000 Dollar subventioniertes Unternehmen die „Zuverlässigkeit“ regierungskritischer Medien beurteilt und soziale Medienplattformen das zur Grundlage von Zensurmaßnahmen machen.

Faktenchecker unter Druck

Welche riesigen Ausmaße der generalstabsmäßig organisierte Kampf der Regierenden gegen sogenannte Desinformation, also gegen Kritik an ihnen, inzwischen angenommen hat, wird dadurch deutlich, dass sich kürzlich 130 Faktencheck-Organisationen aus 80 Ländern im bosnischen Sarajevo zur bereits elften „globalen Konferenz“ getroffen haben. Das geht aus einer Pressemitteilung des Poynter Instituts for Media Studies in Florida hervor. Bei diesem laufen die Fäden des internationalen Faktenchecker-Netzwerks zusammen.

Poynter hat 2015 das International Fact-checking Network (IFCN) gegründet, dem binnen kurzem viele der wichtigsten internationalen Nachrichtenagenturen und Verlage beitraten. In Deutschland und Österreich sind unter anderem die führenden Nachrichtenagenturen DPA und APA und das regierungsnahe „Recherchekollektiv“ Correctiv Mitglieder. Das Netzwerk wird unter anderem finanziert vom US-Außenministerium, der National Endowment for Democracy (NED), der Omidyar Network Foundation, der Bill & Melinda Gates Foundation, Open Society Foundations, Google und Facebook. Ein Faktenchecker, der mit den sozialen Medienplattformen lukrative Aufträge bekommen will, Inhalte zur Zensur vorzuschlagen, muss sich vom IFCN lizensieren lassen.

Das Schöne ist: Aus der Pressemitteilung geht vor allem auch hervor, wie sehr diese Zensurdienstleister der Regierenden inzwischen wegen ihrer perfiden Tätigkeit unter Druck stehen. In der Überschrift heißt es:

„Die Faktenprüfer der Welt geben auf der GlobalFact 11-Konferenz eine „Erklärung von Sarajevo“ ab, in der sie Faktenprüfung als freie Meinungsäußerung und nicht als Zensur bezeichnen.“

Faktenchecken dürfe nie als Zensur bezeichnet werden, auch nicht, wenn die Regierenden dafür bezahlen. In der vom Poynter Institute getexteten Erklärung beklagen die 130 unterzeichnenden Organisationen, darunter DPA, APA und Correctiv:

„In den letzten Jahren wurden Faktenprüfer als Online-Zensoren angegriffen, und nach solchen Angriffen wurden sie beschimpft und belästigt. Solche Reaktionen sind ungerechtfertigt. Durch Zensur werden Informationen entfernt. (…) Bei der Überprüfung der Fakten geht es nicht darum, Botschaften auszulöschen oder zu beseitigen, sondern sie als Teil der öffentlichen Debatte zu bewahren und gleichzeitig Belege zu liefern, die notwendig sind, damit diese Debatte informiert geführt wird.“

Das fadenscheinige Argument der Zensurdienstleister, warum es keine Zensur sei, was sie befördern, besteht allein darin, dass die von ihnen monierten Beiträge in der Regel nicht gelöscht werden. Die Zensurkritik bezieht sich jedoch darauf, dass die von den Regierungen unter Druck gesetzten sozialen Medienplattformen mit den Faktencheckern (lukrative) Verträge abgeschlossen haben, wonach die aufs Korn genommenen regierungskritischen Texte oder Videos in ihrer Verbreitung massiv eingeschränkt werden.

Diese unbequeme Tatsache wird nur kurz und heuchlerisch verbrämt angedeutet als: „Falsche Behauptungen sollten nicht mit Popularität und Viral-gehen belohnt werden.“ Es gibt aber keinen grundsätzlichen, sondern nur einen (recht kleinen) graduellen Unterschied zwischen Löschen eines Beitrags und der massiven Einschränkung seiner Verbreitung. Wenn diejenigen, die bestimmen, was wahr ist, Geld von der Regierung erhalten und behördliche Äußerungen als Ausweis von Wahrheit akzeptieren, wie es die Faktenchecker regelmäßig tun, dann handelt es sich in der Tat um Zensur im Regierungsinteresse.

Die sogenannten Faktenchecker beklagen bitterlich, sie würden von den Opfern ihrer Zensurbemühungen auf der ganzen Welt – und insbesondere in den USA – mit Gerichtsverfahren überzogen. (Das Poynter Institute mit seinen finanzkräftigen Sponsoren unterstützt sie bei der Verteidigung.) Gerichtsverfahren hätten dazu geführt, dass Wissenschaftler ihre Arbeit für die Faktenprüfung zur „Verbesserung der Wahlverfahren“ einschränken müssen. 2020 war das Präsidentenwahlverfahren in den USA unter anderem dadurch „verbessert“ worden, dass kurz vor der Wahl ein Bericht der New York Post über ausgesprochen peinliche Inhalte eines Laptops des Sohnes von Joe Biden auf den sozialen Medien zensiert und von anderen Medien nicht aufgegriffen wurde, weil es sich angeblich um von Russland ausgehende Desinformation handle. Erst lange nach den für Biden knapp erfolgreichen Wahlen berichteten die großen Medien, dass der Laptop authentisch und Russland offenbar nicht involviert war.

Auch Correctiv bekommt es zunehmend mit den Gerichten zu tun. Erst wurde Correctiv untersagt, falsche Behauptungen über den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau im Zusammenhang mit dem Potsdamer Treffen rechter Migrationskritiker zu wiederholen, dann wurde im März Correctiv-Chef David Schraven gerichtlich verboten, die über die FAZ verbreitete Lüge zu wiederholen, bei diesem Urteil habe das Hamburger Landgericht die Berichterstattung von Correctiv über das Treffen als „prozessuale Wahrheit“ bestätigt.

Fazit

Der Vertrauensverlust der Regierenden aufrund ihrer freiheitsfeindlichen Exzesse in Sachen Corona, Migration, Klima- und Hitzepropaganda, Genderpolitik, „Kampf gegen Rechts“ und Kriegstreiberei ist dramatisch. Um so wichtiger ist es für sie, dafür zu sorgen, dass die Regierungskritik in den sozialen Medien durch Zensur in Grenzen gehalten wird. Den Faktencheckern, die die zugehörige Propaganda mit einem Schutzwall umgeben haben, traut kaum noch jemand. Aber die Plattformen exekutieren deren Zensuraufträge und Journalisten der Nachrichtenagenturen und Rundfunkanstalten müssen sich nach den Urteilen der regierungshörigen Faktenchecker von DPA, ARD und Co richten, ob sie wollen oder nicht. Mit der öffentlichen Meinung ändert sich aber nach und nach die Rechtsprechung der Gerichte.

Weder von den Gerichten noch von einer neuen Regierung im Faktenchecker-Mutterland USA sollte man sich allerdings ein Ende des Faktenchecker-Unwesens als Ganzes versprechen. Die zentrale Faktenchecker-Funktion, Kritik an der Politik der Nato und für diese unbequeme Informationen zu unterdrücken, wird weder von einer Trump-Regierung noch von Gerichten eingeschränkt werden.

Hinweis: Dies ist eine Zweitveröffentlichung – der Artikel ist zuerst bei norberthaering.de erschienen.

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