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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. Dezember 2011 um 8:29 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WLB/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Neue Konjunkturprognose des IMK
  2. Harald Welzer – Demokratie? Bin ich nicht für zuständig
  3. Eurokrise
  4. Simon Johnson – Der moderne Banker und die Enthaltsamkeit
  5. Das Ende der reichen Wohlfahrts-Demokratien
  6. Unzufriedene Händler – Dem Weihnachtsgeschäft fehlt der Glanz
  7. Die Rechnungen für Wulffs Buch ließ Maschmeyer ändern
  8. Alles könnte anders sein
  9. Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts
  10. Wulff muss weg!! Über die moralische Radikalisierung der Öffentlichkeit
  11. Huber: “Wissenschaft als kritische Wissenschaft etablieren”
  12. Horst-Eberhard Richter verstorben
  13. zu guter Letzt: Mauern gegen Rechts

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Neue Konjunkturprognose des IMK: Deutsche Wirtschaft schrumpft 2012 um 0,1 Prozent
    Die deutsche Wirtschaft gerät im Jahr 2012 in eine Stagnation. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird um 0,1 Prozent im Jahresdurchschnitt schrumpfen – nach einem Wachstum von 3,0 Prozent in diesem Jahr. Hauptursachen für die drastische wirtschaftliche Abkühlung sind die nach wie vor ungelöste Vertrauenskrise im Euroraum sowie die ausgeprägten Sparprogramme in immer mehr Ländern der Währungsunion und der EU. Beide Faktoren führen den Euroraum als Ganzes in eine Rezession: Das BIP in der Währungszone sinkt um 0,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2012. Der Nachfragerückgang aus den Nachbarländern bremst sowohl die deutschen Exporte als auch die Investitionen in der Bundesrepublik. Hinzu kommt, dass auch außerhalb Europas die wirtschaftliche Dynamik abnimmt: Die US-Wirtschaft erholt sich weiterhin nur schleppend und in vielen Ländern Asiens und Lateinamerikas verlangsamt sich das Wachstum – nicht zuletzt wegen der geringeren Nachfrage aus Europa. Die wirtschaftliche Stagnation setzt auch der kräftigen Erholung am deutschen Arbeitsmarkt ein Ende: Die Arbeitslosigkeit sinkt im Jahresdurchschnitt 2012 zwar noch einmal geringfügig. Im Jahresverlauf wird sie aber wieder zunehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung in seiner aktuellen Konjunkturprognose.
    Gegenüber ihrer Prognose vom Oktober setzen die Forscher die Vorhersage für 2011 um 0,2 Prozentpunkte herunter. Für 2012 senkt das IMK die Prognose um 0,8 Prozentpunkte.
    Quelle 1: IMK Report 69 Pressmitteilung [PDF – 203 KB]
    Quelle 2: IMK Report 69 Langfassung [PDF – 584 KB]

    Anmerkung WL: Auf andere Prognosewerte kommt das ifo-institut. Es senkt zwar seine Erwartungen für das Jahr 2012 auch ab, aber immerhin erwartet das Institut noch einen Anstieg des BIP um 0,4%. Der Sachverständigenrat prognostizierte im November für das kommende Jahr ein Wachstum von 0,9 % .
    Siehe zum Elend der Wirtschaftsprognosen. Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

  2. Harald Welzer – Demokratie? Bin ich nicht für zuständig
    Die Institutionen versagen, die Politik verabschiedet sich. Unser System verdampft, weil der Markt allein das Geschehen reguliert. Und alle schauen zu.
    Noch nie in der europäischen Nachkriegsgeschichte gab es einen solchen Totalausfall gesellschaftswissenschaftlicher Zeitdiagnose wie heute: Da werden ohne parlamentarische Legitimation souveräne Staaten in Protektorate ohne finanzpolitisches Mandat verwandelt, da finden unablässig Krisengipfel statt, auf denen an den Parlamenten vorbei tief in die Zukunft reichende Beschlüsse gefasst werden, da erodieren Politik- und Systemvertrauen in atemberaubender Geschwindigkeit, ohne dass an den Universitäten und Akademien, in den Zeitungs- und Radiofeuilletons sich Politik-, Sozial- und Geschichtswissenschaftler mit Analysen dazu vernehmen ließen, was da gerade geschieht.
    Keine Exzellenzuni schafft es, ein Symposium zum Beispiel zu der Frage zu veranstalten, was Demokratiegefährdung heute bedeutet, kein akademisches Journal widmet sich der beispiellosen Umverteilung von Volks- in Privatvermögen. Die sonst so gern vorgezeigten Hochkaräter der akademischen Landschaft sind ausgerechnet dann unsichtbar, wenn es tatsächlich mal um mehr geht als um Cluster, Credit Points, Peer Reviews und andere Possierlichkeiten.
    Quelle: Tagesspiegel
  3. Eurokrise
    1. Nach dem Schuldenabkommen – neue Hoffnung für Griechenland und den Euro?
      Nach dem Euro-Krisengipfel vom 27. Oktober 2011 machte sich kurzzeitig Erleichterung breit: Mit dem 50%-Schuldenschnitt schien es endlich wieder eine Perspektive für Griechenland zu geben, sollten doch die erdrückend hohen Schuldenlasten, die das Land am Boden hielten, um die Hälfte reduziert werden. Dann aber löste Griechenlands Premier Giorgos Papandreou mit seiner Ankündigung, über das beim EU-Gipfel mühsam ausgehandelte Schuldenabkommen in seinem Land ein Referendum abzuhalten, Entsetzen bei den EU-Regierungen aus. Inzwischen kehrt, nachdem die Volksabstimmung vom Tisch ist und das griechische Parlament dem Ministerpräsidenten der neuen Übergangsregierung, Lucas Papademos, das Vertrauen ausgesprochen hat, wieder vorsichtiger Optimismus zurück. […]
      Das größte Problem Griechenlands wie auch der anderen Länder Südeuropas ist – so lässt sich als Fazit der Analyse feststellen – die Verschuldung im Ausland. Deutschland, das diese Länder durch Lohndumping in hohe Leistungsbilanzdefizite getrieben hat, ist in erheblichem Maße mitverantwortlich für die Misere.
      […]
      Eine Lösung der Griechenland- und der Eurokrise insgesamt ist theoretisch möglich, erfordert aber eine radikale Abkehr vom bisherigen wirtschaftspolitischen Kurs. Ein Schuldenschnitt hilft wenig, stattdessen wäre ein Umdenken in der Lohnpolitik und eine Beendigung der zerstörerischen Austeritätsprogramme in den Krisenländern erforderlich. Leider sieht es derzeit überhaupt nicht nach einer solchen Wende aus.
      Quelle: GEW-Zeitschrift “Paukos” [PDF – 624 KB]

      Anmerkung unserer Leserin C.O.: Auch für NDS-LeserInnen, die wissen, dass es sich bei der Eurokrise im Wesentlichen um eine Auslandsschuldenkrise handelt, ein aufschlussreicher und gewinnbringender Text. Er besticht nicht nur durch eine überzeugende und gut nachvollziehbare Argumentation sondern auch durch die verständliche Darstellung der saldenmechanischen Zusammenhänge in einer Volkswirtschaft, die der Mainstream ja meist einfach ignoriert. Zwar hat der Text als Anknüpfungspunkt den EU-Krisengipfel Ende Oktober, beschäftigt sich aber nicht nur mit Griechenland sondern mit den südlichen Euroländern insgesamt und zeigt den Irrsinn der Austeritätspolitik sehr gut auf.

    2. Robert Skidelsky Der Euro in einer schrumpfenden Zone
      Der jüngste EU-Gipfel war eine Katastrophe. Großbritannien und Deutschland haben beide auf das falsche Pferd gesetzt: Der britische Premierminister David Cameron hat Großbritannien von Europa isoliert, und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Eurozone von der Realität isoliert. Hätte Cameron eine Agenda für Wirtschaftswachstum im Gepäck gehabt, hätte er für etwas Reales gekämpft, hätte es ihm nicht an Verbündeten gefehlt. Der Merkel-Doktrin zufolge hat das verschwenderische Verhalten von Regierungen die Krise ausgelöst und deshalb können nur „eiserne“ Haushaltsvorschriften das erneute Auftreten solcher Krisen verhindern. Merkels Analyse ist jedoch grundfalsch. Es war nicht die über Kredite finanzierte Erhöhung der Ausgaben des Staates (deficit spending), die zum wirtschaftlichen Zusammenbruch der Jahre 2007-2008 geführt hat, sondern die exzessive Kreditvergabe der Banken. Die wachsenden Schuldenberge der Regierungen waren eine Reaktion auf den Wirtschaftsabschwung, nicht die Ursache. Nicht dauerhafte fiskalpolitische Sparmaßnahmen hätten in der institutionellen Struktur der EU fest verankert werden müssen, sondern eine strenge Regulierung der Finanzmärkte. Darauf deutet kaum etwas hin.
      Die EZB kauft verstohlen Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt, aber ihr neuer Präsident Mario Draghi beharrt darauf, dass eine solche Intervention temporär und begrenzt sei und lediglich dazu diene „das Funktionieren geldpolitischer Transmissionskanäle wiederherzustellen“. Beim jüngsten Gipfel hat niemand vorgeschlagen, die EIB zum Wachstumsmotor zu machen. Der Aderlass wird weitergehen. Das bedeutet, dass die Eurozone nicht mehr zu retten ist. Der Euro wird überleben, aber die Zone wird kleiner werden. Die einzige Frage ist das Ausmaß, der zeitliche Ablauf und die Art und Weise ihres Zerfalls. Griechenland und wahrscheinlich auch andere Mittelmeerländer werden pleitegehen und die Freiheit wiedererlangen, Geld zu drucken und ihre Währungen abzuwerten.
      Quelle: Project Syndicate
    3. Lucas Zeise – Euro-Zone löst sich auf
      EZB springt als Bankenretter ein. Bund reaktiviert Soffin. Brüsseler EU-Gipfel ­wirkungslos. Krisenursache Nummer eins: deutsches Lohndumping […]
      Von den realen Problemen der Wirtschaft des Euro-Gebietes war bei dem sonderbaren Politiktheater nicht die Rede. Das Hauptproblem ist grob gesprochen die ungleiche Entwicklung in der Eurozone, die ihrerseits die Finanzprobleme verursacht. Konkret erkennt man das an den wachsenden Export- und Leistungsbilanzüberschüssen Deutschlands und den entsprechend wachsenden Defiziten in den meisten Südländern. Nach der 2007 einsetzenden Weltwirtschaftskrise haben sich die Staaten noch stärker auseinanderentwickelt. Sinkende Reallöhne in Deutschland und entsprechend sinkende Kosten haben die deutschen Exportunternehmen in die Lage versetzt, in den Märkten der schwächeren Euro-Länder die heimische Konkurrenz zurückzudrängen.
      Einen Kurswechsel vorzunehmen und damit das Kernproblem im Euro-Raum zu lösen, wäre für die deutsche Wirtschaftspolitik einfach. Sie müßte nur ihren auf Lohnkürzung und Sozialabbau ausgerichteten Kurs um 180 Grad ändern, Mindestlöhne einführen, die Leiharbeit abschaffen, Renten erhöhen, die Sozialversicherungen auf alte Standards zurückführen und zum Ausgleich die obere Einkommens- und Vermögenszehntel sowie die Unternehmen höher besteuern.
      Ein solcher Kurswechsel wäre beim Volk durchaus populär. Dennoch weiß jeder, daß er nicht kommen wird. Deshalb wird auch die Krise der Währungsunion nicht gelöst. Unsere herrschende Klasse stellt sich, wie die Vorbereitungen zeigen, kurzfristig darauf ein, daß Griechenland und vielleicht auch Portugal von der Euro-Zone ausgestoßen werden, während Italien und Spanien noch gehalten werden sollen.
      Quelle: Junge Welt
    4. Neuer Streik in Italien
      Am Montag haben Italiens Staatsbeamte gestreikt. Die Gewerkschaften stiegen nicht nur gegen den Korrekturhaushalt der Regierung, sondern auch gegen die geplante Arbeitsmarktreform auf die Barrikaden. […]
      Die Syndikate werfen der Regierung vor, dass deren Korrekturhaushalt nicht nur vor allem die Steuerschraube weiter anziehe, sondern dabei auch einseitig die bereits massiv belasteten Lohnempfänger treffe. Als höchst unfair bezeichnen die Gewerkschaften sodann auch die neue Rentenreform, die vor allem jene, die schon früh zu arbeiten begonnen hätten, wie auch die Frauen benachteilige. Die Reform sieht nicht nur eine beschleunigte Einführung der nur noch an den einbezahlten Beiträgen bemessenen Renten vor, sondern erhöht auch die altersmässigen Anforderungen für Frührenten substanziell.
      In einem am Montag vom «Corriere della Sera» publizierten Interview bezichtigte die Generalsekretärin der Linksgewerkschaft CGIL, Susanna Camusso, die Regierung der Arroganz und Aggression gegenüber den Arbeitnehmern.
      Quelle: NZZ
  4. Simon Johnson – Der moderne Banker und die Enthaltsamkeit
    […] Manche argumentieren, Amerikaner müssten den Gürtel enger schnallen. Das ist eine interessante Diskussion, besonders zu einer Zeit, da die Arbeitslosenquote noch immer bei acht Prozent liegt […] Wie sieht es aber mit der staatlichen Unterstützung für die großen Banken aus? Nimmt diese angesichts des aktuellen Finanzdrucks ab? Leider nicht. Die staatliche Unterstützung bleibt unverändert, indirekt dadurch, dass es Banken gestattet wird, systemrelevant zu sein, also too big to fail, direkt durch alle möglichen Subventionen der US-Notenbank.
    Die Begründung – oder besser die Ideologie –, die hinter der Unterstützung großer Banken steckt, ist, dass sie für die Erholung der Wirtschaft notwendig seien. Aber diese Argumentation ist zweifelhaft, wenn die Banken auf Bergen von Bargeld sitzen, während kreditwürdige Verbraucher und Unternehmen bei der Kreditaufnahme zurückhaltend sind.
    Dieselbe Situation zeigt sich zurzeit auch in Europa, wo die Realität noch härter ist. Banken erhalten noch größere Rettungspakete, während Länder, die sich Geld geliehen haben, ihre Sozialleistungen kürzen und sich auf soziale Spannungen und politische Instabilität einstellen müssen. Länder wie Griechenland, Italien und wohl auch Portugal haben eine zu hohe Verschuldung, und ihren Bürger stehen nun harte Konsequenzen bevor. Aber den Banker stehen gar keine Konsequenzen bevor, obwohl sie die hohe Verschuldung mit zu verantworten haben.
    Quelle: Project Syndicate
  5. Das Ende der reichen Wohlfahrts-Demokratien
    Der Tag der Abrechnung ist da: Die westlichen Industrienationen haben zu viele soziale Wohltaten an zu viele Bürger verteilt – jetzt ist das Geld weg und der Schuldenstand hoch. Nur konsequentes Sparen kann noch helfen
    Quelle: Focus

    Anmerkung unseres Lesers P.R.: Einen dümmeren Propaganda-Artikel zum Thema der so genannten Schuldenkrise habe ich schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Da hat der Herr Dörich wieder einen rausgehauen. Plump, peinlich, unerträglich. Mir fehlen die Worte.

    Ergänzende Anmerkung JB: Wir kriegen ja täglich von unseren hilfsbereiten Lesern „dumme“ Artikel gemailt, die wir mal ordentlich aufs Horn nehmen sollen. Einen derart dummen Artikel habe jedoch auch ich schon seit langem nicht mehr unter die Augen bekommen. Dem Focus macht beim Niveaulimbo so schnell niemand was vor.

  6. Unzufriedene Händler – Dem Weihnachtsgeschäft fehlt der Glanz
    Wenn die Einzelhändler eine „gemischte“ Zwischenbilanz über das Weihnachtsgeschäft ziehen, dann heißt das nichts anderes als: man ist ziemlich enttäuscht. Die Deutschen konsumieren trotz des Booms kaum mehr als früher. Die Wirtschaft wächst, die Löhne steigen, die Arbeitslosigkeit sinkt: Im Vergleich zu früheren Jahren hätte das Weihnachtsgeschäft 2011 eigentlich brummen müssen. Doch die ohnehin schon niedrigen Erwartungen wurden bisher enttäuscht.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Beim Handelsblatt wird der Unsinn vom “Boom” und von den “steigenden Löhnen” wiedergekäut, ansonsten aber wohl ein realistisches Bild gezeichnet. (Ob der HDE nach 10 Jahren sinkenden oder stagnierenden Einzelhandelsumsätzen irgendwann auf die Idee kommen wird, daß das mit den sinkenden Reallöhnen zusammenhängt, und dann höhere Löhne fordert??? Wenn den Verbrauchern das Geld fehlt, nützt eine erhebliche Ausdehnung der Öffnungszeiten null.)

  7. Die Rechnungen für Wulffs Buch ließ Maschmeyer ändern
    Für die Bezahlung der Anzeigen, die der Verlag Hoffmann und Campe im Auftrag des Finanzunternehmers Carsten Maschmeyer vor vier Jahren für ein Buch von Christian Wulff schaltete, ließ dieser die Rechnungen mehrfach neu auszeichnen. Dies bestätigte der Verlag gegenüber dieser Zeitung. Dabei fallen besonders die Rechnungen vom 30. Oktober und 2. November 2007 ins Gewicht. Der Rechnungsgrund „Anzeigen“ wurde auf Wunsch von Maschmeyer in den Rechnungsgrund „Beratungsleistungen“ geändert. Offenbar wollte der Unternehmer seine großzügige Unterstützung verbergen. […] Der Vorgang, dass ein Unternehmer Anzeigen für ein von ihm nicht geschriebenes Buch bezahle, sei in der Branche „wahrlich nicht die Regel“, so Berg […]
    Die Ungewöhnlichkeit der Strategie, das Werbebudget eines Buchs in vergleichbarer Weise aufzustocken, bestätigt etwa Markus Desaga, Pressechef der Verlage DVA und Siedler. Ein solcher Vorgang sei ihm nicht geläufig, würde ihm auch recht merkwürdig vorkommen. […]
    Quelle: FAZ
  8. Alles könnte anders sein
    “Interventionen” im Berliner Haus der Kulturen der Welt: Zehn Intellektuelle bemühten sich, die marktradikalen “Angriffe auf die Demokratie” abzuwehren.Widerspricht überhaupt noch jemand? Das hatte sich in den letzten Monaten mancher gefragt. Die Welt durchlebt das dramatischste Jahr seit der Weltwirtschaftskrise 1929. Und gäbe es den einsamen Mahner Jürgen Habermas nicht, man könnte das Gefühl gewinnen, als folge eine Gesellschaft in Schockstarre willig den Politikern bei ihrem Versuch, die Märkte zu “beruhigen” anstatt die Demokratie zu beleben.
    Dass die Spezies der Intellektuellen dazu überhaupt nichts zu sagen hat, wird man nach diesem Wochenende nicht mehr sagen können. Denn an Vehemenz ließ die “Intervention” nichts zu wünschen übrig, mit der zehn Intellektuelle, Künstler, Autoren und Wissenschaftler, im Berliner Haus der Kulturen der Welt einen “Angriff auf die Demokratie” abwehren wollten.
    Quelle: taz
  9. Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts
    Die Ämter für Verfassungsschutz hatten massgeblichen Anteil daran, dass das „Terror-Trio“, das sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ nannte, 1998 abtauchen konnte und bis zum November 2011 unentdeckt blieb. Für ihr Versagen werden sie nun mit dem Ausbau ihrer Macht belohnt.
    Quelle: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 99 (2/2011) [PDF – 37.7 KB]
  10. Wulff muss weg!! Über die moralische Radikalisierung der Öffentlichkeit
    Der Bundespräsident steckt in der Kreditklemme. Und alle fordern: Weg mit ihm. Verliert die öffentliche Empörungskultur die Realität aus den Augen? […]
    Die gegenwärtig kritisierte Freunderl- und Amigowirtschaft ist weder neu noch eine niedersächsische Spezialität. Auch die Sitzplatzvergabe an Unternehmer (oder Journalisten) bei Flügen in ferne Länder ist eine typische Gunstbezeugung aller Kanzler und (Minister-)Präsidenten. Die politische Landschaftspflege mit Hilfe von Spenden und anderen Wohltätigkeiten ist trotz aufgedeckter Flickaffäre nie beendet worden. Durch mediale Empörung werden – wenn’s hoch kommt – einige Figuren ersetzt, mehr ändert sich nicht. Was sich jedoch ändert, sind Intensität und Umsatzmenge der Empörung – bei weitgehend fehlender Gewichtung der Fälle. Der Panzerdeal mit Saudi-Arabien ist im Zweifel weniger Empörung (und Schlagzeilen) wert als die nicht korrekt abgerechnete Bonusmeile, der günstige Privat-Kredit unter „Freunden“ mehr als das von einer Lobby frech geschriebene Gesetz. Es kommt nur darauf an, wessen „Abschuss“ gerade ins politische und geschäftliche Kalkül passt. Insofern haben die Empörungswellen etwas Beliebiges – und in ihrer Dimension Unberechenbares. Kaum ist diese Kampagne vorbei, folgt schon die nächste. Man könnte deshalb von einer Dauerempörung sprechen, die letztlich nicht den Verstand schärft, sondern den Mob erzeugt.
    Quelle: Wolfgang Michal
  11. Huber: “Wissenschaft als kritische Wissenschaft etablieren”
    Nicht der Wettbewerb der Ideen, sondern der ökonomische Wettbewerb erscheint weltweit zum Antrieb im Bildungssystem geworden zu sein. Hochschulen sollen sich als Unternehmen begreifen. Steuerungskonzepte aus der Privatwirtschaft werden neben die hochschulische Selbstverwaltung gestellt oder ersetzen sie.
    Dazu kommt, dass das öffentliche Bildungssystem deutlich unterfinanziert ist. Das auf dem Bildungsgipfel 2008 verkündete Ziel, die öffentlichen und privaten Bildungsausgaben auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, ist nicht eingelöst. Doppelte Jahrgänge drängen in die Hochschulen, die Hörsäle sind überfüllt, während die Zahl der Lehrenden nicht angepasst wurde.
    Es geht es um viel. Es geht darum, welchen Anteil die Hochschulen auch künftig für die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaften zu leisten bereit sind und zu leisten vermögen. Es geht um ihren Anteil an der demokratischen und sozialen Entwicklung der Gesellschaften und letztendlich um ihren Einfluss auf die Entwicklung von Arbeit und die Sicherung von Beschäftigung. Und es geht um eine gute wissenschaftliche Berufsausbildung, die auch Kritikfähigkeit und Persönlichkeitsentwicklung umfasst.

    • Wissenschaft und Forschung tragen zur Gestaltung von Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei. Hochschulen haben einen wichtigen Anteil an der Sicherung von Beschäftigung, an der Gestaltung von technischer und sozialer Innovation und an der Lösung drängender Zukunftsfragen.
    • Hochschulen müssen Verantwortung für eine demokratische und soziale Entwicklung der Gesellschaft übernehmen. Wissenschaft muss sich als kritische Wissenschaft etablieren, die auf soziale und ökonomische Fehlentwicklungen hinweist und Alternativen entwickelt. Dafür müssen staatliche Rahmenbedingungen geschaffen und gesichert werden. Die Gewerkschaften setzen sich für ein öffentlich verfasstes und finanziertes Hochschulsystem ein. Die Politik muss die notwendigen Ressourcen bereitstellen.
    • Die öffentliche Verantwortung für die Hochschulen zieht die Verpflichtung der Hochschulen zu Transparenz und Rechenschaft gegenüber der Gesellschaft nach sich. Die Hochschule muss offen sein für den Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen.
    • Die “soziale” Hochschule hat eine besondere Verpflichtung zur Reduzierung von ungleichen Bildungschancen. Die soziale Öffnung der Hochschulen ist notwendig, um den Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften zu decken. Dies bedeutet, sich stärker beruflich Qualifizierten zu öffnen. Die von den Bundesländern verbesserten Regelungen zum Hochschulzugang für Berufserfahrene ohne Abitur müssen nun auch in den Hochschulen umgesetzt werden. Dazu benötigt man Beratungsangebote, spezielle Eingangsphasen und eine weitreichende, die berufliche Erfahrung einbeziehende Reform der Studiengänge.
    • Der Anteil der Studierenden aus Arbeitnehmerhaushalten oder von Studierenden mit Migrationshintergrund ist in Deutschland zu gering. Die soziale Öffnung der Hochschulen macht auch eine größere Flexibilität des Studienangebots notwendig. Es ist aber nicht zu akzeptieren, dass die staatlichen Hochschulen das Feld der berufsbegleitenden Studiengänge weitgehend den Privaten überlassen. Duale Studiengänge müssen ausgebaut, ihre Qualität muss erhöht werden.
    • Die IG Metall setzt sich für eine substanzielle Verbesserung der Studienfinanzierung ein. Das BAföG ist zu erhalten und zu einer bedarfsdeckenden Förderung auszubauen, der Darlehensanteil muss zugunsten eines nicht rückzahlungspflichtigen Zuschusses zurückgeführt werden. Studiengebühren sind abzulehnen.

    Quelle: DGB Bildung

    Anmerkung WL: Siehe auch die weitern Stellungnahmen zum Leitbild einer demokratischen und sozialen Hochschule:

  12. Horst-Eberhard Richter verstorben
    Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW trauert um Prof. Dr. med. Dr. phil. Horst-Eberhard Richter, der gestern im Alter von 88 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Gießen verstorben ist. Der Mitbegründer der bundesdeutschen Sektion der IPPNW, Psychiater, Psychoanalytiker, Sozialphilosoph und große Humanist war eine der führenden Persönlichkeiten in der Bundesrepublik.
    Quelle: IPPNW
  13. zu guter Letzt: Mauern gegen Rechts
    “Hausarrest für Nazis!”, forderte eine Oldenburger Antifa-Gruppe und mauerte einem örtlichen NPD-Politiker kurzerhand die Haustür zu. Die Aktion steht in einer Reihe von Protesten, die die Rechtsradikalen an einer empfindlichen Stelle treffen: Sie werden lächerlich gemacht.
    Die zornige Pose will an solch einem Tag nicht recht gelingen, wie im Online-Forum der “Germanischen Weltnetzgemeinschaft Thiazi” zu beobachten ist. “Erst kommt das Menschen-Einmauern”, dröhnt dort ein User namens “Nordmann”, und wenig später würden die “Kommunisten” bekanntlich “das Menschen-Abschießen” folgen lassen.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung


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