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Titel: Können Europawahlergebnisse wirklich der Anlass für Neuwahlen zum Bundestag sein?
Datum: 10. Juni 2024 um 12:55 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, Wahlen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Der französische Präsident hat die Ergebnisse der Europawahl in Frankreich zum Anlass dafür genommen, das Parlament aufzulösen und damit Neuwahlen zu erreichen. Das ist nach den gesetzlichen Regelungen in Frankreich sein gutes Recht. Sonderbarerweise war auch die Wahlberichterstattung im ZDF gestern Abend auffallend stark geprägt von der Frage nach und damit verbunden der Anregung zu Neuwahlen. Das zweite deutlich erkennbare Anliegen der von der Chefredakteurin des ZDF, Bettina Schausten, moderierten Sendung war die Sicherung der Wiederwahl von Kommissionspräsidentin von der Leyen. Albrecht Müller.
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Man musste den Eindruck gewinnen, das ZDF sei beauftragt, eine Mehrheit für von der Leyen zu beschaffen.
Um die Forderung nach Neuwahlen zu begründen, wurde auf das Verhalten des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder im Jahre 2005 verwiesen. Vom Vorbild Schröder war die Rede, um die Notwendigkeit und den Sinn von Neuwahlen schmackhaft zu machen. Der damalige Bundeskanzler Schröder hatte 2005 die Vertrauensfrage gestellt, um auf diese Weise Neuwahlen möglich zu machen. Nebenbei: Mit Erfolg hat er diesen Coup nicht überstanden. Sein Neuwahlbegehren ebnete seiner Nachfolgerin Angela Merkel den Weg.
Neuwahlen kann man ja fordern. Kein Problem. Aber man sollte nicht so tun, als würden Europawahlen die Bundestagswahlen überflüssig machen bzw. ersetzen.
Für Menschen aus dem fortschrittlichen Lager, für Arbeitnehmer sowieso, haben die Wahlergebnisse fast überall in Europa einen bedrückenden Beigeschmack. Nahezu überall sind konservative Mehrheiten gewählt worden. Angesichts der konservativen Vorherrschaft in den Medien ist das kein Wunder. Diese Vorherrschaft wirkt. Das ist aus meiner Sicht das wirklich Bemerkenswerte an dieser Europawahl. Sie hat wieder einmal bestätigt: Das Sagen haben die Eigentümer großer Vermögen und die von ihnen maßgeblich beeinflussten Medien. Das Volk hat wenig zu sagen. Ganz anders, als es ihm im Art. 20 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland versprochen wird:
Artikel 20
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Das ist ein wirklich schöner Grundgesetzartikel, der Art. 20. Aber mit der Wirklichkeit hat er wenig zu tun.
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Titelbild: Screenshot / ZDF
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