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Titel: Weißwaschung inklusive: Nawalny erhält posthum „Friedenspreis”

Datum: 13. Mai 2024 um 11:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Strategien der Meinungsmache
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Rechtsextreme im Ausland werden bejubelt, während hierzulande der „Kampf gegen Rechts“, oder was inzwischen alles darunter geführt wird, zur Staatsräson erhoben wird. Alexej Nawalny steht laut den Dresdner Initiatoren nun in einer Reihe mit Michail Gorbatschow und Daniel Ellsberg. Im Ernst? Die Weißwaschung Nawalnys ist ein weiteres Exempel für einen dreisten Umgang mit der Geschichte, wie er gerade auch am 8. Mai praktiziert wurde. Auf lästige Nachfragen reagieren die Initiatoren dann einfach gar nicht. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der russische Aktivist Alexej Nawalny (1976-2024) ist am Sonntag posthum mit dem Friedenspreis Dresden geehrt worden, wie Medien berichten. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung nahm die Witwe des im Februar gestorbenen Nawalny im Dresdner Schauspielhaus entgegen. Damit sei Nawalnys Einsatz „für Freiheit, Demokratie und Frieden“ gewürdigt worden.

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck nannte Nawalny in seiner Laudatio einen „Angstgegner“ des russischen Präsidenten, das ZDF nennt ihn „Oppositionsführer“. Auf der Webseite des Staatsschauspiels Dresden wird Nawalny zur „größten Gefahr für Putin und sein System“ erhoben. Wie kommen diese Stimmen darauf? Nawalny hatte auf demokratischem Weg (also bei russlandweiten Wahlen) keine Chance, er erreichte russlandweit zu keiner Zeit ein Ergebnis, das der russischen Regierung (auf demokratischem Weg) hätte gefährlich werden können.

Laut Staatsschauspiel Dresden steht Alexej Nawalny „stellvertretend für den Widerstand gegen die menschenverachtende Politik der russischen Regierung“, weitere Begründungen für die Preisverleihung werden hier formuliert. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem Michail Gorbatschow, Daniel Barenboim oder Daniel Ellsberg – Nawalny in eine Reihe mit diesen Persönlichkeiten zu stellen, finde ich einfach nur absurd.

Der Friedenspreis Dresden wird laut ZDF seit 2010 an Menschen verliehen, „die sich in besonderem Maße um Frieden und Völkerverständigung verdient gemacht haben“. Nawalny und „Völkerverständigung“? Kennen die Preisverleiher denn nicht die rassistischen Äußerungen des Ultranationalisten Nawalny? Der EU-Abgeordnete Martin Sonneborn hatte bereits anlässlich der Ehrung Nawalnys mit dem Sacharow-Preis einige seiner radikalen Äußerungen in diesem Tweet präsentiert. Dort findet sich unter anderem dieser Spruch von Nawalny: „Tiflis, Hauptstadt der Nagetiere, gehört mit Marschflugkörpern zertört.“ Haben sich die Preisverleiher eigentlich gefragt, was wohl die Georgier dazu sagen, dass ein solcher Rassist in Deutschland nun posthum einen „Friedenspreis“ erhält?

Was nicht ins politische Konzept passt, fällt unter den Tisch

Dass das deutsche Publikum von solchen Widersprüchen irritiert sein könnte, droht nicht: Denn in den meisten großen Medien erfährt es nichts über Nawalnys radikale Seite. Auch das ZDF erwähnt sie aktuell in dem genutzten Agenturbeitrag mit keinen Wort. Damit wird der Vorgang zu einer weiteren Illustration eines dreisten Umgangs mit der Vergangenheit: Was nicht ins aktuelle politische Konzept passt, wird einfach nicht weiter erwähnt. In die gleiche Richtung (nur noch weit darüber hinaus) geht die weitgehende Tilgung des Erinnerns an den Sieg der Sowjetunion über Nazideutschland und die Befreiung unter anderem durch Russland.

Als große Ausnahme in der deutschen Presselandschaft, die Nawalny überwiegend abschirmt, hat die Hamburger Morgenpost bereits vor einigen Jahren in diesem Artikel die „dunkle Seite des ‚Kremlkritikers‘“ thematisiert. Dass Nawalny mit seinem persönlichen Mut auch mich hatte beeindrucken können, habe ich kürzlich im Artikel „Gedanken zum Tod von Alexej Nawalny“ geschrieben. Dort heißt es aber auch, dass bei aller Pietät gesagt werden muss: Nawalny war ein rechtsradikaler Provokateur.

Die Relevanz des Preises des Staatsschaupiels Dresden soll hier nicht zu hoch gehangen werden. Sehr relevant ist aber ein durch den Vorgang einmal mehr belegter fragwürdiger Umgang mit der Vergangenheit.

Ich hatte bei den Initiatoren der Preisverleihung übrigens mehrmals angefragt und um eine Stellungnahme zu Nawalnys teils radikalen Positionen gebeten. Darauf habe ich vom Staatsschauspiel Dresden überhaupt keine Antwort erhalten – auch dieses Wegducken ist ein Zeichen der Zeit.

Titelbild: Rosfoto.ru / Shutterstock


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