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Titel: Der Global Compact, gedacht als Instrument zur weltweiten Bändigung des Kapitalismus, wird zum Einfallstor der transnationalen Konzerne für die Aushöhlung der Charta der Vereinten Nationen und für eine Privatisierung der Weltpolitik

Datum: 30. März 2006 um 10:33 Uhr
Rubrik: Ökonomie, Globalisierung, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, Umweltpolitik
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Die Globalisierung beschränke die Gestaltungsmöglichkeiten nationalstaatlicher Politik und damit der parlamentarischen Demokratie. So hören wir ständig, wenn es bei uns darum geht, „Reformen“ durchzusetzen. Viele setzen deshalb ihre Hoffnungen auf eine Bändigung des Raubtierkapitalismus und auf die weltweite Durchsetzung von Menschenrechten und auf die Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards durch supranationale Vereinbarungen. Der von VN-Generalsekretär Kofi Annan angestoßene „Global Compact“ sollte dazu ein erster wichtiger Schritt sein sein. Die gute Absicht scheint sich jedoch mehr und mehr in ihr Gegenteil zu verkehren: Die transnationalen Konzerne bekommen mehr Einfluss auf die Politik der VN. Die UNO wird von ihrer weltweiten Kontroll- und Überwachungsfunktion in eine Mitspielerrolle abgedrängt. Mit der Unverbindlichkeit und der Sanktionslosigkeit der Prinzipien des „Global Compact“ wird die Charta der VN unter dem Druck wirtschaftlicher Interessen eher aufgeweicht und verbindliche völkerrechtliche Verträge und Erklärungen eher unterlaufen. Es drohe eine „Privatisierung der Weltpolitik“ resümiert Christine Wicht in ihrem Beitrag.

Der Global Compact, ein weltumspannender Pakt fördert die Einflussnahme der transnationalen Konzerne auf die Vereinten Nationen

Von Christine Wicht

Der Global Compact ist ein Zusammenschluss der Vereinten Nationen und von Unternehmen, die in einer globalisierten Wirtschaft in erster Linie ihre Gewinninteressen im Sinn haben, sowie von Nicht-Regierungs-Organisationen (NROs), die ohne Gewinnerzielungsabsicht ökologischen und sozialen Belangen folgen. Aufgrund der Mitwirkung unterschiedlicher Akteure könnte der Global Compact ein Brückenschlag sein, um die „Inseln“ verschiedener Interessen miteinander zu verbinden. Die Vereinten Nationen bezeichnen ihn als eine “wertgestützte Plattform mit dem Ziel, institutionelles Lernen zu fördern. Er benutzt die Macht von Transparenz und Dialog, um good practices, die auf universellen Prinzipien beruhen, zu identifizieren und zu verbreiten”.

Die Mitglieder des Global Compacts

Wenn ein Unternehmen dem Global Compact beitreten möchte, muss eine persönliche Beitrittserklärung und zugleich eine Unterstützungserklärung für den Pakt abgegeben und die Prinzipien anerkannt werden. Es wird erwartet, dass sich das beitretende Unternehmen öffentlich für die zehn Grundsätze des Compacts einsetzt. Die Mitglieder sollen sich aktiv bemühen, den vom Generalsekretär der VN festgelegten Prinzipien zu folgen. Nach Schätzung der UNCTAD gibt es weltweit 70.000 Transnationale Unternehmen mit 850.000 Tochtergesellschaften, die dem Global Compact beitreten könnten. Bislang sind allerdings nur etwas mehr als 2000 Unternehmen beigetreten.
Auf der Seite der Vereinten Nationen sind neben dem Generalsekretariat das Hochkommissariat für Menschenrechte (UNHCHR), die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) und das UN-Umweltprogramm (UNEP) vertreten. Unternehmensverbände, Gewerkschaften (u.a. der Bund freier Gewerkschaften, IBFG) und zivilgesellschaftliche Organisationen wie amnesty international, WWF, Oxfam gehören ebenfalls zum Global Compact. Der Begriff “NROs” ist zudem sehr weit gefasst. So werden in Artikel 71 der Charta der VN auch Arbeitgebervertretungen als NRO gesehen, weil sie als nicht staatliche Institutionen gelten. (Quelle: INEF Report S. 6 [PDF – 456 KB]). Über 2000 Unternehmen und 18 Unternehmensverbänden stehen nur 5 Gewerkschaftsverbände und 23 zivilgesellschaftliche Organisationen und NROs aus dem Menschenrechts- und Umweltbereich gegenüber. Einige NROs fürchten deshalb inzwischen ein Abdrängen in die Unwirksamkeit und drohen bereits mit Austritt, wenn es künftig weder eine Kontrollinstanz noch rechtliche Rahmenbedingungen für Verstöße geben sollte. Vor allem fürchten sie durch ihre Mitgliedschaft auch um ihren eigenen Imageverlust.
Wie störend die Beteiligung von NROs und Gewerkschaften beispielsweise von der International Chamber of Commerce (ICC), die Wirtschaftsinteressen vertritt, gesehen wird, zeigt ein Interview mit der ICC-Generalsekretärin Maria Livanos Cattaui in der Herald Tribune am 25.01.01: „Wenn Gewerkschaften und so genannte NGOs als volle Partner im Global Compact angesehen würden, so würde dies den Charakter des Übereinkommens total verwässern. Die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und NGOs sei für die einzelnen Firmen erst auf „grass-root“-Ebene interessant“. (Quelle: GLOBAL dokument [PDF – 308 KB])

Prinzipien des Global Compact Vertrages

Der Global Compact enthält zehn Prinzipien, auf deren Einhaltung sich die Mitglieder verpflichten müssen. Schaut man sich die Prinzipien genauer an, so fällt auf, dass die Formulierungen äußerst allgemein und abstrakt sind und konkreten sozialen und ökologischen Anforderungen kaum gerecht werden können. Erhebliche Unzulänglichkeiten bestehen darüber hinaus vor allem bei der Überwachung und somit bei der Umsetzung dieser Prinzipien. Es gibt keine Maßnahmen gegen eine Missachtung der Regeln und kaum Sanktionsmöglichkeiten von Seiten der Vereinten Nationen. Dies macht den Zusammenschluss weitgehend unverbindlich.

An mehreren Punkten wird auf völkerrechtliche Verträge und auf Erklärungen verwiesen, zu deren Prinzipien sich jedenfalls die Mitgliedstaaten zum Teil bereits bei Eintritt in die Vereinten Nationen verpflichtet haben (Quelle: Auswärtiges Amt). Die Prinzipien des GC beziehen sich auf folgende Bereiche:

Menschenrechte
1. Die Wirtschaft soll die international verkündeten Menschenrechte in ihrem Einflussbereich unterstützen und achten und
2. sicherstellen, dass sie nicht zum Komplizen von Menschenrechtsverletzungen wird.

Arbeitsbeziehungen
3. Die Wirtschaft soll die Vereinigungsfreiheit wahren und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen gewährleisten sowie ferner auf
4. die Beseitigung aller Formen der Zwangs- oder Pflichtarbeit,
5. die tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit und
6. die Beseitigung von Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf hinwirken.

Umwelt
7. Die Wirtschaft soll umsichtig an ökologische Herausforderungen herangehen,
8. Initiativen zur Förderung eines verantwortlicheren Umgangs mit der Umwelt durchführen und
9. sich für die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien einsetzen.

Korruption
10. Die Wirtschaft soll gegen alle Formen von Korruption arbeiten (dieser Punkt wurde von der Generalversammlung beschlossen und erst im Juni 2004 aufgenommen)

Unternehmen, welche

  • die Menschenrechte verletzen
  • Zwangs- und Kinderarbeit tolerieren
  • die in die Herstellung oder den Verkauf von Antipersonenminen oder ihrer Einzelteile verwickelt sind,

können nicht Mitglied des Global Compacts werden. Allerdings muss ein Unternehmen sich nicht um die Einhaltung der Prinzipien bei seinen Zulieferfirmen und Handelspartnern kümmern.

Berichterstattung

Von den beteiligten Unternehmen wird erwartet, dass sie einmal jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht verfassen und über Änderungen in der Unternehmensführung die festgelegten Prinzipien betreffend berichten. (DER GLOBAL COMPACT [PDF – 356 KB] ). Die Berichte, Forschungsergebnisse und der Austausch zwischen den Paktteilnehmern werden auf der Internetseite veröffentlicht. Das New Yorker Büro des Global Compacts nimmt eine vertrauliche Durchsicht der eingereichten Berichte vor und unterbreitet ggf. Änderungsvorschläge. Die letztendliche Verantwortung liegt aber ausschließlich bei den Unternehmen, was von NROs als großes Manko bewertet wird (aktuelle Übersicht über deutsche Unternehmen). Das deutsche Netzwerk veröffentlicht seit 2004 ein Jahrbuch über die Aktivitäten der Mitglieder. Die vorgestellten Studien zur Umsetzung des Compacts in den Unternehmen betrafen bisher überwiegend Bereiche, wie eine verbesserte Müllentsorgung oder die Energiegewinnung über Solardächer. Insgesamt ist eine mangelnde Bereitschaft, der Berichtspflicht nachzukommen, festzustellen. Bis Januar 2002 wurden lediglich 30 Berichte eingereicht, von denen kein einziger den Richtlinien des Global Compacts entsprach. Die Hälfte der Berichte nahm nicht einmal Bezug auf die damals noch neun Prinzipien des Paktes (Quelle: INEF Report, S.23 [PDF – 456 KB]). Im Jahr 2004 gingen immerhin schon 192 Berichte bei den Vereinten Nationen ein.

Das Global Compact Büro

Das Global Compact Büro ist direkt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen unterstellt, hat seinen Sitz in New York und beschäftigt die verschwindend geringe Zahl von gerade mal 12 (!) Mitarbeitern aus den Mitgliedstaaten, die über die Mitgliedstaaten bzw. über Treuhandkonten und nicht etwa über Konzernspenden finanziert werden. Mit steigender Mitgliederzahl erwies sich eine zentrale Steuerung des New Yorker Global Compact Büros als schwierig. Daraufhin wurden 50 nationale Netzwerke und ein regionales Netzwerk gegründet. Das deutsche Netzwerk wird von der GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) organisiert. Seit dem Jahr 2000 unterstützt die Bundesregierung die Global-Compact-Initiative durch das Auswärtigen Amt (AA) und das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über die GTZ, einerseits durch Entsendung von Mitarbeitern und andererseits finanziell durch Unterstützung von Studien und Durchführung von Veranstaltungen (Quelle: www.unglobalcompact.org).

Die Vereinten Nationen als Lern- und Dialogforum

Um in der Wirtschaft verantwortungsbewusstes, ethisches Handeln voranzubringen, soll der Global Compact in einem offenen Dialog- und Lernforum zwischen den Teilnehmern einerseits und den Teilnehmern und den Vereinten Nationen andererseits, kontinuierliche Fortschritte erzielen, um erworbene Erkenntnisse in die Praxis umsetzen zu können. Zu diesem Zweck stehen den Unternehmen auch Einrichtungen der Vereinten Nationen in Form von Partnerschaftsprojekten und im Rahmen der Zusammenarbeit mit Entwicklungsprogrammen, wie beispielsweise UNHCHR, UNESCO und WHO zur Verfügung. Ein weiteres Angebot der Vereinten Nationen ist z.B. die Unterstützung durch die Menschenrechtskommission, die ihre Beratungsergebnisse unter der Bezeichnung, “Normen für die Verantwortlichkeit von transnationalen Konzernen und anderen Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte” zusammengefasst hat. Die Angebote und Vorschläge der Vereinten Nationen werden jedoch viel zu selten von den Konzernen in Anspruch genommen. Es ist anzunehmen, dass die Konzerne diese Bemühungen nicht ernsthaft wahrnehmen, weil es ihnen ausreicht einerseits von einen Imagegewinn durch die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen zu profitieren und andererseits als Partner der Vereinten Nationen eine öffentliche Diskussionsplattform mit ethischem Anstrich zu erhalten. Von Seiten der Konzerne wird der Global Compact mehr als eine Orientierungsgrundlage als eine Verpflichtung gesehen, eine Teilnahme gilt eher als Vorzeigeprojekt, dessen man sich gerne schmückt. Eine Kontrollinstanz, etwa durch die Vereinten Nationen, wird von Unternehmensseite kategorisch abgelehnt. Georg Kell, Leiter des Global Compact Büros, hat aufgrund der Widerstände der Unternehmen betont, dass es sich beim Global Compact nicht um ein rechtlich bindendes Regelwerk handelt, sondern lediglich um ein Dialog- und Lernforum, an welchem sich Unternehmen freiwillig beteiligen können. Mit dieser Aussage wird die Einstellung der Konzerne wiedergegeben und die weitgehende Unverbindlichkeit des Pakts deutlich. Der Welt wird suggeriert, dass Konzerne ethische und soziale Standards erst mühsam in einem Austausch lernen müssten. Der Global Compact ist somit keine verbindliche Regelung der gesellschaftlichen Pflichten sondern stellt einen Interessenabgleich der Transnationalen Konzerne ohne jegliche Kontrollinstanz dar. Er erfüllt somit nicht einmal den Anspruch einer Selbstregulierung, da die Regularien selbst erst im Dialog erarbeitet werden müssen.

Der Einfluss der Lobbyverbände auf die Vereinten Nationen bei der Entstehung des Global Compact

Was sind nun die Hintergründe, die sich hinter der Einführung des Global Compacts als unverbindliches Regelwerk mit ungenauen Prinzipien verbergen?

Bei der Vorbereitung der Umwelt- und Entwicklungskonferenz (United Nations Conference on Eviroment and Development, UNCED) 1992 in Rio, wurden Konzerne, vertreten durch den Vorläufer* der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD), als gleichberechtigte Partner internationaler Institutionen behandelt und damit ein Grundstein dafür gelegt, transnationale Konzerne (TNK) in die Arbeit der Vereinten Nationen einzubeziehen. Mit der damaligen Entscheidung wurde Unternehmen eine Möglichkeit gegeben, ihre Vorstellungen in die Tätigkeit einer unabhängigen internationalen Institution einzuflechten. Diese Kooperation war der Beginn einer Public-Private-Partnership zwischen den Vereinten Nationen und weltweit agierender Unternehmen auf globaler Ebene (Quelle: Greenpeace).

Anmerkung: WBCSD – World Business Council for Sustainable Development ging aus dem Zusammenschluss des Business Council for Staniable Development (BCSD) in Genf und dem World Industry Council for the Enviroment (WICE) in Paris hervor. Mehr als 160 internationale Unternehmen sind Mitglieder (siehe Website der WBSCD).

Die International Chamber of Commerce (ICC)

Der Global Compact entstand nach einjähriger Verhandlung und mit massiver Unterstützung der International Chamber of Commerce (ICC). Der ehemalige ICC-Präsident Helmut Maucher, (Mitglied des Nestlé-Verwaltungsrats und Leiter des European Round Table in Brüssel(ERT)), benannte als Ziel des Dialogs zwischen der ICC und der UNO: “die Spitzen internationaler Unternehmen und die Führer internationaler Organisationen an einen Tisch zu bekommen, um die Erfahrung der Unternehmer und den Sachverstand der Experten für Entscheidungsprozesse im Rahmen der globalen Wirtschaft fruchtbar zu machen” (Quelle: digi taz). Die ICC ist nach eigenen Angaben die akkreditierte Vertretung der Wirtschaft bei den Vereinten Nationen. „Unter Kofi Annan fand ein erfreulicher Umschwung statt, die Rolle der Wirtschaft wurde deutlich ausgeweitet“ Zitat von Ludger W. Staby, Präsident des ICC-Deutschland, Statement für die Pressekonferenz am 26.10.2000 in Berlin (Quelle: ICC Deutschland). Die Lobbyistenverbände sind zufrieden, weil der Einfluss der Wirtschaft auf die Vereinten Nationen zugenommen hat. Die ICC repräsentiert 1500 Wirtschaftsorganisationen und mehr als 5000 Unternehmen der internationalen Wirtschaft, darunter 50 Großkonzerne (u.a. Coca-Cola, Goldman Sachs, McDonald’s, Rio Tinto Zinc und Unilever), sie unterhält einen Bürositz bei der Welthandelsorganisation in Genf (Quelle: ICC Deutschland) und ist einer der wichtigsten Lobbyistenverbände bei den VN. ICC Deutschland hat die Koordination der Umsetzung des Global Compact für die Wirtschaft in Deutschland übernommen, 42 deutsche Firmen sind Mitglied des Global Compacts. Seit ihrer Gründung im Jahr 1919 setzt sich die ICC für offene Märkte und den freien Fluss von Investitionen ein. Eine Voraussetzung der ICC für ihr Engagement im Rahmen des Global Compact war, dass “Unternehmen außerhalb ihres Tätigkeitsgebiets keine Verantwortungen übernehmen können, die eigentlich in die Zuständigkeiten der Regierungen fallen”. Damit ist gemeint, dass die transnationalen Konzerne nicht freiwillig Kernarbeitsrechte, Umweltstandards oder Menschenrechte respektieren müssen, wenn der Staat in dem sie tätig sind, keine Gesetzesgrundlage für diese Bereiche geschaffen hat. Wie locker die ICC die Verbindlichkeit der Regeln des Global Compacts sieht, sagt Ludger W. Staby sehr deutlich: „Was wir allerdings nicht akzeptieren, ist der Versuch anderer NGOs, den Global Compact zu okkupieren und die UN zu verbindlichen Regeln für Multis im Hinblick auf Menschenrechte, Arbeitsstandards und Umweltverhalten zu zwingen“. Die ICC ist bereits in der Vergangenheit unangenehm aufgefallen, da sie sich vehement gegen internationale Umwelt-Abkommen gewehrt hat, z.B. gegen das Kyoto- Protokoll, die Basel-Konvention gegen Giftmüllhandel oder auch gegen das Protokoll von Montreal zum Schutz der Ozonschicht (Quelle: CBG Network). Die ICC war maßgeblich an der unternehmerfreundlichen Ausarbeitung der Prinzipien des Global Compact beteiligt. Der ICC-Präsident, Adnan Wafic Kassar, hat die Prinzipien des Global Compacts im Jahr 2000 klar formuliert: „There must be no suggestion of hedging the Global Compact with formal prescriptive rules. We would resist any tendency for this to happen,“(Quelle: Institut für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften – WISO [PDF – 184 KB] )„Es darf keine Forderungen geben, den Global Compact mit verbindlichen Regeln zu belasten, wir würden uns jeder Tendenz in dieser Richtung widersetzen“.
(Liste der ICC-Präsidenten Seite 189 ff. [PDF- 3.9 MB])

Mitgliedschaft im Global Compact als Werbung

Es stellt sich die Frage, warum Konzerne und ihre internationalen Vertretungen ein derartiges Interesse an einem Zusammenschluss mit den Vereinten Nationen haben. Zunächst ist die Mitgliedschaft im Global Compact als Werbemaßnahme zu sehen. Der Global Compact schließt zwar eine automatische Vergabe des UN-Logos bei Eintritt aus. Unter der Bedingung, dass die transnationalen Konzerne die Aktivitäten und Ziele der Vereinten Nationen unterstützen, ohne dass dies mit ihren eigenen Zielen in Einklang zu bringen ist, darf das Logo verwendet werden, nicht aber für eigene Ziele. Zuständig für die Vergabe des VN-Logos ist das Office of Legal Affairs (OLA), die Grundlage für seine Entscheidung bildet die Resolution 92 (1) der Generalversammlung aus dem Jahr 1946. Es besteht jedoch die Möglichkeit, zur Verlinkung auf die Website der Vereinten Nationen, welche von den teilnehmenden Unternehmen gerne genutzt wird. Die Unternehmen dürfen sich in ihrem Werbematerial und Prospekten „Partner der Vereinten Nationen“ nennen. Dies ist eine ausgezeichnete Gelegenheit für PR-Maßnahmen, Konzerne profitieren mittels dieses Angebots von dem blauen Logo der Vereinten Nationen und können sich auf diese Weise sozusagen „blauwaschen“. Wertpapiere der beteiligten Unternehmen können als ethisch einwandfrei gehandelt werden, was einen erheblichen Imagegewinn bringt.

Das Spannungsverhältnis zwischen freiwilligen und verbindlichen Maßnahmen

Viele Umweltkatastrophen, Menschenrechts- und Arbeitsrechtsverletzungen, welche von Konzernen zu verantworten sind, sind auf das Fehlen verbindlicher, weltweiter, politischer Regeln und nicht vorhandener Kontrollen zurückzuführen. Bislang ist der Beitritt zum Global Compact freiwillig und Verletzungen des Vertrages können nicht verfolgt werden. Gegenmaßnahmen bei Missachtung sind nicht vorgesehen, die Einhaltung des Vertrags basiert rein auf freiwilliger Selbstkontrolle. Auch Kofi Annan hat auf das Spannungsverhältnis zwischen freiwilligen Initiativen und verbindlichen Maßnahmen hingewiesen. Wenn staatliche Organe schwach sind und die Gesetze nicht durchgesetzt werden können, dann kann der Global Compact nach Meinung des Generalsekretärs nur eine “pragmatic interim solution” sein und staatliche Institutionen keinesfalls ersetzen. Eine Stärkung der Rechtsstaatlichkeit muss folglich mit dem Global Compact unter allen Umständen einhergehen, um dem Bestreben der Eindämmung der Auswüchse der Globalisierung gerecht zu werden.
Es besteht jedoch die große Gefahr, dass Unternehmen die Prinzipien des Global Compact nicht als Ergänzung, sondern vielmehr als Ersatz für verbindliche Regelungen im Bereich von Menschenrechten, Arbeits- und Umweltschutz betrachten. Sie könnten ihre Mitgliedschaft sogar dazu missbrauchen, solche Regelungen zu verhindern. Wenn es um die Verabschiedung derartiger innerstaatlichen Gesetze geht, verweisen Unternehmen immer wieder gerne auf freiwillige Selbstverpflichtungen. Auch mit dem Verweis auf ihre Mitgliedschaft im Global Compact können sich transnationale Konzerne vor weiter gehenden und verbindlicheren Verpflichtungen zu schützen versuchen. Jens Martens von WEED, Deutschland weist darauf hin, „dass die Unternehmenslobbies die UNO-Menschenrechtsnormen bekämpften. Dies zeigt sich seiner Meinung nach darin, dass sich der Global Compact und die UNO-Normen nicht ergänzen. Die Unternehmen wollen den Pakt als Gegenmittel zu UNO-Normen verwenden.“ Die Unternehmerverbände, die maßgeblich an der Ausarbeitung des Global Compact beteiligt waren, haben äußersten Wert darauf gelegt, dass der Global Compact zu einem nicht bindenden Rahmenwerk für teilnehmenden Unternehmen wird und daraus keinerlei Verbindlichkeiten wachsen. Gleichzeitig werden aber transnationale Konzerne mit dem Global Compact in den Rang von UNO-Partnern befördert.

Missachtung der Prinzipien

Dass ein Übereinkommen wie der Global Compact verbindliche Regeln nicht zu ersetzen vermag, zeigt sich immer wieder in der mangelnden Wirksamkeit und fehlenden Umsetzung der Prinzipien. Die zehn Prinzipien des Vertrags haben bislang nicht zu einer erkennbaren Verbesserung der weltweiten Situation geführt. Der Shell-Konzern verstößt, wie eine WWF-Studie belegt, bei der Erschließung des größten Öl- und Gasprojekts vor der russischen Insel Sachalin, gegen internationale Sozial- und Umweltstandards (Quelle: ogee.de ). Der Bayer-Konzern lässt in Indien durch seine Tochterfirma Proargo hybrides Baumwollsaatgut durch Kinderarbeit produzieren (Quelle: Welthungerhilfe). Der Coca-Cola-Konzern bedient sich in Indien unkontrolliert des Wassers aus Grundwasserbrunnen zur Getränkeherstellung, wodurch der Landwirtschaft die Möglichkeit zur Bewässerung beschränkt wird (Quelle: digi taz). Attac Bern hat die Vereinten Nationen in einem Brief auf Verletzungen des Global Compacts in Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen, Umweltstandards und Arbeitsnormen des Nestlè-Konzerns hingewiesen: Die Antwort von Georg Kell, Chef des Global Compact Büros: „Wir teilen Ihre Bedenken über den Bedarf, die Integrität des Global Compact und der Vereinten Nationen zu erhalten. Es ist jedoch wesentlich, zu beachten, dass der Global Compact kein Siegel einer Anerkennung für die Teilnehmer ist. Wir waren schon bei der Gründung des Global Compact darüber eindeutig. Der Global Compact sei ein Modell des Wandels, das auf Lernen, Dialog, Projekten, Initiativen und Netzwerken beruhe, und kein regelnder Mechanismus. Ein solcher könnte nur eingeführt werden, wenn er von den Mitgliedsstaaten verlangt wird. Da kein Mandat vorliegt, können wir weder fordern, dass Mitglieder die Rahmenbedingungen einhalten, noch entsprechende Kontrolle durchführen.“ (Quelle: attac bern Juni 2005).

Privatisierung der Weltpolitik?

Neben der Unverbindlichkeit und mangelnden Wirksamkeit zeigt sich am Global Compact noch ein sehr viel tiefer liegendes und grundsätzliches Problem. In der Präambel der Vereinten Nationen sind u.a. folgende Ziele niedergelegt: „die Herbeiführung internationaler Zusammenarbeit, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen, die Achtung der Menschenrechte und die Förderung und Festigung der Grundfreiheiten für alle“. Die erklärten Absichten der Vereinten Nationen konnten bislang aber nur in Ansätzen erfüllt werden. Angesichts eher zunehmender Hemmnisse gestaltet sich die Realisierung der Ziele für die Vereinten Nationen sogar immer schwieriger. Die rasant voranschreitende Globalisierung ist untrennbar geworden von der Dominanz und dem Einfluss privater Unternehmen und ihrer Lobbyverbände auf weite Politikbereiche. In Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und Beratern üben Wirtschaftsvertreter erheblichen Einfluss auf supranationale Gesetze und völkerrechtliche Verträge aus (wie z.B. in der WTO, aber auch in der EU), die grenzenloses Expandieren, Produktionsverlagerungen und ein Umgehen der Standards ihrer Herkunftsländer ohne weiteres ermöglichen. Aufgrund des zunehmenden Einflusses der Konzerne hat sich eine ökologische und soziale Abwärtsspirale entwickelt, die sich Unternehmen zu Nutze machen und von der sie erheblich profitieren. Mit dieser Entwicklung ist eine schleichende Entdemokratisierung der nationalen Politikgestaltung verbunden, und die Interessen der Bürger bleiben hinter den Interessen der weltweit agierenden Wirtschaft weit zurück. Dieser Asymmetrie zwischen rückläufiger demokratisch legitimierter nationaler Gestaltungsmacht und globaler Umgehungsstrategien der transnational agierenden Konzerne sollte mit einem weltumspannenden Pakt, vorgeschlagen von den Vereinten Nationen, zwischen Konzernen, Nichtregierungsorganisationen und Mitgliedsstaaten entgegengewirkt werden.

Verändert der Global Compact die Struktur der Vereinten Nationen?

Mit dem am 31. Januar 1999 von Kofi Annan auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vorgeschlagenem und im Jahr 2000 ins Leben gerufenem Global Compact, wird eine Kooperation der Vereinten Nationen mit transnationalen Konzernen angestrebt, die auf diese Weise verstärkt in die Arbeit der Vereinten Nationen einbezogen werden sollen, mit dem Bestreben, im Rahmen dieser Partnerschaft weltweit Fortschritte im Sinne der erklärten Prinzipien des Vertrages zu erzielen. Der Global Compact stellt sich jedoch mehr und mehr nicht als ein Instrument der politischen Einflussnahme der UN heraus, sondern gerade umgekehrt setzt sich die UNO aufgrund dieser Partnerschaft der Gefahr einer schleichenden Strukturveränderung aus: Bislang war die UNO eine (politische) Organisation der Regierungen von Nationalstaaten mit der Funktion transnationale, weltweite Interessen zum Ausgleich zu bringen und einen Beitrag zum Frieden in der Welt zu leisten. Damit übt die UNO eine den einzelnen Staaten übergeordnete Kontrolle über friedliches Zusammenleben der Völker, weltweiter Schonung der Umwelt und der Einhaltung der Menschenrechte aus, jedenfalls so lange die Nationalstaaten die Verbindlichkeit der politischen Vorgaben der UN anerkennen bzw. die Völkergemeinschaft Verstöße politisch sanktioniert haben.
Mit dem Global Compact werden hingegen die transnationalen Konzerne (also nicht politische, sondern wirtschaftliche Institutionen) zu Partnern der UNO. Dadurch bekommen die transnationalen Konzerne (parallel zu und neben den Mitgliedstaaten) auf internationaler Ebene ein anderes Gewicht. Ein Teil der Macht der Staaten wird zugunsten des Einflusses der Wirtschaft verschoben. So entsteht nicht nur ein näherer Kontakt zwischen UNO und privaten Unternehmen, sondern der Global Conact wird gewissermaßen ein (politisches) Spielfeld der transnationalen Konzerne.

Die Vereinten Nationen – von einer Kontrollfunktion, zu einer Mitspielerfunktion

Durch die Einbeziehung von Fachleuten transnationaler Konzerne in den Global Compact wird letztlich der Einfluss der politischen Repräsentanten der Mitgliedstaaten zurückgedrängt, was letztendlich dazu führen kann, dass nicht mehr gesellschaftliche Interessen Vorrang bei der Ausgestaltung der weltweit einzuhaltenden Prinzipien hätten, sondern diese Prinzipien entsprechend der Bedürfnisse der Wirtschaft und ihrer Vertreter ausgelegt werden.
Nur durch ein verbindliches Rahmenwerk und eine strikte Abkoppelung der Vereinten Nationen von der direkten Einflussnahme transnationaler Konzerne, könnte ein übergeordneter Vertrag zielführend sein. Die Vereinten Nationen laufen sonst Gefahr, instrumentalisiert zu werden und ihre Agenda den Bedürfnissen der transnationalen Konzerne kontinuierlich anzupassen. Mit der Einrichtung des Global Compact hat bereits jetzt eine Verschiebung von der ursprünglichen Kontrollfunktion der Vereinten Nationen hin zu einem Zusammenspiel auf höchster Ebene stattgefunden, in dem die ursprüngliche Kontrollfunktion der Vereinten Nationen auf eine unverbindliche Mitspielerfunktion reduziert wird.

Verschiebung von nationalstaatlicher Finanzierung zu privater Finanzierung

Der wachsende Einfluss von Konzernen auf die Vereinten Nationen zeigt sich auch im Zusammenhang mit der finanziellen Situation der UNO. Aufgrund ihrer Finanznöte werben die Vereinten Nationen seit geraumer Zeit um Spenden. CNN-Gründer , Ted Turner, folgte im Jahr 1997 dem Aufruf und spendete 1 Mrd. US Dollar an die Vereinten Nationen, dies entsprach dem Wert seiner privaten Aktiengewinne während eines Jahres. Die US-Regierung, seinerzeit vertreten durch Bill Clinton, äußerte sich zur privaten Initiative folgendermaßen: “Die Turner-Spende unterstreicht das Potential für eine Partnerschaft zwischen der UNO und dem Privatsektor. Ich hoffe, es werden noch viele seinem Beispiel folgen.” (Quelle: www.bits.de). Was auf den ersten Blick als großzügige Spende daherkommt, ist in Wirklichkeit an Bedingungen geknüpft. Das Geld ist an Projekte gebunden und konnte von den Vereinten Nationen nur nach Absprache mit der von Ted Turner und seiner Frau Jane Fonda gegründeten Stiftung abgerufen werden. Es folgten zwischenzeitlich auch noch andere private Geldgeber dem Beispiel von Ted Turner: (Quelle: www.bits.de). In den 1980er Jahren standen die Unternehmen den Vereinten Nationen eher kritisch gegenüber, die gegensätzlichen Ziele schienen nicht vereinbar zu sein. Mittlerweile haben Privatunternehmen erkannt, dass sie mit finanziellen Zuwendungen Einfluss auf die Politik der Vereinten Nationen nehmen können, wodurch die Politik und vor allem die Eigenständigkeit der Vereinten Nationen in eine zunehmende Abhängigkeit von privaten Interessen geraten können. Wenn zunehmend die Richtlinien der Geldgeber ausschlaggebend für Entscheidungen und Projekte sind, wird die Gestaltung einer unabhängigen, eigenen Haushaltspolitik der Vereinten Nationen zwangsläufig eingeschränkt.

Die UNCTC – ein Störfaktor

Ein weiteres Indiz für den wachsenden Einfluss der transnationalen Konzerne auf die Politik der Vereinten Nationen ist die Geschichte des UN-Zentrums für Transnationale Unternehmen (United Nations Centre for Transnational Corporations, UNCTC), das schon 1974 gegründet wurde. Bereits Mitte der 1970er Jahre beschloss der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) die Einrichtung einer Kommission, welche die Funktionen der transnationalen Konzerne, insbesondere in den Entwicklungsländern untersuchen sollte. Diese speziell gegründete UN-Kommission stand den Interessen der weltweit operierenden Wirtschaft von Anfang an im Wege, weil sie seit ihrer Gründung nicht nur die Handlungen der Industrie überwachte, sondern sich auch mit der Ausarbeitung bindender Verpflichtungen für Unternehmen beschäftigte (Quelle: www.umwelt.org). Ein Arbeitsschwerpunkt war ab 1977 die Ausarbeitung des Code of Conduct für transnationale Konzerne, ein Versuch der Schaffung eines verbindlichen Abkommens zur Regulierung von TNK auf internationaler Ebene. Bis zum Jahr 1990 unternahm das UNCTC verschiedene Anläufe zu solchen Abkommen, aber über einen Entwurf, welcher zahlreiche Verpflichtungen für TNK vorsah, wie z.B. den Verbraucherschutz oder die Einhaltung der Gesetze der Empfängerstaaten, ging das Wirken des UNCTC leider nicht hinaus (Quelle: Michael Efler, Internationale Investitionsverträge – Bestandsaufnahme und Reformansätze, S.31 ff [PDF – 3.3 MB]). Die westlichen OECD-Staaten und die Vereinigten Staaten von Amerika scheuten solche förmlichen Vereinbarungen und verhinderten einen verbindlichen Kodex. In diesem Zusammenhang ist denn auch die weitere Entwicklung nicht verwunderlich, denn auf Betreiben der transnationalen Konzerne und der USA sollten wichtige Bereiche der Vereinten Nationen „reformiert“ werden. Im Gefolge dieser „Reform“-Bemühungen wurde ein Teil der Mitarbeiter des UNCTC 1992 mit begrenztem Mandat, in das Sekretariat der UNCTAD in Genf integriert, was faktisch einer Auflösung gleichkam. Damit mussten die Vereinten Nationen auf einem wichtigen Feld eine erhebliche Schwächung ihrer Kontrollfunktion hinnehmen. (Quelle: Andrea Huber, Transnationale Konzerne und Menschenrechte – Bestehende Ansätze zur Regulierung – Möglichkeiten für die Schweiz [PDF – 416 KB])

Der Global Compact – Ein Monopoly-Spielfeld?

Der Global Compact muss in Zusammenhang mit der desolaten Haushaltslage der Vereinten Nationen gesehen werden, damit wurde u.a. die Auflösung des UNCTC-Büros begründet. Die Öffnung für private Zuwendungen führte notgedrungen zu einem wachsenden Einfluss der Privatwirtschaft als Partner des Global Compact. Bei dieser zunehmenden Interdependenz besteht die Gefahr, dass die Vereinten Nationen ihr Gesicht verändern, ja geradezu zu einem Schatten ihres ursprünglichen Selbstverständnisses werden.
Die Ausstrahlung des Global Compacts auf andere Regelungen der VN ist nicht zu unterschätzen. Durch diesen Pakt haben sich die transnationalen Konzerne eine Einflusssphäre auf höchster internationaler Ebene geschaffen. Damit können sie die Regeln für ein weltweites Monopoly weitgehend orientiert an ihren Wirtschaftsinteressen festlegen. Die transnationalen Konzerne haben so den Global Compact weitgehend geprägt. Er wurde damit aber nicht zu einem ergänzenden Instrument zwischen staatlichen und zwischenstaatlichen Regeln sondern zu einem unverbindlichen Instrument der Industrie gemacht, das die bestehenden Regeln der UNO eher relativiert, wenn nicht gar untergräbt. Der Global Compact hat zugleich den transnationalen Konzernen einen quasi offiziellen Zugang auf die Bühne der UNO eröffnet.
So könnte die paradoxe Situation eintreten, dass die ökonomische Globalisierung nicht nur den Einfluss der Nationalstaaten auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schwächt, sondern darüber hinaus die Bemühungen um eine politische Gestaltung der ökonomischen Globalisierung auf der Ebene der VN an den Interessen der transnationalen Konzerne orientiert. Es findet sozusagen eine ökonomische Globalisierung von oben, auf der Ebene der VN statt, die eigentlich den Auftrag haben sollte, die ökonomische Globalisierung nach den Prinzipien und Normen des Völkerrechts zu gestalten.
Mit dem Global Compact geht somit eine Tendenz zur Privatisierung der Weltpolitik einher. Diese Entwicklung gefährdet auf Dauer die Seriosität, die Glaubwürdigkeit, die Unabhängigkeit und das Ansehen der Vereinten Nationen.

Damit die UNO ihre in ihrer Charta niedergelegten Grundsätze und Ziele im Interesse der Völkergemeinschaft glaubhaft vertreten kann und ihrem Anspruch, die damit in Konflikt stehenden Auswüchse der ökonomischen Globalisierung wirksam eindämmen kann, wäre statt des unverbindlichen Global Compact ein rechtlich bindendes und sanktionsbewehrtes Regelwerk für die transnationalen Konzerne nötig. Dazu bedürfte es jedoch des Zusammenwirkens der Mitgliedstaaten der VN. Die Vollversammlung müsste dazu der UNO ein Mandat erteilen, mit dem nicht nur die Aufgabenverteilung von Staaten, Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaft neu austariert wird sondern auch ein völkerrechtlich verbindliches Regelwerk mit Sanktionsmöglichkeiten für die Einhaltung der Menschenrechte, der sozialen Rechte, der ökologischen Standards und der Bekämpfung von Korruption.
Der Global Compact hat sich bislang als ein „zahnloser Tiger“ entpuppt. Sollte in absehbarer Zeit kein verbindlicheres Regelwerk entstehen, würde die Unabhängigkeit und die Autorität der VN weiter untergraben und die Charta der UNO sukzessive entkernt und inhaltslos.


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