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Titel: Stimmen aus Lateinamerika: Die Narco-Korruption in den Reihen der US-Drogenbehörde DEA

Datum: 24. März 2024 um 13:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, USA
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Die allmächtige US-Drogenbehörde muss gegen Dutzende ihrer Mitarbeiter wegen Korruption und Komplizenschaft mit dem Drogenhandel ermitteln. Die US-Drogenbehörde DEA (Drug Enforcement Administration), deren Kampf gegen die Korruption im Drogenhandel in der ganzen Welt viel beachtet wird, sieht sich gezwungen, denselben Kampf in ihrem eigenen Haus zu führen. Es gibt eine Reihe interner Skandale, die zweifelsohne mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als die Erfolge der DEA bei der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich der Führung des Krieges gegen die Drogen. Von Álvaro Verzi Rangel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Fest steht, dass die US-amerikanische Anti-Drogen-Politik ein großes Fiasko ist und der Weltmarkt für Kokain weiterhin floriert.

Die allmächtige DEA muss gegen Dutzende ihrer Mitarbeiter wegen Korruption und Komplizenschaft mit dem Drogenhandel ermitteln. Einige – wenige – wurden gefangen genommen, andere zum Rücktritt gezwungen, während die Skandale in den eigenen Reihen mittlerweile schon üblich sind. Heute sieht sich diese US-Behörde einem systemischen Problem und nicht nur einzelnen Fällen von Korruption gegenüber.

50 Jahre nach ihrer Gründung war die DEA, die dem Justizministerium unterstellt ist, Gegenstand einer ersten Evaluierung hinsichtlich ihres Wirkens in mehr als 100 Ländern, bei der Unregelmäßigkeiten in der Tätigkeit von Agenten festgestellt wurden. Im Einzelnen geht es um Fälle von Bestechung, Diebstahl, Weitergabe von Informationen und von Verbindungen zum organisierten Verbrechen. Es werden auch schwere Vorwürfe erhoben, dass die Informanten, mit denen die DEA in verschiedenen Ländern zu tun hat, nicht begleitet werden, sodass diese schutzlos bleiben, sobald sie nicht mehr gebraucht werden.

Eine eingefleischte Angewohnheit der politischen Klasse der USA ist es, lateinamerikanische Länder für die Drogenkonsumprobleme verantwortlich zu machen, die die US-Gemeinden plagen, und die Fremdenfeindlichkeit eines Teils ihrer Bürger auszunutzen, um die Verantwortung der Behörden und die Tatsache zu vertuschen, dass der Drogenhandel seinen Ursprung in den USA hat.

Seit Präsident Richard Nixon im Jahr 1971 den „Drogenkonsum (…) zum Staatsfeind Nummer Eins” erklärt hat, versucht Washington, die Anführer in den Ländern der Region zu zwingen, die harte Linie der Antidrogen-Politik der Regierung der USA zu befolgen. Aber das Ende dieser Ära scheint gekommen zu sein, zumindest für die neuen lateinamerikanischen Führungspersönlichkeiten.

Diese Tendenz wird dadurch bestätigt, dass sich nun auch Kolumbien als einer der treuesten Verbündeten Washingtons in diesem Krieg definitiv von der Linie der USA distanziert hat. Ohne Mexiko und Kolumbien fehlt den USA eine regionale Strategie im Anti-Drogen-Kampf.

In den USA ist nicht nur der Nachfrage-Markt für Drogen angesiedelt, sondern auch die Rüstungsindustrie, die die Kartelle mächtig macht, die Finanzinstitutionen, die die Geldwäsche ermöglichen und verwalten und die Regierungsbehörden, die zugunsten des organisierten Verbrechens operieren.

Der Diskurs der DEA versucht, einen Mantel des Vergessens über bereits bewiesene Fälle zu legen wie etwa die Übergabe von Waffen durch das Kontrollbüro für Waffen, Tabak und Feuerwaffen (ATF) oder die Hilfe der DEA beim Schmuggel und Waschen von Millionen von US-Dollar kolumbianischer Kartelle und der kriminellen mexikanische Bande La familia michoacana.

Das Narrativ, dass es nördlich des Rio Bravo keine Kartelle gibt, verstärkt die Gewissheit, wie sehr diese kriminellen Gruppen in die Sphären der politischen und wirtschaftlichen Macht der USA eingedrungen sind. Dort lebt man in der Absurdität, so zu tun, als würden sich die Drogen von selbst verbreiten, ohne Strukturen und Komplizen, die ihre Allgegenwart erklären.

Gustavo Petro, der kolumbianische Präsident, ist nicht der Einzige, der die Anti-Drogen-Politik und das Washingtoner Verbotsmodell ablehnt. Der andere Hauptverbündete der USA in der Region, Mexiko, stellt sich ebenfalls dieser Politik der USA entgegen und hat die Zusammenarbeit in diesem Bereich im Laufe der Amtszeit von Präsident Andrés Manuel López Obrador eingeschränkt.

Das US-Außenministerium hat Warnungen herausgegeben mit der Empfehlung, aus Sicherheitsgründen nicht in 30 der 32 mexikanischen Verwaltungsgebiete zu reisen.

López Obrador hat daraufhin betont, dass Mexiko – ohne Zweifel – sicherer sei als die USA:

„Diese Warnung ist durch die republikanischen Kongressabgeordneten benutzt worden, um die Entsendung von Truppen nach Mexiko vorzuschlagen, während die Medien ein Gefühl der Unsicherheit schaffen wollen, um dann zu sagen, dass die populistische, kommunistische, messianische und caudillistische Regierung von López Obrador nicht funktioniert.”

Immer wenn die USA – die DEA eingeschlossen – in politische oder sicherheitspolitische Schwierigkeiten geraten, lancieren sie Verleumdungskampagnen gegen lateinamerikanische Regierungsvertreter und versuchen, deren Ansehen bei ihren Landsleuten und vor der Weltgemeinschaft zu beschädigen. Das soll ihnen dann die Entschuldigung dafür liefern, sich in die inneren Angelegenheiten unserer Länder einzumischen.

In der vergangenen Woche hat Präsident López Obrador den US-Journalisten Tim Golden direkt angesprochen, der ihn inmitten des gegenwärtigen Wahlkampfes in einer Reportage – ohne irgendeinen Beweis – mit einer angeblichen Finanzierung durch das organisierte Verbrechen während seiner Präsidentschaftswahlkampagne 2006 in Verbindung brachte. „Ich möchte, dass er mir sagt, wer ihn angeheuert hat oder wie er beauftragt wurde, oder seit wann er nach Mexiko gekommen ist, um sich mit dieser Sache zu befassen”, so das Staatsoberhaupt.

Die Einmischung der DEA, das „Schreckgespenst” der Droge

Was diese Selbstevaluierung nicht sagt, ist, dass die DEA eine der vielen Interventionsformen der USA ist, mit der ausdrücklichen Aufgabe der Bekämpfung des Drogenhandels mittels niemals klar definierter Methoden. Die mächtige Agentur mit Sitz in den USA und Tentakeln überall in der Welt hat über lange Zeit die verschiedenen Ebenen der juristischen, polizeilichen und lokalen politischen Strukturen der lateinamerikanischen Länder infiltriert und diese sogar kontrolliert.

Kürzlich berichtete die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) von verdeckten DEA-Operationen in Venezuela. Diese sollen schon während der Regierungszeit von Donald Trump mit dem Ziel begonnen haben, falsche Anklagen wegen Drogenhandels gegen führende Persönlichkeiten des Landes zu konstruieren und hohe Funktionäre in öffentlichen Ämtern, einschließlich Präsident Nicolas Maduro, auszuspionieren. Ähnliche Vorfälle gab es in verschiedenen Ländern der Region.

Obwohl es unglaublich erscheint, ist es Fakt, dass Informanten ermordet werden oder einfach verschwinden, und es wird nie in den Berichten der DEA erwähnt. Das passiert überall in der Welt. Die DEA operiert in mehr als 100 Ländern, aber es gibt keine Regeln oder Vorschriften für Schutz- bzw. Sicherheitsmaßnahmen für die Informanten. Deshalb kann man unmöglich wissen, wer wann auf welche Art und Weise getötet wurde oder verschwand, aber es gibt viele Beschuldigungen in dieser Richtung. Nur werden sie offiziell nicht berücksichtigt.

Eine Evaluierung der Auslandsaktivitäten der DEA ist den irregulären Operationen ihrer Agenten im Ausland noch nicht auf den Grund gegangen. Ebenso wenig wird ein Plan für eine grundlegende innere Reform der Behörde vorgelegt. Es werden jedoch Fälle von Korruption, Skandale und auch Fälle von Komplizenschaft mit kriminellen Gruppen enthüllt.

Die Analyse bezieht sich auf kritische Vorfälle in Verbindung mit Operationen der DEA in Mexiko, Honduras, Kolumbien und Haiti. Außer auf Korruption wird auf Fälle von unbefugten geheimdienstlichen Aktivitäten und auf den Tod von Zivilisten hingewiesen.

Ungeachtet der häufigen Nachrichten über Agenten, die unter anderem Bestechungsgelder annehmen, sich an Operationen zur Geldwäsche beteiligen, Informationen an Drogenhändler weitergeben oder konfiszierte Gegenstände stehlen, scheinen diese Skandale keine Folgen für die Behörde zu haben. Sie setzt ihre Leier von der Bekämpfung der illegalen Drogen und der Korruption fort, während ihr Budget weiter um mehr als 2,5 Milliarden Dollar pro Jahr anwächst.

Die rund 10.000 Angestellten der DEA in den 241 Büros in den USA ebenso wie die in den 93 Auslandsbüros sind – auf dem Papier – damit beauftragt, die kriminellen Drogennetzwerke zu bekämpfen, die die Ursache sind für Schäden, Gewalt, Überdosen und die Vergiftung der US-Amerikaner.

Aber die USA mussten erkennen, dass dieser Auftrag als einen zentralen Bestandteil auch den Kampf gegen die Korruption, die integraler Bestandteil des Geschäftes mit den illegalen Drogen ist, einschließt. Nach einer offiziellen Information wurden durch die Behörde in den letzten Jahren mehr als 26.000 Verhaftungen vorgenommen. Sie war auch an einigen prominenten Fällen in Mexiko wie dem von El Chapo und Genaro Garcia Luna beteiligt.

Die DEA verfolgt auch weiterhin andere Capos wie El Mayo Zambada und den Chef des Jalisco-Kartells Nueva Generación. Diese sehen sie als die verantwortlichen Hauptakteure auf dem Gebiet an, das für sie zur höchsten Priorität geworden ist: das Fentanyl.

Spektakuläre Fälle

Zu den spektakulärsten Fällen gehört der des Star-Agenten José Irizarry, der eine zwölfjährige Gefängnisstrafe absitzt. Er hat im Jahr 2020 dem FBI gestanden, dass er mit (und für) kolumbianische Kartelle gearbeitet hat, um Geld zu waschen. Außerdem hat er Millionen in Gestalt von konfiszierten Gegenständen und angeblichen Zahlungen an Informanten gestohlen. Das Geld hat er für ein Leben auf der internationalen Bühne mit Partys, luxuriösen Abendgesellschaften und Prostituierten verwendet.

Irizarry, der sich den Titel des korruptesten Agenten in der Geschichte der DEA verdiente, verriet, dass er kein isolierter Fall in ihren Reihen gewesen sei. Er beschuldigte mehrere seiner Kollegen sowie Regierungsbeamte der USA und Politiker der Länder, in denen er tätig war, sowie Informanten, dass sie bei seinem großen Fest der Korruption über drei Kontinente hinweg dabei waren: „Mit dem, was wir das ‘Team Amerika’ nannten, waren wir frei, alles zu tun, was wir wollten”, gab er zu.

Aber so sehr die DEA auch versuchte, diesen Skandal als einen isolierten Einzelfall darzustellen, hatten Ende 2022 Ermittler des Justizministeriums schon damit begonnen, bis zu zwei Dutzend Agenten der DEA und von Irizarry, dem Star-Agenten, beschuldigte Staatsanwälte zu vernehmen.

Irizarry verwies darauf, dass die Anklage ein Bild von ihm als dem korrupten Agenten zeichne, der das ganze System gemanagt und manipuliert habe, „aber die Anklage spricht nicht über den Rest der DEA. Ich war nicht das Gehirn”.

Der Richter, der ihn verurteilte, betonte gegenüber den Staatsanwälten, dass der Angeklagte zwar derjenige sei, der geschnappt wurde, es aber ohne Zweifel nach Auffassung des Gerichts noch viele andere gebe.

Irizarry seinerseits erklärte gegenüber der Presse, dass seine korrupten Handlungen Ergebnis seiner Erkenntnis waren, dass der Anti-Drogen-Krieg eine Art Farce ist: „Du kannst keinen Krieg gewinnen, der nicht zu gewinnen ist. Die DEA weiß das und die Agenten auch … Wir wissen, dass wir nichts bewirken. Der Krieg gegen die Drogen ist ein Spiel. Und wir haben ein unterhaltsames Spiel gespielt.” Und außerdem ein Profitables.

Ein Jahr zuvor hatte die DEA ihren Direktor in Mexiko Nick Palmeri seines Postens enthoben, mitten in einer laufenden Untersuchung zu seinem Verhalten und einer Verschlechterung der Zusammenarbeit mit den mexikanischen Behörden. Er hatte Mittel der Behörde unter anderem für die Finanzierung seiner eigenen Geburtstagsfeier und für die Anmietung einer Yacht in Panama verwendet, um dort den damaligen Interims-Direktor der DEA zu empfangen.

Palmeri, regionaler Chef der DEA in Mexiko, trat 2021 plötzlich in den Ruhestand, einen Tag vor seiner Entlassung und kurz nachdem durchgesickert war, dass er sich mehrfach mit Rechtsanwälten von Kartell-Chefs getroffen hatte. Aber erst zwei Jahre später informierte der Generalinspektor des Justizministeriums öffentlich über die Gründe, wegen derer er von seinem Posten in Mexiko zurückgezogen worden war – wie die Washington Post berichtete.

Betrügereien

Ein Ex-Agent der DEA meinte: „Du kannst nicht das, was in der mexikanischen Regierung schlecht ist, beheben, wenn dein eigenes Haus brennt.” Und sicherlich: In seinem eigenen Haus wurde vergangenes Jahr gegen sieben hohe Funktionäre der DEA durch den Generalinspekteur des Justizministeriums ermittelt wegen möglichen Betruges bei der Vergabe von Aufträgen in Millionenhöhe, die nicht nicht im Wettbewerb vergeben wurden, und bei der Beschäftigung von einem Dutzend Personen, die zuvor mit der Leiterin der Agentur Anne Milgram zusammengearbeitet hatten.

Ebenfalls untersucht wurde ein von Milgram abgeschlossener Vertrag über 1,4 Millionen Dollar mit einer Kanzlei in Washington, die von einem Anwalt geleitet wurde, der einem Freund der Direktorin nahesteht. Es geht dabei um die Bewertung der Skandale um die Auslandsoperationen der DEA. Der Abschlussbericht wurde weithin in Frage gestellt, weil er das Fehlverhalten mehrerer Beamter nur begrenzt kritisierte.

Milgram wurde im Jahr 2021 von Joe Biden ernannt, um in der Behörde aufzuräumen. Und sehr schnell provozierte sie Konflikte, als sie striktere Regeln erließ, um unangemessenem Verhalten von Agenten vorzubeugen und es zu stoppen. Dazu gehören auch rassistische und sexistische Handlungen.

Sie war es, die die Evaluierung der internationalen Operationen ihrer Behörde anordnete, vor allem nach dem Skandal um Irizarry. Aber schließlich wurde sie selbst zur Befragten – wen hatte sie mit dieser Aufgabe betraut und mit wem den entsprechenden Vertrag dazu abgeschlossen? Ihre Aktivitäten wurden schließlich Teil der Untersuchungen durch mächtige Parlamentarier wie Senator Charles Grassley.

Führungskräfte in Schwierigkeiten

Die Korruption innerhalb der Behörde ist ein heikles Thema. Die DEA betont immer wieder, dass es zu ihren vorrangigen Aufgaben gehöre, die Integrität ihrer Arbeit zu garantieren und sicherzustellen, dass es in ihren Reihen keine Straffreiheit gibt.

Wenige glauben das, und die Wirklichkeit gibt ihnen recht.

Mitte des vergangenen Jahres trat der zweithöchste Mann in der Führung der Behörde Louis Milione von seinem Posten zurück, nachdem die Nachrichtenagentur AP enthüllt hatte, dass er Berater eines wegen des Transports verdächtiger Ladungen von Schmerztabletten sanktionierten Pharmaunternehmens gewesen war. Und er war auch Gutachter bei Purdue Pharma, dem „Gesicht” der tödlichen, durch Opioide verursachten Epidemie in den USA.

Milione hatte seine Karriere bei der DEA nach 21 Jahren im Jahr 2017 beendet, um in den privaten Sektor zu wechseln, und kehrte dann im Jahr 2021 als zweiter Mann hinter Milgram zurück.

Álvaro Verzí Rangel aus Venezuela ist Direktor des Observatoriums für Kommunikation und Demokratie, das dem Lateinamerikanischen Zentrum für strategische Analyse (CLAE) angeschlossen ist

Übersetzung: Camilla Seidelbach, Amerika21.

Titelbild: Shutterstock / chrisdorney


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